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Informationen zum Dokument  BGer 5C.177/2000  Materielle Begründung
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BGer 5C.177/2000 vom 19.10.2000
 
[AZA 0/2]
 
5C.177/2000/bnm
 
II. Z I V I L A B T E I L U N G ********************************
 
19. Oktober 2000
 
Es wirken mit: Bundesrichter Reeb, Präsident der II. Zivilabteilung,
 
Bundesrichter Weyermann, Bundesrichter Bianchi,
 
Bundesrichterin Nordmann, Bundesrichter Merkli und Gerichtsschreiber von Roten.
 
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In Sachen
 
L.M.________, Beklagter und Berufungskläger, vertreten durch Rechtsanwältin Marcelle Stoll-Hürlimann, Neumarkt 17, Post-fach 1013, 8401 Winterthur,
 
gegen
 
M.M.________, Klägerin und Berufungsbeklagte, vertreten durch Rechtsanwältin Rita Wenger-Lenherr, Wiesentalstrasse 27, Postfach 22, 8355 Aadorf,
 
betreffend
 
Scheidungsfolgen (Unterhalt und berufliche Vorsorge)
 
sowie Ehegüterrecht (Zahlungsaufschub),
 
wird festgestellt und in Erwägung gezogen:
 
1.- L.M.________, Jahrgang 1939, und M.M.________, Jahrgang 1949, hatten sich 1974 an ihrer gemeinsamen Arbeitsstelle kennengelernt und am 28. März 1978 geheiratet. Er war damals Vater zweier Kinder aus erster, 1975 geschiedener Ehe und eines ausserehelichen Kindes. Aus ihrer Ehe ging eine Tochter hervor, C.M.________, geboren am 25. Juli 1978. Im Frühjahr 1996 verliess L.M.________ das eheliche Wohnhaus endgültig.
 
Mit Weisung vom 2. April 1997 machte M.M.________ beim Bezirksgericht Steckborn die Trennungsklage rechtshängig, die sie in der Folge in eine Scheidungsklage änderte.
 
Das Bezirksgericht schied die Ehe der Parteien (Ziffer 1), verpflichtete L.M.________, seiner geschiedenen Ehefrau einen monatlichen (indexierten) Unterhaltsbeitrag von Fr. 1'700.-- bis zu seinem Eintritt in die AHV-Berechtigung und danach von Fr. 1'400.-- bis zu ihrem Eintritt in die AHV-Berechtigung zu bezahlen (Ziffer 2), und wies zwei Personalvorsorgeeinrichtungen von L.M.________ an, die Hälfte der während der Ehe erworbenen Austrittsleistung (Fr. 331'600.-- bzw.
 
Fr. 29'352. 35) auf ein Vorsorgekonto von M.M.________ zu überweisen (Ziffer 3). In güterrechtlicher Auseinandersetzung übertrug das Bezirksgericht das in hälftigem Miteigentum der Ehegatten stehende Wohnhaus in das Alleineigentum von M.M.________ und verpflichtete sie zu einer Ausgleichszahlung von Fr. 150'347.-- an L.M.________; es berechtigte M.M.________, von der Ausgleichszahlung die ihr seit 1. April 1997 geschuldeten Unterhaltsbeiträge verrechnungsweise abzuziehen und den Rest bis zur vollständigen Tilgung mit den ihr zuerkannten Unterhaltsbeiträgen zu verrechnen (Ziffer 4 des bezirksgerichtlichen Urteils vom 27. Mai 1999).
 
Die Berufung von L.M.________ wies das Obergericht des Kantons Thurgau ab, soweit sie gegen die Verpflichtung zu Unterhaltsbeiträgen gerichtet war. Es setzte die güterrechtliche Ausgleichszahlung neu auf Fr. 174'740.-- fest, umschrieb die Verrechnungsbefugnis für aufgelaufene Unterhaltsbeiträge neu und gewährte M.M.________ ebenfalls einen Zahlungsaufschub für den Restsaldo zuzüglich 3.5% Zins. Unangefochten in Rechtskraft erwachsen waren die Scheidung der Ehe am 26. Oktober 1999, die Anweisungen an die Personalvorsorgeeinrichtungen von L.M.________ sowie die Übertragung der ehelichen Liegenschaft an M.M.________ (Urteil vom 16. Mai 2000).
 
