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Informationen zum Dokument  BGer 6A.15/2000  Materielle Begründung
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BGer 6A.15/2000 vom 28.06.2000
 
[AZA 0]
 
6A.15/2000/hev
 
KASSATIONSHOF
 
*************************
 
Sitzung vom 28. Juni 2000
 
Es wirken mit: Bundesgerichtspräsident Schubarth,
 
Präsident des Kassationshofes, Bundesrichter Schneider,
 
Wiprächtiger, Kolly, Bundesrichterin Escher und Gerichtsschreiber Weissenberger.
 
---------
 
In Sachen
 
Bundesamt für Strassen, Beschwerdeführer,
 
gegen
 
X.________, Beschwerdegegner, Strassenverkehrsamt des Kantons Bern, Rekurskommission des Kantons Bern für Massnahmen gegenüber Fahrzeugführern,
 
betreffend
 
Sicherungsentzug, Abklärung der Fahreignung,
 
vorsorglicher Entzug (Art. 14 Abs. 2 lit. d, Art. 16
 
Abs. 1, Art. 17 Abs. 1bis SVG, Art. 9 Abs. 1, Art. 30
 
Abs. 1, Art. 35 Abs. 3 VZV); (Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen das Urteil der Rekurskommission des Kantons Bern für Massnahmen gegenüber Fahrzeugführern vom 3. November 1999), hat sich ergeben:
 
A.- Gegen X.________, der seit dem 28. Dezember 1987 im Besitz des Führerausweises der Kategorie B ist, wurden in der Zeit vom 25. April 1988 bis 7. Januar 1999 folgende Administrativmassnahmen verfügt:
 
25.04.1988: Entzug des Führerausweises für die Dauer von 1 Monat und Anordnung von Verkehrsunterricht wegen Fahrens in übermüdetem Zustand mit Unfallfolge.
 
16.11.1988: Entzug des Führerausweises für die Dauer von 3 Monaten wegen Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit und Unaufmerksamkeit mit
 
Unfallfolge.
 
23.11.1993: Verwarnung wegen Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit.
 
18.02.1994: Anordnung von Verkehrsunterricht wegen Überschreitens
 
der zulässigen Höchstgeschwindigkeit
 
von 50 km/h innerorts um 21 km/h, begangen am 04.01.1994.
 
21.02.1997: Entzug des Führerausweises für die Dauer von
 
1 Monat wegen Überschreitens der zulässigen
 
Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h um 32 km/h,
 
begangen am 19. Dezember 1996 auf der Autobahn.
 
07.01.1999: Entzug des Führerausweises für die Dauer von 1 Monat wegen Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit innerorts von 50 km/h um
 
18 km/h, begangen am 3. August 1998.
 
B.- Am 18. Juni 1999 überschritt X.________ erneut die innerorts zulässige Höchstgeschwindigkeit, diesmal um 38 km/h (nach Abzug der Sicherheitsmarge). Deswegen entzog ihm das Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamt des Kantons Bern am 30. August 1999 den Führerausweis für die Dauer von sechs Monaten.
 
Eine von X.________ dagegen erhobene Beschwerde wies die Rekurskommission des Kantons Bern für Massnahmen gegenüber Fahrzeugführern am 3. November 1999 ab.
 
Sie erwog, dem Rekurrenten sei mit Verfügung vom 21. Februar 1997 der Führerausweis wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung für die Dauer eines Monats entzogen worden. Die Massnahme habe am 17. August 1997 geendet.
 
Angesichts der Höhe der begangenen Geschwindigkeitsüberschreitung und des stark getrübten automobilistischen Leumundes sei die von der Vorinstanz auf das gesetzliche Minimum beschränkte Dauer des Ausweisentzuges noch als milde zu bezeichnen. Im Falle einer erneuten Widerhandlung müsste ein Sicherungsentzug wegen mangelnder Fahreignung aus charakterlichen Gründen erwogen werden (angefochtener Entscheid, S. 4).
 
