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Regeste
Sachverhalt
Aus den Erwägungen:
2. Streitig ist, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzte, indem s ...
3. Nach Art. 6 Abs. 1 UVG gewährt der Unfallversicherer sein ...
Erwägung 4
Erwägung 5
Erwägung 6
Erwägung 7
Erwägung 7.3
Bearbeitung, zuletzt am 15.12.2022, durch: DFR-Server (automatisch)
 
32. Auszug aus dem Urteil der I. sozialrechtlichen Abteilung i.S. A. gegen Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (Suva) (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten)
 
 
8C_596/2021 vom 12. Juli 2022
 
 
Regeste
 
Art. 6 Abs. 1 UVG; Adäquanz eines zweiten, nicht versicherten Folgeunfalls.
 
 
Sachverhalt
 
BGE 148 V 356 (357)A. A., geboren 1966, erlitt am 4. Oktober 1989 bei einem Sturz auf einer Baustelle eine komplette Paraplegie ab Th 7 und ist seither für die Fortbewegung auf einen Rollstuhl angewiesen. Die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (Suva) sprach ihm ab 1. Oktober 1993 eine Invalidenrente bei einem Invaliditätsgrad von 66,66 %, ab 1. August 1993 eine Hilflosenentschädigung sowie eine Integritätsentschädigung basierend auf einer Integritätseinbusse von 90 % zu.
Nachdem A. seit längerem Schmerzen in der rechten Schulter beklagt hatte, welche er auf eine Verletzung während des Autofahrens am 27. April 2015 zurückführte, wurde in der Klinik B. am 4. Februar 2019 eine grosse Rotatorenmanschettenruptur rechts diagnostiziert. Am 14. Februar 2019 erfolgte ein operativer Eingriff an der rechten Schulter, wobei die Suva eine diesbezügliche Leistungspflicht bereits am 7. Februar 2019 abgelehnt hatte, weil A. für den Unfall vom 27. April 2015 nicht bei ihr versichert gewesen sei.
Am 9. Juli 2019 meldete A. der Suva, dass er am Tag zuvor beim Rückwärtsfahren mit dem Rollstuhl an der Bettkante hängengeblieben und mit der linken Schulter auf den Boden gestürzt sei. Die indirekte Magnetresonanz-Arthrographie des linken Schultergelenks vom 16. Juli 2019 zeigte u.a. eine komplette Ruptur der ansatznahen Supraspinatus- und der Infraspinatussehne, woraufhin amBGE 148 V 356 (357) BGE 148 V 356 (358)31. Juli 2019 eine Operation an der linken Schulter durchgeführt wurde. Mit Verfügung vom 13. Dezember 2019 verneinte die Suva ihre Leistungspflicht mit der Begründung, dass A. für die Folgen des Unfalls vom 8. Juli 2019 nicht bei ihr unfallversichert gewesen sei und auch kein adäquater Kausalzusammenhang zum Unfall vom 4. Oktober 1989 bestehe. Daran hielt sie mit Einspracheentscheid vom 14. Mai 2020 fest.
B. Die dagegen erhobene Beschwerde des A. wies das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen mit Entscheid vom 30. Juni 2021 ab.
C. A. lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen und beantragen, unter Aufhebung des angefochtenen Gerichts- und des Einspracheentscheids der Suva seien ihm die im Zusammenhang mit dem Unfallereignis vom 8. Juli 2019 zustehenden Leistungen der Unfallversicherung zu erbringen; eventualiter sei die Sache zur Vornahme weiterer Abklärungen an die Vorinstanz oder an die Suva zurückzuweisen.
Während die Suva auf Abweisung der Beschwerde schliesst, verzichten die Vorinstanz und das Bundesamt für Gesundheit auf eine Vernehmlassung. Am 1. November 2021 lässt der Beschwerdeführer eine weitere Eingabe einreichen.
 
