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Regeste
Sachverhalt
Aus den Erwägungen:
2. Streitig und zu prüfen ist einzig, ob das Verwaltungsgeri ...
3. Die Vorinstanz hat zur Beschwerdelegitimation der Stadt X. im  ...
Erwägung 4
Erwägung 5
Erwägung 6
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44. Auszug aus dem Urteil der I. sozialrechtlichen Abteilung i.S. Stadt X. gegen A. (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten)
 
 
8C_113/2014 vom 25. Juni 2014
 
 
Regeste
 
Art. 111 Abs. 1 und Art. 89 Abs. 1 BGG.
 
 
Sachverhalt
 
BGE 140 V 328 (329)A. A. wurde von der Sozialbehörde X. zwischen August und Dezember 2011 wirtschaftlich unterstützt. Am 12. Februar 2013 verlangte die Sozialbehörde X. unter anderem die Rückerstattung von Fr. 11'902.15. Den dagegen erhobenen Rekurs hiess der Bezirksrat X. mit Entscheid vom 13. Juni 2013 gut und hob die Verfügung vom 12. Februar 2013 bezüglich der Rückerstattungspflicht auf.
B. Das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich trat auf die dagegen erhobene Beschwerde der Stadt X. am 5. Dezember 2013 nicht ein.
C. Die Stadt X. führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem Antrag, der Beschluss vom 5. Dezember 2013 sei aufzuheben und die Angelegenheit an die Vorinstanz zum Entscheid in der Sache zurückzuweisen.
A. lässt auf Nichteintreten auf die Beschwerde schliessen; eventualiter sei die Beschwerde abzuweisen. Zudem ersucht er um unentgeltliche Rechtspflege.
Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut.
 
 
Erwägung 4
 
4.1 Nach Art. 89 Abs. 1 BGG ist zur Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten befugt, wer vor der Vorinstanz amBGE 140 V 328 (329) BGE 140 V 328 (330)Verfahren teilgenommen oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat, durch den angefochtenen Entscheid besonders berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung hat. Diese Regelung ist in erster Linie auf Privatpersonen zugeschnitten, doch kann sich auch das Gemeinwesen darauf stützen, falls es durch einen angefochtenen Entscheid gleich oder ähnlich wie ein Privater oder aber in spezifischer Weise in der Wahrnehmung einer hoheitlichen Aufgabe betroffen wird und nicht bloss das allgemeine Interesse an der richtigen Rechtsanwendung geltend macht (BGE 138 I 143 E. 1.3.1 S. 149; BGE 137 IV 269 E. 1.4 S. 273; BGE 136 I 265 E. 1.4 S. 268). Gestützt auf die allgemeine Legitimationsklausel von Art. 89 Abs. 1 BGG dürfen Gemeinwesen nur restriktiv zur Beschwerdeführung zugelassen werden (BGE 136 II 274 E. 4.2 S. 279).
Gemeinden und andere öffentlich-rechtliche Körperschaften sind nach Art. 89 Abs. 2 lit. c BGG zur Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten berechtigt, wenn sie die Verletzung von Garantien rügen, die ihnen die Kantons- oder Bundesverfassung gewährt. Für das Eintreten ist allein entscheidend, dass die Beschwerde führenden Gemeinden durch einen Akt in ihrer Eigenschaft als Träger hoheitlicher Gewalt berührt sind und eine Verletzung der Autonomie geltend machen. Ob die beanspruchte Autonomie tatsächlich besteht, ist hingegen keine Frage des Eintretens, sondern eine materielle Beurteilung. Dasselbe gilt für die Frage, ob die Autonomie im konkreten Fall tatsächlich verletzt worden ist (BGE 135 I 43 E. 1.2 S. 45).
4.3 Demgegenüber ist die Beschwerdelegitimation der Gemeinde nach Ansicht der Minderheit der Vorinstanz zu bejahen. Dies ergebe sich aus der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichts, in welcher die Legitimation mit Blick auf den Streitwert oder dieBGE 140 V 328 (330) BGE 140 V 328 (331)mögliche Präjudizwirkung des Entscheids stets bejaht worden sei. Gehe es um Sozialhilfegelder, sei regelmässig die kommunale Leistungsverwaltung tangiert, was mit erheblichen Kosten verbunden sei, sei es auf Grund der möglichen langen Zahlungsverpflichtung im Einzelfall oder wegen der Auswirkungen des Entscheids auf andere Fälle bzw. auf die gesamte Staatsaufgabe.
 