Auf dem Berufungsweg beantragt L.M.________ dem Bundesgericht, seiner geschiedenen Ehefrau sei kein Unterhaltsbeitrag zuzusprechen, diese sei nur insoweit zur Verrechnung zu ermächtigen, als ausstehende Unterhaltsbeiträge nicht durch seine Mitte April 1997 erfolgte Zahlung in der Höhe von Fr. 62'357.-- bereits abgegolten worden seien, und der güterrechtliche Ausgleich sei innert 90 Tagen seit Rechtskraft des Urteils zu bezahlen.
 
Das Obergericht hat auf Abweisung der Berufung geschlossen und auf eine Vernehmlassung verzichtet unter Hinweis auf die Begründung des angefochtenen Urteils und die Akten. Es ist keine Berufungsantwort eingeholt worden.
 
2.- Seine Verpflichtung zur Bezahlung von Unterhaltsbeiträgen hält der Beklagte für gesetzeswidrig, weil er mit seinem tatsächlichen Einkommen nur gerade den eigenen Bedarf zu decken vermöge und ihm ein hypothetisches Einkommen nicht angerechnet werden dürfe. Gegen die Bemessung der Unterhaltsbeiträge wendet er ein, dass das Obergericht gegen klare Regeln über die Teilung des Betrags verstossen habe, der von den angenommenen Einkommen nach Abzug des jeweiligen erweiterten betreibungsrechtlichen Notbedarfs beider Ehegatten verbleibe (sog. Überschussteilung).
 
a) Anwendbar sind die Bestimmungen über die Folgen der Ehescheidung in der Fassung von 1998/2000 (Art. 7b Abs. 1 SchlTZGB).
 
Gemäss Art. 125 Abs. 1 ZGB besteht Anspruch auf nachehelichen Unterhalt ("einen angemessenen Beitrag") nur, soweit einem Ehegatten nicht zuzumuten ist, für den ihm gebührenden Unterhalt unter Einschluss einer angemessenen Altersvorsorge selbst aufzukommen, Abs. 2 zählt die für die Beantwortung dieser Frage insbesondere massgebenden Kriterien auf, die auch bei der Bemessung des Beitrags zu berücksichtigen sind ("ob ein Beitrag zu leisten sei und gegebenenfalls in welcher Höhe und wie lange"), und Abs. 3 nennt die Voraussetzungen, unter denen ein Beitrag "ausnahmsweise versagt oder gekürzt werden" kann.
 
Voraussetzung und Bemessungsgrundlage der Beitragspflicht bildet unstreitig die Leistungsfähigkeit des Angesprochenen.
 
Massgebend ist im Grundsatz das tatsächlich erzielte Einkommen, gegebenenfalls muss aber auch ein höheres Einkommen berücksichtigt werden, wenn dessen Erzielung als möglich und zumutbar erscheint. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, spielt es keine Rolle, weshalb der Angesprochene auf das hypothetisch angerechnete Einkommen verzichtet, und kann folglich - entgegen der Darstellung des Beklagten - keine Bundesrechtsverletzung darin bestehen, dass das Obergericht über daherige Absichten keine Feststellungen getroffen hat (Sutter/Freiburghaus, Kommentar zum neuen Scheidungsrecht, Zürich 1999, N. 47, und Schwenzer, in: Praxiskommentar Scheidungsrecht, Basel 2000, N. 16, je zu Art. 125 ZGB).
 
b) Während das Bezirksgericht sich zu den anrechenbaren Einkommen beider Ehegatten eher allgemein geäussert und die zuerkannten Beiträge unter Würdigung sämtlicher Beurteilungsfaktoren, wie insbesondere Alter des Beklagten und Gesundheit der Klägerin, für angemessen gehalten hatte, ist das Obergericht von konkreten Zahlen ausgegangen:
 
