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Regeste
Sachverhalt
Aus den Erwägungen:
2. Streitig und zu prüfen ist, ob die Vorinstanz Bundesrecht ...
Erwägung 3
Erwägung 4
Erwägung 5
Bearbeitung, zuletzt am 12.07.2022, durch: DFR-Server (automatisch)
 
16. Auszug aus dem Urteil der II. sozialrechtlichen Abteilung i.S. A.A. gegen Arcosana AG (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten)
 
 
9C_187/2019 vom 18. April 2019
 
 
Regeste
 
Art. 25 Abs. 2 lit. a Ziff. 3, Art. 25a Abs. 1 und 2 sowie Art. 35 Abs. 2 lit. e KVG; Art. 33 lit. b und Art. 51 lit. c KVV; Art. 7 Abs. 1 lit. b sowie Abs. 2 lit. b und c, Art. 7a Abs. 1 KLV; Hauspflege.
 
 
Sachverhalt
 
BGE 145 V 161 (162)A. Die 1948 geborene A.A. ist bei der Arcosana AG obligatorisch krankenpflegeversichert. Seit dem Auftreten einer Paraplegie wird sie seit Dezember 2015 zu Hause von ihrem Ehemann B.A. sowie von der Spitex C. pflegerisch betreut. B.A. wurde auf 1. Januar 2017 von der X. GmbH als pflegender Angehöriger angestellt. Nachdem die X. GmbH ein entsprechendes Übernahmeersuchen gestellt hatte, teilte die Arcosana AG am 12. März 2018 schriftlich mit, dass für die Zeit vom 1. Januar 2017 bis 30. Juni 2018 die der Abklärung, Beratung und Koordination sowie der Grundpflege dienenden Massnahmen vergütet würden; Leistungen für Massnahmen der Untersuchung und der Behandlung lehne sie demgegenüber ab, da B.A. nicht über die hierfür erforderliche Ausbildung verfüge. Daran wurde mit Verfügung vom 1. Mai 2018 sowie - auf Einsprache hin - mit Einspracheentscheid vom 7. Dezember 2018 festgehalten.
B. Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Glarus mit Entscheid vom 7. Februar 2019 ab.
C. A.A. lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen und beantragen, in Aufhebung des angefochtenen Entscheids sei die Arcosana AG zu verpflichten, die von ihrem Ehemann in seiner Funktion als Arbeitnehmer der X. GmbH erbrachten Massnahmen der Behandlungspflege zu vergüten, eventuell sei die Angelegenheit im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab.
 