Erwägung 5
 
5.2 Die Regelung der Beschwerdebefugnis im BGG geht auf die Art. 88 und 103 des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 1943 über die Organisation der Bundesrechtspflege (OG; BS 3 531) zurück (Botschaft vom 28. Februar 2001 zur Totalrevision der Bundesrechtspflege, BBl 2001 4202, 4328 f. Ziff. 4.1.3.3 zu Art. 83 E-BGG; vgl. auch FLORENCE AUBRY GIRARDIN, in: Commentaire de la LTF, Corboz und andere [Hrsg.], 2. Aufl. 2014, N. 1 f. zu Art. 89 BGG; HEINZ AEMISEGGER, in: Bundesgerichtsgesetz, Praxiskommentar,BGE 140 V 328 (331) BGE 140 V 328 (332)Spühler und andere [Hrsg.], 2. Aufl. 2013, N. 9 zu Art. 89 BGG; BERNHARD WALDMANN, in: Basler Kommentar, Bundesgerichtsgesetz, 2. Aufl. 2011, N. 5 zu Art. 89 BGG). Im Entwurf des Bundesrates war gegenüber dem bisherigen Recht ein Beschwerderecht der Kantonsregierungen gegen Entscheide einer letzten kantonalen Gerichtsinstanz, die für den Kanton bedeutende Mehrausgaben oder einen erheblichen Verlust von Einnahmen zur Folge haben, vorgesehen (BBl 2001 4480, 4502 zu Art. 84 lit. d E-BGG). Der Ständerat hat diese spezielle Legitimation gestrichen und der Nationalrat ist ihm gefolgt (AB 2003 S 909; 2004 N 1607). Zur Beschwerdebefugnis von Gemeinden nach der allgemeinen Legitimationsklausel äussert sich der Bundesrat in seiner Botschaft nicht explizit (vgl. BBl 2001 4328 ff.). Immerhin wird festgehalten, das besondere Beschwerderecht wegen Verletzung der Gemeindeautonomie schliesse nicht aus, dass sich Gemeinden in bestimmten Fällen auf das allgemeine Beschwerderecht stützen könnten (BBl 2001 4330 zu Art. 84 lit. c E-BGG). Damit verweisen die Materialien in Bezug auf die hier interessierende Frage auf die unter dem OG geltende Rechtsprechung.
5.4 In den Kommentaren zum BGG wird auf die Entwicklung der Rechtsprechung des Bundesgerichts hingewiesen. Es wirdBGE 140 V 328 (332) BGE 140 V 328 (333)festgestellt, dass die Legitimation je nach Rechtsgebiet gelegentlich bejaht oder verneint wird (vgl. AUBRY GIRARDIN, a.a.O., N. 39 ff. zu Art. 89 BGG; WALDMANN, a.a.O., N. 37 ff. zu Art. 89 BGG; HANSJÖRG SEILER, in: Bundesgerichtsgesetz [BGG], 2007, N. 34 ff. zu Art. 89 BGG). Eine grundsätzliche Kritik an der geltenden Rechtsprechung kommt darin nicht zum Ausdruck.
In einer neueren, grundlegenden Publikation zum Beschwerderecht von Gemeinden (MICHAEL PFLÜGER, Die Legitimation des Gemeinwesens zur Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten, 2013) wird die Rechtsentwicklung aufgezeichnet und es werden Vorschläge für eine Neuordnung gemacht. Der Autor spricht sich eher für eine Erweiterung der Beschwerdebefugnis von Gemeinden aus.
 
Erwägung 6
 
6.3 Unbestrittenermassen sind die Gemeinden im Bereich der Sozialhilfe von kantonalen Entscheiden nicht gleich oder ähnlich wie eine Privatperson betroffen. Eine vergleichbare Betroffenheit ist etwa im öffentlichen Personalrecht anzunehmen, da sich diesfalls die Stellung der öffentlichen Hand als Arbeitgeberin von derjenigen von privaten Arbeitgebern kaum unterscheidet (BGE 134 I 204 E. 2.3 S. 206). Im Rahmen der vorliegenden Streitsache handelt die Gemeinde aber hoheitlich. Immerhin bleibt anzumerken, dass die Sozialhilfe, etwa im Bereich der immateriellen Hilfe, auch privatrechtliche Züge aufweisen kann. So werden von SozialdienstenBGE 140 V 328 (333) BGE 140 V 328 (334)situationsbezogen Zusammenarbeitsverträge mit den betroffenen Personen abgeschlossen, die etwa die Stellen- oder Wohnungssuche oder weitere Elemente der Beratung oder Betreuung zum Thema haben. Auch im Bereich der Rückerstattung von Sozialhilfegeldern kommt es nicht selten zu Rückzahlungsvereinbarungen, die durchaus privatrechtlichen Charakter haben können. In der Regel handelt aber die Gemeinde in der Sozialhilfe hoheitlich, indem sie ihre Leistungen verweigert, mit Auflagen versieht oder - wie vorliegend - erbrachte Leistungen zurückfordert.
BGE 140 V 328 (335)6.4.4 Die finanzielle Belastung der Gemeinden ist im Bereich der Sozialhilfe erheblich und in den letzten Jahren angestiegen. Der erhöhte Aufwand und die damit verbundene Problematik sind zunehmend auch von (finanz)politischem Interesse. Verantwortliche werden je nach Sichtweise zum Masshalten oder zu grosszügigeren Leistungen aufgefordert. Auch werden die Gemeinden angehalten, diesen Bereich eigenständiger zu gestalten und die ihnen zustehenden Freiräume besser zu nutzen.
Es kann nicht gesagt werden, die Gemeinden hätten bislang von der Möglichkeit Beschwerde zu führen, übermässig Gebrauch gemacht, werden doch am Bundesgericht jährlich nur vereinzelt Beschwerden von Gemeinden eingereicht (sowohl 2012 wie auch 2013 wurden beim Bundesgericht von 89 resp. 87 Beschwerden auf dem Gebiet der Sozialhilfe je deren zwei von Gemeinden eingereicht). Sie betreffen in der Regel grundlegende Fragen und beziehen sich nicht auf zu vernachlässigende Aspekte in Einzelfällen.
6.6 Dies will nicht heissen, dass die Beschwerdelegitimation ausnahmslos zu bejahen ist. Sie kann etwa verneint werden, wenn dieBGE 140 V 328 (335) BGE 140 V 328 (336)präjudizielle Wirkung eines Entscheids weder geltend gemacht noch ersichtlich ist oder wenn ganz unerhebliche Rechtsfolgen zur Beurteilung anstehen. In solchen Fällen kann von einem besonderen schutzwürdigen Interesse der Gemeinde nicht mehr gesprochen werden, sondern es muss angenommen werden, dass es diesfalls nur noch um die richtige Rechtsanwendung oder gar um eine Frage des Prestiges geht, welche die Legitimation ausschliessen.