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Regeste
Sachverhalt
Aus den Erwägungen:
Erwägung 2
Erwägung 3
Erwägung 4
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27. Auszug aus dem Urteil der II. sozialrechtlichen Abteilung i.S. H. gegen Gemeinde X. (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten)
 
 
9C_884/2013 vom 9. April 2014
 
 
Regeste
 
Art. 11 Abs. 1 lit. c ELG; Art. 16 Abs. 2 FZV.
 
 
Sachverhalt
 
BGE 140 V 201 (202)A. H. (geb. 1955) bezog mit Wirkung ab 1. Juli 2010 eine ganze Rente der Invalidenversicherung (Verfügung der IV-Stelle des Kantons Zürich vom 11. April 2011). Auf ihr Gesuch vom 27. April 2011 hin sprach ihr die Gemeinde X., Durchführungsstelle für Zusatzleistungen zur AHV/IV, mit Verfügung vom 10. Mai 2012 monatliche Ergänzungsleistungen und Beihilfen zu (für die Zeit vom 1. Juli bis 31. Dezember 2010 monatliche Ergänzungsleistungen von Fr. 311.- und monatliche Beihilfen von Fr. 159.-, vom 1. Januar bis 30. April 2011 Fr. 399.- und Fr. 202.- sowie ab 1. Mai 2011 Fr. 437.- und Fr. 202.-).
Eine von der Versicherten dagegen erhobene Einsprache hiess die Gemeinde X., Durchführungsstelle für Zusatzleistungen zur AHV/IV, teilweise gut; sie sprach der Versicherten für die Zeit vom 1. Juli bis 31. Dezember 2010 Fr. 866.- und Fr. 202.- zu, vom 1. Januar bis 30. April 2011 Fr. 1'021.- und Fr. 202.-, vom 1. Mai bis 31. Dezember 2011 Fr. 475.- und Fr. 202.- sowie ab 1. Dezember 2012 Fr. 511.- und Fr. 202.- (Einspracheentscheid vom 7. Juni 2012).
B. Beschwerdeweise beantragte H., der Einspracheentscheid sei insoweit aufzuheben, als die Zusatzleistungen ab Mai 2011 auf monatlich Fr. 677.- (Ergänzungsleistungen von Fr. 475.- und Zusatzleistungen von Fr. 202.-) respektive auf Fr. 713.- (Ergänzungsleistungen von Fr. 511.- und Zusatzleistungen von Fr. 202.-) herabgesetzt worden seien, und es seien ihr die gesetzlichen Leistungen zuzusprechen. Mit Entscheid vom 2. Oktober 2013 wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich die Beschwerde ab.
C. H. lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen und das Rechtsbegehren stellen, der kantonale Entscheid sei aufzuheben und die Gemeinde X., Durchführungsstelle für Zusatzleistungen zur AHV/IV, zu verpflichten, die gesetzlichen Leistungen zu erbringen.BGE 140 V 201 (202)
BGE 140 V 201 (203)Die Gemeinde X., Durchführungsstelle für Zusatzleistungen zur AHV/IV, lässt auf Abweisung der Beschwerde schliessen. Das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) verzichtet auf eine Vernehmlassung.
In einer weiteren Eingabe hat H. ein neues Beweismittel aus einem zwischen ihr und den Sozialbehörden der Gemeinde Z. vor dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich hängigen Prozess betreffend Sozialhilfeleistungen eingereicht (Auszug aus einer Stellungnahme des die Sozialbehörden vertretenden Rechtsanwalts E. vom 5. Dezember 2013).
Das Bundesgericht heisst die Beschwerde teilweise gut.
 
 
Erwägung 2
 
In zeitlicher Hinsicht massgebend sind in der Regel die während des vorausgegangenen Kalenderjahres erzielten anrechenbaren Einnahmen sowie das am 1. Januar des Bezugsjahres vorhandene Vermögen (Art. 23 Abs. 1 ELV [SR 831.301]).
 
