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Informationen zum Dokument  BGer U 76/1999  Materielle Begründung
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BGer U 76/1999 vom 14.03.2000
 
«AZA»
 
U 76/99 Md
 
II. Kammer
 
Präsident Lustenberger, Bundesrichterin Widmer und nebenamtlicher Richter Zollikofer; Gerichtsschreiber Signorell
 
Urteil vom 14. März 2000
 
in Sachen
 
M.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt D.________,
 
gegen
 
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt, Luzern, Beschwerdegegnerin,
 
und
 
Versicherungsgericht des Kantons Aargau, Aarau
 
A.- M.________ Marco, geb. 1970, war seit 1989 als Bauarbeiter bei der Firma P.________ AG tätig und bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) gegen die Folgen von Berufsunfällen versichert. Am 7. Juli 1994 stürzte er auf einer Baustelle aus einer Höhe von ca. 5 m auf eine Fahrbahndecke. Nach verschiedenen medizinischen Eingriffen und einem Aufenthalt in der Rehabilitationsklinik konnte die ärztliche Behandlung der Unfallfolgen am 27. März 1995 abgeschlossen werden. Der Versicherte nahm die Arbeit am 27. März 1995 zu 50 % und am 24. April 1995 zu 100 % wieder auf.
 
Nachdem M.________ im Oktober 1995 über starke Rückenschmerzen klagte und erneut vollständig arbeitsunfähig war, meldete die Arbeitgeberin am 18. Dezember 1995 der SUVA einen Rückfall. Weitere Abklärungen erfolgten durch Dr. med. K.________, Oberarzt an der Orthopädischen Universitätsklinik X.________ ([nachfolgend X.________] Berichte vom 11. Juni 1996, 18. Juni 1996 und 19. Juni 1996). Ergänzend hielt er am 27. November 1996 fest, dass die lumbalen Schmerzen bei Segmentdegeneration auf Höhe L5/S1 nicht unfallbedingt seien. Am 5. Februar 1997 nahm Dr. med. L.________ eine kreisärztliche Beurteilung vor. Daraufhin lehnte die SUVA Versicherungsleistungen für den Rückfall mit Verfügung vom 3. März 1997 ab. Daran hielt sie im Einspracheentscheid vom 1. Mai 1997 fest.
 
B.- Eine dagegen erhobene Beschwerde mit dem Antrag, es sei die SUVA zu verpflichten, die gesetzlichen Leistungen, namentlich Taggeld- und Krankenpflegeleistungen, Invalidenrente sowie Integritätsentschädigung auch für die Zeit ab dem 18. Dezember 1995 zu erbringen, eventuell sei ein unabhängiges medizinisches Gutachten zu erstellen, wies das Versicherungsgericht des Kantons Aargau mit Urteil vom 13. Januar 1999 ab.
 
C.- Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt M.________ die vorinstanzlich gestellten Anträge erneuern. Zudem ersucht er um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege.
 
Die SUVA schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherung hat sich nicht vernehmen lassen.
 
D.- Der Instruktionsrichter räumte der mitbeteiligten Krankenkasse Artisana (nunmehr: Helsana Versicherungen AG) am 15. Dezember 1999 Gelegenheit zur Stellungnahme ein. Mit Eingabe vom 3. Januar 2000 hat diese auf eine Vernehmlassung verzichtet.
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
 
1.- Die Vorinstanz hat die massgeblichen Gesetzesbestimmungen über die Anspruchsvoraussetzungen sowie die Rechtsprechung zum Kausalzusammenhang zwischen der beim versicherten Unfall erlittenen Gesundheitsschädigung und den erneut geltend gemachten Beschwerden zutreffend dargestellt. Darauf wird ebenso verwiesen wie auf die Erwägungen zum Beweiswert von ärztlichen Berichten.
 
2.- Nachdem der Beschwerdeführer im Oktober 1995 über Rückenbeschwerden klagte, fand am 7. November 1995 eine kreisärztliche Untersuchung durch Dr. med. N.________ statt, der feststellte, dass nur noch geringfügige Restbeschwerden vorhanden seien, welche die Arbeitsfähigkeit jedoch nicht einschränkten. Der Hausarzt, Dr. med. Q.________ veranlasste eine umfassende Abklärung im X.________. Im Bericht vom 11. Juni 1996 diagnostizierte Dr. K.________ ein belastungsabhängiges Lumbovertebralsyndrom bei beginnenden leichten degenerativen Veränderungen der unteren Lendenwirbelsäule, einen Status nach Polytrauma im Juli 1994 mit Sacrumlängsfraktur und oberer Schambeinfraktur rechts, Nierenkontusion mit perirenalem Hämatom sowie einen Status nach Pyleroplastik. Eine nochmalige Beurteilung wurde in Aussicht genommen, wenn eine MRI-Untersuchung und ein EMG zur Abklärung des PSR-Ausfalls rechts erfolgt seien, was am 13. und 16. Juni 1996 geschehen ist. Nachdem Dr. K.________ den zuweisenden Hausarzt am 8. November 1996 über die Ergebnisse der Untersuchungen orientiert hatte, ohne sich zur Kausalitätsfrage zu äussern, stellte er nach Rückfrage des Hausarztes am 27. November 1996 fest, dass die lumbalen Schmerzen bei Segmentsdegeneration auf Höhe L5/S1 nicht unfallbedingt seien. Kreisarzt Dr. L.________ schloss sich dieser Beurteilung aus den Überlegungen heraus an, dass die gesamte Pathologie zwangslos erklärt werden könne und sich keine Elemente fänden, die eine Beeinflussung durch das Ereignis vom 7. Juli 1994 wahrscheinlich machten (Bericht vom 5. Februar 1997).
 