3. Nach Art. 6 Abs. 1 UVG gewährt der Unfallversicherer seine Leistungen bei Berufsunfällen, Nichtberufsunfällen und Berufskrankheiten, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt. Die Leistungspflicht des Unfallversicherers setzt dabei (u.a.) voraus, dass zwischen dem Unfallereignis und dem eingetretenen Schaden (Krankheit, Invalidität, Tod) ein natürlicher und adäquater Kausalzusammenhang besteht. Ursachen im Sinne des natürlichen Kausalzusammenhangs sind alle Umstände, ohne deren Vorhandensein der eingetretene Erfolg nicht als eingetreten oder nicht als in der gleichen Weise bzw. nicht zur gleichen Zeit eingetreten gedacht werden kann (BGE 142 V 435 E. 1; BGE 129 V 177 E. 3.1 mit Hinweisen). Als adäquate Ursache eines Erfolges hat ein Ereignis dann zu gelten, wenn es nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge und nach der allgemeinen Lebenserfahrung an sich geeignet ist, einen ErfolgBGE 148 V 356 (358) BGE 148 V 356 (359)von der Art des eingetretenen herbeizuführen, der Eintritt dieses Erfolges also durch das Ereignis allgemein als begünstigt erscheint (BGE 129 V 177 E. 3.2; BGE 125 V 461 E. 5a mit Hinweisen). Rechtspolitischer Zweck der Adäquanz ist eine Begrenzung der Haftung (BGE 145 III 72 E. 2.3.1; BGE 122 V 415 E. 2c; BGE 117 V 369 E. 4a). Sie dient als Korrektiv zum naturwissenschaftlichen Ursachenbegriff, der unter Umständen der Einschränkung bedarf, um für die rechtliche Verantwortung tragbar zu sein (BGE 145 III 72 E. 2.3.1; BGE 142 III 433 E. 4.5; BGE 122 V 415 E. 2c). Im Recht der sozialen Unfallversicherung geht es im Zusammenhang mit Verletzungen gemäss der Rechtsprechung jeweils darum, im Einzelfall unter Wertung von Indizien, die für oder gegen die - rechtliche - Zuordnung bestimmter Funktionsausfälle zum Unfall sprechen, im Rahmen einer Gesamtwürdigung zu einer versicherungsmässig vernünftigen und gerechten Abgrenzung haftungsbegründender und haftungsausschliessender Unfälle zu gelangen (BGE 122 V 415 E. 2c; Urteil 8C_493/ 2021 vom 4. März 2022 E. 3.3.6).
Nach der Rechtsprechung haftet der Unfallversicherer grundsätzlich für alle Folgen, mithin auch mittelbare Folgeschäden, die mit einem versicherten Unfall natürlich und adäquat kausal zusammenhängen (Urteile 8C_629/2013 vom 29. Januar 2014 E. 4; U 4/81 vom 6. Oktober 1981 E. 2e).
 
Erwägung 4
 
 
BGE 148 V 356 (360)Erwägung 5
 
Hinsichtlich des adäquaten Kausalzusammenhangs gelangte die Vorinstanz sodann zum Schluss, der Sturz vom 8. Juli 2019 sei nicht hinlänglich der Paraplegie anzulasten. Nicht die Rollstuhlabhängigkeit und die damit verbundenen körperlichen Defizite hätten zum Sturz geführt, sondern vielmehr das unerwartete Hängenbleiben an der Bettkante beim Rückwärtsfahren. Die seit 30 Jahren bestehende Paraplegie und die damit einhergehende Rollstuhlabhängigkeit erschienen nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge und nach der allgemeinen Lebenserfahrung somit nicht geeignet, den neuerlichen Sturz herbeizuführen. Mangels Adäquanz sei die Suva für die Folgen des Unfallereignisses vom 8. Juli 2019 entsprechend nicht leistungspflichtig.
 
