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Informationen zum Dokument  BGer I 72/2000  Materielle Begründung
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BGer I 72/2000 vom 11.09.2000
 
[AZA 0]
 
I 72/00 Vr
 
IV. Kammer
 
Bundesrichter Borella, Rüedi und Bundesrichterin Leuzinger;
 
Gerichtsschreiber Maillard
 
Urteil vom 11. September 2000
 
in Sachen
 
P.________, 1947, Beschwerdeführerin, vertreten durch Fürsprech und Notar Philipp Gressly, Bielstrasse 8, Solothurn,
 
gegen
 
IV-Stelle des Kantons Solothurn, Allmendweg 6, Zuchwil, Beschwerdegegnerin,
 
und
 
Versicherungsgericht des Kantons Solothurn, Solothurn
 
Die 1947 geborene P.________ meldete sich am 21. Januar 1997 unter Hinweis auf seit Jahren bestehende Rückenschmerzen bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Nach Abklärungen in medizinischer, beruflich-erwerblicher sowie haushaltlicher Hinsicht verneinte die IV-Stelle des Kantons Solothurn mit Verfügung vom 11. August 1999 einen Rentenanspruch.
 
Das Versicherungsgericht das Kantons Solothurn wies die hiegegen erhobene Beschwerde mit Entscheid vom 23. Dezember 1999 ab.
 
P.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen mit dem Rechtsbegehren, der vorinstanzliche Entscheid sei aufzuheben und ihr eine halbe Invalidenrente zuzusprechen.
 
Die IV-Stelle und das kantonale Gericht schliessen auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde, während sich das Bundesamt für Sozialversicherung nicht vernehmen lässt.
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
 
1.- Das kantonale Gericht hat die massgeblichen Bestimmungen über den Begriff der Invalidität (Art. 4 Abs. 1 IVG), die Voraussetzungen und den Umfang des Rentenanspruchs (Art. 28 Abs. 1 und 1bis IVG), die Bemessung des Invaliditätsgrades bei erwerbstätigen Versicherten nach der Einkommensvergleichsmethode (Art. 28 Abs. 2 IVG), bei Nichterwerbstätigen, namentlich im Haushalt tätigen Versicherten, nach der spezifischen Methode (Art. 28 Abs. 3 IVG in Verbindung mit Art. 27 Abs. 1 und 2 IVV) sowie bei teilerwerbstätigen Versicherten nach der gemischten Methode (Art. 27bis Abs. 1 IVV) zutreffend dargelegt. Darauf kann verwiesen werden. Zu ergänzen ist, dass bei erwerbstätigen Versicherten der Invaliditätsgrad auf Grund eines Einkommensvergleichs zu bestimmen ist. Dazu wird das Erwerbseinkommen, das der Versicherte nach Eintritt der Invalidität und nach Durchführung allfälliger Eingliederungsmassnahmen durch eine ihm zumutbare Tätigkeit bei ausgeglichener Arbeitsmarktlage erzielen könnte, in Beziehung gesetzt zum Erwerbseinkommen, das er erzielen könnte, wenn er nicht invalid geworden wäre (Art. 28 Abs. 2 IVG). Der Einkommensvergleich hat in der Regel in der Weise zu erfolgen, dass die beiden hypothetischen Erwerbseinkommen ziffernmässig möglichst genau ermittelt und einander gegenübergestellt werden, worauf sich aus der Einkommensdifferenz der Invaliditätsgrad bestimmen lässt (allgemeine Methode des Einkommensvergleichs; BGE 104 V 136 Erw. 2a und b).
 
2.- Es steht nicht in Frage, dass vorliegend zur Ermittlung des Invaliditätsgrades die gemischte Methode nach Art. 27bis Abs. 1 IVV (vgl. dazu BGE 125 V 146) zur Anwendung gelangt. Während die Bemessungsfaktoren Anteile Erwerbstätigkeit (60 %) und Haushaltführung (40 %), Behinderung im Haushaltbereich (21 %) sowie zumutbare Arbeitsfähigkeit im erwerblichen Bereich (50 %) unbestritten geblieben sind, herrscht im letzteren Bereich Uneinigkeit zwischen den Parteien über die erwerblichen Auswirkungen des Gesundheitsschadens und damit auch über den dortigen Invaliditätsgrad.
 