Für die einundfünfzigjährige Klägerin hat das Obergericht festgehalten, dass sie ausgehend von einem (anerkannten) hypothetischen Einkommen von rund Fr. 2'500.-- pro Monat bei einer sukzessiven Steigerung bis zur Erreichung ihres AHV-Alters monatlich schätzungsweise bis zu Fr. 4'000.-- oder mehr verdienen könne; denn ihre gesundheitlichen (vorab psychischen) Beschwerden stünden im Zusammenhang mit der Trennungssituation und sollten erfahrungsgemäss nach Abschluss des Scheidungsverfahrens in absehbarer Zeit abklingen, sie verfüge über eine gute Ausbildung (Hauswirtschaftslehrerin), und die Wirtschaft ziehe an. Für den einundsechzigjährigen Beklagten hat das Obergericht festgehalten, ausgewiesen sei nunmehr, dass er im Rahmen einer fünfzigprozentigen Anstellung einen Lohn von Fr. 2'647.-- pro Monat netto verdiene (ohne Einbezug des zustehenden dreizehnten Monatslohnes), weshalb angenommen werden dürfe, dass der Beklagte bei einer vollen Erwerbstätigkeit ohne weiteres rund Fr. 5'500.-- bis Fr. 6'000.-- pro Monat zu verdienen in der Lage wäre; diese Annahme werde durch seine berufliche Erfahrung als ehemaliger Personalchef und früheres Mitglied der Geschäftsleitung bei Firma X.________ und durch die Tatsache gestützt, dass der Beklagte unbestrittenermassen Geschäftsführer der von ihm beherrschten Personalmanagement M.________ GmbH sei, die zwar in den Jahren 1998 und 1999 keinen Franken Umsatz gemacht haben wolle, gleichzeitig aber auffällig angestiegene Kosten für Telephon, Büromaterial und Fachliteratur in Bilanz und Erfolgsrechnung für 1999 ausweise.
 
Dass eine gut ausgebildete und gesunde Frau von rund fünfzig Jahren bei guter Konjunktur eine Anstellung sollte finden können, beruht auf allgemeiner Lebenserfahrung, in welcher Lohnklasse eine hauswirtschaftliche Betriebsleiterin im Kanton Thurgau eingereiht ist und verdienen kann, ist im Verfahren der eidgenössischen Berufung dagegen nicht überprüfbar.
 
Dass ein sechzigjähriger Mann trotz beruflicher Erfahrung auf dem Arbeitsmarkt grossen Schwierigkeiten begegnet, wenn er nicht über eine seltene Spezialausbildung verfügt, könnte einen Schluss aus allgemeiner Lebenserfahrung darstellen; auf diese brauchte das Obergericht indessen nicht abzustellen, weil der Beklagte eine Teilzeitstelle gefunden hatte, und weil die hypothetische Anrechnung des andern Teils seines Einkommens auf konkrete Anhaltspunkte (z.B. Ungereimtheiten in der Bilanz und Erfolgsrechnung) und auf die grosse berufliche Erfahrung des Beklagten im Bereich gestützt werden konnte, in dem er tätig ist bzw. für die von ihm beherrschte Gesellschaft die Geschäfte führt. Was der Beklagte in seiner Berufungsschrift dagegenhält, erweist sich damit als eine im Berufungsverfahren unzulässige Kritik an der Beweiswürdigung und an den verbindlichen Tatsachenfeststellungen, nachdem auch keine ausnahmsweise zulässigen Sachverhaltsrügen erhoben werden (Art. 63 Abs. 2 und Art. 64 OG; vgl. zum hypothetischen Einkommen: BGE 126 III 10 E. 2b S. 12).
 
c) Auf Grund des für die bundesgerichtliche Beurteilung massgebenden Einkommens kann der behauptete Eingriff in das betreibungsrechtliche Existenzminimum des Beklagten nicht bejaht werden. Der Beklagte rechnet in der Berufungsschrift nur mit seinem tatsächlichen Einkommen, ohne sein hypothetisches Einkommen zu berücksichtigen. Dasselbe gilt für den Einwand, der zugesprochene Beitrag bis zum AHV-Eintritt des Beklagten sei unangemessen, weil die Klägerin über mehr freie Mittel verfüge als der Beklagte; bei hypothetischen Einkommen von Fr. 2'500.-- und Fr. 5'500.-- bis Fr. 6'000.-- verbleibt nach Abzug des jeweiligen erweiterten betreibungsrechtlichen Notbedarfs der Ehegatten (je Fr. 3'000.--) ein Überschuss von Fr. 2'000.-- bis Fr. 2'500.-- und ein bei der Beklagten auszugleichender Betrag zwischen Fr. 1'500.-- und Fr. 1'750.--.
 