Erwägung 6
 
Im Zentrum des Rechtsstreits steht wie bereits im Einspracheentscheid die Adäquanz, mithin die ("normative") Wertungsfrage der rechtlichen Relevanz des ersten Unfalls vom 4. Oktober 1989 für die Folgen des hier streitbetroffenen Unfallereignisses.
6.2 Mit der Thematik, ob ein zweiter, nicht versicherter Unfall adäquat kausale Folge eines ersten (versicherten) Unfalls bildet undBGE 148 V 356 (360) BGE 148 V 356 (361)damit eine Leistungspflicht des für den ersten Unfall zuständigen Unfallversicherers auslöst, hatte sich die höchstrichterliche Rechtsprechung seit längerem nicht mehr zu befassen. Soweit ersichtlich wurde diese Thematik auch in der Literatur kaum (mehr) aufgegriffen (vgl. etwa ALFRED MAURER, Recht und Praxis der schweizerischen obligatorischen Unfallversicherung, 2. Aufl. 1963, S. 291 f.; derselbe, Schweizerisches Unfallversicherungsrecht, 1985, S. 464 f. und Fn. 1220, je mit Hinweis auf EVGE 1960 S. 158 [Squaratti];RAOUL MORELL, Der Kausalbegriff in der Unfallversicherung, SZS 1965 S. 37; ANDRÉ NABOLD, in: Kommentar zum Schweizerischen Sozialversicherungsrecht, UVG, Hürzeler/Kieser [Hrsg.], 2018, N. 64 zu Art. 6 UVG).
1. der zweite Unfall sich während der Heilungsdauer des ersten Unfalls ereigne;
2. der Versicherte durch den früheren Unfall seinem Wirkungskreis und seinen bisherigen Lebensgewohnheiten entrissen worden war und es im Moment des zweiten Unfalls noch gewesen ist; und schliesslich
3. der Versicherte der Gefahr eines zweiten Unfalls infolge des durch den ersten bewirkten körperlichen oder geistigen Zustands in erhöhtem Masse ausgesetzt war.
Unter diesen drei Voraussetzungen bestehe im Allgemeinen eine grosse Wahrscheinlichkeit, dass sich der zweite Unfall ohne den ersten nicht ereignet haben würde; der zweite Unfall erscheine rechtlich als eine blosse Komplikation des ersten, als eine Störung des Heilungsprozesses, mit deren Möglichkeit der Versicherer von vornherein rechnen müsse und für deren Folgen er daher in gleicher Weise aufzukommen habe wie für die unmittelbaren Folgen des ersten Unfalls (E. 6 des genannten Urteils; in diese Richtung zielend auch das Urteil i.S. Hubler vom 3. Mai 1923 E. 1 f.). Mit EVGE 1960 S. 158 ("Squaratti") fasste das Eidg. Versicherungsgericht die Problematik im Hinblick auf selbstständige VersicherungsansprücheBGE 148 V 356 (361) BGE 148 V 356 (362)von Hinterlassenen ausdrücklich als Anwendungsfall der adäquaten Kausalität auf. Zu den von der älteren Rechtsprechung aufgestellten Voraussetzungen hielt es fest, diese liefen im Wesentlichen auf den Adäquanzbegriff hinaus. Inwieweit sie für Ansprüche des (beim zweiten, nicht versicherten Unfall verstorbenen) Versicherten selber massgebend seien, liess es im Weiteren jedoch offen. Für die eigenständigen Ansprüche der Hinterlassenen sei einzig ausschlaggebend, ob der Tod in rechtserheblichem Kausalzusammenhang mit dem versicherten ersten Unfall gestanden habe, wobei unter einen solchen Zusammenhang auch ein mittelbarer fallen könne, sofern nur die Qualität des Zusammenhanges genüge (E. 2 f. des Urteils). In Urteil U 4/81 vom 6. Oktober 1981 E. 2e beurteilte das Eidg. Versicherungsgericht den adäquaten Kausalzusammenhang zwischen einem ersten und einem zweiten, nicht mehr versicherten Unfall, ohne dass es dies in grundsätzlicher Hinsicht erörtert hätte, wiederum explizit unter Bezugnahme auf die drei kumulativen Kriterien gemäss dem Urteil i.S. Biel vom 15. Januar 1919. Im Urteil U 71/97 vom 6. Juli 1998 erachtete es, unter Verweis auf EVGE 1960 S. 158, jedoch ebenfalls ohne grundsätzliche Erörterung, für die Beurteilung der Adäquanz in einem vergleichbaren Fall demgegenüber die allgemeine Adäquanzformel als massgebend (E. 2a, 2b und 4b des genannten Urteils).
 