C.- Das Bundesamt für Strassen (ASTRA) führt eidgenössische Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit den Anträgen, den Entscheid der Rekurskommission aufzuheben unter Rückweisung der Sache an das Strassenverkehrsamt des Kantons Bern zur verkehrspsychologischen Abklärung der charakterlichen Eignung von X.________ zum Führen von Motorfahrzeugen im Sinne von Art. 14 Abs. 2 lit. d SVG.
 
Bis zum Vorliegen der diesbezüglichen Untersuchungsergebnisse sei vorsorglich ein Führerausweisentzug zu verfügen.
 
Sollte die verkehrspsychologische Untersuchung einen Eignungsmangel verneinen, sei das Strassenverkehrsamt des Kantons Bern anzuweisen, gegenüber X.________ einen Warnungsentzug gemäss der Verfügung vom 30. August 1999 anzuordnen.
 
D.- Die Rekurskommission des Kantons Bern für Massnahmen gegenüber Fahrzeugführern und das Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamt des Kantons Bern beantragen übereinstimmend Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde und des Gesuchs um vorsorglichen Führerausweisentzug.
 
X.________ erklärt seine Bereitschaft, sich einer verkehrspsychologischen Untersuchung zu unterziehen.
 
Gleichzeitig ersucht er um Abweisung des Antrags auf vorsorglichen Führerausweisentzug.
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
 
1.- a) Letztinstanzliche kantonale Entscheide über Führerausweisentzüge unterliegen der Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht (Art. 24 Abs. 2 SVG). Das Bundesamt für Strassen ist zur Beschwerde berechtigt (Art. 24 Abs. 5 lit. c SVG). Die Beschwerde erfolgte innert gesetzlicher Frist (Art. 24 Abs. 6 SVG).
 
Auf die Beschwerde ist daher einzutreten.
 
b) Mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde kann der Beschwerdeführer die Verletzung von Bundesrecht einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens rügen (Art. 104 lit. a OG). Dabei ist das Bundesgericht an die Feststellung des Sachverhaltes gebunden, wenn eine richterliche Behörde als Vorinstanz den Sachverhalt nicht offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen festgestellt hat (Art. 105 Abs. 2 OG). Nach dem Erlass des angefochtenen Entscheids eingetretene Tatsachen beachtet das Bundesgericht praxisgemäss nicht, wenn seine Kognition mit Bezug auf den Sachverhalt nach Art. 105 Abs. 2 OG eingeschränkt ist (BGE 121 II 99 E. 1c). Soweit X.________ in einem Schreiben vom 24. Juni 2000 neue Tatsachen geltend macht, ist er deshalb damit nicht zu hören.
 
2.- a) Das Bundesamt für Strassen macht geltend, X.________ habe nur gerade 4 Monate nach dem Erwerb des Führerausweises erstmals gegen Vorschriften des Strassenverkehrsgesetzes verstossen. Anlässlich der ersten beiden Widerhandlungen habe er sogar jeweils einen Unfall verursacht. Die innerhalb von rund 10 Jahren ausgesprochenen 6 Massnahmen hätten ihn nicht davon abgehalten, lediglich 10 Monate nach der letzten Widerhandlung und noch vor dem Vollzug der dafür angeordneten Massnahme, den Verkehr am 18. Juni 1999 in verantwortungsloser Weise durch Überschreiten der innerorts zulässigen Höchstgeschwindigkeit um 38 km/h abermals zu gefährden. Damit ergebe sich das Bild eines Fahrzeuglenkers, der sich der Gefahren, die mit dem Führen eines Motorfahrzeuges verbunden seien, entweder nicht bewusst sei, oder dem die Fähigkeit oder der Wille fehlten, diesen Gefahren Rechnung zu tragen. Weder Verkehrsunterricht noch Verkehrsunfälle hätten ihn zu einer rücksichtsvollen Fahrweise veranlassen können. Geschäftliche und private Interessen würde X.________ höher bewerten als diejenigen anderer Verkehrsteilnehmer, nicht gefährdet oder verletzt zu werden. Diese Haltung offenbare einen derartigen Mangel an Verantwortungsbewusstsein im Strassenverkehr, dass die charakterliche Eignung zum Führen von Motorfahrzeugen ernsthaft bezweifelt werden müsse. Es genüge nicht, wenn die Vorinstanz für den Fall einer erneuten Widerhandlung einen Sicherungsentzug androhe.
 