Von der Verwendung unzutreffenden Zahlenmaterials abgesehen, vermag der Beklagte einen Bemessungsfehler des Obergerichts nicht damit zu begründen, ein solcher Überschuss müsse zwingend hälftig geteilt werden (unter Verweis auf Schwenzer, N. 78 zu Art. 125 ZGB), damit ihm - vor wie nach Eintritt in das AHV-Alter - gleich hohe Mittel zur Verfügung stünden wie der Klägerin. Mit Rücksicht auf die Verschiedenheit der gelebten und nunmehr zu scheidenden Ehen und damit die unterschiedlichen Kriterien, die je nach Ehe zu berücksichtigen sind, ist unbestritten, dass "die bei der Scheidung vorhandenen Geldmittel im Rahmen der Festlegung der nachehelichen Unterhaltsbeiträge nicht einfach schematisch aufgeteilt werden" dürfen (Botschaft, BBl. 1996 I 1, Ziffer 233. 51 auf S. 113). Eine schematische Überschussteilung postuliert auch die zitierte Autorin nicht, die unmissverständlich die Einzelfallgerechtigkeit den - der Rechtssicherheit dienen-den - formelhaften Berechnungsmethoden vorgehen lässt und verlangt, dass deshalb das errechnete Ergebnis im Einzelfall anhand der in Art. 125 Abs. 2 ZGB genannten Kriterien nochmals geprüft werden muss (Schwenzer, N. 70 zu Art. 125 ZGB).
 
Mit den entsprechenden Ausführungen des Obergerichts setzt der Beklagte sich in keiner den formellen Anforderungen genügenden Weise auseinander (Art. 55 Abs. 1 lit. c OG; BGE 116 II 745 E. 3 S. 748 f. mit Hinweisen). Dazu genügt namentlich der blosse Hinweis auf die geteilten Austrittsleistungen gemäss Art. 122 ZGB nicht; die bekannte "Drei-Säulen-Konzeption" umfasst mehr als die berufliche Vorsorge, so dass der Klägerin gestützt auf Art. 125 Abs. 2 Ziffer 8 ZGB ein zusätzlicher Beitrag für den Aufbau einer angemessenen Altersvorsorge zuzuerkennen gewesen sein kann (Botschaft, a.a.O., Ziffer 233. 52 auf S. 115; Sutter/Freiburghaus, N. 97 f. zu Art. 125 ZGB; vgl. dazu Jacques Micheli et al., Le nouveau droit du divorce, Lausanne 1999, N. 663-665 S. 143 f.; ThomasKoller, Ehescheidung und AHV, Aktuelle juristische Praxis, AJP 1998 S. 291 ff., vorab S. 298 f.).
 
3.- Der Berufungsantrag, die Verrechnungsbefugnis der Klägerin auf ausstehende Unterhaltsbeiträge zu beschränken, die nicht durch seine Mitte April 1997 erfolgte Zahlung in der Höhe von Fr. 62'357.-- bereits abgegolten worden seien, steht vor dem Hintergrund eines von der Versicherung X.________ dem Beklagten ausbezahlten Vorsorgeguthabens von Fr. 124'714.--. Strittig ist nicht dessen Aufteilung, sondern die Frage, ob dieses Kapital in die güterrechtliche Auseinandersetzung und dabei in die Errungenschaft des Beklagten einbezogen werden darf oder ob es sich dabei um eine Vorschussleistung auf geschuldete Unterhaltsbeiträge gehandelt hat.
 
a) Das Obergericht hat die Frage als rein akademischer Natur bezeichnet, der "guten Ordnung halber" aber festgehalten, das betreffende Vorsorgevermögen sei bei der Errungenschaft des Beklagten zu berücksichtigen. Es treffe zwar zu, dass die fraglichen Leistungen erst nach Rechtshängigkeit der Trennungs- bzw. Scheidungsklage erbracht worden seien.
 
Allerdings sei der Freizügigkeitsfall gemäss Art. 5 Abs. 1 lit. b FZG (Aufnahme einer selbstständigen Erwerbstätigkeit seitens des Beklagten) unbestrittenermassen bereits vor dem
 
