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Regeste
Sachverhalt
Aus den Erwägungen:
1. Der Anklagesachverhalt ist unbestritten. Der Beschwerdefü ...
Erwägung 1.2
Erwägung 1.3
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67. Auszug aus dem Urteil der Strafrechtlichen Abteilung i.S. X. gegen Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau (Beschwerde in Strafsachen)
 
 
6B_784/2017 vom 15. November 2017
 
 
Regeste
 
Verwendung falscher oder gefälschter Kontrollschilder im öffentlichen Verkehr; Art. 97 Abs. 1 lit. f SVG; Bestätigung der Rechtsprechung.
 
 
Sachverhalt
 
BGE 143 IV 515 (516)A. Am 6. November 2015 fuhr X. für eine Überführungsfahrt mit einem Lastwagen seines Arbeitgebers, der Firma A., von Hendschiken an deren Standort in Kloten. Dort bemerkte er, dass er die Händlerschilder für die Rückfahrt mit einem anderen Fahrzeug vergessen hatte. Weil die A. Kloten über keine Ersatzschilder verfügte, liess X. durch Mitarbeiter der Firma die zuvor verwendeten Schilder auf Papier kopieren. Die Schilderkopien liess er am Fahrzeug hinten mit Isolierklebeband montieren und vorne hinter die Windschutzscheibe legen. In der Folge lenkte er den Lieferwagen mit den angebrachten Papierschildern von Kloten bis zum Autobahn-Rastplatz Würenlos, wo er in eine Verkehrskontrolle geriet.
B. Mit Strafbefehl vom 22. Januar 2016 verurteilte die Staatsanwaltschaft Baden X. wegen Missbrauchs von Ausweisen und Schildern sowie Nicht-Mitführens des Fahrzeugausweises zu einer bedingten Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu Fr. 40.- sowie einer Busse von Fr. 620.-. Auf Einsprache von X. hin reduzierte der Präsident des Bezirksgerichts Baden die Strafe am 17. Februar 2017 auf 10 Tagessätze zu Fr. 60.- Geldstrafe und Fr. 140.- Busse. Die dagegen erhobene Berufung von X. wies das Obergericht des Kantons Aargau am 7. Juni 2017 ab.
C. Mit Beschwerde in Strafsachen beantragt X., er sei vom Vorwurf des Missbrauchs von Ausweisen und Schildern im Sinne von Art. 97 Abs. 1 lit. f SVG freizusprechen.
Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab.BGE 143 IV 515 (516)
 
BGE 143 IV 515 (517)Aus den Erwägungen:
 
Nach Art. 96 Abs. 1 lit. a SVG wird mit Busse bestraft, wer ohne den erforderlichen Fahrzeugausweis oder die Kontrollschilder ein Motorfahrzeug führt oder einen Anhänger mitführt. Die Tathandlung besteht darin, ein Fahrzeug ohne Fahrzeugausweis oder ohne die notwendigen Kontrollschilder im öffentlichen Verkehr zu führen (WEISSENBERGER, a.a.O., N. 6 zu Art. 96 SVG).
 