Sie hätte bereits bei der zuletzt begangenen Widerhandlung von sich aus prüfen müssen, ob der Beschwerdegegner Gewähr dafür bieten könne, dass er als Motorfahrzeugführer die Verkehrsregeln beachten und auf die Mitmenschen Rücksicht nehmen werde. Wäre sie zum gegenteiligen Schluss gekommen, hätte sie einen Sicherungsentzug anordnen müssen (Beschwerde, S. 3 bis 6 Ziff. 2).
 
b) Die Rekurskommission des Kantons Bern für Massnahmen gegenüber Fahrzeugführern führt in ihrer Vernehmlassung aus, der Beschwerdeführer habe aus den beiden ersten Führerausweisentzügen seine Lehren zu ziehen vermocht und sich in den folgenden knapp fünf Jahren nichts mehr zuschulden kommen lassen. Die beiden Verkehrsregelverletzungen vom November 1993 und Februar 1994 hätten die mildesten aller möglichen Massnahmen nach sich gezogen. In der Folge sei der Beschwerdegegner im Strassenverkehr wiederum während drei Jahren nicht mehr negativ aufgefallen. Nach einem weiteren Entzug des Führerausweises für die Dauer eines Monats habe er sich während anderthalb Jahren an die Verkehrsvorschriften gehalten. Namentlich angesichts der längeren Zeiträume verkehrskonformen Verhaltens könne insgesamt (noch) nicht von einer rücksichtslosen Fahrweise in den letzten sieben Jahren gesprochen werden. Auch wenn die letzte Geschwindigkeitsüberschreitung massiv sei und dem Beschwerdegegner der Ausweis zwingend für mindestens 6 Monate entzogen werden müsse, würden die Momente, die eine Fahreignung aus charakterlichen Gründen bezweifeln liessen, zu wenig schwer wiegen, um einen vorsorglichen Führerausweisentzug oder gar einen Sicherungsentzug zu rechtfertigen. Die bisherigen kurzen Ausweisentzüge hätten X.________ wohl nur deshalb nicht nachhaltig gebessert, weil er durch sie zu wenig hart getroffen worden sei. Als Weinberater, der seit 1995 jährlich rund 50'000 km zurücklege, sei er beruflich dringend auf den Führerausweis angewiesen. Da zudem sein Wohnort nicht von den öffentlichen Verkehrsmitteln erschlossen sei, bestehe die begründete Erwartung, dass ein erstmals verfügter längerer Ausweisentzug von 6 Monaten genügend einschneidende private und berufliche Folgen zeitigen werde, um sein Fahrverhalten im Strassenverkehr nachhaltig zu ändern. Daher sei zur Zeit trotz getrübten fahrerischen Leumundes keine schlechte Prognose zu stellen.
 
Im Sinne einer letzten Chance habe die Rekurskommission deshalb keinen vorsorglichen Führerausweisentzug angeordnet und im Rahmen des ihr zustehenden Ermessens den ausgesprochenen Führerausweisentzug von sechs Monaten geschützt.
 