Erwägung 7
 
Weiter legte das kantonale Gericht dar, der Beschwerdeführer sei seit dem Unfall am 4. Oktober 1989 auf einen Rollstuhl angewiesen. Über die vielen Jahre bis zum Sturz vom 8. Juli 2019 habe er sich ohne Zweifel an den Rollstuhl gewöhnt und sei diesbezüglich geübt. Damit seien aber die Kriterien, welche für eine Adäquanz sprechen würden, nicht erfüllt. Weder habe sich der Unfall während der Heilungsdauer des ersten Unfalls ereignet, noch könne gesagt werden, dass der Beschwerdeführer nach dieser langen Zeit weiterhin seinen Lebensgewohnheiten und seinem Wirkungskreis entrissen gewesen sei. Denn nach 30 Jahren im Rollstuhl sei ohneBGE 148 V 356 (362) BGE 148 V 356 (363)Weiteres von den neuen Lebensgewohnheiten und vom neuen Wirkungskreis als Rollstuhlfahrer auszugehen. Auch habe bei vieljähriger Rollstuhlabhängigkeit und Gewöhnung an die körperlichen Defizite (insbesondere Nichtgebrauch der unteren Extremitäten, verminderte Rumpfkraft und Stabilität) kein relevant erhöhtes Unfallrisiko mehr bestanden. Die vom Beschwerdeführer geltend gemachte verminderte Rumpfkraft und -stabilität sei denn auch in dem Sinne zu relativieren, als es ihm gelungen sei, sich während des Sturzes instinktiv auf die linke Seite zu drehen. Damit sei der Sturz vom 8. Juli 2019 nicht mehr hinlänglich der Paraplegie anzulasten bzw. führten nicht hauptsächlich die Rollstuhlabhängigkeit und die damit verbundenen körperlichen Defizite zum Sturz, sondern vielmehr das unerwartete Hängenbleiben an der Bettkante beim Rückwärtsfahren. Die seit 30 Jahren bestehende Paraplegie und die damit einhergehende Rollstuhlabhängigkeit erschienen nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge und nach der allgemeinen Lebenserfahrung nicht geeignet, den Sturz im Jahr 2019 herbeizuführen; mangels Adäquanz sei die Suva für die Folgen des Unfallereignisses vom 8. Juli 2019 somit nicht leistungspflichtig.
 
