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Regeste
Sachverhalt
Aus den Erwägungen:
Erwägung 2
Erwägung 3
4. Der Generalprokurator wendet sich gegen die rechtliche Wü ...
Erwägung 5
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6. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes i.S. X. gegen General-prokurator des Kantons Bern und Generalprokurator des Kantons Bern gegen X. (Nichtigkeitsbeschwerde)
 
 
6S.391/2003 vom 18. März 2004
 
 
Regeste
 
Art. 31 Abs. 2 SVG, Art. 2 Abs. 1 VRV, Art. 90 Ziff. 1 und 2 SVG; Fahren unter Einfluss von Cannabis.
 
Wer wegen des Einflusses von Cannabis ein Fahrzeug in nicht fahrfähigem Zustand führt, erfüllt den Tatbestand der groben Verkehrsregelverletzung im Sinne von Art. 90 Ziff. 2 SVG (E. 5.2).
 
 
Sachverhalt
 
BGE 130 IV 32 (33)A. X. wurde am frühen Nachmittag des 14. Juni 2002 in der Münstergasse in Bern von Strassenarbeitern dabei beobachtet, wie er auf der Fahrerseite seines Wagens Drogen versteckte. X. fuhr daraufhin mit seinem Auto in rasantem bzw. zügigem Tempo durch die Gerechtigkeitsgasse in Richtung Bärengraben. Dabei wurde er von der herbeigerufenen Polizei verfolgt. Ihr gelang es schliesslich, ihn in der Kasernenstrasse anzuhalten. Die Matrix-Aufforderung (Stop-Polizei) hatte X. nicht beachtet. Im Lenkrad seines Wagens wurden 2,2 Gramm Marihuana gefunden. Ein vor Ort durchgeführter Atemalkoholtest ergab einen Wert von 0,2 Promille. Der Drogenschnelltest, dem sich X. anschliessend auf dem Polizeiposten unterzog, fiel positiv aus. Zur Bestimmung des Alkohol- und Drogengehaltes wurden um 15.30 bzw. 15.40 Uhr eine Blut- und eine Urinprobe abgenommen. Die Analyse durch das Institut für Rechtsmedizin der Universität Bern ergab in Bezug auf Cannabis positive Testresultate; Trinkalkohol wurde nicht nachgewiesen. X. hatte nach seinen eigenen Angaben zwischen 13.00 und 13.15 Uhr auf der Münsterplattform einen Joint geraucht und 3 dl Bier getrunken.
B. Der Untersuchungsrichter 3 des Untersuchungsrichteramtes III Bern-Mittelland verurteilte X. mit Strafmandat vom 22. Oktober 2002 wegen Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz (Art. 19a BetmG) und wegen Führens eines Personenwagens unter Drogeneinfluss (Art. 31 Abs. 2 i.V.m. Art. 90 Ziff. 2 SVG) zu zehn Tagen Gefängnis, mit bedingtem Strafvollzug bei einer Probezeit von zwei Jahren, sowie zu einer Busse von Fr. 1'000.-. Auf Einsprache des Beurteilten hin, erklärte die Gerichtspräsidentin 17 desBGE 130 IV 32 (33) BGE 130 IV 32 (34)Gerichtskreises VIII Bern-Laupen X. am 31. März 2003 hinsichtlich der Widerhandlungen gegen das Strassenverkehrsgesetz der groben Verkehrsregelverletzung durch Führen eines Personenwagens unter Drogeneinfluss (Art. 31 Abs. 2 i.V.m. Art. 90 Ziff. 2 SVG; Art. 2 Abs. 1 der Verkehrsregelnverordnung vom 13. November 1962 [VRV; SR 741.11]) schuldig und verurteilte ihn zu zehn Tagen Gefängnis, bedingt erlassen auf eine Probezeit von zwei Jahren, sowie zu einer Busse von Fr. 1'000.-. Das Obergericht des Kantons Bern erklärte X. mit Urteil vom 28. August 2003 auf dessen Appellation hin der einfachen Verletzung der Verkehrsregeln durch Führen eines Personenwagens unter Drogeneinfluss (Art. 31 Abs. 2 i.V.m. Art. 90 Ziff. 1 SVG; Art. 2 Abs. 1 VRV) schuldig und verurteilte ihn zu fünf Tagen Haft, mit bedingtem Strafvollzug unter Auferlegung einer Probezeit von einem Jahr, sowie zu einer Busse von Fr. 500.-.
C. X. (nachfolgend: der Verurteilte) und der Generalprokurator des Kantons Bern führen eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde. Der Verurteilte beantragt, er sei vom Vorwurf des Führens eines Fahrzeugs in nicht fahrfähigem Zustand freizusprechen und die Sache sei zwecks Neuverlegung der Verfahrens- und Verteidigungskosten an die Vorinstanz zurückzuweisen. Der Generalprokurator stellt Antrag auf Aufhebung des angefochtenen Urteils und Rückweisung der Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz.
 