c) Das Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamt des Kantons Bern weist in seiner Vernehmlassung darauf hin, dass der Beschwerdegegner nach zwei Verkehrsunfällen im ersten Jahr seiner Fahrpraxis seit immerhin über zehn Jahren trotz hoher Kilometerleistung unfallfrei gefahren sei. Er werde die erstmals für längere Zeit angeordnete Massnahme nachhaltig zu spüren bekommen. Der Sicherungsentzug sei überdies angedroht worden. Der Beschwerdegegner sei Familienvater und benötige die Fahrbewilligung aus existenziellen Gründen. Die Würdigung von Persönlichkeit und Tatumstände liessen es nicht als notwendig erscheinen, ihn im Interesse der Sicherheit auf den öffentlichen Strassen sofort aus dem Verkehr zu ziehen. Die charakterliche Eignung zum Führen von Motorfahrzeugen sei im jetzigen Zeitpunkt (noch) nicht in Frage zu stellen.
 
d) Der Beschwerdegegner nennt in seiner Stellungnahme als Grund seines verkehrswidrigen Verhaltens den überaus grossen Termindruck beim Ausüben der Arbeit.
 
Er könne sich keine Angestellten leisten und müsse deshalb sämtliche Arbeiten in seiner kleinen Weinvertriebsfirma allein erledigen. Da es ihn selber interessiere, ob ein Eignungsmangel vorliege, sei er bereit, sich einer verkehrspsychologischen Untersuchung zu stellen.
 
Ein längerer Führerausweisentzug hätte grosse berufliche Folgen. Sein Wohnort sei nicht mit öffentlichen Verkehrsmitteln erschlossen, und er müsste sich eine neue Wohnung suchen. Um die Firma retten zu können, müsse er ihre Struktur grundlegend ändern.
 
3.- a) Der Führerausweis ist zu entziehen, wenn festgestellt wird, dass die gesetzlichen Voraussetzungen zur Erteilung nicht oder nicht mehr bestehen (Art. 16 Abs. 1 SVG). Sicherungsentzüge dienen - wie die Bezeichnung schon zum Ausdruck bringt - der Sicherung des Verkehrs vor ungeeigneten Führern (Art. 30 Abs. 1 VZV). Der Ausweis wird auf unbestimmte Zeit entzogen, unter anderem wenn der Führer "aus charakterlichen oder anderen Gründen nicht geeignet ist, ein Motorfahrzeug zu führen"; mit dem Entzug ist eine Probezeit von mindestens einem Jahr zu verbinden (Art. 17 Abs. 1bis SVG; vgl. auch Art. 33 VZV). Nach Art. 14 Abs. 2 lit. d SVG darf der Führerausweis nicht erteilt werden, wenn der Bewerber aufgrund seines bisherigen Verhaltens nicht Gewähr bietet, dass er als Motorfahrzeugführer die Vorschriften beachten und auf die Mitmenschen Rücksicht nehmen wird. Anzeichen hierfür bestehen, wenn Charaktermerkmale des Betroffenen, die für die Eignung im Verkehr erheblich sind, darauf hindeuten, dass er als Lenker eine Gefahr für den Verkehr darstellt (BGE 104 Ib 95 E. 1 S. 97). Für den Sicherungsentzug aus charakterlichen Gründen ist die schlechte Prognose über das Verhalten als Motorfahrzeugführer massgebend. Die Behörden müssen gestützt hierauf den Ausweis verweigern oder entziehen, wenn hinreichend begründete Anhaltspunkte vorliegen, der Führer werde rücksichtslos fahren. Die Frage ist anhand der Vorkommnisse (unter anderem Art und Zahl der begangenen Verkehrsdelikte) und der persönlichen Umstände zu beurteilen; in Zweifelsfällen ist ein verkehrspsychologisches oder psychiatrisches Gutachten gemäss Art. 9 Abs. 1 VZV anzuordnen (BGE 125 II 492 E. 2a mit Hinweisen).
 
b) Bis zur Abklärung von Ausschlussgründen kann der Führerausweis sofort vorsorglich entzogen werden (Art. 35 Abs. 3 VZV). Diese Regelung trägt der besonderen Interessenlage Rechnung, welche bei der Zulassung von Fahrzeugführern zum Strassenverkehr zu berücksichtigen ist. Angesichts des grossen Gefährdungspotentials, welches dem Führen eines Motorfahrzeugs eigen ist, erlauben schon Anhaltspunkte, die den Fahrzeugführer als besonderes Risiko für die anderen Verkehrsteilnehmer erscheinen lassen und ernsthafte Bedenken an seiner Fahreignung erwecken, den vorsorglichen Ausweisentzug.
 