Erwägung 7.3
 
7.3.1 Auch nach EVGE 1960 S. 158, mit welchem die Theorie des adäquaten Kausalzusammenhangs im schweizerischen Sozialversicherungsrecht Einzug gehalten hat (MEYER-BLASER, Kausalitätsfragen auf dem Gebiet des Sozialversicherungsrechts, SZS 1994 S. 82), hielt das Eidg. Versicherungsgericht mit Urteil U 4/81 vom 6. Oktober 1981 an der 1919 aufgestellten Formel im Sinne der drei kumulativen Voraussetzungen fest. Mit Urteil U 71/97 vom 6. Juli 1998 ging es hingegen von der allgemeinen Adäquanzformel ausBGE 148 V 356 (363) BGE 148 V 356 (364)(vgl. E. 6.3 hiervor). Auch die Vorinstanz hat sich von der 1919 begründeten Rechtsprechung ein Stück weit gelöst, indem sie dem Grundsatz nach die allgemeine Adäquanzformel für massgeblich erachtete, letztlich aber gleichwohl die drei kumulativen Voraussetzungen in ihre Beurteilung der Adäquanz einfliessen liess und allesamt verneinte.
Ob es sich bei der mit Urteil i.S. Biel vom 15. Januar 1919 aufgestellten Formel um eine spezielle - und allenfalls beizubehaltende - Adäquanzprüfung handelt, ähnlich etwa jener bei organisch nicht hinreichend nachweisbaren Unfallfolgen (vgl. zum Ganzen BGE 115 V 133), oder ob sie - wie vom Eidg. Versicherungsgericht in EVGE 1960 S. 158 angedeutet und von der Vorinstanz angenommen - in der allgemeinen Adäquanzformel aufgeht, kann hier offengelassen werden: Wie der Beschwerdeführer zu Recht anerkennt, ist in der vorliegenden Konstellation auch bei einer Beurteilung nach der allgemeinen Adäquanzformel massgeblich, ob der unfallbedingte Vorzustand im Sinne der Paraplegie und Rollstuhlabhängigkeit zu einem erhöhten Unfallrisiko, d.h. einer erhöhten Sturzgefahr geführt hatte. Wie es sich demgegenüber mit den beiden anderen Voraussetzungen verhält, die der Beschwerdeführer wohl aufgrund einer missverständlichen Formulierung im angefochtenen Urteil als alternativ und damit entbehrlich erachtet, braucht dabei keiner weiteren Erörterung. Es erscheint zwar durchaus fraglich, inwieweit die Prüfung, ob sich der zweite Unfall während der Heilungsphase des ersten Unfalls ereignete, bei endgültigen Unfallfolgen wie einer Paraplegie zur Beurteilung der Adäquanz geeignet ist. Nachdem die Adäquanz mangels einer erhöhten Unfallgefahr jedoch so oder so zu verneinen ist (vgl. E. 7.3.2 ff. hiernach), erübrigen sich diesbezüglich weitere Ausführungen.
7.3.2 Im vom Beschwerdeführer angerufenen EVGE 1960 S. 158 präsentierte sich die Ausgangslage grundsätzlich anders: Als bleibende Folgen des ersten Unfalls litt der Versicherte dort an Schwindel- und Schwächeanfällen, die jederzeit überraschend auftreten konnten und aufgrund derer er befürchtete umzufallen, "sobald er auf der Strasse sich umkehrte, sich bückte oder nach oben blickte". Es war denn gerade auch eine solch plötzlich auftretende Schwindelerscheinung, welche auf einer Bergwanderung in steil abfallendem Gebiet zum tödlichen Absturz führte (Sachverhalt Bst. A., E. 1 und 3 des genannten Urteils). Im vorliegend zu beurteilenden Fall war der Beschwerdeführer im Zeitpunkt des Sturzes vom 8. JuliBGE 148 V 356 (364) BGE 148 V 356 (365)2019 zwar unfallbedingt auf einen Rollstuhl angewiesen; dies allerdings bereits seit beinahe 30 Jahren. Wie das kantonale Gericht festhielt, ist aufgrund des langen Zeitraums ohne Weiteres davon auszugehen, dass er sich zwischenzeitlich an die paraplegiebedingten körperlichen Einschränkungen gewöhnt hatte und in der Benutzung des Rollstuhls entsprechend geübt war. Dies wird vom Beschwerdeführer letztinstanzlich denn auch gar nicht bestritten. Zusätzliche Faktoren, welche im Zusammenhang mit der Fortbewegung im Rollstuhl allenfalls mit einer erhöhten Gefahrenlage einhergehen könnten (z.B. Bergauf- und Talfahrten, das Überwinden von Hindernissen), werden in der letztinstanzlichen Beschwerde nicht geltend gemacht und sind angesichts des Unfallorts im Wohnbereich auch nicht ersichtlich. Unter den gegebenen Umständen ist die vorinstanzliche Schlussfolgerung, wonach aufgrund der Paraplegie resp. der Rollstuhlabhängigkeit beim Beschwerdeführer in der hier zu beurteilenden Situation vom 8. Juli 2019 keine erhöhte Gefährdung zu einem Sturz vorlag, somit nicht zu beanstanden.
7.4 Insgesamt kommen dem Unfallereignis vom 4. Oktober 1989 bzw. der Paraplegie und Rollstuhlabhängigkeit somit keine derart massgebende Bedeutung zu, dass sie nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge und der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet waren, den neuerlichen Sturz herbeizuführen. Wie das kantonale GerichtBGE 148 V 356 (365) BGE 148 V 356 (366)zu Recht erkannte, standen diesbezüglich nicht die Folgen des früheren Unfalls, sondern das unerwartete Hängenbleiben an der Bettkante im Vordergrund. Soweit es den adäquaten Kausalzusammenhang und eine Leistungspflicht der Suva entsprechend verneinte, ist darin keine Verletzung von Bundesrecht zu erkennen.
Auf die vom Beschwerdeführer verlangten weiteren Abklärungen zum konkreten Gefahrenpotential durch die ständige Verwendung eines Handrollstuhls durften das kantonale Gericht und die Suva ohne Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes (Art. 43 Abs. 1, Art. 61 lit. c ATSG) verzichten (zur zulässigen antizipierten Beweiswürdigung vgl. BGE 144 V 361 E. 6.5), erscheinen doch die zur Prüfung der Adäquanz erforderlichen tatsächlichen Grundlagen im Lichte des Gesagten als genügend abgeklärt. Die Beschwerde erweist sich als unbegründet und ist abzuweisen.BGE 148 V 356 (366)