2. April 1997 eingetreten. Der hier zu beurteilende Fall könne daher nicht unbesehen mit dem BGE 123 III 289 ff. zugrunde liegenden verglichen werden. Vielmehr sei darauf abzustellen, ob im Freizügigkeitsfall vom Recht auf Barzahlung Gebrauch gemacht worden sei bzw. hätte gemacht werden können; auch wenn von diesem Recht noch kein Gebrauch gemacht worden sei, unterliege das betreffende Kapital dem Verfügungsrecht des Berechtigten und sei daher güterrechtlich relevant (unter Verweis auf Riemer, Berufliche Vorsorge und eheliches Vermögensrecht, SZS 41/1997 S. 106 ff., S. 109). Der Beklagte wendet dagegen ein, die Auszahlung sei nach Rechtshängigkeit der Klage (2. April 1997), aber vor Rechtskraft des Scheidungsurteils erfolgt (26. Oktober 1999). Mit Blick auf die zeitliche Abfolge habe deshalb im Zeitpunkt der Auflösung des Güterstandes (Rechtshängigkeit der Klage) lediglich eine güterrechtlich nicht zu berücksichtigende Anwartschaft bestanden habe und im Zeitpunkt, der für die Berechnung der zu teilenden Austrittsleistung gemäss Art. 122 ZGB massgebend ist (Rechtskraft des Scheidungsurteils), sei zufolge vorgängiger Barauszahlung kein Vorsorgeguthaben mehr vorhanden gewesen.
 
Die Hälfte dieses Kapitals sei unter keinem Rechtstitel geschuldet, und dass er sie an die Klägerin überwiesen habe, sei als Vorschussleistung für Unterhaltszahlungen zu verstehen gewesen und von der Klägerin auch so verstanden worden.
 
b) In die güterrechtliche Auseinandersetzung einzubeziehen sind Leistungen von Personalfürsorgeeinrichtungen (Art. 197 Abs. 2 Ziffer 2 und Art. 207 Abs. 2 ZGB), hingegen nicht blosse Anwartschaften aus beruflicher Vorsorge (BGE 123 III 289 E. 3b/cc S. 291; 118 II 382 E. 4b/aa S. 386/387 und E. 4b/bb S. 389), für deren Ausgleich nunmehr das Scheidungsfolgenrecht von 1998/2000 eine ausdrückliche Regelung enthält (Art. 122 f. ZGB; Botschaft, a.a.O., S. 99 f. Ziffer 233. 41).
 
Der zitierte BGE 123 III 289 Nr. 46 stützt die beklagtische Auffassung nicht, da im beurteilten Sachverhalt Forderungsbegründung und Vorsorgeleistung nach dem für die Auflösung des Güterstandes massgebenden Zeitpunkt (Art. 204 Abs. 2 und Art. 207 Abs. 1 ZGB) erfolgt waren (E. 3a S. 290). Allerdings kann der Beklagte sich auf eine Lehrmeinung berufen, wonach Leistungen nach Art. 197 Abs. 2 Ziffer 2 ZGB nur dann als während des Güterstandes erworben gelten können, wenn sie während des Güterstandes auch tatsächlich ausgerichtet worden sind (so Deschenaux/Steinauer, Le nouveau droit matrimonial, Bern 1987, S. 270). Insbesondere die Berner Kommentatoren halten demgegenüber fest, es müsse auch in diesem Zusammenhang genügen, dass die Forderung hinsichtlich der einzelnen Leistung endgültig und unbedingt entstanden sei (Hausheer/ Reusser/Geiser, N. 24 und N. 54 zu Art. 197 ZGB; ihnen folgend z.B. Näf-Hofmann, Schweizerisches Ehe- und Erbrecht, Zürich 1998, N. 1519 f. S. 427 und N. 1546 S. 432). Der zweiten Auffassung muss bereits deshalb der Vorzug gegeben werden, weil es schlechterdings nicht im Belieben eines Ehegatten stehen kann, einen Vermögenswert einseitig der güterrechtlichen Auseinandersetzung und damit der Vorschlagsbeteiligung des andern Ehegatten zu entziehen. Sie stimmt mit der Rechtsprechung überein, dass der Anspruch auf Barauszahlung der Freizügigkeitsleistung, der mit der Aufnahme der selbstständigen Erwerbstätigkeit entstanden ist, bei der Vorsorgeeinrichtung im Grundsatz verarrestiert werden kann und insoweit weder unpfändbar noch beschränkt pfändbar ist (BGE 118 III 18 Nr. 7 für aArt. 92 Ziffer 13 und aArt. 93 SchKG).
 