I. Nichtigkeitsbeschwerde des Verurteilten
 
Erwägung 2
 
BGE 130 IV 32 (35)Die erste Instanz hatte demgegenüber auf eine grobe Verletzung der Verkehrsregeln im Sinne von Art. 90 Ziff. 2 SVG erkannt, weil der Verurteilte im Wissen darum, dass er noch Auto fahren werde, Cannabis und Alkohol konsumiert habe.
 
Erwägung 3
 
Beim Fahren unter Drogeneinfluss existiert nach dem derzeitigen Kenntnisstand der Wissenschaft kein gesicherter Erfahrungs- und Grenzwert für die Fahrfähigkeit. Es kann daher nicht ohne weiteres von der konsumierten Drogenmenge bzw. dem Wirkstoffnachweis im Körper des Betroffenen auf fehlende Fahrfähigkeit geschlossen werden (BGE 124 II 559 E. 4b S. 565; MANFRED DÄHLER/RENÉ SCHAFFHAUSER, Strassenverkehrsdelikte, in: Niggli/Weissenberger [Hrsg.], Strafverteidigung, Handbücher für die Anwaltspraxis, Bd. VII, Basel 2002, N. 11.209). Die Fahrunfähigkeit muss in diesem Bereich daher, wie bei der Angetrunkenheit mit einem Blutalkoholgehalt von weniger als 0,8 Promille oder bei Fehlen einer Blutprobe (vgl. BGE 103 IV 110 E. 1; BGE 98 IV 289 E. 1a; BGE 90 IV 159 E. 4 S. 167; SCHAFFHAUSER, a.a.O., N. 504), auf Grund des erkennbaren äusseren Verhaltens des Fahrzeuglenkers im konkreten Einzelfall, namentlich auf Grund von Ausfallerscheinungen, Fahrfehlern, einer besonders sorglosen und leichtsinnigen Fahrweise oder Verhaltensauffälligkeiten bei Polizeikontrollen bzw. anlässlich der ärztlichen Untersuchung, nachgewiesen werden (SCHAFFHAUSER, a.a.O., N. 516 ff.; DÄHLER/SCHAFFHAUSER, a.a.O., N. 11.196 und 11.210; FRANZ RIKLIN, Fahren unter Drogeneinfluss, strafrechtliche, verwaltungsrechtliche und strafprozessuale Aspekte, Strassenverkehrsrechts-Tagung 1998, Freiburg 1998, S. 10). Dies gilt auch für das Führen von Fahrzeugen unter dem Einfluss von Cannabis.
Als geeignete Massnahme zur Feststellung des Drogen- und/oder Medikamenteneinflusses nennt Art. 4 der Empfehlungen die Polizeikontrolle (Art. 5 f.), die ärztliche Untersuchung (Art. 7), dieBGE 130 IV 32 (36) BGE 130 IV 32 (37)chemische Analyse im forensischen Laboratorium (Art. 12 ff.) sowie die Begutachtung durch einen Sachverständigen (Art. 15 f.). Die Empfehlungen enthalten im Anhang 2 sodann Richtlinien für die Begutachtung der Fahrfähigkeit unter dem Einfluss von Drogen und/oder Medikamenten. Danach genügt der ärztliche Untersuchungsbericht alleine zur gutachterlichen Beurteilung der Fahrfähigkeit wegen eines spezifischen Drogen- oder Medikamentenkonsums in der Regel nicht. Neben den ärztlichen Angaben müssen nach Möglichkeit auch Beobachtungen der Polizeiorgane und deren möglichst detaillierte und beschreibende Protokollierung Berücksichtigung finden. Ebenso sollen eventuell vorhandene Zeugenaussagen herangezogen werden zum Vergleich der Beobachtungen (z.B. "verladener" Fahrzeuglenker) mit der chemisch-toxikologisch festgestellten Konzentration einer Droge oder eines Medikamentes im Blut (Ziff. 2.3 und 3; vgl. auch PETER X. ITEN, Fahren unter Drogen- oder Medikamenteneinfluss, Institut für Rechtsmedizin, Zürich 1994, S. 22).