3.- Zu Recht beanstandet die Beschwerdeführerin die von der Vorinstanz ohne weiteres übernommene Ermittlung des Invaliditätsgrades durch die Verwaltung. Sowohl in der Verfügung vom 11. August 1999 als auch im angefochtenen Entscheid fehlen jegliche Angaben zum Invaliden- und Valideneinkommen.
 
Die Verwaltung hat offensichtlich, ohne einen rechtsgenüglichen Einkommensvergleich durchzuführen (vgl.
 
Erw. 1), von der medizinischen Arbeitsunfähigkeit direkt auf den Invaliditätsgrad geschlossen, was nicht zulässig ist (vgl. BGE 114 V 314 Erw. 3c).
 
Daran ändert nichts der von der Vorinstanz in der Vernehmlassung vom 4. Februar 2000 vorgenommene Einkommensvergleich, basiert doch dieser beim Invalideneinkommen auf den Lohnangaben der früheren Arbeitgeberin.
 
Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin kann der Einkommensvergleich vom Eidgenössischen Versicherungsgericht im letztinstanzlichen Verfahren nicht nachgeholt werden, da die Akten mit Ausnahme des von der ehemaligen Arbeitgeberin am 27. Januar 1997 ausgefüllten Fragebogens für den Arbeitgeber keinerlei Unterlagen zum Validen- und Invalideneinkommen enthalten.
 
Die IV-Stelle, an welche die Sache nach dem Gesagten zurückzuweisen ist, wird die zur Durchführung eines Einkommensvergleichs erforderlichen Abklärungen zu treffen haben und danach, ausgehend von einem 50-prozentigen Leistungsvermögen im kaufmännischen Bereich oder im Verkauf, den Invaliditätsgrad festlegen und über den Rentenanspruch neu befinden. Bei dieser Gelegenheit wird sie auch die zwar unbestrittene prozentuale Aufteilung der Bereiche Erwerbstätigkeit und Haushaltführung (vgl. Erw. 2) überprüfen, geht doch aus den Akten hervor, dass sich die Beschwerdeführerin intensiv um die Pflege ihres zu 90 % erblindeten Ehemannes kümmert. Damit stellt sich zwangsläufig die Frage, ob die Versicherte auch im Gesundheitsfall ihre ausserhäusliche Erwerbstätigkeit aus invaliditätsfremden Gründen weiter und gegebenenfalls in welchem Umfang reduziert hätte, wozu die IV-Stelle die erforderlichen Abklärungen zu treffen hat.
 
4.- Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde erweist sich als offensichtlich begründet und ist im Verfahren gemäss Art. 36a OG zu erledigen.
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
 
I. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird in dem Sinne
 
gutgeheissen, dass der Entscheid des Versicherungsgerichts
 
des Kantons Solothurn vom 23. Dezember 1999
 
und die Verfügung vom 11. August 1999 aufgehoben werden
 
und die Sache an die IV-Stelle des Kantons Solothurn
 
zurückgewiesen wird, damit sie, nach erfolgter
 
Abklärung im Sinne der Erwägungen, über den Rentenanspruch
 
neu verfüge.
 
II.Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
 
III. Die IV-Stelle des Kantons Solothurn hat der Beschwerdeführerin für das Verfahren vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht eine Parteientschädigung von
 
Fr. 2500.- (einschliesslich Mehrwertsteuer) zu bezahlen.
 
IV.Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Solothurn und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt.
 
Luzern, 11. September 2000
 
Im Namen des
 
Eidgenössischen Versicherungsgerichts
 
Der Präsident der IV. Kammer:
 
Der Gerichtsschreiber:
 
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