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Informationen zum Dokument  BGer 5C.254/1999  Materielle Begründung
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BGer 5C.254/1999 vom 21.07.2000
 
[AZA 0]
 
5C.254/1999/min
 
II. Z I V I L A B T E I L U N G
 
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21. Juli 2000
 
Es wirken mit: Bundesrichter Reeb, Präsident der II. Zivilabteilung,
 
Bundesrichter Raselli, Ersatzrichter Zünd und
 
Gerichtsschreiber Gysel.
 
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In Sachen
 
A.________, Beklagter und Berufungskläger, vertreten durch Rchtsanwalt lic. iur. Marino Di Rocco, Bahnhofstrasse 148, Postfach 503, 8622 Wetzikon,
 
gegen
 
B.________, Klägerin und Berufungsbeklagte, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. oec. publ. Sylvain Dreifuss, Bahnhofstrasse 24, Postfach 5223, 8022 Zürich,
 
betreffend
 
Ehescheidung,
 
wird festgestellt und in Erwägung gezogen:
 
1.- a) In Gutheissung einer Klage der Ehefrau sprach das Bezirksgericht Zürich (2. Abteilung) am 16. Dezember 1998 die Scheidung der von den italienischen Staatsangehörigen A.________ und B.________ am 10. August 1988 geschlossenen Ehe aus. Es stellte die Tochter C.________, geboren am 30. Juli 1992, unter die elterliche Gewalt der Mutter und verpflichtete den Beklagten, dem es ein Monats- und Ferienbesuchsrecht einräumte, an den Unterhalt des Kindes monatliche
 
Beiträge von Fr. 650. -- zu zahlen. Der Klägerin persönlich wurden die verlangten Unterhaltsbeiträge indessen nicht zugesprochen.
 
Auf Berufung der Klägerin hin änderte das Obergericht (I. Zivilkammer) des Kantons Zürich am 27. September 1999 das bezirksgerichtliche Urteil einzig insofern ab, als es die der Tochter zugesprochenen Unterhaltsbeiträge auf Fr. 900. -- im Monat erhöhte.
 
b) Gegen das Urteil des Obergrichts hat der Beklagte eidgenössische Berufung erhoben mit den Hauptanträgen, es sei festzustellen, dass er im kantonalen Verfahren nur beschränkt prozessfähig gewesen sei, und der angefochtene Entscheid sei aufzuheben. Hilfsweise verlangt er, der C.________ zustehende Unterhaltsbeitrag sei auf monatlich Fr. 400. -- herabzusetzen und es sei ihm ein Besuchs- und Ferienrecht einzuräumen, das dem Umstand Rechnung trage, dass die Tochter im Ausland lebe. Ausserdem ersucht der Beklagte darum, ihm für das bundesgerichtliche Verfahren die unentgeltliche Rechtspflege zu gewähren.
 
Eine Berufungsantwort ist nicht eingeholt worden.
 
c) Die kantonale Nichtigkeitsbeschwerde, welche der Beklagte gegen das obergerichtliche Urteil ebenfalls erhoben hat, wies das Kassationsgericht des Kantons Zürich mit Beschluss vom 27. Mai 2000 ab, soweit es darauf eintrat.
 
2.- a) Das Obergericht hat ausdrücklich davon Vormerk genommen, dass das erstinstanzliche Urteil im Scheidungspunkt sowie unter anderem auch hinsichtlich der Unterstellung der Tochter unter die elterliche Gewalt der Klägerin und der Regelung des dem Beklagten eingeräumten Besuchsrechts in Rechtskraft erwachsen sei. In diesen Punkten war der Entscheid des Bezirksgerichts unangefochten geblieben und liegt somit kein Entscheid der oberen kantonalen Instanz im Sinne von Art. 48 Abs. 1 OG vor. Auf die Berufung ist daher insofern nicht einzutreten, als der Beklagte die Aufhebung der vom Bezirksgericht getroffenen Regelung des Besuchsrechts verlangt.
 
b) Sollte die erkennende Abteilung zur Ansicht gelangen, der Beklagte sei im kantonalen Verfahren prozessunfähig gewesen, könnte dies allenfalls zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Rückweisung der Sache an die Vorinstanz führen. Für einen selbstständigen Feststellungsentscheid im Sinne des vom Beklagten in diesem Punkt gestellten Antrags besteht indessen kein schutzwürdiges Interesse.
 
c) Das Obergericht hat für die Regelung des Kindesunterhalts italienisches Recht angewendet, da C.________ mit der Klägerin in Italien lebt (vgl. Art. 63 Abs. 2 IPRG [SR 291] in Verbindung mit den Art. 1 und 4 des Haager Übereinkommens über das auf Unterhaltspflichten anzuwendende Recht [SR 0.211. 213.01]). Die falsche Anwendung ausländischen Rechts kann nur bei nicht vermögensrechtlichen Ansprüchen mit Berufung gerügt werden (Art. 43a Abs. 2 OG), bei Kinderunterhaltsansprüchen somit nicht (dazu BGE 116 II 493 E. 2 S. 494 ff.).
 
