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Aus den Erwägungen:
7. Zu prüfen bleibt der Antrag der Beschwerdeführerin,  ...
Bearbeitung, zuletzt am 26.10.2023, durch: DFR-Server (automatisch)
 
10. Auszug aus dem Urteil der III. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. A. gegen Kantonale Versicherungskasse Appenzell Innerrhoden (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten)
 
 
9C_165/2022 vom 16. März 2023
 
 
Regeste
 
Art. 26 Abs. 1 BVG, Art. 15 Abs. 2 BVG i.V.m. Art. 12 lit. j BVV 2; Art. 104 OR; reglementarische Regelung des Verzugszinssatzes.
 
 
BGE 149 V 106 (106)Aus den Erwägungen:
 
BGE 149 V 106 (107)7.1 Analog zur im Privatrecht geltenden generellen Verzugszinspflicht (Art. 104 OR) besteht auch im Verwaltungsrecht ein allgemeiner Rechtsgrundsatz, wonach der Schuldner Verzugszins zu bezahlen hat, wenn er mit der Zahlung in Verzug ist, sofern das Gesetz nichts anderes vorsieht (BGE 145 V 18 E. 4.1; BGE 101 Ib 252 E. 4b; BGE 95 I 258 E. 3; Urteil 2C_354/2015 vom 23. Mai 2016 E. 4.2.1 mit weiteren Hinweisen). Was das Berufsvorsorgerecht im Besonderen anbelangt, wurde in der Rechtsprechung eine Verzugszinspflicht seit jeher im Leistungs- und im Beitragsbereich aufgrund der vorsorgevertraglichen Entstehung des Versicherungsverhältnisses und der damit anwendbaren allgemeinen Bestimmungen des OR als Regel anerkannt (BGE 145 V 18 E. 4.2; BGE 119 V 131 E. 4a; BGE 115 V 27 E. 8c). Was die Höhe anbelangt, ist in erster Linie das Reglement massgebend und bei Fehlen einer entsprechenden Regelung die Bestimmung des Art. 104 Abs. 1 OR, wonach ein Verzugszins von 5 % geschuldet ist (BGE 145 V 18 E. 5.2.1; BGE 141 V 162 E. 5; BGE 115 V 27 E. 8c; Urteil 9C_214/2019 vom 12. Dezember 2019 E. 5.1; zum Ganzen auch: HANS-ULRICH STAUFFER, Rechtsprechung des Bundesgerichts zur beruflichen Vorsorge, 4. Aufl. 2019, S. 108 mit weiteren Hinweisen).
7.2 Die Bestimmung des Art. 33 Abs. 4 Satz 2 Vorsorgereglement widerspricht dem in E. 7.1 dargelegten Grundsatz, wonach die Vorsorgeeinrichtung, die mit Rentenzahlungen im Rückstand ist, Verzugszinsen schuldet. Sie gibt Anlass zur Frage, ob Vorsorgeeinrichtungen im Falle einer reglementarischen Regelung des Verzugszinssatzes eine untere Grenze zu beachten haben. Dabei ist daran zu erinnern, dass dem Verzugszins die Funktion eines Vor- bzw. Nachteilsausgleichs wegen verspäteter Zahlung der Hauptschuld zukommt. Die Verzugszinsen bezwecken, unbekümmert um den tatsächlichen Nutzen und Schaden, den Zinsverlust des Gläubigers und den Zinsgewinn des Schuldners in pauschalierter Form auszugleichen. Sie haben nicht pönalen Charakter und sind unabhängig von einem Verschulden am Verzug geschuldet (BGE 139 V 297 E. 3.3.2.2). Im Bereich der beruflichen Vorsorge kann der für die Vorsorgeeinrichtung als Schuldnerin der Rentenleistungen resultierende Zinsvorteil mindestens dem BVG-Mindestzinssatz (seit 2017: 1 %; Art. 12 lit. j der Verordnung vom 18. April 1984 über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge [BVV 2; SR 831.441.1]) gleichgesetzt werden, weil sich dieser nach der erzielbaren Rendite marktgängiger Anlagen richtet (insbesondere der BundesobligationenBGE 149 V 106 (107) BGE 149 V 106 (108)sowie zusätzlich der Aktien, Anleihen und Liegenschaften; Art. 15 Abs. 2 BVG). Aus dem den Verzugszinsen zugrunde liegenden Gedanken des Vor- bzw. Nachteilsausgleichs ergibt sich, dass eine reglementarische Regelung des Verzugszinssatzes den BVG-Mindestzinssatz nicht unterschreiten darf. Aus diesem Grund ist Art. 33 Abs. 4 Satz 2 Vorsorgereglement hinsichtlich der von der Beschwerdegegnerin geschuldeten BVG-Renten die Anwendung zu versagen und stattdessen von einem dem BVG-Mindestzinssatz entsprechenden Verzugszins von 1 % auszugehen.