Erwägung 3
 
 
Erwägung 4
 
BGE 140 V 201 (205)4.2 Dass die Bestimmung des Art. 11 Abs. 1 lit. c ELG die Anrechnung eines Teils des Reinvermögens als Einnahme anordnet, heisst nichts anderes, als dass vom rohen Vermögen die Schulden des EL-Ansprechers bzw. der in die Anspruchsberechnung einbezogenen Personen abzuziehen sind, bevor der Vermögensverzehrbetrag ermittelt wird (RALPH JÖHL, Ergänzungsleistungen zur AHV/IV, in: Soziale Sicherheit, SBVR Bd. XIV, 2. Aufl. 2007, S. 1793 Rz. 220; CARIGIET/KOCH, a.a.O., S. 166). In diesem Sinne sieht auch Rz. 2107 der Wegleitung des BSV über die Ergänzungsleistungen zur AHV und IV (WEL; in der ab 1. Januar 2010 gültigen Fassung http://www.bsv.admin.ch/vollzug/documents/view/1638) vor, dass vom rohen Vermögen die nachgewiesenen Schulden abzuziehen sind (vgl. auch URS MÜLLER, Bundesgesetz über Ergänzungsleistungen zur Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung, 2. Aufl. 2006, N. 358 zu Art. 3c ELG; CARIGIET/KOCH, a.a.O., S. 166). Als Schulden fallen neben Hypothekarschulden, Kleinkrediten bei Banken und Darlehen zwischen Privaten (CARIGIET/KOCH, a.a.O., S. 166) auch Steuerschulden (dazu Urteil 8C_140/2008 vom 25. Februar 2009 E. 7.3 [Zusammenfassung in: SZS 2009 S. 406]) in Betracht.Dabei genügt es für die Berücksichtigung einer Schuld, dass sie tatsächlich entstanden ist; ihre Fälligkeit ist nicht vorausgesetzt. Im Gegensatz dazu können ungewisse Schulden oder Schulden, deren Höhe noch nicht feststeht, nicht abgezogen werden (JÖHL, a.a.O., S. 1793 Rz. 220).
4.3 Soweit die Vorinstanz eine Berücksichtigung der Steuern ablehnte mit der Begründung, diese seien zum Zeitpunkt des Einspracheentscheides, welcher rechtsprechungsgemäss die Grenze der richterlichen Überprüfungsbefugnis bilde, noch nicht geschuldet gewesen, weil das Freizügigkeitskonto damals noch nicht aufgelöst und das Vorsorgekapital noch nicht ausbezahlt worden sei, kann ihr nicht beigepflichtet werden. Denn dieselbe Argumentation stünde auch der Anrechnung des Freizügigkeitskontos entgegen. Da nun aber der mögliche Bezug des Freizügigkeitskontos für dessen Berücksichtigung in der EL-Berechnung ausreicht (vgl. E. 2.2 hiervor), der Bezug mithin fingiert wird, sind die Steuern, die dieser Bezug - fiktiv - auslösen würde (vgl. dazu auch ISABELLE VETTER-SCHREIBER, Berufliche Vorsorge, 3. Aufl. 2013, N. 4 zu Art. 84 BVG) und welche den der Vorsorgenehmerin zufliessenden Betrag entsprechend mindern würden, ebenso zu berücksichtigen. Mit anderen Worten darf nur der (fiktive) Nettobetrag als hypothetischesBGE 140 V 201 (205) BGE 140 V 201 (206)Vermögen (hypothetisches Reinvermögen) angerechnet werden. Andernfalls würde die von der Rechtsprechung mit der Anrechnung des Freizügigkeitskontos ab dem möglichen Bezug bezweckte Gleichstellung zwischen Vorsorgenehmern, die auf den Bezug des Guthabens verzichten, und den effektiven Bezügern solcher Guthaben (vgl. Urteil P 56/05 vom 29. Mai 2006 E. 3.3; vgl. auch HANS MICHAEL RIEMER, Berührungspunkte zwischen beruflicher Vorsorge und ELG sowie kantonalen Sozialhilfegesetzen bzw. SKOS-Richtlinien, SZS 2001 S. 331 ff., 333) in ihr Gegenteil verkehrt: Die Anrechnung eines (fiktiven) Bruttobetrages hätte eine unzulässige Schlechterstellung des auf einen Bezug verzichtenden EL-Bezügers gegenüber einem das Freizügigkeitskonto beziehenden EL-Bezüger, bei welchem die Steuern, da bereits angefallen, berücksichtigt würden, zur Folge.