Im ärztlichen Untersuchungsbefund, der zweieinhalb Stunden nach der Fahrt erhoben wurde, wurden die Bewusstseinslage des Verurteilten als benommen, sein Verhalten als ruhig, seine Stimmung als normal, die Sprache als unauffällig und die Konjunktiven als gerötet beschrieben. Der Verurteilte bestand den Rombergtest sicher. Der Strichgang war leicht schwankend, die Finger-Finger-Probe wurde als sicher und die örtliche und zeitliche Orientierung als erhalten bewertet. Der Arzt beurteilte den Verurteilten insgesamt als "etwas verladen" und erachtete den Grad der Beeinträchtigung als leicht. Gemäss dem Bericht des Instituts für Rechtsmedizin der Universität Bern vom 18. September 2002 ergaben die chemisch-toxikologischen Untersuchungen einen THC-Wert von ca. 3,5 ng/ ml und einen THC-COOH-WertBGE 130 IV 32 (37) BGE 130 IV 32 (38)(Tetrahydrocannabinol-Carbonsäure) von ca. 46 ng/ml. Der Gutachter beurteilte den Verurteilten aus forensisch-toxikologischer Sicht als nicht fahrfähig.
So mag zutreffen, dass der ermittelte THC-Wert als eher tief erscheint und auf einen geringen oder nur mässigen Cannabis-Konsum hindeutet, doch schliesst die Vorinstanz entgegen der Auffassung des Verurteilten nicht schon allein aufgrund des Nachweises der geringen Wirkstoffkonzentration im Blut auf die Fahrunfähigkeit. Sie stützt sich vielmehr auch auf die im ärztlichen Untersuchungsbefund zweieinhalb Stunden nach der Fahrt festgehaltenen Verhaltensauffälligkeiten und deren Würdigung im Gutachten des Instituts für Rechtsmedizin, die ohne weiteres Rückschlüsse auf eine Beeinträchtigung der Fahrfähigkeit erlauben. Im Übrigen ist anerkannt, dass Cannabis auch bei bloss gelegentlichem Konsum in geringer Menge die Fahrfähigkeit erheblich beeinträchtigen kann (PETER HENTSCHEL, Strassenverkehrsrecht, 37. Aufl., München 2003, 4 dStGB § 316 N. 5). Ausserdem verweist die Vorinstanz zu Recht darauf, dass der Verurteilte neben Cannabis - wenn auch nur in geringer Menge - Alkohol konsumiert hat (Mischkonsum), was wegen der gegenseitigen Potenzierung beider Stoffe verkehrsrelevante Ausfallerscheinungen mit grösserer Wahrscheinlichkeit erwarten lässt (BGE 124 II 559 E. 4b S. 565 f. mit Hinweisen). In der Literatur wird schliesslich auch darauf hingewiesen, dass die Cannabis-Wirkung nur bedingt mit der Wirkstoffkonzentration korreliert. So wird der maximale Blutspiegel nach dem Rauchen von Cannabis bereits nach wenigen Minuten erreicht, während das maximale "High" erst nach etwa 30 Minuten eintritt, zu einem Zeitpunkt, in welchem die THC-Blutkonzentration bereits wieder deutlich abgesunken ist. Zu signifikanten Leistungsverschlechterungen kommt es danach vor allem im akuten Rausch, d.h. bei der Aufnahme des Wirkstoffs durch Rauchen innerhalb der ersten Stunde nach dem Konsum (BGE 124 II 559 E. 4c S. 566; GESCHWINDE, Rauschdrogen, Marktformen und Wirkungsweisen, 4. Aufl., Berlin usw. 1998, S. 28 f. N. 95 und 97; ITEN, a.a.O., S. 103 