31. Auszug aus der Verfügung der II. sozialrechtlichen Abteilung i.S. P. AG gegen Bundesamt für Gesundheit BAG (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) | |
9C_69/2011 vom 11. Juli 2011 | |
Regeste | |
Art. 52 Abs. 1 lit. b, Art. 1a Abs. 2 lit. a und Art. 25 Abs. 1 und 2 lit. b KVG; Art. 3 ATSG; Aufnahme von Arzneimitteln in die Spezialitätenliste (Champix).
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Sachverhalt | |
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B. Die Beschwerde der P. AG wies das Bundesverwaltungsgericht mit Entscheid vom 1. Dezember 2010 mit der Begründung ab, die Nikotinabhängigkeit sei nicht als eigenständige, behandlungsbedürftige gesundheitliche Störung mit Krankheitswert einzustufen und es bestehe dafür auch keine Vergütungspflicht im Rahmen der Präventionsleistungen.
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C. Die P. AG lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen mit dem Rechtsbegehren, der Entscheid vom 1. Dezember 2010 sei aufzuheben und Champix Filmtabletten 0,5/1 mg in verschiedenen Packungsgrössen zu entsprechenden (Fabrikabgabe- und Publikumshöchst-)Preisen in die SL aufzunehmen, allenfalls unter Limitationen; eventualiter sei die Sache zu neuer Entscheidung an das Bundesverwaltungsgericht zurückzuweisen.
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Das BAG beantragt die Abweisung der Beschwerde. Das Bundesverwaltungsgericht hat auf eine Vernehmlassung verzichtet.
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Die P. AG hat eine Stellungnahme zur Vernehmlassung des Bundesamtes eingereicht.
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Das Bundesgericht heisst die Beschwerde teilweise gut.
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2. Das BAG lehnte die Aufnahme von Champix in die SL (Art. 52 Abs. 1 lit. b KVG) mangels nachgewiesener Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit der Leistung ab (Art. 32 Abs. 1 ![]() ![]() | |
Erwägung 4 | |
4.1 Die soziale Krankenversicherung gewährt Leistungen u.a. bei Krankheit (Art. 3 ATSG [SR 830.1]; Art. 1a Abs. 2 lit. a KVG). Die obligatorische Krankenpflegeversicherung übernimmt die Kosten ![]() ![]() | |
Erwägung 4.2 | |
4.2.3 Die Beschwerdeführerin weist insoweit richtig darauf hin, dass eine behandlungsbedürftige Krankheit auch gegeben ist, wenn ein gefährdeter Gesundheitszustand unbehandelt sich wahrscheinlich ![]() ![]() | |
Erwägung 5 | |
Erwägung 5.3 | |
5.3.1 Nach der auch von der Vorinstanz erwähnten, unter dem KUVG ergangenen Rechtsprechung ist die Alkoholsucht an sich schon ![]() ![]() | |
5.3.2 In BGE 118 V 107 E. 1b S. 109 wurde im Zusammenhang mit Drogenkonsum Sucht als unbezwingbares Verlangen zur fortgesetzten Einnahme mit Entziehungserscheinungen nach Absetzen, Tendenz zur Steigerung der Dosis, Schäden für Individuum und Gesellschaft charakterisiert. Diese Begriffsumschreibung gilt im Wesentlichen auch heute noch (vgl. etwa PSCHYREMBEL, Klinisches Wörterbuch, 262. Aufl. 2011, S. 4), und zwar in gleicher Weise für Nikotinabhängigkeit und Abhängigkeit von anderen psychoaktiven Substanzen wie Drogen und Alkohol (Neurowissenschaften und Sucht, November 2009 [elektronische Broschüre, herausgegeben vom Collège Romand de Médecine de l'Addiction, im Auftrag des BAG, http://www.ssam.ch]; vgl. zur Quantifizierung der Nikotinsucht THONACK/HOFFMANN, a.a.O., S. 181, und ZELLER, a.a.O., S. 419 f.). Gemäss Beschwerdeführerin bestehen sodann auch keine wesentlichen Unterschiede in Bezug auf die Wirkung auf die Hirnfunktionen, das Abhängigkeitspotenzial im Sinne eines ständig steigenden Konsumverlangens, die Schwierigkeit aufzuhören, insbesondere wegen der Entzugserscheinungen (u.a. verminderte Herzfrequenz, Senkung des diastolischen Blutdrucks, Hungergefühl, Gewichtszunahme, Schlaf- und ![]() ![]() | |
