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Informationen zum Dokument  BGer 5P.461/2000  Materielle Begründung
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BGer 5P.461/2000 vom 12.01.2001
 
[AZA 0/2]
 
5P.461/2000/bnm
 
II. Z I V I L A B T E I L U N G ********************************
 
12. Januar 2001
 
Es wirken mit: Bundesrichter Reeb, Präsident der II. Zivilabteilung,
 
Bundesrichter Bianchi, Bundesrichter Meyer und
 
Gerichtsschreiber von Roten.
 
---------
 
In Sachen
 
Z.________ AG, Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Hans Henzen, Eisenbahnstrasse 41, Postfach 228, 9401 Rorschach,
 
gegen
 
Y.________, Deutschland, Beschwerdegegner, vertreten durch Rechtsanwalt Markus Storchenegger, Rorschacherstrasse 107, 9000 St. Gallen, Kantonsgericht St. Gallen, Präsident der III. Zivilkammer,
 
betreffend
 
Art. 9 und Art. 29 Abs. 2 BV
 
(definitive Rechtsöffnung),
 
wird festgestellt und in Erwägung gezogen:
 
1.- Gestützt auf ein Urteil des Kassationsgerichts des Kantons St. Gallen betrieb Y.________ am 4. Februar 2000 die Z.________ AG für eine Forderung von Fr. 162'279. 65 (recte:
 
Fr. 160'279. 65) zuzüglich Zins zu 5% seit dem 3. Januar 1995.
 
Er verlangte die definitive Rechtsöffnung für diesen Betrag, nachdem die Z.________ AG auf den Zahlungsbefehl hin Rechtsvorschlag erhoben hatte. Diese wandte ein, Y.________ habe seine Forderung am 9. September 1999 an die X.________ AG zediert, und stellte eine Forderung aus US-amerikanischen Urteilen zur Verrechnung. Das Bezirksgerichtspräsidium Unterrheintal erteilte die definitive Rechtsöffnung (Entscheid vom 24. Mai 2000). Die dagegen erhobene Rechtsverweigerungsbeschwerde der Z.________ AG wies der Präsident der III. Zivilkammer des Kantonsgerichts St. Gallen ab (Entscheid vom 31. Oktober 2000).
 
Mit staatsrechtlicher Beschwerde wegen Verletzung von Art. 9 BV (Willkür in der Rechtsanwendung und Beweiswürdigung) und Art. 29 Abs. 2 BV (Anspruch auf rechtliches Gehör) beantragt die Z.________ AG die Aufhebung des kantonsgerichtlichen Entscheids vom 31. Oktober 2000. Sie ersucht, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zu erteilen.
 
Y.________ verlangt die Abweisung des Gesuchs und für den Fall der Gutheissung Sicherheitsleistung. Das Kantonsgericht hat auf eine Stellungnahme zum Gesuch verzichtet. Vernehmlassungen in der Sache selbst sind nicht eingeholt worden.
 
Der Präsident der II. Zivilabteilung des Bundesgerichts hat der staatsrechtlichen Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt und das Gesuch um Sicherstellung abgewiesen (Verfügungen vom 24. November und vom 7. Dezember 2000).
 
2.- Der kantonal letztinstanzliche Entscheid über die Erteilung der definitiven Rechtsöffnung unterliegt auf Bundesebene einzig der staatsrechtlichen Beschwerde (Art. 84 Abs. 2 und Art. 86 OG; BGE 120 Ia 256 E. 1a S. 257).
 