ff.; ders., Drogen und Verkehrsrecht, die wissenschaftliche BegutachtungBGE 130 IV 32 (38) BGE 130 IV 32 (39)von Fahrzeuglenkern unter Drogen- oder Medikamenteneinfluss, Strassenverkehrsrechts-Tagung 1998, Freiburg 1998, S. 16; GUIDO STICHT/HERBERT KÄFERSTEIN, Grundbegriffe, Toxikokinetik und Toxikodynamik, in: Günter Berghaus/Hans-Peter Krüger [Hrsg.], Cannabis im Strassenverkehr, Stuttgart 1998, S. 8 f.). Im vorliegenden Fall hat der Verurteilte kurze Zeit nach dem Konsum sein Fahrzeug gelenkt, während die Blutprobe erst etwa zweieinhalb Stunden nach der Fahrt abgenommen worden ist. Die Wirkstoffkonzentration dürfte danach bei der Fahrt jedenfalls grösser gewesen sein, als der ermittelte THC-Wert von ca. 3,5 ng/ml.
Dass die Festlegung eines Gefahrengrenzwerts auch bei Cannabis wünschenswert wäre, wie der Verurteilte vorbringt, mag zutreffen. Doch ist ein solcher, der Blutalkoholkonzentration von 0,8 Promille vergleichbarer Grenzwert heute wissenschaftlich (noch) nicht begründbar (vgl. oben E. 3.2). Aus den vom Verurteilten angeführten Vergleichswerten von Alkohol und Cannabis ergibt sich nichts anderes. Sein Hinweis bezieht sich auf eine vergleichende Analyse experimenteller Studien, in der die Beeinträchtigung durch Cannabis in Abhängigkeit von der Wirkstoffkonzentration im Vergleich zur Dosis-/Wirkstoffbeziehung von Alkohol beschrieben wird, die in ihrer Aussagekraft aber beschränkt ist und daher die Festlegung von verlässlichen Grenzwerten nicht erlaubt (vgl. MARK VOLLRATH/HANS-PETER KRÜGER, Auftreten und Risikopotenzial von Drogen im Strassenverkehr, Blutalkohol 39/2002 S. 34; vgl. auch GÜNTER BERGHAUS/HANS-PETER KRÜGER/MARK VOLLRATH, Beeinträchtigung fahrrelevanter Leistungen nach Rauchen von Cannabis und nach Alkoholkonsum - eine vergleichende Metaanalyse experimenteller Studien, in: Günter Berghaus/Hans-Peter Krüger [Hrsg.], Cannabis im Strassenverkehr, Stuttgart 1998, S. 101 ff.).
Dass der Verurteilte keine drogenbedingten Ausfallerscheinungen gezeigt hat, die sich in Fahrfehlern ausgewirkt haben, trifft zu. Es wird ihm denn auch kein Fahrfehler, insbesondere keine Geschwindigkeitsüberschreitung vorgeworfen. Auch nimmt die Vorinstanz zu seinen Gunsten an, er habe beim Anhalten den Motor seines Fahrzeugs nicht abgewürgt, sondern ordentlich abgestellt. Doch lässt sich daraus nicht schliessen, die vom Arzt erkannte leichte Beeinträchtigung des Verhaltens habe sich nicht auf das Fahrverhalten ausgewirkt. Denn die Annahme der Fahrunfähigkeit wegen Drogeneinflusses setzt den Nachweis eines Fahrfehlers nicht voraus. Selbst ein unauffälliger ärztlicherBGE 130 IV 32 (39) BGE 130 IV 32 (40)Untersuchungsbefund schliesst eine Beeinflussung der Fahrfähigkeit nicht aus (Empfehlungen Art. 7 Abs. 2). Es genügt eine Verminderung der Gesamtleistungsfähigkeit, wie sie dem Verurteilten hier vom Arzt und vom Gutachter attestiert worden ist.
Die Beschwerde des Verurteilten erweist sich somit als unbegründet.
II. Nichtigkeitsbeschwerde des Generalprokurators
 
