61. Urteil i.S. N. gegen 1. Amt für Zusatzleistungen zur AHV/IV, Zürich, 2. Bezirksrat Zürich, und Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich | |
P 22/04 vom 13. Juli 2004 | |
Regeste | |
Art. 9b ELG, Art. 97 AHVG und Art. 54 Abs. 1 lit. c und Abs. 2 ATSG; Art. 97 Abs. 2 und 4 lit. b AHVG (je in der bis 31. Dezember 2002 gültig gewesenen Fassung); Art. 27 Abs. 1 ELV und Art. 47 Abs. 1 AHVG (je in der bis 31. Dezember 2002 gültig gewesenen Fassung), Art. 25 Abs. 1 ATSG; Art. 49, 52 und 56 ATSG: Aufschiebende Wirkung.
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Erwägung 2 | |
Erwägung 2.1 | |
Erwägung 2.2 | |
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Erwägung 3 | |
Erwägung 3.1 | |
3.1.1 Am 1. Januar 2003 ist das Bundesgesetz vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) in Kraft getreten. Dieses Gesetz koordiniert das Sozialversicherungsrecht des Bundes, indem es unter anderm ein ![]() ![]() | |
Nach Art. 1 Abs. 1 ELG sind die Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) auf die Leistungen der Kantone nach dem 1a. Abschnitt (Art. 1a-9b) anwendbar, soweit das vorliegende Gesetz nicht ausdrücklich eine Abweichung vom ATSG vorsieht.
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Gemäss Art. 9b ELG ist Artikel 97 AHVG sinngemäss anwendbar. Nach dieser Bestimmung kann die Ausgleichskasse in ihrer Verfügung einer allfälligen Beschwerde die aufschiebende Wirkung entziehen, auch wenn die Verfügung auf eine Geldleistung gerichtet ist; im Übrigen gilt Artikel 55 Absätze 2-4 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vom 20. Dezember 1968. Im Weitern sind Verfügungen und Einspracheentscheide unter anderm vollstreckbar, wenn einer Einsprache oder Beschwerde die aufschiebende Wirkung entzogen wird. Vollstreckbare Verfügungen und Einspracheentscheide, die auf Geldzahlung oder Sicherheitsleistung gerichtet sind, stehen vollstreckbaren Urteilen im Sinne von Artikel 80 des Bundesgesetzes vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs gleich (Art. 54 Abs. 1 lit. c und Abs. 2 ATSG).
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Diese Ordnung übernimmt inhaltlich unverändert die bis 31. Dezember 2002 in Kraft gestandene Regelung gemäss alt Art. 97 Abs. 2 und 4 lit. b AHVG (vgl. UELI KIESER, ATSG-Kommentar: Kommentar zum Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts vom 6. Oktober 2000, Zürich 2003, S. 545 und 548 N 6 und 16 zu Art. 54 sowie S. 562 ff. und S. 605 f. mit Hinweisen auf die Materialien).
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3.2 Das kantonale Gericht hat in Anwendung der Rechtsprechung zu alt Art. 97 Abs. 2 AHVG (vgl. BGE 117 V 191 Erw. 2b mit Hinweisen), insbesondere bei Verfügungen über die Herabsetzung oder Aufhebung von Renten der Invalidenversicherung (BGE 105 V 269 Erw. 3 und AHI 2000 S. 185 Erw. 5), das Begehren um ![]() ![]() | |
"Nach geltendem Recht geniessen Beschwerden gegen die Verfügungen der Ausgleichskassen, die auf eine Geldleistung gerichtet sind, aufschiebende Wirkung (Art. 1 Abs. 3 VwVG i.V.m. Art. 55 Abs. 2 VwVG). Das erlaubt dem Selbständigerwerbenden und dem Arbeitgeber, durch die Erhebung der Beschwerde gegen eine Beitrags- oder eine Veranlagungsverfügung die Vollstreckung der Beitragsforderung hinauszuzögern. Um dies zu verhindern und einen ordnungsgemässen Bezug der Beiträge zu ![]() ![]() | |
(...)
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Die Möglichkeit, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zu entziehen, ist auch für den Bereich der Renten bedeutsam. Wird etwa auf dem Weg der Revision die weitere Gewährung einer Rente verweigert und erhebt der Versicherte gegen die entsprechende Verfügung Beschwerde, so müsste der aufschiebenden Wirkung wegen die Rente weiter ausgerichtet werden. Würde die Verfügung der Ausgleichskasse nachträglich von den rechtsprechenden Behörden geschützt, so wäre die Ausgleichskasse gezwungen, die zu Unrecht entrichteten Rentenbeträge zurückzufordern." (BBl 1976 III 66 f.).
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Die vom Bundesrat vorgeschlagene Änderung des Art. 97 AHVG passierte die parlamentarische Beratung diskussionslos (Sten.Bull. 1977 N 323 und S 264).
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Diese Entstehungsgeschichte zeigt, dass mit alt Art. 97 Abs. 2 und 4 lit. b AHVG die gesetzliche Grundlage dafür geschaffen werden sollte, dass einerseits Beitragsforderungen vollstreckt werden können, bevor darüber rechtskräftig entschieden ist, und anderseits bei Herabsetzung oder Aufhebung einer Rente nicht bis zum Abschluss eines allfälligen Beschwerdeverfahrens weiter Leistungen ausgerichtet werden müssen. Es bestehen keine Anhaltspunkte in den Materialien, dass der Gesetzgeber auch die Rückforderung von zu Unrecht ausgerichteten Leistungen (Renten und Hilflosenentschädigung) mit erfasst haben wollte.
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3.4 Im gesamten Bundesverwaltungsrecht gilt der Grundsatz, dass Verwaltungs- und Verwaltungsgerichtsbeschwerden gegen Verfügungen und Entscheide, die zu einer Geldleistung verpflichten, unabdingbar aufschiebende Wirkung zukommt (Art. 55 Abs. 1 und 2 e contrario VwVG sowie Art. 111 Abs. 1 OG; GYGI, Bundesverwaltungsrechtspflege, 2. Aufl., Bern 1983, S. 241; vgl. auch BGE 111 V 56 f. Erw. 3 und BGE 99 Ib 219 f. Erw. 4). Dieser Regel derogiert Art. 97 AHVG. Das allein spricht zwar nicht für eine enge Auslegung der Wendung der auf eine Geldleistung gerichteten Verfügungen im Sinne dieser Bestimmung (BGE 118 Ia 179 Erw. 2d, BGE 117 Ib 121 Erw. 7c, BGE 114 V 302 Erw. 3e). Nach dem Normzweck von Art. 97 AHVG, wie er sich klar und unmissverständlich aus der Entstehungsgeschichte von alt Art. 97 Abs. 2 AHVG ergibt, und insbesondere mit Blick auf das gesetzliche Institut des Erlasses, lassen sich darunter indessen nicht Verwaltungsakte über die Rückerstattung unrechtmässig bezogener Ergänzungsleistungen subsumieren. Allfälligen hiegegen erhobenen Einsprachen und Beschwerden kommt daher von Gesetzes wegen aufschiebende Wirkung zu. ![]() ![]() ![]() |