 
Erwägung 3
 
3.1 Nach Art. 24 KVG übernimmt die obligatorische Krankenpflegeversicherung (OKP) die Kosten für die Leistungen gemäss Art. 25-31 KVG nach Massgabe der in den Art. 32-34 KVG festgelegten Voraussetzungen. Die Leistungen umfassen die Untersuchungen und Behandlungen, die ambulant, stationär oder in einem Pflegeheim, sowie die Pflegeleistungen in einem Spital, die u.a. durchBGE 145 V 161 (162) BGE 145 V 161 (163)Personen durchgeführt werden, die auf Anordnung oder im Auftrag eines Arztes oder einer Ärztin Leistungen erbringen (Art. 25 Abs. 2 lit. a Ziff. 3 KVG). Laut Art. 25a Abs. 1 KVG leistet die OKP einen Beitrag an die Pflegeleistungen, welche auf Grund einer ärztlichen Anordnung und eines ausgewiesenen Pflegebedarfs ambulant, auch in Tages- oder Nachtstrukturen, oder im Pflegeheim erbracht werden, wobei der Bundesrat die Pflegeleistungen bezeichnet und das Verfahren der Bedarfsermittlung regelt (Art. 25a Abs. 3 KVG). Der Bundesrat setzt die Beiträge differenziert nach dem Pflegebedarf in Franken fest; massgebend ist der Aufwand nach Pflegebedarf für Pflegeleistungen, die in der notwendigen Qualität, effizient und kostengünstig erbracht werden (Art. 25a Abs. 4 Satz 1 und 2 KVG).
3.3.1 Im Urteil K 156/04 vom 21. Juni 2006 (in: SVR 2006 KV Nr. 37 S. 141, bestätigt durch Urteil 9C_597/2007 vom 19. Dezember 2007 E. 3) erkannte das Eidgenössische Versicherungsgericht (EVG), dass weder Gesetz (KVG) noch Verordnungen (KVV und KLV) definierten, welchen fachlichen Mindestanforderungen Angestellte vonBGE 145 V 161 (163) BGE 145 V 161 (164)Organisationen der Krankenpflege und Hilfe zu Hause im Sinne von Art. 35 Abs. 2 lit. e KVG und Art. 51 KVV zu genügen hätten, damit die von ihnen erbrachten Leistungen durch die OKP zu vergüten seien. Ebenfalls fehlten gesetzeskonforme Vorgaben auf Weisungsstufe oder im Rahmen einer Vereinbarung mit einem Verband von Krankenversicherern. Es habe daher, so das EVG weiter, grundsätzlich im pflichtgemässen Ermessen der Leitung des jeweiligen Spitex-Vereins und der zuständigen Arztperson gelegen zu entscheiden, welche fachlichen und persönlichen Voraussetzungen für die Pflege der Versicherten zu Hause erforderlich seien, und für eine allenfalls notwendige Überwachung oder Begleitung durch das diplomierte Pflegepersonal zu sorgen. Dabei habe Spielraum bestanden insbesondere bei der Beurteilung der Frage, ob es sich um "Grundpflege in einfachen Situationen" oder um "relativ einfache Grundpflege" im Sinne der einschlägigen Richtlinien des Spitex Verbands Schweiz handelte, was für die ausbildungsmässigen Anforderungen von Bedeutung sei (Urteil K 156/04 E. 4.1 und 4.2; vgl. auch erwähntes Urteil 9C_597/2007 E. 3).
3.3.2 Präzisierend hielt das EVG gleichenorts fest, dass als pflegende Personen auch Familienangehörige in Frage kommen könnten. Mit Blick auf das hier durchaus bestehende Missbrauchspotenzial sei aber zu fordern, dass in atypischen Konstellationen, namentlich wo die Tätigkeit als Angestellte oder Angestellter der Spitex einzig in der Pflege von Familienangehörigen bestehe, die Kriterien der Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit der Leistungen nach Art. 32 Abs. 1 KVG allenfalls durch den Vertrauensarzt genauer zu überprüfen seien (vgl. Art. 57 Abs. 4 KVG). Ebenfalls könnten der OKP lediglich Kosten in Rechnung gestellt werden, welche eine Pflege zu Hause durch aussenstehende Spitex-Angestellte verursachen würde. Nicht verrechenbar sei, was dem Familienangehörigen im Rahmen der Schadenminderungspflicht und dem Ehegatten im Besonderen auf Grund der ehelichen Beistandspflicht nach Art. 159 Abs. 3 ZGB an Pflege zugemutet werden kann (Urteil K 156/04 E. 4.2; siehe auch obiges Urteil 9C_597/2007 E. 3 sowie 9C_702/ 2010 vom 21. Dezember 2010 E. 7.1 mit Hinweisen; ferner ANDREA DOMANIG, Abgrenzung zwischen Grund- und Zusatzversicherung im Bereich der Pflegeleistungen, 2015, S. 41 f. Rz. 115 ff.; MARTINA FILIPPO, Sozialversicherungsrechtliche Absicherung unentgeltlich pflegender Personen im Erwerbsalter, 2016, S. 68 f.; GEBHARD EUGSTER, Krankenversicherung [nachfolgend: Krankenversicherung], in:BGE 145 V 161 (164) BGE 145 V 161 (165)Soziale Sicherheit, SBVR Bd. XIV, 3. Aufl. 2016, S. 645 Rz. 772). Im konkreten Fall, schloss das EVG, erforderten die sehr speziellen Umstände (fehlende pflegerische Ausbildung, ausschliessliche Pflege der Ehefrau als Spitex-Angestellter, Notwendigkeit ständiger Präsenz, was eine hauptberufliche Tätigkeit praktisch nicht mehr zuliess) eine entsprechend intensive Überwachung und Betreuung durch das Fachpersonal des Spitex-Vereins, um die Qualität und Zweckmässigkeit der vom Ehemann der Versicherten erbrachten Leistungen zu gewährleisten. Schliesslich stelle sich angesichts des sich verschlechternden Gesundheitszustands der Versicherten auch die Frage, ob nur Massnahmen der Grundpflege nach Art. 7 Abs. 2 lit. c Ziff. 1 KLV notwendig gewesen seien und, soweit dies zutreffe, ob es sich um relativ einfache Grundpflege oder um Grundpflege in einfachen Situationen im Sinne der Richtlinien "Mindestanforderungen an das Personal in der Grundpflege" des Spitex Verbands Schweiz gehandelt habe. In diesem Sinne seien weitere Abklärungen durch die Vorinstanz erforderlich (Urteil K 156/04 E. 5.2 und 5.3; ferner Urteil 9C_597/2007 E. 3).
 