Erwägung 5
 
Subjektiv erfordert der Tatbestand ein rücksichtsloses oder sonst schwerwiegend regelwidriges Verhalten, d.h. ein schweres Verschulden, mindestens grobe Fahrlässigkeit (BGE 118 IV 84 E. 2a mit Hinweisen). Dies ist immer zu bejahen, wenn der Täter sich der allgemeinen Gefährlichkeit seiner verkehrswidrigen Fahrweise bewusst ist. Grobe Fahrlässigkeit kann aber auch vorliegen, wenn der Täter die Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer pflichtwidrig gar nicht in Betracht zieht, also unbewusst fahrlässig handelt. In solchen Fällen bedarf jedoch die Annahme grober Fahrlässigkeit einer sorgfältigen Prüfung (BGE 106 IV 49 f. mit Hinweisen).
5.2 Der Generalprokurator geht zu Recht davon aus, dass das Führen eines Fahrzeugs in nicht fahrfähigem Zustand wegen desBGE 130 IV 32 (40) BGE 130 IV 32 (41)Einflusses von Cannabis einen typischen Fall der schweren Missachtung einer wichtigen Verkehrsvorschrift darstellt.
Die Einnahme von Cannabis führt nach den Ergebnissen zahlreicher wissenschaftlicher Studien beim Betroffenen zu Verminderungen im Bereich der Wahrnehmung und der Psychomotorik sowie der kognitiven und affektiven Funktionen. Namentlich kann der Konsum von Cannabisprodukten zu einer Beeinträchtigung der dynamischen Sehschärfe (d.h. dem Erkennen sich bewegender Objekte), zu einer Verlängerung der Reaktionszeit, zur Veränderung der Koordinationsfähigkeit oder zur fehlenden Genauigkeit von automatisierten Bewegungsabläufen führen. Cannabis beeinträchtigt daher bei Sucht die Fahreignung generell und bei gelegentlichem Konsum die Fahrfähigkeit unmittelbar nach dem Genuss der Droge (BGE 124 II 559 E. 4a S. 565 mit Hinweisen; vgl. ferner SCHAFFHAUSER, a.a.O., N. 514; THOMAS GESCHWINDE, a.a.O., S. 28 ff. N. 93 ff.; STEPHAN HARBORT, Rauschmitteleinnahme und Fahrsicherheit, Indikatoren - Analysen - Massnahmen, Stuttgart [u.a.] 1996, S. 106 ff. N. 222 ff.). Nach der Rechtsprechung kann denn auch ein die momentane Fahrfähigkeit beeinträchtigender Cannabiskonsum Anlass bieten, die generelle Fahreignung des Betroffenen durch ein Fachgutachten näher abklären zu lassen (BGE 127 II 122 E. 4b).
Das Betäubungsmittel ist in seinen Auswirkungen in verkehrsrechtlicher Hinsicht mit der Alkoholintoxikation vergleichbar (zur Beeinträchtigung der Fahrfähigkeit durch Alkohol vgl. SCHAFFHAUSER, a.a.O., N. 504; ferner KLAUS FOERSTER, Störungen durch psychotrope Substanzen, in: Venzlaff/Foerster, Psychiatrische Begutachtung, 3. Aufl., 2000, S. 165; RUDOLF HAURI-BIONDA, Fahrfähigkeit, Institut für Rechtsmedizin der Universität Zürich 1994, S. 5). Es drängt sich daher auf, das Fahren unter dem Einfluss von Cannabis grundsätzlich gleich zu behandeln wie das Fahren in angetrunkenem Zustand gemäss Art. 91 Abs. 1 SVG, welches - auch für Trunkenheitsfahrten mit einem Blutalkoholgehalt von weniger als 0,8 Promille (vgl. oben E. 3.2) - als Vergehen mit Gefängnis oder Busse bedroht ist (vgl. Art. 9 Abs. 2 StGB). Diese Auffassung steht im Einklang mit der Änderung des Strassenverkehrsgesetzes vom 14. Dezember 2001 (AS 2002 S. 2767 ff.; BBl 1999 S. 4462, 4493), nach welchem mit Gefängnis oder Busse bestraft wird, wer aus anderen Gründen als Angetrunkenheit fahrunfähig ist und ein Motorfahrzeug führt (Art. 91 Abs. 2 nSVG). Darunter fällt nach dem künftigen Recht auch das Führen eines Motorfahrzeuges unterBGE 130 IV 32 (41) BGE 130 IV 32 (42)Betäubungsmitteleinfluss (Art. 31 Abs. 2 nSVG). Es gilt somit in diesem Fall die gleiche Strafandrohung wie beim Tatbestand des Fahrens in angetrunkenem Zustand mit einer qualifizierten Blutalkoholkonzentration (Art. 91 Abs. 1 nSVG).
Die Beschwerde des Generalprokurators erweist sich somit als begründet.BGE 130 IV 32 (42)