Bei dieser Aktenlage wies die SUVA das Leistungsbegehren mit Verfügung vom 3. März 1997 ab, woran sie im Einspracheentscheid vom 1. Mai 1997 festhielt.
 
3.- Streitig und zu prüfen ist, ob die Beschwerden des Versicherten die Folgen des Unfallereignisses vom 7. Juli 1994 sind bzw. ob es sich um einen Rückfall handelt.
 
a) Die SUVA legte ihrer Beurteilung die Ergebnisse der Untersuchungen des X.________ zu Grunde, die nicht von ihr, sondern vom Hausarzt veranlasst worden waren. Dr. K.________ erhob seine Diagnose unter Beizug der medizinischen Vorakten sowie nach eigenen und konsiliarischen Abklärungen, mithin auf umfassender Kenntnis. Widersprüche sind im Bericht keine erkennbar. Die Beurteilung, der sich auch Dr. Q.________ anschliesst, ist überzeugend begründet. Weitere medizinische Abklärungen erübrigen sich damit. Demnach sind mit überwiegender Wahrscheinlichkeit keine unfallkausalen Ursachen für den vorhandenen Gesundheitsschaden des Beschwerdeführers festzustellen.
 
b) Ungeachtet dieser medizinischen Aktenlage vertritt der Beschwerdeführer die Auffassung, die SUVA sei trotzdem leistungspflichtig, weil sie, nach Prüfung der Unfallmeldung und der Kausalitätsfrage am 21. November 1996 festgestellt habe, dem Versicherten stünden die gesetzlichen Leistungen zu.
 
Dieser Ansicht kann nicht gefolgt werden. Es ist zwar richtig, dass der Kreisarzt Dr. med. R.________ im Formular vom 12. November 1996 eine Unfallkausalität (ohne nähere Begründung) als mindestens wahrscheinlich erachtete. Diese Würdigung erfolgte indessen einzig gestützt auf den Bericht von Dr. K.________ vom 11. Juni 1996. Die Ergebnisse der dort erwähnten, für eine abschliessende Würdigung als notwendig bezeichneten zusätzlichen Abklärungen (MRI und EMG) lagen ihm aber ebensowenig vor wie dessen Stellungnahme zur Kausalität. Der Kreisarzt erachtete seine Beurteilung jedenfalls auch als eine vorläufige, denn er verlangte ausdrücklich, dass diese weiteren Akten (MRI und EMG) beizuziehen seien, was nur heissen konnte, dass die endgültige Leistungspflicht dann zu prüfen sein werde. Aus dem Umstand, dass die SUVA sich am 21. November 1996 zur Ausrichtung von bestimmten Leistungen bereiterklärte ("Mitteilung ohne Unterschrift"), kann ihr nicht schaden (vgl. auch zur Vorleistungspflicht bei Unklarheit über den leistungspflichtigen Sozialversicherer: Art. 112, 114 und 117 KVV). Wie die Vorinstanz zutreffend erkannte, erfolgte die abschliessende Stellungnahme erst am 5. Februar 1997 durch Kreisarzt Dr. L.________ In diesem Bericht wird in Kenntnis der Anamnese, der geklagten Beschwerden sowie unter Berücksichtigung der gesamten Untersuchungen nachvollziehbar dargelegt, dass keine Anhaltspunkte für eine wesentliche Traumatisierung einer Bandscheibe vorhanden sind. Gegen diese medizinischen Ausführungen vermögen die vom Beschwerdeführer angerufenen allgemein gehaltenen Darlegungen von Dr. med. T.________ vom 28. November 1995 und vom 22. Februar 1999 nicht aufzukommen, zumal dieser in tatsächlicher Hinsicht von der falschen Annahme ausgeht, der Versicherte habe nach dem Unfall nicht mehr körperliche Schwerarbeit geleistet, sondern sei nur noch als Maschinist sitzend tätig gewesen.
 
4.- Da es im vorliegenden Verfahren um Versicherungsleistungen geht, sind gemäss Art. 134 OG keine Gerichtskosten zu erheben. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege im Sinne der Befreiung von den Gerichtskosten erweist sich daher als gegenstandslos. Die unentgeltliche Verbeiständung kann hingegen gewährt werden (Art. 152 in Verbindung mit Art. 135 OG), da die Bedürftigkeit aktenkundig ist, die Beschwerde nicht als aussichtslos zu bezeichnen und die Vertretung geboten war (BGE 124 V 309 Erw. 6 mit Hinweisen; AHI 1999 S. 85 Erw. 3). Es wird indessen ausdrücklich auf Art. 152 Abs. 3 OG aufmerksam gemacht, wonach die begünstigte Partei der Gerichtskasse Ersatz zu leisten haben wird, wenn sie später dazu im Stande ist.
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
 
I. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
 
II. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
 
III. Zufolge Gewährung der unentgeltlichen Verbeiständung
 
wird Rechtsanwalt D.________ für das Verfahren vor dem
 
Eidgenössischen Versicherungsgericht aus der Gerichts-
 
kasse eine Entschädigung (einschliesslich Mehrwert-
 
steuer) von Fr. 2500.- ausgerichtet.
 
IV. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsge-
 
richt des Kantons Aargau, dem Bundesamt für Sozialver-
 
sicherung und der Helsana Versicherungen AG (Rechts-
 
dienst) zugestellt.
 
Luzern, 14. März 2000
 
Im Namen des
 
Eidgenössischen Versicherungsgerichts
 
Der Präsident der II. Kammer:
 
Der Gerichtsschreiber:
 
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