Mit Rechtsverweigerungsbeschwerde gegen den bezirksgerichtlichen Rechtsöffnungsentscheid kann vor Kantonsgericht eine Verletzung des rechtlichen Gehörs und Willkür gerügt werden (Leuenberger/Uffer-Tobler, Kommentar zur Zivilprozessordnung des Kantons St. Gallen, Bern 1999, N. 3c und N. 5 zu Art. 254 ZPO). Die Frage einer Mitanfechtung des bezirksgerichtlichen Rechtsöffnungsentscheids stellt sich damit von vornherein nicht (zu den Voraussetzungen: BGE 125 I 492E. 1a/aa S. 493). Dieser ist in Beurteilung der staatsrechtlichen Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts trotzdem mitzuberücksichtigen. Denn praxisgemäss frei prüft das Bundesgericht, ob das Kantonsgericht eine gegenüber dem bezirksgerichtlichen Rechtsöffnungsentscheid erhobene Willkürrüge zu Unrecht verneint hat. Diese Prüfung läuft regelmässig darauf hinaus zu beurteilen, ob der bezirksgerichtliche Rechtsöffnungsentscheid willkürlich ist. Anhand dessen Erwägungen hat die Beschwerdeführerin daher aufzuzeigen, inwiefern das Kantonsgericht Willkür zu Unrecht verneint haben soll (Art. 90 Abs. 1 lit. b OG; für Einzelheiten: BGE 125 I 492 E. 1a/cc S. 494). Das gilt für die beanstandete Missachtung des rechtlichen Gehörs nicht anders als für Rügen der Willkür in der Tatsachenfeststellung und Rechtsanwendung (nicht veröffentlichtes Urteil des Bundesgerichts vom 7. Juni 1988 i.S. B., E. 3c). Auf die formellen Anforderungen an die Beschwerdeschrift wird zurückzukommen sein.
 
Die weiteren Zulässigkeitsvoraussetzungen geben zu keinen Bemerkungen Anlass. Auf die staatsrechtliche Beschwerde kann eingetreten werden.
 
3.- Der Rechtsöffnungsrichter verwarf die Einwendung der Beschwerdeführerin, der Beschwerdegegner sei gar nicht mehr aktivlegitimiert, weil er seine Forderung an die X.________ AG abgetreten habe. Das Kantonsgericht hat darin weder einen Verstoss gegen das Willkürverbot noch eine Gehörsverletzung gesehen (E. 3a und b S. 3 f.). Den Einwand der Beschwerdeführerin, klar nachgewiesenes Zessionsrecht schütze sie als Schuldnerin, hat das Kantonsgericht ebenso für unbegründet gehalten (E. 3c S. 4 f. des angefochtenen Entscheids).
 
a) Im Rechtsöffnungsverfahren hat die Beschwerdeführerin zwei Schreiben vom 9. und vom 16. September 1999 eingereicht.
 
In Ersterem bestätigte der Beschwerdegegner, dass er seine "sämtlichen Forderungen gegenüber der Z.________ AG, A.________-Schweiz, inkl. Kassationsgerichtsurteil des Kantons St. Gallen, an die Fa. X.________ AG, CH-B. _______, verkauft habe" (schuld. act. 11), und in Letzterem orientierte die X.________ AG die Beschwerdeführerin über den Kauf der Forderung aus dem Kassationsgerichtsurteil und forderte sie auf, den Betrag (inkl. Zins) über Fr. 198'346. 05 bis 4. Oktober 1999 (Geldeingang) auf das Konto der X.________ AG zu überweisen (schuld. act. 10). Der Beschwerdegegner hat dem Rechtsöffnungsrichter ein Schreiben vom 9. September 1999 vorgelegt, in dem ihm die X.________ AG betreffend "Forderungsfall Z.________ AG, A.________" bestätigte, "dass Ihre Forderungsabtretung vom 09-09-1999 zugunsten unserer Firma betreffend obengenannten Schuldner nur taktischer Natur ist" und dass der Beschwerdegegner "nach wie vor Eigentümer der Forderungen" bleibe (gläub. act. 36).
 
b) Der Rechtsöffnungsrichter hat ausgeführt, entgegen der Auffassung der Schuldnerin sei die Aktivlegitimation des Gläubigers gegeben. Wie sich aus einer ebenfalls am 9. September 1999 abgeschlossenen Vereinbarung mit der X.________ AG ergebe, sei die Forderungsabtretung vom 9. September 199 lediglich simuliert worden (unter Verweis auf gläub. act. 36). Es handle sich um ein blosses Scheingeschäft.
 
