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Regeste
Sachverhalt
Aus den Erwägungen:
Erwägung 3
4. Im vorliegenden Verfahren besteht Einigkeit, dass sich die Rah ...
6. Zu Beginn der Erziehungszeiten beider - unter zehnjährige ...
7. (...) ...
Erwägung 7.2
Erwägung 8
Erwägung 9
Bearbeitung, zuletzt am 12.07.2022, durch: DFR-Server (automatisch)
 
62. Auszug aus dem Urteil der I. sozialrechtlichen Abteilung i.S. Arbeitslosenkasse des Kantons Zürich gegen D. (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten)
 
 
8C_1035/2012 vom 30. Juli 2013
 
 
Regeste
 
Art. 9b Abs. 1 AVIG; verlängerte Rahmenfrist für den Leistungsbezug im Falle von Erziehungszeiten.
 
 
Sachverhalt
 
BGE 139 V 482 (482)A. (...) D. meldete sich am 7. Dezember 2009 zur Arbeitsvermittlung an und stellte am 9. Dezember 2009 Antrag auf Arbeitslosenentschädigung für die Zeit ab 1. Januar 2010, wobei sie angab, sie sei bereit und in der Lage, Vollzeit zu arbeiten. Zuletzt war sie - jeweils in einem 100 %-Pensum - vom 7. April bis 31. Dezember 2008 (...) für die Firma X. und vom 5. Januar bis 31. Dezember 2009 (...) für die Gesellschaft Y. tätig gewesen. Am 30. September 2010 heiratete sie, am 7. Oktober 2010 brachte sie einen Sohn und amBGE 139 V 482 (482) BGE 139 V 482 (483)23. November 2011 eine Tochter zur Welt. In der Rahmenfrist für den Leistungsbezug vom 4. Januar 2010 bis 3. Januar 2012 bezog sie Leistungen der Arbeitslosenversicherung, unterbrochen durch die Mutterschaftsentschädigungen vom 7. Oktober 2010 bis 12. Januar 2011 und vom 23. November 2011 bis 28. Februar 2012. In den Monaten Februar bis Juni 2010 wurde ihr ein Zwischenverdienst angerechnet.
Mit Verfügung vom 22. März 2012 verneinte die Arbeitslosenkasse des Kantons Zürich einen Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung ab 1. Februar 2012 mit der Begründung, D. habe - bei 9,846 Beitragsmonaten - weder die Beitragszeit erfüllt noch liege ein Beitragsbefreiungsgrund vor. Daran hielt sie auf Einsprache hin fest (Einspracheentscheid vom 14. Mai 2012).
B. In Gutheissung der dagegen geführten Beschwerde hob das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich den Einspracheentscheid vom 14. Mai 2012 auf mit der Feststellung, D. habe mit Wirkung ab 4. Januar 2012 Anspruch auf eine Verlängerung der Rahmenfrist für den Leistungsbezug um zwei Jahre und sie habe ab diesem Zeitpunkt Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung, sofern die übrigen Anspruchsvoraussetzungen erfüllt seien (Entscheid vom 22. November 2012).
C. Die Arbeitslosenkasse erhebt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem Rechtsbegehren, der Entscheid des kantonalen Gerichts vom 22. November 2012 sei in Bestätigung des Einspracheentscheides vom 14. Mai 2012 aufzuheben.
D. lässt auf Abweisung der Beschwerde schliessen, während das Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) die Gutheissung der Beschwerde beantragt. Das kantonale Gericht verzichtet auf eine Vernehmlassung.
Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut.
(Auszug)
 
 
Erwägung 3
 
BGE 139 V 482 (484)3.2 Die Rahmenfrist für den Leistungsbezug von Versicherten, die sich der Erziehung ihrer Kinder gewidmet haben, wird gemäss Art. 9b Abs. 1 AVIG um zwei Jahre verlängert, sofern zu Beginn der einem Kind unter zehn Jahren gewidmeten Erziehung eine Rahmenfrist für den Leistungsbezug läuft (lit. a) und im Zeitpunkt der Wiederanmeldung die Anspruchsvoraussetzung der genügenden Beitragszeit nicht erfüllt ist (lit. b). Die Rahmenfrist für die Beitragszeit von Versicherten, die sich der Erziehung ihrer Kinder gewidmet haben, beträgt vier Jahre, sofern zu Beginn der einem Kind unter zehn Jahren gewidmeten Erziehung keine Rahmenfrist für den Leistungsbezug lief (Art. 9b Abs. 2 AVIG).
(...)
 