c) Das Obergericht hat aus den dargelegten Gründen kein Bundesrecht verletzt, indem es die Barauszahlung an den Beklagten, die erst nach Einreichung der Klage erfolgt ist, in die güterrechtliche Auseinandersetzung einbezogen hat, weil die Forderung auf Barauszahlung unwidersprochen bereits vor Einreichung der Klage entstanden war. Zur Frage, wie diese Barauszahlung in die güterrechtliche Auseinandersetzung einzubeziehen ist, äussert der Beklagte sich nicht; er will die hälftige Aufteilung als Errungenschaft für diesen Fall offenbar gelten lassen, so dass das Bundesgericht auch keinen Anlass hat, darauf einzutreten (Messmer/Imboden, Die eidgenössischen Rechtsmittel in Zivilsachen, Zürich 1992, N. 120 S. 162 bei und in Anm. 11; Corboz, Le recours en réforme au Tribunal fédéral, Semaine judiciaire, SJ 2000 II S. 1 ff., S. 59 in Anm. 469; z.B. BGE 123 III 292 E. 8 S. 305).
 
4.- Das Obergericht hat festgehalten, der bezirksgerichtlich gewährte Zahlungsaufschub für den Restsaldo der güterrechtlichen Ausgleichsforderung des Beklagten sei "im Berufungsverfahren grundsätzlich nicht mehr Streitgegenstand".
 
Die Voraussetzung für die Einräumung von Zahlungsfristen gemäss Art. 218 Abs. 1 ZGB sei erfüllt. Dass die Klägerin in ernsthafte finanzielle Schwierigkeiten geraten könnte, wenn sie den verbleibenden Restsaldo von rund Fr. 60'000.-- sofort bezahlen müsste, könne nicht in Abrede gestellt werden, nachdem sie einerseits vorderhand kein eigenes Einkommen erziele, andererseits der Beklagte bis heute seiner in den verschiedenen Massnahmeverfahren bestätigten Unterhaltsverpflichtung nicht nachgekommen sei.
 
Der erste Einwand des Beklagten ist berechtigt. Auf Grund seines im angefochtenen Urteil selbst wiedergegebenen Berufungsantrags, die Berufungsbeklagte sei zu verpflichten, dem Berufungskläger innerhalb von 30 Tagen nach Rechtskraft des Urteils die güterrechtliche Ausgleichszahlung zu leisten, ist die Frage nach der Gewährung eines Zahlungsaufschubs vor Obergericht strittig gewesen. Soweit das Obergericht tatsächlich Abweichendes hat feststellen wollen, gilt dies als von Amtes wegen berichtigt (Art. 63 Abs. 2 OG).
 
Die obergerichtliche Rechtsanwendung ficht der Beklagte nicht an. Er erblickt eine Bundesrechtsverletzung vielmehr darin, dass das Obergericht die der Klägerin nunmehr zustehenden Pensionskassenansprüche von Fr. 360'000.-- nicht berücksichtigt habe, die es ihr ohne weiteres ermöglichten, von der Bank innert drei Monaten die für die Auszahlung seines Anspruchs nötigen Mittel zu beschaffen. Ob diese Möglichkeit für die Klägerin besteht, ist eine Tatfrage, die das Obergericht nicht beantwortet hat (E. 2b hiervor). Soweit es sich dabei um eine Frage der allgemeinen Lebenserfahrung handeln sollte, ist die behauptete Möglichkeit, dass Banken der Klägerin Kredit gewährten, auf Grund der in anderem Zusammenhang getroffenen Tatsachenfeststellungen zu verneinen: Die Klägerin erzielt zur Zeit kein tatsächliches Einkommen, sie verfügt über kein ausreichendes Vermögen, und die ihr zugewiesene eheliche Liegenschaft ist bei einem Anrechnungswert von Fr. 551'000.-- mit Fr. 212'500.-- hypothekarisch belastet, so dass Banken durch Mehrbelastung der Liegenschaft oder durch Pensionskassenguthaben gesicherte Darlehen wohl nur für bestehende Zins- und Amortisationspflichten der Klägerin gewähren würden, hingegen nicht für Forderungen Dritter. Die Berufung muss auch in diesem Punkt abgewiesen werden.
 
5.- Der unterliegende Kläger wird kostenpflichtig (Art. 156 Abs. 1 OG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.- Die Berufung wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist, und das Urteil des Obergerichts des Kantons Thurgau vom 16. Mai 2000 wird bestätigt.
 
2.- Die Gerichtsgebühr von Fr. 3'000.-- wird dem Beklagten auferlegt.
 
3.- Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Thurgau schriftlich mitgeteilt.
 
______________
 
Lausanne, 19. Oktober 2000
 
Im Namen der II. Zivilabteilung des
 
SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS
 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
 
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