3.- a) Der Beklagte macht geltend, er sei im kantonalen Verfahren nur beschränkt prozessfähig gewesen. Diese Einrede ist neu, jedoch auch im vorliegenden Verfahren noch zulässig: Sollte auf Seiten des Beklagten die Prozessfähigkeit tatächlich gefehlt haben, wäre dies ohnehin von Amtes wegen zu berücksichtigen (BGE 116 II 385 E. 2 S. 386). Die Prozessfähigkeit wird als prozessuale Seite der Handlungsfähigkeit abschliessend durch das Bundesrecht geregelt (BGE 116 II 385 E. 4 S. 387 mit Hinweisen). Nach Art. 35 IPRG untersteht die Handlungsfähigkeit dem Recht am Wohnsitz. Da der Beklagte in der Schweiz wohnt, ist mithin das hiesige Recht massgebend.
 
b) Die Prozessfähigkeit ist eine Wirkung der Handlungsfähigkeit (vgl. Art. 12 ZGB), die ihrerseits unter anderem das Vorhandensein einer entsprechenden Urteilsfähigkeit voraussetzt (Art. 13 ZGB). Die Urteilsfähigkeit wird vermutet und ist bei jeder mündigen Person gegeben, der nicht wegen Geisteskrankheit, Geistesschwäche, Trunkenheit oder ähnlichen Zuständen die Fähigkeit mangelt, vernunftgemäss zu handeln (Art. 16 ZGB). Zur Widerlegung der Vermutung bedarf es im Allgemeinen des Beizugs eines Sachverständigen, dessen Aufgabe es ist, den Geisteszustand der betroffenen Person möglichst genau zu beschreiben und aufzuzeigen, ob und in welchem Masse das geistige Vermögen versagt. Die rechtlichen Schlüsse sind alsdann vom Richter zu ziehen. Auf eine Begutachtung kann verzichtet werden, falls die Urteilsunfähigkeit offenkundig ist (vgl. BGE 118 Ia 236 E. 2b S. 238; 98 Ia 324 E. 3 S. 325), umgekehrt aber auch dann, wenn die Berufung auf Urteilsunfähigkeit sich auf keine konkreten Anhaltspunkte zu stützen vermag (vgl. Bucher, Berner Kommentar, N 153 zu Art. 16 ZGB).
 
c) Der Beklagte hat am kantonalen Verfahren kaum teilgenommen. So ist er zu der auf den 23. Juni 1998 angesetzten erstinstanzlichen Instruktions- und Hauptverhandlung nicht erschienen, nachdem Dr. med. D.________, Spezialarzt FMH für Psychiatrie und Psychotherapie, in einem Zeugnis vom Vortag mitgeteilt hatte, der Beklagte habe in massiv erregtem, verzweifeltem Zustand die Praxis aufgesucht und sei nicht in der Lage, zum festgelegten Termin vor Gericht zu erscheinen. Der am 28. September 1998 ebenfalls vor Bezirksgericht durchgeführten Referentenaudienz hat der Beklagte hingegen beigewohnt. Das Protokoll dieser Verhandlung vermittelt nicht ansatzweise den Eindruck, er sei in seiner Fähigkeit, vernunftgemäss zu handeln, beeinträchtigt gewesen. Vielmehr nahm der Beklagte seine Interessen sowohl in finanzieller Hinsicht (Darstellung seiner Einkommensverhältnisse; Vorbringen zu den Unterhaltsleistungen, wie er sie für angemessen halte) wie auch bezüglich der Beziehung zum Kind in einer Weise wahr, wie es besser kaum möglich wäre. Hingewiesen sei insbesondere auf die Ausführungen zur Gestaltung des Besuchsrechts, in denen er sich durchaus sachgerecht mit dem Umstand auseinandersetzte, dass die Klägerin ihren Wohnsitz neu nach Italien verlegt hatte.
 