Der strikte Beweis für die Fahreignung ausschliessende Umstände ist nicht erforderlich; wäre dieser erbracht, müsste unmittelbar der Sicherungsentzug selber verfügt werden. Können die notwendigen Abklärungen nicht rasch und abschliessend getroffen werden, soll der Ausweis schon vor dem Sachentscheid selber entzogen werden können und braucht eine umfassende Auseinandersetzung mit sämtlichen Gesichtspunkten, die für oder gegen einen Sicherungsentzug sprechen, erst im anschliessenden Hauptverfahren zu erfolgen (BGE 122 II 359 E. 3a mit Hinweisen; 125 II 492 E. 2b).
 
4.- Der Beschwerdegegner hat seit dem Erwerb des Führerausweises Ende 1987 insgesamt 6 Verkehrsregelverletzungen begangen, die administrative Massnahmen nach sich gezogen haben. Dazu kommt der hier zur Beurteilung stehende siebte und bisher letzte Vorfall.
 
Kaum hatte X.________ den Führerausweis erworben, liess er sich bereits eine erste schwere Verkehrsregelverletzung mit Unfallfolge zuschulden kommen. Kurz darauf folgte eine weitere, ebenfalls schwere Verkehrsregelverletzung mit Unfallfolge. Nach 5 Jahren ohne Vorkommnisse überschritt X.________ innerhalb von weniger als 6 Jahren bei 5 Gelegenheiten die zulässige Höchstgeschwindigkeit in einem jeweils erheblichen Masse.
 
Lediglich 10 Monate nach der letzten Widerhandlung und noch vor dem Vollzug der am 7. Januar 1999 dafür angeordneten Massnahme überschritt der Beschwerdegegner am 18. Juni 1999 die innerorts zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 38 km/h und gefährdete dadurch den Verkehr schwer (Art. 16 Abs. 3 lit. a SVG; BGE 123 II 106 E. 2a-c). Obschon zwischen den einzelnen Verkehrsregelverletzungen mehr oder weniger lange Zeitspannen liegen, während denen sich der Beschwerdegegner im Verkehr unauffällig verhielt, werden die Abstände zwischen den einzelnen Verkehrsregelverstössen auffällig kürzer und die Gefährdungen der Verkehrssicherheit gravierender.
 
Trotz beruflicher Angewiesenheit auf den Führerausweis liess sich der Beschwerdegegner sowohl durch den Verkehrsunterricht als auch durch die verursachten Verkehrsunfälle und die Warnungsentzüge nicht nachhaltig beeindrucken. Sogar ein bereits verfügter Warnungsentzug hielt ihn nicht davon ab, die Verkehrssicherheit erneut und diesmal besonders schwer zu gefährden. Als Gründe für seine wiederholten Geschwindigkeitsüberschreitungen gibt X.________ berufsbedingten "Terminstress" (Schreiben vom 2. Februar 1999 an die Rekurskommission) bzw.
 
"Eile" (Schreiben vom 8. August 1999 an das Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamt) an. Wie der Beschwerdeführer zutreffend ausführt, ergibt sich daraus das Bild eines Fahrzeuglenkers, der sich der Gefahren, die mit dem Führen eines Motorfahrzeuges verbunden sind, entweder nicht bewusst ist, oder dem die Fähigkeit oder der Wille fehlen, diese Gefahren durch eine angepasste Fahrweise auf ein sozialadäquates Mass zu beschränken.
 
