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Informationen zum Dokument  BGer 2A.225/1999  Materielle Begründung
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BGer 2A.225/1999 vom 31.01.2000
 
[AZA 0/4]
 
2A.225/1999/sch
 
II. OEFFENTLICHRECHTLICHE ABTEILUNG
 
***********************************
 
31. Januar 2000
 
Es wirken mit: Bundesrichter Wurzburger, Präsident der II. öffentlichrechtlichen Abteilung, Bundesrichter Betschart, Hungerbühler, Müller, Bundesrichterin Yersin und Gerichtsschreiber Fux.
 
In Sachen
 
Basellandschaftliche Kantonalbank, Rheinstrasse 7, Liestal,
 
Beschwerdeführerin, vertreten durch ATAG Ernst & Young AG, Aeschengraben 9, Basel,
 
gegen
 
Eidgenössische Steuerverwaltung, Hauptabteilung Direkte Bundessteuer,
 
Verrechnungssteuer, Stempelabgaben,
 
Eidgenössische Steuerrekurskommission,
 
betreffend
 
Emissionsabgabe,
 
Ausgabe von Partizipationsscheinen, hat sich ergeben:
 
Die "Basellandschaftliche Kantonalbank" ist ein von der Staatsverwaltung getrenntes staatliches Bankinstitut mit eigener Rechtspersönlichkeit, für dessen Verbindlichkeiten der Kanton haftet, soweit die eigenen Mittel nicht ausreichen (vgl. §§ 1 und 2 des Kantonalbankgesetzes vom 17. Juni 1957 des Kantons Basel-Landschaft). Das Grundkapital der Bank besteht aus dem Dotationskapital und dem Zertifikatskapital (§ 3 Abs. 1 des Gesetzes). Das Dotationskapital wird vom Kanton beschafft. Es beträgt 150 (heute 200) Mio. Franken und wird dem Kanton zu den Selbstkosten verzinst (§ 3 Abs. 2 des Gesetzes). Das Zertifikatskapital wird von der Bank durch die Ausgabe von Kantonalbank-Zertifikaten beschafft. Die Zertifikate geben Anrecht auf eine Ausschüttung, auf den Bezug neuer Zertifikate und auf einen verhältnismässigen Anteil am Ergebnis einer allfälligen Liquidation. Mitwirkungsrechte sind mit den Zertifikaten nicht verbunden (§ 3 Abs. 3 des Gesetzes). Die Höhe des Zertifikatskapitals wurde bei dessen Einführung im Jahr 1985 vom Landrat des Kantons Basel-Landschaft auf 30 Mio. Franken festgesetzt. Im Anschluss an einen Landratsbeschluss vom 25. September 1997 wandelte die Kantonalbank Dotationskapital im Nennwert von 20 Mio. Franken in Zertifikatskapital um. Seither setzt sich das Grundkapital der Bank im Betrag von weiterhin 230 Mio. Franken zusammen aus einem Dotationskaptial von180 Mio. Franken sowie einem Zertifikatskapital von 50 Mio. Franken. In der Folge bot der Kanton Basel-Lanschaft die durch die Umwandlung entstandenen Zertifikate mit einem Nominalwert von Fr. 100. -- den bisherigen Zertifikatsinhabern zum Preis von Fr. 385. -- zum Kauf an. Den über den Nennwert hinaus erzielten Betrag von rund 57 Mio. Franken verwendete er für die Finanzierung von Infrastrukturaufgaben.
 
Mit Verfügung vom 23. Januar 1998 erhob die Eidgenössische Steuerverwaltung auf dem neu geschaffenen Zertifikatskapital im Nennwert von 20 Mio. Franken gestützt auf Art. 5 Abs. 1 lit. a Lemma 5 des Bundesgesetzes vom 27. Juni 1973 über die Stempelabgaben (StG; SR 641. 10) eine Emissionsabgabe von Fr. 400'000. --. Eine dagegen erhobene Einsprache wurde mit Entscheid vom 7. Juli 1998 abgewiesen, worauf die Bank an die Eidgenössische Steuerrekurskommission gelangte. Mit Entscheid vom 31. März 1999 wies diese die Beschwerde ab.
 
