29. Auszug aus dem Urteil der I. sozialrechtlichen Abteilung i.S. A. AG gegen Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (Suva) (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) | |
8C_742/2021 vom 4. März 2022 | |
Regeste | |
Art. 19 Abs. 2 und Art. 25 Abs. 1 Satz 1 ATSG; Art. 49 UVG; Rückerstattung unrechtmässig bezogener Unfalltaggelder durch die Arbeitgeberin.
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Sachverhalt | |
A. Die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (Suva) zahlte der A. AG als Arbeitgeberin eines verunfallten Arbeitnehmers für die Zeit vom 14. September 2016 bis 28. Februar 2017 Unfalltaggelder im Betrag von Fr. 22'572.- aus. Diese leitete dem verunfallten B. einen Betrag von Fr. 7'518.05 weiter und zahlte ihm ab Januar 2017 keinen Lohn mehr. Ab 1. März 2017 erbrachte die Suva Taggeldleistungen direkt an den Versicherten. Mit Verfügung vom 20. Dezember 2019 forderte sie von der A. AG Taggelder in der Höhe von Fr. 15'053.95 unter Verweis auf unterbliebene Lohnfortzahlungen an B. zurück. Dessen Taggeldanspruch für die Zeit vor dem 1. März 2017 beglich die Suva mittels Direktzahlung an ihn im Februar 2020. Infolge eines Rechenfehlers reduzierte sie den Rückforderungsbetrag gegenüber der A. AG einspracheweise auf Fr. 13'613.95 (Einspracheentscheid vom 1. Dezember 2020).
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C. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt die A. AG beantragen, es sei in Aufhebung des angefochtenen Urteils festzustellen, dass seitens der Suva kein Rückforderungsanspruch bestehe. Eventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
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Das Bundesgericht verzichtete auf einen Schriftenwechsel.
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Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab.
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Erwägung 3 | |
4. In sachverhaltlicher Hinsicht steht fest, dass die Beschwerdeführerin in den Jahren 2016 und 2017 von der Suva erhaltene Unfalltaggelder von insgesamt Fr. 13'613.95 mit zivilrechtlichen Forderungen verrechnete, die sie gegenüber dem verunfallten Arbeitnehmer geltend gemacht hatte. Der vorinstanzlich festgestellte Umfang der Rückforderung durch die Suva bleibt, anders als ihr Bestand, vor Bundesgericht unbestritten.
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Erwägung 5 | |
5.3.1 Unfalltaggelder sind zweckgebunden. Sie dienen dazu, einen unfallbedingt erlittenen Verdienstausfall mittels Entschädigung auszugleichen und so den Lebensunterhalt einer arbeitsunfähigen versicherten Person zu gewährleisten (vgl. Art. 20 und Art. 22 Abs. 1 ATSG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 UVG; BGE 138 V 140 E. 3.1; BGE 135 V 2 E. 6.1.1; Botschaft vom 18. August 1976 zum UVG [nachfolgend: Botschaft UVG], BBl 1976 III 189, 203; einlässlich dazu bereits THEO KÜNDIG, Die Verrechnung im Sozialversicherungsrecht, Diss. Bern 1957, S. 72 ff.; siehe ferner FRÉSARD/MOSER-SZELESS, L'assurance-accidents obligatoire, in: Soziale Sicherheit, SBVR Bd. XIV, 3. Aufl. 2016, S. 973 Rz. 211 und S. 1065 Rz. 603 ff.; KASPAR GEHRING, in: Kommentar zum Schweizerischen Sozialversicherungsrecht, UVG [nachfolgend: KOSS UVG], Hürzeler/Kieser [Hrsg.], 2018, N. 1 ff. zu Art. 50 UVG). Die Bedeutung des Unterhaltszwecks von Unfalltaggeldern wird durch deren Unverpfändbarkeit und Unabtretbarkeit zusätzlich unterstrichen (vgl. Art. 22 Abs. 1 ATSG; REMO DOLF, in: Basler Kommentar, Allgemeiner Teil des Sozialversicherungsrechts, 2020, N. 9 zu Art. 22 ATSG; UELI KIESER, ATSG-Kommentar, 4. Aufl. 2020, N. 23 zu Art. 22 ATSG).
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5.3.4 Die Arbeitgeberin gehört zum Kreis der potenziell Rückerstattungspflichtigen (vgl. Art. 2 Abs. 1 lit. c ATSV; BGE 142 V 43 E. 3.1 f.; Urteil 8C_432/2012 vom 13. November 2012 E. 5.1). Ihre Rechtsstellung ist von der Lohnfortzahlung (vgl. Art. 324a Abs. 1 OR) abhängig. Soweit sie Lohnfortzahlungen für die versicherte Arbeitsunfähigkeit leistet, tritt nach Art. 19 Abs. 2 ATSG eine Subrogation (Legalzession) des Taggeldanspruches von der versicherten Person auf die Arbeitgeberin ein (vgl. Urteil U 266/06 vom 28. Dezember 2006 E. 2.3, nicht publ. in: BGE 133 V 196; Urteil 8C_ 241/2019 vom 8. Juli 2019 E. 5.1). Der Eintritt der Legalzession ist allerdings davon abhängig, ob die Lohnfortzahlungen in Höhe des Taggeldanspruches der versicherten Person durch die Arbeitgeberin effektiv geleistet werden. Unterbleiben sie, kann von Gesetzes wegen keine Rechtsübertragung stattfinden (siehe zur aufschiebend bedingten Zession: BGE 84 II 355 E. 1; Urteil 4A_465/2018 vom 11. März 2019 E. 3.2.3).
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5.3.6 Die vorgängig beschriebene gesetzliche Ordnung dient dem Schutz der versicherten Person vor bestimmungswidriger Verwendung der Taggeldleistungen (vgl. Botschaft UVG, BBl 1976 III 203). Der Gesetzgeber wollte mit Art. 49 UVG den Versicherungsbetrieb erleichtern und zur Verminderung von Verwaltungskosten beitragen (vgl. Botschaft UVG, BBl 1976 III 202). Eine Verrechnung durch die Arbeitgeberin käme einer Zweckentfremdung von Unfalltaggeldern gleich, die hinsichtlich ihres Unterhaltszwecks unzulässig ist. Die in Art. 49 UVG und Art. 19 Abs. 2 ATSG vorgesehene Möglichkeit der Drittauszahlung (vgl. E. 5.3.3 hiervor) dient anders gesagt nicht dazu, die Arbeitgeberin zulasten der Unfallversicherung vor dem Risiko einer allfälligen Zahlungsunfähigkeit des Arbeitnehmers im Zusammenhang mit Forderungen aus dem Arbeitsverhältnis oder unerlaubter Handlung zu schützen. Aufgrund der besonderen Natur des Unfalltaggeldes ist in Anlehnung an Art. 125 Ziff. 2 OR nur eine Realerfüllung zulässig (vgl. Urteil 8C_130/2008 vom 11. Juli 2008 E. 2.3 mit Hinweisen).
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5.3.7 Folglich ging das kantonale Gericht gestützt auf Art. 25 Abs. 1 Satz 1 ATSG zutreffend davon aus, die Beschwerdeführerin habe unrechtmässig Unfalltaggelder in der Höhe von Fr. 13'613.95 bezogen, und bejahte - vorbehaltlich einer allfälligen Verwirkung (vgl. nicht publ. E. 5.4) - das Vorliegen eines Rückforderungsanspruchs der Suva zu Recht.
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