Erwägung 5.4 | |
5.4.2 Das Bundesamt misst somit der Nikotinsucht dann Krankheitswert zu, wenn sie genügend stark im Sinne eines hohen täglichen Konsums von Tabakwaren ist (was sich negativ auf das soziale Verhalten und die Integration ins Arbeitsleben auswirke) oder vor allem wenn sie Ursache oder Folge einer Erkrankung ist. Diese Umschreibung ist jedoch zu allgemein und erscheint auch wenig praktikabel. Es wird Aufgabe des Bundesamtes sein, nach Konsultation der Eidgenössischen Kommission für allgemeine Leistungen und Grundsatzfragen (Art. 37a lit. a KVV) Bedingungen zu formulieren, unter ![]() ![]() | |
6. Die Aufnahme eines Arzneimittels in die SL (Art. 52 Abs. 1 lit. b KVG) setzt u.a. voraus, dass es wirksam, zweckmässig und wirtschaftlich ist und eine gültige Zulassung des Schweizerischen Heilmittelinstituts (Swissmedic) vorliegt (Art. 65 Abs. 1 und 2 [seit 1. Oktober 2009: Abs. 3] KVV und Art. 30 Abs. 1 KLV). Die zweite Bedingung ist vorliegend erfüllt. Champix ist seit 21. Dezember 2006 im Sinne des Bundesgesetzes vom 15. Dezember 2000 über Arzneimittel und ![]() ![]() | |
Das BAG stützt sich bei der Prüfung der Wirksamkeit eines Arzneimittels auf die Unterlagen, die für die Registrierung durch Swissmedic massgebend waren und allenfalls weitere, die einverlangt werden können (Art. 32 KLV). Die Beurteilung der Wirksamkeit muss sich in jedem Fall auf klinisch kontrollierte Studien abstützen (Art. 65 Abs. 3 Satz 2 KVV [seit 1. Oktober 2009: Art. 65a KVV]; im gleichen Sinne Art. 11 Abs. 1 HMG und Art. 2 ff. der Verordnung des Schweizerischen Heilmittelinstituts vom 9. November 2001 über die Anforderungen an die Zulassung von Arzneimitteln [AMZV; SR 812.212. 22]). Weiter hat das Bundesamt die Meinungsäusserungen und Empfehlungen der beratenden Kommissionen (Art. 37a KVV in Verbindung mit Art. 33 Abs. 4 KVG), insbesondere der EAK (Art. 37e KVV) zu berücksichtigen (vgl. BGE 129 V 32 E. 3.2.2 S. 35).
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6.1.1 Das BAG erachtete in der Verfügung vom 3. April 2008 die Wirksamkeit von Champix nicht als genügend nachgewiesen. Die Zielsetzung des Einsatzes dieses Arzneimittels sei im Grundsatz eine dauerhafte Nikotinabstinenz. Das Verlangen zu rauchen komme bei ehemaligen Rauchern erwiesenermassen immer wieder auf. Die eingereichten Studien belegten lediglich einen statistisch signifikanten "Rauchstopp" nach längstens 52 Wochen, was für den Nachweis der Langzeitwirkung von Champix nicht genüge. In der Vernehmlassung vor Bundesgericht bringt das Bundesamt überdies vor, damit eine Therapie mit Champix wirksamer wäre, müsse der Patient den Willen zum "Rauchstopp" aufbringen und es sei eine ärztliche Begleitung erforderlich. Die Verschreibung dieses Medikamentes sollte demnach nur im Rahmen eines therapeutischen Gesamtkonzeptes erfolgen, wozu auch eine ausführliche Diagnostik in Bezug auf eine ![]() ![]() | |
Die Beschwerdeführerin bringt im Wesentlichen vor, eine Rauchabstinenz von mindestens einem Jahr sei gemäss internationalem Standard, insbesondere auch nach der WHO, ein hinreichender Beleg für die Langzeitwirkung einer Raucherentwöhnungsbehandlung. Die Rückfallquote sei erwiesenermassen im ersten Jahr am höchsten. Auch bei Medikamenten gegen die Alkoholsucht hätten für das BAG (und Swissmedic) Studien von 52 Wochen zum Wirksamkeitsnachweis genügt. Ebenfalls habe die EAK die Wirksamkeit von Champix nicht in Frage gestellt. Neuere Studien hätten sodann die Überlegenheit von Champix auch gegenüber Nikotinersatztherapie nach einer Dauer von 52 Wochen gezeigt. Schliesslich rügt die Beschwerdeführerin, das BAG habe sich bei der Wirksamkeitsbeurteilung in keiner Weise auf die Unterlagen gestützt, welche für die Registrierung bei Swissmedic massgebend gewesen seien.