Das Vorbringen des Beklagten, er sei auf Grund seiner psychischen Verfassung nicht im Stande gewesen, einen Anwalt zu konsultieren, ist aktenwidrig: Gemäss Protokoll der bezirksgerichtlichen Referentenaudienz vom 28. September 1998 hat der Beklagte selbst erklärt, er habe sich mit einer Verfügung betreffend vorsorgliche Massnahmen, die er eigentlich habe anfechten wollen, an einen Anwalt gewandt, doch habe ihm dieser von einem Rekurs abgeraten. Auch in diesem Zusammenhang erscheint das Verhalten des Beklagten übrigens in keiner Weise als unvernünftig.
 
Im bereits erwähnten Zeugnis vom 22. Juni 1998 wie auch in einer Bestätigung vom 8. November 1999 erklärte Dr. med. D.________, der Beklagte befinde sich seit 1993 in losen Abständen bei ihm in (psychiatrischer) Behandlung. Der Arzt spricht von einer "hysterischen Charakterstörung" und weist darauf hin, dass der Scheidungsprozess eine Kränkung bedeute, die den Beklagten emotional derart überfordere, dass er mit Behörde und Gegenpartei nicht angemessen in Verhandlung treten könne. Wie aus dem oben Dargelegten hervorgeht, trifft Letzteres nicht zu. Ohne dass weitere Abklärungen anzuordnen wären, ist vielmehr davon auszugehen, dass der Beklagte im kantonalen Verfahren uneingeschränkt prozessfähig war und dies auch nach wie vor ist.
 
4.- Der Beklagte wirft dem Obergericht vor, es sei bei der Festsetzung der Unterhaltsbeiträge für die Tochter C.________ in Missachtung der Offizialmaxime den abwegigen Angaben der Klägerin zu den Lebenshaltungskosten nicht nachgegangen.
 
a) Art. 280 Abs. 2 ZGB sieht ausdrücklich vor, dass das Gericht im Verfahren über die Unterhaltspflicht der Eltern den Sachverhalt von Amtes wegen erforscht. In diesem Zusammenhang kann die Verletzung der Offizialmaxime deshalb mit Berufung gerügt werden (dazu BGE 118 II 93 ff.). Da es sich bei der Offizialmaxime um einen prozessrechtlichen Grundsatz handelt und für verfahrensrechtliche Fragen grundsätzlich ohnehin das schweizerische Recht (lex fori) massgebend ist(Keller/Siehr, Allgemeine Lehren des internationalen Privatrechts, Zürich 1986, S. 587), steht der Umstand, dass die Vorinstanz hier materiell italienisches Recht angewendet hat, dem Eintreten auf die Rüge nicht entgegen.
 
b) Die Rüge der Verletzung der Offizialmaxime ist indessen unbegründet: Die Tatsache, dass der Richter die für die Bemessung der Unterhaltsbeiträge massgebenden Umstände von Amtes wegen abzuklären und zu berücksichtigen hat, enthebt die Parteien nicht der Verantwortung für das Sammeln des Prozessstoffes (BGE 112 Ia 7 E. 3c S. 13; 111 II 225 E. 4 S. 229). Dass das Obergericht Anhaltspunkte dafür gehabt habe, die Angaben der Klägerin könnten nicht zutreffen, macht der Beklagte nicht geltend. Unter diesen Umständen ist der Verzicht der Vorinstanz auf weitere Abklärungen nicht zu beanstanden.
 
5.- Die Berufung ist nach dem Gesagten abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Sie erschien von vornherein als aussichtslos. Das Gesuch des Beklagten, ihm für das bundesgerichtliche Verfahren die unentgeltliche Rechtspflege zu gewähren, ist deshalb abzuweisen (vgl. Art. 152 Abs. 1 OG), und es ist die Gerichtsgebühr dem Beklagten aufzuerlegen (Art. 156 Abs. 1 OG). Da keine Berufungsantwort eingeholt worden ist, sind der Klägerin keine Kosten erwachsen, so dass für die Zusprechung einer Parteientschädigung kein Anlass besteht.
 
Demnach erkennt das Bundesgericht
 
imVerfahrennachArt. 36aOG:
 
1.- Die Berufung wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist, und das Urteil des Obergerichts (I. Zivilkammer) des Kantons Zürich vom 27. September 1999 wird bestätigt.
 
2.- Das Gesuch des Beklagten um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege wird abgewiesen.
 
3.- Die Gerichtsgebühr von Fr. 1'500. -- wird dem Beklagten auferlegt.
 
4.- Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht (I. Zivilkammer) des Kantons Zürich schriftlich mitgeteilt.
 
_____________
 
Lausanne, 21. Juli 2000
 
Im Namen der II. Zivilabteilung
 
des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS
 
Der Präsident:
 
Der Gerichtsschreiber:
 
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