Das Bundesgericht weist die von der Basellandschaftlichen Kantonalbank gegen den Entscheid der Steuerrekurskommission erhobene Verwaltungsgerichtsbeschwerde ab.
 
Aus den Erwägungen:
 
1.- Der Bund erhebt auf der Ausgabe der in Art. 1 Abs. 1 lit. a StG aufgezählten inländischen Urkunden Stempelabgaben. Gegenstand der Emissionsabgabe sind unter anderem die entgeltliche oder unentgeltliche Begründung und Erhöhung des Nennwertes von Beteiligungsrechten in Form von Partizipationsscheinen inländischer Gesellschaften, Genossenschaften oder gewerblicher Unternehmen des öffentlichen Rechts (Art. 5 Abs. 1 lit. a Lemma 5 StG). Der Abgabesatz betrug nach der im massgebenden Zeitpunkt noch in Kraft stehenden Fassung von Art. 8 Abs. 1 lit. a StG (AS 1995 4259) zwei Prozent vom Betrag, welcher der Gesellschaft oder Genossenschaft als Gegenleistung für die Beteiligungsrechte zufliesst, mindestens aber vom Nennwert. Die Beschwerdeführerin bestreitet zu Recht nicht, dass sie ein gewerbliches Unternehmen des öffentlichen Rechts ist und dass die von ihr ausgegebenen Zertifikate als Partizipationsscheine im Sinn der erwähnten Bestimmung zu qualifizieren sind. Sie ist jedoch der Auffassung, die von ihr vorgenommene Umwandlung von Dotations- in Zertifikatskapital unterliege der Emissionsabgabe darum nicht, weil dadurch keine "Begründung und Erhöhung des Nennwertes von Beteiligungsrechten" erfolge; vielmehr habe sich ihr Grundkapital nicht verändert und sei der Anteil des Kantons daran gleich geblieben.
 
2.- Es ist richtig, dass das Grundkapital der Beschwerdeführerin durch die streitige Operation nicht erhöht worden ist, und es trifft auch zu, dass sich der auf den Kanton entfallende Kapitalanteil nicht verändert hat. Darauf kommt es indessen nicht an. Entscheidend ist vielmehr, ob durch die Umwandlung eines Teils des Dotationskapitals in Zertifikatskapital neue Beteiligungsrechte im Sinne von Art. 5 Abs. 1 lit. a StG begründet worden sind. Das kann auch dann der Fall sein, wenn das Grundkapital dabei insgesamt gleich geblieben ist. So wurde beispielsweise in der Umwandlung von Partizipationsscheinen in Aktien eine der Emissionsabgabe unterliegende Begründung neuer Beteiligungsrechte erblickt, auch wenn dieser Vorgang an der Höhe des Gesellschaftskapitals nichts ändert, und zwar galt dies selbst dann, wenn die Abgabe bereits bei der Schaffung der Partizipationsscheine entrichtet worden war (BGE 105 Ib 175 ff.; vgl. für das frühere Recht ASA 46 S. 538 ff.). Der mit der Revision vom 4. Oktober 1991 neu eingeführte Art. 6 Abs. 1 lit. g StG (AS 1992 733 ff., 784) schliesst für diesen Fall, d.h. wenn die Abgabe auf dem Partizipationskapital entrichtet worden ist, nunmehr zwar die Erhebung der Abgabe aus, lässt die Praxis im Übrigen aber unberührt. Dagegen wird die Umwandlung von Inhaber- in Namenaktien wie auch der Aktiensplit nicht als Begründung neuer Beteiligungsrechte im Sinne von Art. 5 Abs. 1 lit. a StG qualifiziert, sondern bloss als Änderung bereits bestehender Rechtsverhältnisse angesehen, die keine Steuerfolgen auslöst (Stockar, Übersicht und Fallbeispiele zu den Stempelabgaben und zur Verrechnungssteuer, 2. Aufl. , Basel 1993, S. 119; Stockar/Hochreutener, Die Praxis der Bundessteuern, II. Teil, Stempelabgaben und Verrechnungssteuern, Bd. 1, Nr. 2 und 4 zu Art. 5 Abs. 1 lit. a StG). Wesentlich ist somit, ob durch die Umwandlung Beteiligungsrechte geschaffen wurden, die vorher in dieser Form nicht existiert haben.
 