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Erwägung 6.1.2 | |
6.1.2.1 Entgegen der Auffassung des BAG schliessen allenfalls notwendige begleitende Massnahmen von Anfang an oder über die Behandlung mit Champix hinaus die Wirksamkeit der Anwendung dieses Arzneimittels nicht aus (vgl. auch Urteil 2A.243/2006 vom 22. Dezember 2006 E. 3.4.3-4). Solche zusätzlichen Behandlungen sind aber unter dem Gesichtspunkt der Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit zu berücksichtigen. Im Weitern ergibt sich aus dem Protokoll der Eidgenössischen Kommission für allgemeine Leistungen (ELK [Art. 37a lit. a KVV]; seit 1. Januar 2008: Eidgenössische Komission für allgemeine Leistungen und Grundsatzfragen [Art. 37a lit. a KVV]) vom 11. September 2007 nichts Entscheidendes zur Frage der Wirksamkeit einer Behandlung mit Champix. Im Protokoll der EAK vom 20. September 2007 sodann wurde festgehalten, dass die Kommission vor allem für die Frage der Wirtschaftlichkeit zuständig sei. Es wurde eine auf zwei Jahre befristete Aufnahme ("Die Firma muss nach 2 Jahren eine Auswertung der Patientendaten im Sinne einer Kohortenstudie liefern. Sie muss die Daten von mindestens 80 % der behandelten Patienten liefern.") vorgeschlagen, was die Zustimmung der Kommissionsmehrheit fand. Das BAG ist dieser Meinungsäusserung nicht gefolgt, was insofern nicht zu beanstanden ist, als die Aufnahme von Arzneimitteln in die SL, deren ![]() ![]() | |
6.1.2.2 Im Zulassungsentscheid von Swissmedic vom 21. Dezember 2006 wurde der Nachweis der Wirksamkeit einer Behandlung mit Champix in der galenischen Form von Filmtabletten zu 0,5 oder 1 mg zur Raucherentwöhnung aufgrund der eingereichten Studien als erbracht erachtet, am Ende der Behandlung (Wochen 9-12) und auch nach dem Aufrechterhalten der Abstinenz bis zur Woche 52, wobei sich ein zusätzlicher Behandlungszyklus von 12 Wochen als vorteilhaft erwiesen habe. Die Zulassung durch Swissmedic stellt zwar lediglich eine notwendige, nicht aber hinreichende Bedingung für die Aufnahme eines Arzneimittels mit der entsprechenden medizinischen Indikation in die SL dar (BGE 136 V 395 E. 4.2 in fine S. 398;BGE 133 V 115 E. 3.3 in fine S. 120;BGE 130 V 532 E. 3.3 S. 539). Indessen legt das BAG nicht dar und noch weniger begründet es, welchen Zeitraum (grösser als 52 Wochen) die klinischen Studien für den genügenden Nachweis der Langzeitwirkung von Champix abzudecken hätten. Im Unterschied dazu konnte sich Swissmedic zur Begründung der von ihm als notwendig erachteten längeren Zeitspanne für den Wirksamkeitsnachweis eines Medikamentes gegen Adipositas auf wissenschaftliche Empfehlungen und Leitlinien stützen (Urteil 2A.243/2006 vom 22. Dezember 2006 E. 3.4.4). Vorliegend beruhen jedoch - soweit ersichtlich und etwas anderes wird nicht geltend gemacht - alle Studien zur Wirksamkeit von Massnahmen zur Raucherentwöhnung auf einer Beobachtungszeit von 52 Wochen. Im Lebensversicherungsbereich gilt eine Person, die früher geraucht hat, als Nichtraucher, sobald sie während 12 Monaten nicht mehr geraucht hat (GRONER, a.a.O., S. 22 ff.). Unter diesen Umständen hat der Nachweis der Wirksamkeit von Champix grundsätzlich als erbracht zu gelten. Allerdings soll laut HUMAIR (a.a.O., S. 1474) ![]() ![]() | |
Das BAG stützt sich bei der Prüfung der Zweckmässigkeit eines Arzneimittels auf die Unterlagen, die für die Registrierung durch Swissmedic massgebend waren und allenfalls weitere, die einverlangt werden können (Art. 33 Abs. 2 KLV). Weiter hat das Bundesamt die Meinungsäusserungen und Empfehlungen der beratenden Kommissionen, insbesondere der EAK zu berücksichtigen.