Erwägung 1.2
 
1.2.2 Dem Beschwerdeführer kann nicht gefolgt werden. Es ist unbestritten, dass die am Fahrzeug befestigten und im öffentlichen Verkehr verwendeten Kontrollschilder Kopien eines echten, d.h. von der zuständigen Behörde herausgegebenen Kontrollschilds waren. Die Vorinstanz erwägt daher zu Recht, dass die Kontrollschilder objektiv gefälscht waren, weil sie gerade nicht vom vorgegebenen Aussteller stammten. Sie wurden vielmehr unbestrittenermassen mittels Reproduktion vom Arbeitgeber des Beschwerdeführers angefertigt und waren damit falsch im Sinne von Art. 97 Abs. 1 lit. e SVG (vgl. Urteile 6B_205/2011 vom 8. Juli 2011 E.1 f.; 6B_457/2009 vom 5. September 2009 E. 1.2.4 f.). Dass sie auf einem echten Schild basierten, macht die Kopien nicht zu echten Schildern. Für die Qualifizierung als Fälschung spielt auch keine Rolle, ob diese täuschend echt oder von weitem als Fälschung erkennbar ist (WEISSENBERGER, a.a.O., N. 33 zu Art. 97 SVG). Ausschlaggebend ist alleine, dass ein Duplikat des echten Schildes, also ein neues falsches Kontrollschild hergestellt und im öffentlichen Verkehr verwendet wurde. Ebenso ist irrelevant, dass das amtlich abgegebene Kontrollschild aus Blech, nicht wie vorliegend aus Papier hergestellt ist, oder ob die Kopie vom Original auf den ersten Blick unterscheidbar ist. Im Übrigen ist dem Beschwerdeführer angesichts der in den Akten befindlichen Fotos des verwendeten Schildes zu widersprechen, wenn er geltend macht, die Fälschung sei ohne weiteres als solche erkennbar gewesen.
Entgegen dem Einwand des Beschwerdeführers ist das von der Vorinstanz zitierte Urteil 6B_457/2009 vom 5. September 2009, welches die Verwendung von Kontrollschildern aus Karton zum Gegenstand hatte, für den vorliegenden Fall einschlägig. Zwar wurde darin (nur) die Frage erörtert, ob der Beschwerdeführer einen Rechtsirrtum geltend machen könne. Damit bejahten die Gerichte aber implizit, dass die verwendeten Kontrollschilder aus Karton unecht im Sinne des Gesetzes waren und den Tatbestand des Art. 97 Abs. 1 lit. f SVG erfüllten, was vor Bundesgericht nicht mehr streitig war. Dies muss ebenso für Kopien aus Papier gelten. Nicht stichhaltig ist auch der Einwand zum Urteil 6B_205/2011 vom 8. Juli 2011, wonach dieses mit der vorliegenden Situation nicht vergleichbar sei, da die verwendeten Schilder von einer französischen Firma und aus Blech hergestellt worden waren. Es leuchtet nicht ein, inwiefern die geografische Herkunft der Fälschung für die Frage der Echtheit relevant sein soll. Das Bundesgericht hielt zudem ausdrücklich fest,BGE 143 IV 515 (518) BGE 143 IV 515 (519)dass die Kontrollschilder Fälschungen waren, weil sie - wie vorliegend auch - nicht von der zuständigen Behörde herausgegeben wurden. Die Qualifikation als Fälschung war im Übrigen unbestritten.
 
Erwägung 1.3
 
1.3.2 Die Begründung des Beschwerdeführers überzeugt nicht. Wie die Vorinstanz zutreffend festhält, müssen die Kontrollschilder an einem Fahrzeug angebracht und im Fahr- oder ruhenden Verkehr auf öffentlichen Strassen eingesetzt werden, damit sie als verwendet im Sinne des Gesetzes gelten und der objektive Tatbestand erfüllt ist. Dies ergibt sich aus dem Geltungsbereich des SVG sowie aus der allgemeinen Vorschrift des Art. 10 Abs. 1 SVG, wonach Motorfahrzeuge und ihre Anhänger nur mit Fahrzeugausweis und Kontrollschildern in Verkehr gebracht werden dürfen (BÄHLER, a.a.O., N. 26 zu Art. 97 SVG). Der Vorinstanz ist zuzustimmen, dass die Montage der gefälschten Kontrollschilder am Fahrzeug als aktive Täuschungshandlung für die Erfüllung des Tatbestandes nicht vorausgesetzt ist. Wer das gefälschte Kennzeichen verwendet, ob der Fälscher selber oder ein Dritter, ist unerheblich. Entscheidend ist die Verwendung der gefälschten Schilder im Strassenverkehr. Würde der Auffassung des Beschwerdeführers gefolgt, wäre der Täter, der die falschen Schilder im öffentlichen Verkehr benutzt, immer für beide Tatbestände gleichzeitig zu bestrafen; es könnte nie zwei unterschiedliche Täter geben, was die Trennung in zwei verschiedene Tathandlungen bzw. Tatbestände obsolet machen würde. Der Beschwerdeführer hat die gefälschten Schilder zudem verwendet, indem er das damit ausgestattete Fahrzeug im Verkehr führte. Die Schilder waren am Auto angebracht, da sie hinten mit Klebeband montiert und vorne hinter die Windschutzscheibe platziert wurden. Er handelte vorsätzlich, zumal unbestritten ist, dass der Beschwerdeführer die Kopien anfertigen und anbringen liess, weil er die echten Schilder in der Firma in Kloten lassen musste und keine Ersatzschilder mitgenommen hatte. Er wusste, dass die Schilder Kopien waren.BGE 143 IV 515 (519)
BGE 143 IV 515 (520)Im Übrigen wäre eine Täuschungshandlung ebenfalls zu bejahen. Das Anbringen der Schilder geschah offenkundig in der Absicht, diese als echt erscheinen zu lassen, daher die exakte Kopie. Daran ändert nichts, dass die Kopie auf den zweiten Blick als solche zu erkennen war, wurde sie doch nur für eine einzige Fahrt angefertigt. Entgegen seinem Einwand hat der Beschwerdeführer mit der Verwendung falscher Schilder auch die Sicherheit im Strassenverkehr gefährdet, namentlich mögliche Rechte anderer Verkehrsteilnehmer (wie etwa Haftpflichtansprüche).