VerfassungsgeschichteVerfassungsvergleichVerfassungsrechtRechtsphilosophie
UebersichtWho-is-WhoBundesgerichtBundesverfassungsgerichtVolltextsuche...

Informationen zum Dokument  BGer 5P.3/2000  Materielle Begründung
Druckversion | Cache | Rtf-Version

Bearbeitung, zuletzt am 16.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch)  
 
BGer 5P.3/2000 vom 21.02.2000
 
[AZA 0]
 
5P.3/2000/min
 
II. Z I V I L A B T E I L U N G ********************************
 
21. Februar 2000
 
Es wirken mit: Bundesrichter Reeb, Präsident der II. Zivilabteilung,
 
Bundesrichter Weyermann, Bundesrichter Merkli und
 
Gerichtsschreiber Levante.
 
---------
 
In Sachen
 
1. X.________,
 
2. Y.________, Beschwerdeführer, beide vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Urs Hess-Odoni, Bellerivematte 5, 6006 Luzern,
 
gegen
 
Nachlassmasse N.________ AG in Nachlassliq. , vertreten durch Rechtsanwalt Kurt Bieder, Weggisgasse 29, Postfach, 6000 Luzern 5, Obergericht des Kantons Luzern (I. Kammer),
 
betreffend
 
Art. 4 aBV (Kollokation),
 
wird festgestellt und in Erwägung gezogen:
 
1.- Im Nachlassverfahren der N.________ AG haben die Nachlassliquidatoren mit Verfügung vom 11. September 1997 die von X.________ eingegebene Forderung mit Fr. 1'859. 25 und diejenige von Y.________ mit Fr. 4'000.-- kolloziert.
 
Mit Klage vom 30. September 1997 gelangten X.________ und Y.________ an das Amtsgericht Luzern-Stadt und verlangten die Zulassung ihrer Forderungen im Umfang von Fr. 148'489. 25 bzw.
 
Fr. 19'165.-- in der V. Klasse des alten, eventuell in der 3. Klasse des neuen Rechts sowie die Ausbezahlung der entsprechenden Nachlassdividenden. Das Amtsgericht Luzern-Stadt wies die Kollokationsklage mit Urteil vom 15. Juli 1998 ab.
 
Gegen dieses Urteil legten X.________ und Y.________ Appellation beim Obergericht des Kantons Luzern ein, das am 19. November 1999 das vorinstanzliche Urteil bestätigte.
 
X.________ und Y.________ beantragen mit staatsrechtlicher Beschwerde vom 5. Januar 2000 dem Bundesgericht, das Urteil des Obergerichts des Kantons Luzern vom 19. November 1999 aufzuheben und die Sache an das Obergericht zurückzuweisen.
 
Auf das Einholen von Vernehmlassungen wurde verzichtet.
 
In der gleichen Sache gelangen X.________ und Y.________ auch mit Berufung an das Bundesgericht.
 
2.- Erhebt eine Partei gleichzeitig staatsrechtliche Beschwerde und Berufung, so ist in der Regel zuerst über die staatsrechtliche Beschwerde zu befinden, und der Entscheid über die Berufung wird ausgesetzt (Art. 57 Abs. 5 OG). Im vorliegenden Fall besteht kein Anlass, anders zu verfahren.
 
3.- Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob und inwieweit auf ein Rechtsmittel einzutreten ist (BGE 124 I 223 E. 1 S. 224 m.w.H.).
 
a) Von hier nicht zutreffenden Ausnahmen abgesehen, ist die staatsrechtliche Beschwerde rein kassatorischer Natur (BGE 121 I 326 E. 1b S. 328 mit Hinweisen). Zulässig ist somit grundsätzlich einzig das Rechtsbegehren, den Entscheid des Obergerichts aufzuheben. Sollte dieser Antrag gutzuheissen und der angefochtene Entscheid aufzuheben sein, hätte die kantonale Instanz - unter Berücksichtigung der Ergebnisse des vorliegenden Verfahrens - ohne besondere Anweisung durch die erkennende Abteilung neu zu entscheiden (vgl. BGE 112 Ia 353 E. 3c/bb S. 354 mit Hinweis). Das Begehren der Beschwerdeführer, die Sache zu neuer Beurteilung an das Obergericht zurückzuweisen, ist demnach überflüssig.
 
b) Das Obergericht hat am 19. November 1999 geurteilt, so dass es entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer Art. 9 und 29 der Bundesverfassung vom 18. April 1999, die am 1. Januar 2000 in Kraft getreten ist (AS 1999 2555), nicht verletzt haben kann. Die als Verstösse gegen das Willkürverbot und die allgemeinen Verfahrensrechte bezeichneten Verfassungsverletzungen sind als Rügen einer Verletzung von Art. 4 aBV entgegenzunehmen.
 