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6.2.1 Das BAG verneinte in der Verfügung vom 3. April 2008 auch die Zweckmässigkeit von Champix zur Raucherentwöhnung. Zwar verhindere Nikotinabstinenz kostenintensive Folgeerkrankungen, welche das Rauchen nach sich ziehen könne. Voraussetzung sei jedoch eine Abstinenz über längere Zeit, im Idealfall für den Rest des Lebens. Dieser Wirksamkeitsnachweis sei jedoch nicht erbracht. Es lägen zwar vergleichende "Cost-Effectiveness"-Analysen vor, welche die Kosten der Behandlung den Konsequenzen gegenüberstellten. Für "rauchstoppwillige" Personen existierten indessen ![]() ![]() | |
Die Beschwerdeführerin bringt hauptsächlich vor, es gebe kein geeigneteres Medikament, um das Ziel der Raucherentwöhnung zu erreichen, als der Einsatz von Champix, auch unter dem Gesichtspunkt von Nebenwirkungen und Missbrauchsgefahr. Die Behandlung sei mindestens so zweckmässig wie die (Listen-)Präparate gegen Alkohol- und Opiatsucht.
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Erwägung 6.2.2 | |
6.2.2.1 Es kommen - neben dem Einsatz von Champix - weitere Behandlungsformen zur Anwendung, um von Tabakabhängigkeit loszukommen (Nikotinersatztherapie [NET], insbesondere Nikotin- Pflaster, -Kaugummi, -Inhaler und Lutschtabletten sowie Nasal-Spray, Antidepressiva, namentlich Bupropion SR [Slow Release, Zyban], Akupunktur, psychologisch unterstützende Verhaltensänderung; ZELLER, a.a.O.; THONACK/HOFFMANN, a.a.O., S. 180; BERGER, a.a.O., S. 370 ff.; CORNUZ, a.a.O., S. 655 ff., 658 f.; PING WU UND ANDERE, Effectiveness of smoking cessation therapies: a systematic review and meta-analysis, in: BMC Public Health, 2006 http://www.biomedcentral.com/1471-2458/6/300). Ziel der Therapie ist es, die bei (sofortigem) Aufhören mit Rauchen regelmässig auftretenden Entzugssymptome (vorne E. 5.3.2), welche allenfalls der medizinischen Behandlung bedürfen (THONACK/HOFFMANN, a.a.O., S. 180; vgl. auch HUMAIR, a.a.O., und MARIA DOBRINAS UND ANDERE, Aspects génétiques de la consommation de tabac et prise en charge clinique, Revue Médicale Suisse [RMS] 5/2009 S. 1463 ff.), entscheidend zu mildern und so den Rückfall zu vermeiden (CORNUZ, a.a.O., S. 658; ZELLER, a.a.O., S. 420). Mit einer (unterstützenden) medikamentösen Behandlung wird zudem das Craving nach Nikotin, d.h. das nahezu unbezwingbare Verlangen zu rauchen, durch Auslösen entsprechender chemischer Prozesse gelindert (ZELLER, a.a.O., S. 422; BERGER, a.a.O., S. 371).
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6.2.2.2 Gemäss dem Begleitbericht ('Clinical Overview') zum bei Swissmedic eingereichten Zulassungsgesuch zeigen die klinischen Studien eine statistisch signifikante Überlegenheit von Champix gegenüber Bupropion und Placebo nach einer 12-wöchigen Behandlung und gegenüber Placebo nach weiteren 12 Wochen Behandlung ![]() ![]() | |
6.2.2.3 Aufgrund der Akten ist sodann davon auszugehen, dass beim gegenwärtigen Wissensstand andere medizinische Massnahmen nicht ebenso wirksam oder sogar noch wirksamer sind und gleichzeitig weniger Nebenwirkungen zeigen als eine Behandlung mit Champix. Das BAG bringt nichts Gegenteiliges vor. Gemäss drei von der Beschwerdeführerin im vorinstanzlichen Verfahren eingereichten Fachartikeln ist Champix auch wirksamer (more effectiv) als Nikotinersatztherapie (WU, a.a.O.; The NHS Information Centre, Statistics on NHS Stop Smoking Services in England, April to September 2007, 2008; HENRI-JEAN AUBIN UND ANDERE, Varenicline versus transdermal nicotine patch for smoking-cessation: Results from a randomised, open-label trial, Thorax 2008 S. 717 ff.). Anderseits scheint auch das Bundesamt davon auszugehen, dass eine - von der obligatorischen Krankenpflegeversicherung zu vergütende - Therapie zur Raucherentwöhnung grundsätzlich im Rahmen ärztlicher Unterstützung und Begleitung durchzuführen ist (vgl. THONACK/HOFFMANN, a.a.O., und CORNUZ, a.a.O.). Insoweit eine solche allein nicht genügt, vermag ![]() ![]() | |
Im dargelegten Sinne kann somit auch die Zweckmässigkeit einer Behandlung mit Champix nicht verneint werden.