3.- Das trifft hier zu. Durch die Umwandlung von Dotations- in Zertifikatskapital wurden nicht bloss bereits bestehende Beteiligungsverhältnisse abgeändert, wie dies etwa bei der Umwandlung von Inhaber-inNamenaktienderFallist. VielmehrwurdeZertifikatskapitalgeschaffen, das vorher in dieser Form nicht existierte, beziehungsweise wurde das bestehende Zertifikatskapital entsprechend erhöht. Dieses Kapital hat rechtlich einen andern Charakter als das Dotationskapital. Bei der Beschwerdeführerin handelt es sich um eine öffentlichrechtliche Anstalt, die vom Kanton Basel-Landschaft errichtet und mit den erforderlichen finanziellen Mitteln (Dotationskapital) versehen wurde. Das Dotationskapital verkörpert aber kein Beteiligungsrecht im Sinne von Art. 5 Abs. 1 lit a StG. Die Mitwirkungs- bzw. Mitgliedschaftsrechte des Kantons an der Beschwerdeführerin beruhen nicht auf seiner Kapitalbeteiligung, sondern direkt auf dem Gesetz. Öffentlichrechtliche Anstalten haben gar keine Mitglieder, und auch der Begriff der "Beteiligung" macht bei ihnen keinen Sinn. Dementsprechend kann das Dotationskapital von solchen Anstalten nicht in einzelne handelbare Anteile aufgestückelt werden. Die Begründung und Erhöhung von Dotationskapital unterliegt denn auch nicht der Emissionsabgabe. Mit der Schaffung beziehungsweise Erhöhung des Zertifikatskapitals wurde demgegenüber ein neues Recht begründet, das vorher in dieser Form nicht bestand und das nach Art. 5 Abs. 1 lit. a Lemma 5 StG Gegenstand der Emissionsabgabe bildet.
 
Insbesondere wurden durch die Aufstückelung eines Teils des bestehenden Grundkapitals in einzelne Zertifikate vorher nicht bestehende Beteiligungsrechte in der Form von handelbaren Wertpapieren geschaffen. Dass die mit den Zertifikaten verknüpften Vermögensrechte (Anrecht auf eine Ausschüttung und auf einen verhältnismässigen Anteil am Ergebnis einer allfälligen Liquidation) gemäss dem Reglement vom 9. April 1985 über die Ausgabe von Kantonalbank-Zertifikaten den Zertifikatsinhabern im Verhältnis des Zertifikatskapitals zum Dotationskapital zustehen und deshalb die Stellung des Kantons durch die Umwandlung in vermögensrechtlicher Hinsicht als solche nicht modifiziert worden ist, ändert an diesem grundsätzlichen Unterschied nichts. Im Übrigen hat der Kanton gemäss § 3 Abs. 2 des Kantonalbankgesetzes sowie § 13 des Geschäftsreglements für die Basellandschaftliche Kantonalbank vom 15. November 1957 immerhin Anspruch auf
 
Verzinsung der Anleihen, die er zur Beschaffung des Dotationskapitals ausgibt; ein vergleichbares Recht steht ihm als Zertifikatsinhaber nicht zu.
 
4.- Die Emissionsabgabe wurde somit zu Recht erhoben, weshalb die Beschwerde abzuweisen ist.
 
Lausanne, 31. Januar 2000
 
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