Erwägung 7.2
 
 
Erwägung 8
 
 
Erwägung 9
 
9.1 Nach Ansicht der Vorinstanz ist an einer Wiederanmeldung zum Bezug von Arbeitslosenentschädigung im Sinne von Art. 9b Abs. 1 lit. b AVIG nicht zu zweifeln, nachdem die Versicherte nach Ablauf der Rahmenfrist für den Leistungsbezug vom 4. Januar 2010 bis 3. Januar 2012 den Organen der Arbeitslosenversicherung wiederholt und unmissverständlich mitgeteilt habe, dass sie nach Ablauf der Rahmenfrist für den Leistungsbezug am 3. Januar 2012BGE 139 V 482 (486) BGE 139 V 482 (487)weiterhin Leistungen beziehen wolle. Bei dieser Argumentation wird übersehen, dass eine Wiederanmeldung eine vorgängige Abmeldung voraussetzt. Die Beschwerdegegnerin erhielt unbestrittenermassen ab 4. Januar 2010 Arbeitslosentaggelder, von Februar bis Juni 2010 unter Anrechnung eines Zwischenverdienstes, und anschliessend unterbrochen durch den zweimaligen Bezug von Mutterschaftsentschädigung nach den Geburten vom 7. Oktober 2010 und 23. November 2011. Sie blieb während der zweijährigen Rahmenfrist für den Leistungsbezug durchgehend zur Stellenvermittlung und zum Bezug von Arbeitslosenentschädigung angemeldet. Ihre Arbeitslosigkeit wurde nicht infolge der Betreuung ihrer Kinder unterbrochen, denn sie stand dem Arbeitsmarkt weiterhin zur Verfügung. Der Interpretation des kantonalen Gerichts, wonach der Gesetzgeber davon abgesehen habe, den Anspruch von versicherten Personen auf eine Verlängerung der Rahmenfrist für den Leistungsbezug auszuschliessen, welche neben der Kindererziehung gleichzeitig bei den Organen der Arbeitslosenversicherung zur Stellenvermittlung und zum Leistungsbezug gemeldet gewesen seien, kann nicht gefolgt werden. Die Beschwerdegegnerin stand dem Arbeitsmarkt auch nach der Geburt ihrer Kinder durchwegs zur Verfügung. So bestätigte sie am 30. Oktober 2010, dass ihr Sohn ab 7. Januar 2011 von Montag bis Sonntag, jeweils von 7.00 bis 17.00 Uhr von einer Drittperson betreut werde. Eine Stelle hätte sie bei jeder sich bietenden Gelegenheit unverzüglich antreten müssen. Nur unter diesem Vorbehalt hatte sie sich während ihrer Arbeitslosigkeit der Kinderbetreuung widmen können. Die Beschwerdeführerin weist gestützt auf diese unbestrittene Sachlage zutreffend darauf hin, dass die Versicherte nicht wegen der Kinderbetreuung, sondern einzig deswegen nicht erwerbstätig war, weil sie keine Arbeitsstelle hatte. Damit fehlt der - in Orientierung am Zweck der Gesetzesbestimmung notwendige - Kausalzusammenhang zwischen der fehlenden Beitragszeit im Hinblick auf die Eröffnung einer neuen Rahmenfrist für den Leistungsbezug und den Erziehungszeiten.
9.2 Die abweichende Auslegung des kantonalen Gerichts widerspricht der ratio legis. Es ist der Beschwerdeführerin beizupflichten, dass eine solche auf eine ungerechtfertigte Besserstellung der Personengruppe hinausläuft, welche sich während einer laufenden Rahmenfrist für den Leistungsbezug trotz Erziehungsaufgaben weiterhin dem Arbeitsmarkt zur Verfügung hält. Denn die Erleichterung, welche Art. 9b Abs. 1 AVIG bietet, soll denjenigen VersichertenBGE 139 V 482 (487) BGE 139 V 482 (488)vorbehalten sein, welche ihre Erwerbstätigkeit bzw. ihre Arbeitssuche in der Absicht unterbrechen, für die Erziehung eines oder mehrerer Kinder unter zehn Jahren zur Verfügung zu stehen. Ihnen soll durch die gesetzliche Bestimmung der Wiedereinstieg in die Erwerbstätigkeit erleichtert werden. Demgegenüber würde die Anwendung der Norm auf Personen, welche ihre arbeitsmarktliche Verfügbarkeit während der laufenden Rahmenfrist für den Leistungsbezug trotz der Geburt eines oder mehrerer Kinder nicht unterbrechen, eine vom Gesetzgeber nicht vorgesehene Privilegierung gegenüber den übrigen Versicherten bedeuten, welche ebenfalls durchgehend auf Arbeitssuche sind.BGE 139 V 482 (488)