Die Forderung aus dem Urteil des Kassationsgerichts stehe deshalb immer noch dem Gläubiger zu (E. 3a S. 3 des Rechtsöffnungsentscheids).
 
Der Rechtsöffnungsentscheid verletzt in diesem Punkt keine verfassungsmässigen Rechte der Beschwerdeführerin. Gewiss sind die Anforderungen an den Nachweis einer Simulation streng und allgemeine Behauptungen und blosse Vermutungen nicht ausreichend (BGE 112 II 337 E. 4a S. 342). Der Nachweis darf aber ohne Willkür als erbracht angesehen werden, wenn der aus der Forderungsabtretung berechtigte und auf Grund der behaupteten Simulationsabrede verpflichtete Dritte selber schriftlich erklärt, es sei die Forderungsabtretung nur zum Schein erfolgt ("nur taktischer Natur") und der Beschwerdegegner stets Eigentümer der Forderung geblieben ("nach wie vor"). Hält die Würdigung des vorgelegten Schreibens insoweit der Willkürprüfung stand, durfte der Rechtsöffnungsrichter das - auf den Urkundenbeweis (Art. 81 Abs. 1 SchKG) beschränkte - Beweisverfahren schliessen, ohne dass dadurch der Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt worden wäre (dazu und zum Begriff der Willkür: BGE 124 I 208 E. 4a S. 211; zur Massgeblichkeit der unter Art. 4 aBV ergangenen Rechtsprechung für Art. 29 Abs. 2 BV: BGE 126 V 130 E. 2a, und für Art. 9 BV: BGE 126 I 168 E. 3a S. 170).
 
Im Ergebnis erweist sich damit der Entscheid des Kantonsgerichts als richtig, der Rechtsöffnungsrichter habe keine verfassungsmässigen Rechte verletzt. Was die angefochtene Willkürprüfung angeht, braucht das Bundesgericht auf die Rügen der Beschwerdeführerin nicht näher einzutreten. Es kann auf das soeben zum bezirksgerichtlichen Rechtsöffnungsentscheid Gesagte verwiesen werden (zur Motivsubstitution in der Beweiswürdigung: BGE 124 I 208 E. 4 S. 211; allgemein:
 
BGE 112 Ia 129 E. 3c S. 135; 166 E. 3f S. 172 und 353 E. 3c/bb S. 355). Wenn die Unwirksamkeit der Forderungsabtretung wegen Simulation nicht bloss als möglich, sondern willkürfrei als erstellt betrachtet werden durfte, dann hat das Kantonsgericht auch zu Recht verneint, die Schliessung des Beweisverfahrens verletze den Anspruch der Beschwerdeführerin auf rechtliches Gehör (Abs. 2 soeben). Dasselbe gilt für den aus Art. 8 ZGB abgeleiteten Beweisführungsanspruch (BGE 123 III 35 E. 2b S. 40), und desgleichen wird bei positivem Beweisergebnis die in Art. 8 ZGB festgelegte Beweislastverteilung gegenstandslos (BGE 119 II 114 E. 4c S. 117; 119 III 103 E. 1 S. 104).
 
c) In rechtlicher Hinsicht wirft die Beschwerdeführerin dem Kantonsgericht vor, es missverstehe ihre Ausführungen und verkenne namentlich die Wirkungen der Abtretung im Sinne von Art. 167 OR. Solange die X.________ AG ihre Zahlungsaufforderung vom 16. September 1999 nicht zurückgenommen habe, dürfe und müsse sie als Schuldnerin ihre Leistung an die X.________ AG erbringen und gegenüber dem Beschwerdegegner verweigern. Nicht zu vergessen sei zudem, dass die X.________ AG nach wie vor einem gutgläubigen Dritten die Forderung abtreten und die Beschwerdeführerin sich mit der Forderung eines weiteren Zessionars konfrontiert sehen könnte, dem sie die Simulationseinrede nicht entgegenhalten könne.
 