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Erwägung 6.3 | |
6.3.2 Die Wirtschaftlichkeit eines Arzneimittels beurteilt sich somit teils unter dem Gesichtspunkt der vergleichenden Wertung mehrerer zum gleichen Behandlungszweck zur Verfügung stehender Heilmittel, teils nach der Höhe des Preises des in Frage stehenden Präparates an sich. Darüber hinaus muss der Preis auch in einem vernünftigen Verhältnis zum angestrebten Nutzen stehen. Je schwerer eine Krankheit (und gegebenenfalls deren Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit) im Allgemeinen einzustufen ist, desto höhere Kosten dürfen für das indizierte Arzneimittel verantwortet werden. Anderseits setzt der Begriff der Wirtschaftlichkeit voraus, dass sich der Preis eines Arzneimittels auch mit Bezug auf dessen Kosten in vertretbarem Rahmen hält. Bei der vergleichenden Wertung im Besonderen kommt dem Kriterium der Wirksamkeit massgebende Bedeutung zu. Lässt ein Arzneimittel, durch wissenschaftliche Studien nachgewiesen, den Heilerfolg in kürzerer Zeit, mit weniger Nebenwirkungen und geringerer Rückfallrate erwarten als ein anderes Arzneimittel gleicher Indikation oder ähnlicher Wirkungsweise, ist dem beim ![]() ![]() | |
Die Beschwerdeführerin bringt u.a. vor, die beantragten Preise, zu denen Champix in die SL aufzunehmen sei, entsprächen dem Auslandpreisvergleich und hielten einem Quervergleich auf Tagestherapiekostenbasis (mit Zyban) Stand. Es existierten keine wirtschaftlicheren Alternativbehandlungen zur Raucherentwöhnung. Im Übrigen würden auch bei einer Therapie von Alkohol- und Drogensüchtigen der Einkauf der übermässig konsumierten Substanzen wegfallen, ohne dass die betreffenden Personen die medikamentöse Behandlung selber bezahlen müssten.
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Erwägung 6.3.4 | |
6.3.4.1 Dem BAG kann nicht beigepflichtet werden, soweit es die Wirtschaftlichkeit von Champix mangels nachgewiesener Wirksamkeit verneint (vorne E. 6.1.2.2). Weiter legt das Bundesamt nicht dar, ![]() ![]() | |
6.3.4.2 Gemäss Protokoll der EAK vom 20. September 2007 ist mit dem beantragten Preis für Champix bei einer Behandlungsdauer von 12 Wochen mit Kosten von Fr. 450.- bzw. Fr. 900.- bei weiteren 12 Wochen zu rechnen. Dieser Betrag ist mit Blick auf die schon kurze Zeit nach Behandlungsbeginn feststellbaren positiven Auswirkungen eines Rauchstopps auf die Gesundheit (vgl. THONACK/HOFFMANN, a.a.O., S. 181 f.; HUGO SANER, Herz und Gefäss, Therapeutische Umschau 12/2005 S. 829) nicht zu hoch. Bei der Beurteilung der Wirtschaftlichkeit eines Arzneimittels, welches in die SL aufgenommen werden will, sind indessen, soweit hinreichend quantifizierbar, auch die gesamten Kosten für die soziale Krankenversicherung zu berücksichtigen (vgl. BGE 136 V 395 E. 7.6-8 S. 410 ff.). An der Sitzung der EAK vom 20. September 2007 wurden diese Kosten bei ![]() ![]() | |
Die Frage der Wirtschaftlichkeit von Champix kann erst dann abschliessend beurteilt werden, wenn feststeht, unter welchen Bedingungen die Nikotinsucht Krankheitswert hat, d.h. eine behandlungsbedürftige Krankheit im Sinne der sozialen Krankenversicherung darstellt (vgl. E. 5.4.2), und unter welchen indikations- und mengenmässigen Limitierungen eine Aufnahme dieses Arzneimittels in die SL erfolgen kann (vgl. E. 6.2.2.2 und 6.3.4.1). Die Sache ist zu diesem Zweck und zu anschliessender neuer Verfügung über das Aufnahmegesuch an das BAG zurückzuweisen. ![]() |