Die genannten Umstände, namentlich die abnehmenden zeitlichen Abstände zwischen den Vorfällen, die ihnen zugrunde liegende Haltung des Beschwerdegegners sowie die Summierung von Regelverstössen, begründen unüberwindliche Zweifel an einem Bewusstseinswandel und am Verantwortungsbewusstsein des Beschwerdegegners im Strassenverkehr und damit an seiner charakterlichen Eignung als Motorfahrzeuglenker. Folglich hätte die Vorinstanz den sechsmonatigen Warnungsentzug nicht bestätigen dürfen, ohne zuvor einen Sicherungsentzug ins Auge zu fassen und im Hinblick darauf gemäss Art. 9 Abs. 1 VZV eine verkehrspsychologische oder psychiatrische Expertise zur Frage der charakterlichen Fahreignung anzuordnen.
 
Der damit verbundene Eingriff in die Persönlichkeitssphäre des Beschwerdegegners ist angesichts der auf dem Spiel stehenden öffentlichen Interessen der Verkehrssicherheit erforderlich und angemessen und liegt nicht zuletzt auch in seinem eigenen, wohlverstandenen Interesse.
 
Die Vorinstanz hat Bundesrecht verletzt, weil sie von einer verkehrspsychologischen oder psychiatrischen Abklärung der Fahreignung abgesehen hat. Die Beschwerde wird insoweit gutgeheissen und die Sache an das Strassenverkehrsamt des Kantons Bern zur Durchführung der entsprechenden Abklärung zurückgewiesen. Sollte diese die Zweifel an der Fahreignung des Beschwerdegegners nicht bestätigen, so wäre der ursprünglich angeordnete Warnungsentzug von 6 Monaten zu bestätigen.
 
5.- a) Der Beschwerdeführer beantragt den sofortigen vorsorglichen Entzug des Führerausweises bis zum Vorliegen des Gutachtens über die Fahreignung.
 
b) Grundsätzlich liegt es in der Verantwortung der kantonalen Behörde, gestützt auf Art. 35 Abs. 3 VZV gegebenenfalls vorsorglich einen Führerausweis bis zur Abklärung von Ausschlussgründen anzuordnen. Darüber wird deshalb das Strassenverkehrsamt des Kantons Bern zu entscheiden haben. Obschon der vorsorgliche Entzug während eines Sicherungsentzugs-Verfahrens die Regel bildet (BGE 125 II 396 E. 3 S. 401), wird es zu berücksichtigen haben, wie sich der Beschwerdegegner in der Zwischenzeit im Verkehr verhalten und ob er den im Schreiben vom 24. Juni 2000 angekündigten Besuch eines Verkehrserziehungskurses in die Tat umgesetzt hat.
 
6.- Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist gutzuheissen, soweit der Verzicht auf die Anordnung einer Expertise zur Frage der charakterlichen Fahreignung angefochten wurde; im Übrigen ist sie abzuweisen. Es werden keine Gerichtskosten erhoben und auch keine Entschädigungen zugesprochen.
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.- Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird teilweise gutgeheissen, der Entscheid der Rekurskommission des Kantons Bern für Massnahmen gegenüber Fahrzeugführern vom 3. November 1999 aufgehoben und die Sache zur Anordnung einer verkehrspsychologischen Abklärung der charakterlichen Eignung zum Führen von Motorfahrzeugen im Sinne von Art. 14 Abs. 2 lit. d SVG an die Erstinstanz zurückgewiesen; im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.
 
2.- Es werden keine Kosten erhoben und es wird keine Entschädigung zugesprochen.
 
3.- Dieses Urteil wird den Parteien, dem Strassenverkehrsamt des Kantons Bern und der Rekurskommission des Kantons Bern für Massnahmen gegenüber Fahrzeugführern schriftlich mitgeteilt.
 
--------- Lausanne, 28. Juni 2000
 
Im Namen des Kassationshofes
 
des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS
 
Der Präsident:
 
Der Gerichtsschreiber:
 
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