Der erste Einwand ist unbegründet, wenn - wie die Beschwerdeführerin im Ergebnis selber dafürhält (S. 10) und in E. 3b soeben erwähnt - willkürfrei davon ausgegangen werden durfte, die Unwirksamkeit der Forderungsabtretung wegen Simulation sei nicht bloss möglich, sondern durch Urkunden erstellt. Die Anzeige der Abtretung vom 16. September 1999 konnte die Beschwerdeführerin zudem nicht zur Leistung an die X.________ AG verpflichten, weil sie offenkundig ohne Vorlage der gültigen Abtretungsurkunde erfolgt ist (vgl. schuld. act.
 
10), und kann dem guten Glauben der Beschwerdeführerin in die Rechtszuständigkeit des Beschwerdegegners nicht mehr entgegenstehen, nachdem die X.________ AG im anlässlich der Rechtsöffnung aufgelegten Schreiben vom 9. September 1999 selber bestätigte, dass der Beschwerdegegner Eigentümer der Forderung geblieben sei (gläub. act. 36; dazu und mit weiteren Nachweisen: Gauch/Schluep/Rey, Schweizerisches Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, II, 7.A. Zürich 1998, N. 3617 S. 312 f. und N. 3624 S. 314). Dieses Schreiben der X.________ AG vom 9. September 1999 verbunden mit dem Beleg erfolgter Zahlung an den Beschwerdegegner könnte die Beschwerdeführerin auch mit Erfolg einem allfälligen auf die Forderungsabtretung gestützten Rechtsöffnungsbegehren der X.________ AG entgegenhalten. Die Ausführungen des Kantonsgerichts zur Wirkung der Anzeige gemäss Art. 167 OR sind daher im Ergebnis nicht willkürlich, ohne dass darauf näher einzugehen wäre (E. 3b soeben).
 
Der zweite Einwand betrifft eine rein hypothetische Frage. Denn auch gegenüber dem Dritten, der in gutem Glauben eine dem Abtretenden nicht zustehende Forderung erwirbt, gilt der angerufene Art. 167 OR, so dass die Beschwerdeführerin gültig befreit ist, wenn sie - nach dem unter dem Blickwinkel von Art. 9 BV Gesagten - in gutem Glauben an den Beschwerdegegner bezahlt, bevor die X.________ AG nunmehr als Abtretende oder jener Dritterwerber ihr die Abtretung angezeigt hat.
 
Dass auch noch eine derartige Anzeige der Abtretung der Forderung bereits vorliege, behauptet die Beschwerdeführerin selber nicht. Die Frage, ob einem allfälligen gutgläubigen Dritten die Einrede der Simulation entgegengesetzt werden könnte (vgl. Gauch/Schluep/Rey, a.a.O., N. 3611 S. 311), stellt sich damit gar nicht. Die kantonsgerichtliche Auffassung, eine solche Konstellation liege hier aber offensichtlich nicht vor, ist deshalb auch nicht willkürlich.
 
4.- Im Rechtsöffnungsverfahren hatte die Beschwerdeführerin mit einer Forderung aus drei US-amerikanischen Urteilen zu verrechnen begehrt. Der Rechtsöffnungsrichter anerkannte diese Urteile wegen Verletzung des rechtlichen Gehörs nicht (Art. 27 Abs. 2 lit. b des Bundesgesetzes über das Internationale Privatrecht; IPRG; SR 291). Das Kantonsgericht hat es als willkürfrei bezeichnet, "in der Nichtberücksichtigung der Klageantwort des Beschwerdegegners und der darauf beruhenden Durchführung eines Säumnisverfahrens" einen Verstoss gegen den Ordre public zu erblicken (E. 4 und 5 S. 5 ff., vorab S. 9 des angefochtenen Entscheids).
 
a) Die Verrechnungseinrede der Beschwerdeführerin steht vor folgendem urkundlich belegten und auch unbestrittenen Hintergrund aus dem Jahre 1996: Die Beschwerdeführerin erhob am 14. Februar im Staate Illinois Klage gegen mehrere Personen, unter anderem den Beschwerdegegner. Nachdem er davon über den Rechtsvertreter eines Mitbeklagten erfahren hatte, reichte der Beschwerdegegner am 12. März eine Klageantwort ein, die vom zuständigen Gericht am 22. März entgegengenommen wurde. Am 22. Mai erhielt der Beschwerdegegner die besagte Klage, eine Aufforderung zur Klageerwiderung vom 22. Februar und den gerichtlichen Klagezustellungsantrag vom 14. März auf dem Rechtshilfeweg übermittelt. Er beachtete die Aufforderung zur Klageerwiderung nicht, weshalb das Gericht auf Antrag der Beschwerdeführerin am 3. Juli ein Säumnisurteil erliess (vgl. E. 4 S. 5 des angefochtenen Entscheids).
 
b) Der Rechtsöffnungsrichter ist gestützt auf den geschilderten Verfahrensablauf davon ausgegangen, der Gläubiger habe nach der rechtshilfeweisen Zustellung der Klage vom (recte: am) 22. Mai in guten Treuen davon ausgehen dürfen, eine nochmalige Einreichung der Klageantwort innert dreissig Tagen ab dem 22. Mai erübrige sich. Indem das amerikanische Gericht, obwohl es bereits seit dem 22. März im Besitz einer Klageantwort des Gläubigers gewesen sei, am 3. Juli ein Säumnisurteil erlassen habe, in dem nicht im Geringsten auf die Ausführungen des Gläubigers eingegangen und vollumfänglich den Anträgen der Klägerin gefolgt werde, habe es den Anspruch des Gläubigers auf rechtliches Gehör klar verletzt (E. 3b S. 3 ff., vorab S. 6 des Rechtsöffnungsentscheids).
 
Das Kantonsgericht hat diese Auffassung unter Willkürgesichtspunkten nicht beanstandet und den Verstoss gegen den verfahrensrechtlichen Ordre public im Sinne von Art. 27 Abs. 2 lit. b IPRG darin erblickt, dass das amerikanische Gericht den Beschwerdegegner nicht darauf hingewiesen habe, er müsse seine Klageantwort nach dem rechtshilfeweisen Eingang der Dokumente aus formellen Gründen nochmals einreichen. Dazu hätte die Zeit ausgereicht, da zwischen der Anordnung auf rechtshilfeweise Zustellung der Dokumente (14. März) und dem Eingang der Klageantwort beim Gericht (22. März) nur wenige Tage verstrichen seien und für die Einreichung der Klageantwort eine Frist von dreissig Tagen angesetzt worden sei, und dazu wäre das Gericht unter dem Blickwinkel des Verbots des überspitzten Formalismus und nach dem Grundsatz von Treu und Glauben aus Gründen der Verfahrensfairness verpflichtet gewesen (E. 4b/bb und cc S. 7 ff. des angefochtenen Entscheids).
 
Das Kantonsgericht hat seine rechtliche Beurteilung insbesondere auf die Feststellung abgestützt, dass der Beschwerdegegner im Zeitpunkt der rechtshilfeweisen Zustellung der Aufforderung zur Klagebeantwortung am 22. Mai nicht gewusst habe, dass sein schon am 22. März dem Gericht zugegangener Schriftsatz nicht berücksichtigt werden würde. Dies ergebe sich schon aus der Tatsache, dass seitens des Gerichts die rechtshilfeweise Zustellung am 14. März verfügt worden sei, das Gericht mithin nicht habe wissen können, dass der Beschwerdegegner aus eigener Initiative bereits am 12. März eine Klageantwort verfasst und versendet hätte. Der Beschwerdegegner habe damit die Zustellung der Dokumente und insbesondere die Einladung zur Klageantwort mit Säumnisandrohung grundsätzlich nicht als expliziten Hinweis auf die Unzulässigkeit seiner bereits gemachten Eingabe verstehen können (E. 4b/aa S. 7 des angefochtenen Entscheids).
 
c) Die Beschwerdeführerin bestreitet die kantonsgerichtliche Rechtsauffassung nicht, dass zum formellen oder verfahrensrechtlichen schweizerischen Ordre public im Grundsatz die Behördenpflicht gehört, die Partei, die einen Verfahrensfehler begeht oder dazu im Begriffe ist, von Amtes wegen darauf hinzuweisen, wenn der Fehler leicht erkennbar ist und rechtzeitig behoben werden kann. Auf diese Frage hat das Bundesgericht deshalb nicht einzugehen (Art. 90 Abs. 1 lit. b OG: BGE 125 I 71 E. 1c S. 76; 122 I 70 E. 1c S. 73).
 
Hingegen macht die Beschwerdeführerin geltend, der Beschwerdegegner habe nicht in guten Treuen davon ausgehen dürfen, eine nochmalige Klageantwort erübrige sich, und aus einem unterbliebenen Hinweis des amerikanischen Gerichts könne er nichts ableiten, da er um die Folgen der drohenden Säumnis gewusst und diese insoweit auch bewusst eingelaufen habe. Sie leitet dies aus zwei Schreiben des Beschwerdegegners an das amerikanische Gericht ab (gläub. act. 11 und 13), die das Kantonsgericht in der Beweiswürdigung willkürlich nicht berücksichtigt habe, sowie aus einer offiziellen Gerichtsinformation, worin dem Beschwerdegegner der Gerichtstermin bekanntgegeben und ausdrücklich auf die Folgen der Säumnis hingewiesen worden sei (gläub. act. 12).
 
Die Beschwerdeführerin hält sodann dafür, gerade auf Grund der beiden Schreiben des Beschwerdegegners habe es keinen Verstoss gegen den verfahrensrechtlichen Ordre public dargestellt, wenn das Gericht die vorzeitig eingereichte Eingabe des Beschwerdegegners nicht anerkannte. Ebenso wenig habe für das Gericht die Pflicht bestanden, dem Beschwerdegegner nochmals mitzuteilen, dass seine Klageantwort nicht berücksichtigt werde. Dass das Kantonsgericht Art. 27 Abs. 2 lit. b IPRG angewendet habe, sei willkürlich und verletze ihr rechtliches Gehör; dasselbe gelte, wenn es ihre Verrechnungsforderung nicht zugelassen habe.
 
d) Was die gerügte Willkür in der Beweiswürdigung angeht (vgl. zum Begriff: BGE 118 Ia 28 E. 1b S. 30), ist die staatsrechtliche Beschwerde unbegründet. Die Schreiben des Beschwerdegegners an das Gericht datieren vom 9. und
 
19. April (gläub. act. 11 und 13), sind also in einem Zeitpunkt vor Erhalt der auf dem Rechtshilfeweg zugestellten Gerichtsurkunden (22. Mai) verfasst worden. Aus diesen Schreiben ergibt sich für die hier wesentlichen Fragen nichts anderes als aus den vom Kantonsgericht erwähnten gläub. act. 9 und 10 (Begleitschreiben und Klageantwort): Mag er auch die Säumnisbestimmung als solche gekannt haben, hat der Beschwerdegegner darin klar zum Ausdruck gebracht, dass er seine unaufgefordert eingereichte Eingabe als zulässige und fristwahrende Klageantwort betrachte, dass er sich nicht anwaltlich vertreten lassen könne und dass er die massgebende Verfahrensordnung im Einzelnen nicht kenne; in sämtlichen Schreiben an das amerikanische Gericht ersucht er, "to accept my answer" bzw. "to accept this paper". Die Gerichtsinformation (gläub. act. 12), auf die sich die Beschwerdeführerin ferner beruft, enthält eine Androhung für den Säumnisfall wie das im angefochtenen Entscheid berücksichtigte gläub.
 
act. 20. Dass das Kantonsgericht die unter den Nrn. 11, 12 und 13 verurkundeten Schriftstücke in der Beweiswürdigung nicht eigens erwähnt hat, kann diese aus dem dargelegten Grund nicht als willkürlich erscheinen lassen.
 
e) In rechtlicher Hinsicht trifft es zu, dass sich nicht auf den Vertrauensschutz berufen kann, wer bewusst einen Fehler begeht (z.B. BGE 121 II 252 E. 4b S. 255), dass es nicht willkürlich ist, ein ausländisches Urteil trotz unterbliebener gehöriger Ladung im Sinne von Art. 27 Abs. 2 lit. a IPRG anzuerkennen, wenn der Beklagte sonstwie formell Kenntnis von dem gegen ihn angehobenen Verfahren erhalten hat und an einer späteren Verhandlung hätte persönlich erscheinen können, an der er jedenfalls durch seinen Anwalt vertreten war (z.B. BGE 122 III 439 E. 4b S. 447), oder dass die Fehlerhaftigkeit der Vorladung nur dann durch vorbehaltlose Einlassung geheilt wird, wenn der Beklagte vom Verfahrensfehler Kenntnis hatte (z.B. BGE 117 Ib 347 E. 2b/aa S. 350).
 
Die angeführten Beispiele machen deutlich, dass eine Kenntnis des Beschwerdegegners von den Folgen einer Säumnis in der Klagebeantwortung weder sein Vertrauen in die Berücksichtigung der von ihm unaufgefordert eingereichten Klageantwort durch das Gericht zerstören musste, noch das Gericht von seiner Pflicht entbinden konnte, nicht bloss auf die Folgen völliger Untätigkeit hinzuweisen, sondern spezifisch auf die Nichtberücksichtigung einer verfrühten Eingabe. Die entsprechende Auffassung des Kantonsgerichts, zwischen den Verfahrensfehlern "verfrühte Einreichung der Klageantwort" und "Nichteinreichung der Klageantwort" zu unterscheiden, ist nicht willkürlich und deshalb auch die Annahme nicht zu beanstanden, der Beschwerdegegner habe aus der ihm bekannten Säumnisandrohung keineswegs auf die Unzulässigkeit seiner bereits erstatteten Klageantwort schliessen müssen. Gerade auch aus den Schreiben, die die Beschwerdeführerin anruft (E. 4d soeben), darf abgeleitet werden, dass der Beschwerdegegner trotz Kenntnis der anwendbaren Säumnisbestimmung stets davon ausgegangen ist, er habe seinen Verfahrenspflichten genügt, und dass das Gericht ohne weiteres hätte erkennen können und müssen, dass der Beschwerdegegner im Begriffe war, einen Verfahrensfehler zu begehen, der angesichts der zeitlichen Verhältnisse nach einem konkreten Hinweis - unstreitig - fristgerecht zu beheben gewesen wäre (vgl. zur Tragweite von Art. 5 Abs. 3 und Art. 9 BV: BGE 126 II 97 E. 4b S. 104).
 
Aus den dargelegten Gründen kann die Anwendung von Art. 27 Abs. 2 lit. b IPRG - soweit überhaupt angefochten - nicht als willkürlich bezeichnet werden (zum Begriff: BGE 126 I 168 E. 3a S. 170). Inwiefern ihr Anspruch auf rechtliches Gehör durch den angefochtenen Entscheid in diesem Punkt zugleich verletzt worden sein soll, legt die Beschwerdeführerin nicht dar (Art. 90 Abs. 1 lit. b OG).
 
5.- Die unterliegende Beschwerdeführerin wird kostenpflichtig (Art. 156 Abs. 1 OG). Bei diesem Verfahrensausgang erübrigt sich die - vom Beschwerdegegner mit Schreiben vom 22. Dezember 2000 nachsuchte - Ansetzung einer Frist zur Beschwerdeantwort (Art. 93 Abs. 1 OG; vgl. BGE 101 III 68 E. 1 S. 70), womit auch eine Entschädigungspflicht der Beschwerdeführerin entfällt (Art. 159 Abs. 1 und 2 OG). Eine abweichende Prozesskostenregelung für das Gesuchsverfahren rechtfertigt sich mit Blick auf die gegenläufigen Anträge der Parteien nicht.
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.- Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
 
2.- Die Gerichtsgebühr von Fr. 6'000.-- wird der Beschwerdeführerin auferlegt.
 
3.- Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht St. Gallen (Präsident der III. Zivilkammer) schriftlich mitgeteilt.
 
________________
 
Lausanne, 12. Januar 2001
 
Im Namen der II. Zivilabteilung des
 
SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS
 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
 
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