Erwägung 4
 
 
Erwägung 5
 
5.1 Nach dem hiervor Ausgeführten können auch bei einer Spitexorganisation angestellte Familienangehörige grundsätzlich Pflegemassnahmen in Form der Grundpflege nach Art. 7 Abs. 2 lit. c Ziff. 1 KLV zu Lasten der OKP erbringen. Voraussetzung hierfür ist keineBGE 145 V 161 (165) BGE 145 V 161 (166)hochstehende pflegerische Fachausbildung; ein "gewisses Anlernen" genügt (Urteil des EVG K 156/04 vom 21. Juni 2006 E. 3.2, in: SVR 2006 KV Nr. 37 S. 141; DOMANIG, a.a.O., S. 42 Rz. 118; FILIPPO, a.a.O., S. 68; EUGSTER, Krankenversicherung, a.a.O., S. 645 Rz. 772). Was demgegenüber die Vorkehren der Untersuchungs- und Behandlungspflege gemäss Art. 7 Abs. 2 lit. b KLV anbelangt, sind diese, wie die nachstehenden Erwägungen zeigen, - mit Vorinstanz und Beschwerdegegnerin - nur vergütungsfähig, wenn die betreffenden Angehörigen eine pflegerische Ausbildung besitzen.
5.1.2 Zum gleichen Ergebnis führt auch das folgende Argument: Organisationen der Krankenpflege und Hilfe zu Hause müssen zwar nicht über Fachpersonal verfügen, das - wie selbstständig tätige Pflegefachpersonen - die in Art. 49 KVV genannten ausbildungsmässigen Voraussetzungen erfüllt (Diplom einer Schule für Gesundheits- und Krankenpflege, das von einer von den Kantonen gemeinsam bezeichneten Stelle anerkannt oder als gleichwertig anerkannt worden ist, oder ein nach dem Bundesgesetz vom 13. Dezember 2002 über die Berufsbildung [SR 412.10] anerkanntes Diplom [lit. a]; zweijährige praktische Tätigkeit bei einer Pflegefachperson, die nach KVV zugelassen ist, oder in einem Spital oder einer Organisation der Krankenpflege und Hilfe zu Hause unter der Leitung einer Pflegefachperson, welche die Zulassungsvoraussetzung der KVV erfüllt [lit. b]). Gemäss Art. 51 lit. c KVV hat dieses aber ebenfalls "eine demBGE 145 V 161 (166) BGE 145 V 161 (167)Tätigkeitsbereich entsprechende Ausbildung" vorzuweisen. Jedenfalls für den Bereich der anspruchsvolleren Behandlungspflege ist somit auch beim angestellten Fachpersonal eine den selbstständig tätigen Pflegefachpersonen vergleichbare Grundausbildung als erforderlich zu betrachten, lässt sich doch kein sachlicher Grund anführen, weshalb bei angestellten Medizinalpersonen für diese Art der pflegerischen Massnahmen eine weniger fundierte fachliche Ausbildung genügen sollte als bei selbstständig Tätigen (so auch EUGSTER, Krankenversicherung, a.a.O., S. 645 Rz. 772).
BGE 145 V 161 (168)5.2.1 In grundsätzlicher Hinsicht gilt es anzumerken, dass die von der Beschwerdeführerin letztlich angestrebte Ausweitung der herrschenden rechtlichen Rahmenbedingungen bezüglich der Entschädigung von Pflegeleistungen in der OKP zwingend dazu führen müsste - so bereits die Beschwerdegegnerin im vorinstanzlichen Verfahren -, dass das Gesetz respektive Art. 7a KLV zweierlei Tarife vorzusehen hätte: Eine Tarifposition für ausgebildetes pflegerisches Fachpersonal (selbstständig und unselbstständig Tätige) und eine solche für bei einer anerkannten Pflegeorganisation angestellte, pflegende Angehörige ohne entsprechende Fachausbildung. Ohne eine derartige Unterscheidung käme es, würde der in der Beschwerde vertretenen Sichtweise gefolgt, zu einer stossenden Gleichbehandlung von Laien und Fachpersonen (vgl. auch E. 5.1.3 hiervor).
Die Massnahmen der Behandlungs- und Grundpflege lassen sich auf Grund der detaillierten Aufzählung in Art. 7 Abs. 2 KLV ohne Weiteres voneinander abgrenzen. Ob diese Unterscheidung aus pflegewissenschaftlicher Sicht überholt ist, wie in der Beschwerde geltend gemacht, braucht an dieser Stelle nicht abschliessend beantwortet zu werden. Vielmehr ist der Krankenversicherer im Rahmen der OKPBGE 145 V 161 (168) BGE 145 V 161 (169)verpflichtet, Leistungen entsprechend der geltenden aktuellen Rechtslage (Gesetz, Verordnung, Rechtsprechung) auszurichten. Anzufügen gilt es immerhin, dass die betreffende Unterscheidung beispielsweise wichtig ist, um die Frage einer allfälligen Überentschädigung zu prüfen (vgl. Urteil 9C_43/2012 vom 12. Juli 2012 E. 4.1.2, in: SVR 2013 KV Nr. 3 S. 6).
Es hat damit beim vorinstanzlichen Entscheid sein Bewenden.BGE 145 V 161 (169)