4.- Das Obergericht hat die Auffassung des Amtsgerichts bestätigt, dass die Beschwerdeführer als Verwaltungsräte der N.________ AG übersetzte Bezüge von insgesamt Fr. 351'000.-- getätigt hatten und die Beschwerdegegnerin Verantwortlichkeitsansprüche zur Verrechnung stellen durfte. Die Beschwerdeführer halten das Urteil des Obergerichts in verschiedener Hinsicht für verfassungswidrig.
 
a) Die Beschwerdeführer werfen dem Obergericht zunächst vor, es habe rechtzeitig und formrichtig angebotene Beweise nicht erhoben. Diese Rüge kommt dem Vorwurf einer Verletzung von Art. 8 ZGB gleich (BGE 114 II 289 E. 2a) und ist mit Berufung, wo diese - wie hier - offen steht, und nicht mit staatsrechtlicher Beschwerde zu rügen (Art. 84 Abs. 2 OG). Die Beschwerdeführer machen weiter geltend, das Obergericht habe zu Unrecht ihre Beweisofferten abgelehnt, indem es den Sachverhalt als hinlänglich abgeklärt erachtete und das zur Edition beantragte interne Gutachten betreffend Organverantwortung für eine blosse Parteibehauptung hielt; es habe sodann zu Unrecht den Rückfluss der ausgeschütteten Beträge in Form einer Aktienkapitalerhöhung nicht als Beweisthema zur Schadensbehebung betrachtet. Diese Rügen können die Beschwerdeführer ausschliesslich mit staatsrechtlicher Beschwerde als Verletzung von Art. 4 aBV vorbringen.
 
b) Soweit die Beschwerdeführer kritisieren, das Vorgehen des Obergerichts sei willkürlich, kann indessen auf die Vorbringen in zweifacher Hinsicht nicht eingetreten werden. Erstens legen die Beschwerdeführer nicht in einer Art. 90 Abs. 1 lit. b OG genügenden Weise dar, inwiefern die vom Obergericht vorgenommene antizipierte Beweiswürdigung offensichtlich unhaltbar sei (BGE 124 I 208 E. 4a S. 211).
 
Ebenso wenig zeigen sie auf, inwiefern das Obergericht in Willkür verfallen sei, wenn es das offerierte interne Gutachten nicht als Beweismittel, sondern als Parteibehauptung würdigte (BGE 95 II 364 E. 2 S. 368), und den Rückfluss der ausgeschütteten Beträge in Form einer Aktienkapitalerhöhung nicht als Akt der Schadensbehebung betrachtete. Zweitens legen die Beschwerdeführer nicht dar, dass sie bereits im kantonalen Verfahren behauptet hätten, aus dem erwähnten internen Gutachten ergebe sich die Anerkennung einer klägerischen Position. Soweit sie ausführen, die Anerkennung hätte im kantonalen Verfahren zu Lasten der Beklagten berücksichtigt werden müssen, handelt es sich deshalb um neue Vorbringen, welche im Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde wegen Verletzung von Art. 4 aBV unzulässig sind (BGE 118 III 38 E. 2a).
 
c) Die Beschwerdeführer rügen weiter erfolglos, das Obergericht habe bei der Sachverhaltsfeststellung das Willkürverbot und den Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt.
 
Soweit die Beschwerdeführer ausführen, das Obergericht habe bei der Beurteilung, ob ihre Bezüge übersetzt und die Verrechnungsforderung der Beschwerdegegnerin begründet seien, zu Unrecht auf steuerrechtliche Gesichtspunkte abgestellt, greifen sie Fragen des Bundesrechts auf; die betreffenden Vorbringen sind in der staatsrechtlichen Beschwerde unzulässig (Art. 84 Abs. 2 OG) und vorliegend im Rahmen der Berufung zu entscheiden. Auf die weitere Kritik der Beschwerdeführer kann nicht eingetreten werden, weil sie den Voraussetzungen gemäss Art. 90 Abs. 1 lit. b OG nicht genügt. Zum einen behaupten die Beschwerdeführer, das steuerrechtliche Verfahren hätte aus zivilprozessualen Gründen nicht gegen sie verwendet werden dürfen; sie nennen aber keine kantonale Bestimmung, die dadurch verletzt sein soll (BGE 118 Ia 112 E. 2c). Zum anderen zeigen sie nicht durch präzise Argumentation im Einzelnen auf, inwiefern das Obergericht den Sachverhalt derart festgestellt haben soll, dass der angefochtene Entscheid im Ergebnis offensichtlich unhaltbar sei (BGE 125 II 129 E. 5b S. 134). Ebenso ungenügend legen sie betreffend der angeblichen Gehörsverletzung dar, inwiefern keinerlei sachlicher Grund dafür vorgelegen haben soll, den angebotenen Beweismitteln von vorneherein die Erheblichkeit abzusprechen (BGE 114 II 289 E. 2a S. 291). Schliesslich kann keine Rede davon sein, das Obergericht habe weder geprüft noch begründet, ob ein Schaden entstanden sei. Aus den einlässlichen Erwägungen im angefochtenen Urteil gehen ohne weiteres die Gründe hervor (BGE 114 Ia 233 E. 2d S. 242), weshalb der N.________ AG ein Schaden in dem Masse entstanden ist, als die Beschwerdeführer als Verwaltungsräte von der finanziell angeschlagenen Gesellschaft jahrelang übersetzte Bezüge getätigt hatten.
 
5.- Aus diesen Gründen ist die staatsrechtliche Beschwerde abzuweisen, soweit überhaupt darauf eingetreten werden kann. Bei diesem Ausgang des Verfahrens werden die Beschwerdeführer zu gleichen Teilen unter Solidarhaft kostenpflichtig (Art. 156 Abs. 1 und 7 OG). Da auf die Einholung einer Vernehmlassung verzichtet wurde, entfällt eine Entschädigungspflicht.
 
Demnach erkennt das Bundesgericht
 
im Verfahren nach Art. 36a OG:
 
1.- Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
 
2.- Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird den Beschwerdeführern unter solidarischer Haftbarkeit auferlegt.
 
3.- Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Luzern (I. Kammer) schriftlich mitgeteilt.
 
_____________
 
Lausanne, 21. Februar 2000
 
Im Namen der II. Zivilabteilung
 
des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS
 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
 
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR).