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Informationen zum Dokument  BGer U 323/1999  Materielle Begründung
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BGer U 323/1999 vom 20.03.2001
 
[AZA 7]
 
U 323/99 Gb
 
IV. Kammer
 
Bundesrichter Borella, Rüedi und Bundesrichterin Leuzinger;
 
Gerichtsschreiber Scartazzini
 
Urteil vom 20. März 2001
 
in Sachen
 
R.________, Beschwerdeführerin, vertreten durch Fürsprecher
 
Dr. Hansulrich Weber, Marktgasse 27, Langenthal,
 
gegen
 
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt, Luzern, Beschwerdegegnerin,
 
und
 
Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Bern
 
A.- Die 1952 geborene R.________ war seit dem 28. Oktober
 
1984 als Zustellbeamtin/Betriebsassistentin bei den
 
PTT-Betrieben angestellt und in dieser Eigenschaft bei der
 
Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) gegen die
 
Folgen von Unfällen versichert. Am 25. Oktober 1994 kollidierte
 
sie mit ihrem Motorfahrrad mit einer Schnur, die ein
 
Landwirt ohne Kennzeichnung über die Strasse gespannt hatte.
 
Sie wurde in voller Fahrt vom Motorfahrrad geschleudert
 
und stürzte auf die Strasse. In einem am 26. November 1994
 
erstellten Arztzeugnis über die Erstbehandlung stellte Dr.
 
med. A.________ Kontusionsmarken am linken Knie sowie am
 
linken Oberarm und im Schulterbereich fest sowie eine
 
schmerzbedingte Unmöglichkeit, den linken Oberarm anzuheben.
 
Nackenbeschwerden wurden erstmals in einem Arztbericht
 
von Dr. med. W.________ vom 26. Januar 1995 erwähnt. Anlässlich
 
einer kreisärztlichen Untersuchung vom 8. März
 
1995 erklärte R.________, sie habe ca. zwei Tage nach dem
 
Unfall eine "merkwürdige Schwellung über der rechten Stirnseite"
 
bekommen. Unmittelbar anschliessend an diese Aussage
 
schilderte sie jedoch, sie habe keine Prellung des Kopfes
 
erlitten, da sie einen Sturz auf den Kopf verhindern konnte.
 
Die SUVA übernahm Heilkosten- und Taggeldleistungen.
 
Seit dem Unfallereignis war die Versicherte nicht mehr in
 
der Lage, ihre früher ausgeübte Arbeit wieder aufzunehmen.
 
Mit Verfügung vom 2. April 1997 erwog die SUVA, es
 
lägen keine invalidisierenden Unfallrestfolgen mehr vor und
 
eine weitere ärztliche Behandlung sei unfallbedingt nicht
 
mehr notwendig, da die noch bestehenden Beschwerden auf
 
psychogene Faktoren zurückzuführen seien, die nicht in
 
einem adäquat-kausalen Zusammenhang zum Unfallereignis
 
stünden. Daran hielt sie auf Einsprache hin fest (Einspracheentscheid
 
vom 24. November 1998).
 
B.- Die hiegegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht
 
des Kantons Bern mit Entscheid vom 12. August
 
1999 ab.
 
C.- R.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde
 
führen und beantragen, es seien unter Anordnung einer Gerichtsverhandlung
 
der angefochtene Entscheid aufzuheben und
 
ihr die gesetzlichen Leistungen zuzuerkennen; eventuell sei
 
die Sache zur ergänzenden Abklärung an die Vorinstanz
 
zurückzuweisen.
 
Während die SUVA auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde
 
schliesst, hat sich das Bundesamt für
 
Sozialversicherung nicht vernehmen lassen.
 
Nach abgeschlossenem ordentlichem Schriftenwechsel
 
liess die Beschwerdeführerin am 2. Mai 2000 Protokolle einer
 
am 27. April 2000 vorgenommenen vorsorglichen Beweisführung
 
einreichen. Die SUVA erneuert ihren Antrag auf
 
Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde.
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
 
1.- a) Die Beschwerdeführerin rügt zunächst, die Vorinstanz
 
sei trotz ausdrücklichem Antrag auf Durchführung
 
einer öffentlichen Verhandlung ohne vorherige Benachrichtigung,
 
dass eine solche abgelehnt wurde, zum Urteil
 
geschritten.
 
Im angefochtenen Entscheid hat die Vorinstanz festgestellt,
 
dass der Instruktionsrichter die Beschwerdeführerin
 
am 26. Juli 1999 darauf hingewiesen hatte, für eine
 
Instruktionsverhandlung bestehe keine Notwendigkeit. Mit
 
ihren Anträgen habe sie klar zum Ausdruck gebracht, dass
 
sie ihr Begehren um Durchführung einer öffentlichen Verhandlung
 
im Sinne eines Beweisantrags verstanden haben
 
wollte, ein solcher genüge indessen nicht, um die Notwendigkeit
 
einer öffentlichen Verhandlung zu begründen.
 
b) Der Betrachtungsweise der Vorinstanz ist beizupflichten.
 
Insoweit die Beschwerdeführerin als Zweck der
 
beantragten Gerichtsverhandlung die persönliche Anhörung
 
und die Einvernahme der angerufenen Zeugen nannte, stellt
 
dies einen blossen Beweisantrag dar (BGE 122 V 55 Erw. 3a).
 
Der Anspruch auf persönliche Anhörung ergab sich auch nicht
 
aus dem Umstand, dass dies für die Entscheidung der Sache
 
von unmittelbarer Bedeutung gewesen wäre (siehe RKUV 1996
 
U 246 S. 167 Erw. 6c/bb). Schliesslich ist zu beachten,
 
dass insofern, als die Beschwerdeführerin eine Klärung
 
betreffend der Haltung der SUVA zum Renten- und Integritätsanspruch
 
bezweckte, es der Verhandlung nicht bedurfte,
 
da diese Rechtsverhältnisse nicht zum vorinstanzlichen
 
Anfechtungsgegenstand gehörten und auf die diesbezüglichen
 
Anträge von vornherein nicht einzutreten war (BGE 122 V 56
 
Erw. 3b/dd).
 
Unter diesen Umständen geht der Vorwurf fehl, das kantonale
 
Gericht habe zu Unrecht keine öffentliche Verhandlung
 
durchgeführt.
 
2.- a) Im Entscheid des kantonalen Gerichts ist die
 
Rechtsprechung zu dem für die Leistungspflicht des Unfallversicherers
 
vorausgesetzten natürlichen (BGE 119 V 337
 
Erw. 1, 118 V 289 Erw. 1b, je mit Hinweisen) und adäquaten
 
(BGE 125 V 461 Erw. 5a mit Hinweisen) Kausalzusammenhang
 
zwischen dem Unfallereignis und dem eingetretenen Schaden
 
(Krankheit, Invalidität, Tod) zutreffend dargelegt. Darauf
 
kann verwiesen werden.
 
b) Umstritten ist zunächst, wie sich der Unfall vom
 
25. Oktober 1994 ereignet hat und damit die Frage, ob zwischen
 
den geklagten Störungen und dem schädigenden Ereignis
 
zumindest eine Teilkausalität und somit der natürliche Kausalzusammenhang
 
zu bejahen ist. Die Beschwerdeführerin
 
macht geltend, sie habe sich beim Unfall eine milde traumatische
 
Gehirnverletzung, eine Halswirbelsäulenabknickung
 
sowie eine Läsion des 6. Brustwirbelkörpers zugezogen.
 
Das Vorliegen eines Schleudertraumas sowie seine Folgen
 
müssen durch zuverlässige ärztliche Angaben gesichert
 
sein, wobei auch bei Schleudermechanismen der Halswirbelsäule
 
(HWS) zu allererst die medizinischen Fakten die massgeblichen
 
Grundlagen für die Kausalitätsbeurteilung bilden
 
(BGE 119 V 340 Erw. 2b/aa). Die Ergebnisse der Einvernahme
 
der Zeuginnen betreffend Kopfanprall, die im Rahmen einer
 
vorsorglichen Beweisführung am 27. April 2000 vorgenommen
 
wurde, sind unpräzis, sodass nicht auf sie abgestellt werden
 
kann. Auf Grund der echtzeitlichen Angaben der Beschwerdeführerin
 
und der behandelnden Ärzte ist weder ein
 
Kopfanprall noch ein Schleudermechanismus mit überwiegender
 
Wahrscheinlichkeit nachgewiesen. Die nachgewiesene körperliche
 
Verletzung auf der linken Körperseite ist anderseits
 
nicht invalidisierend. Somit ist die Frage, ob zwischen dem
 
Unfall und den durch eine traumatische Hirnverletzung oder
 
ein Distorsionstrauma der HWS verursachten Beschwerden ein
 
natürlicher Kausalzusammenhang besteht, zu verneinen. Hingegen
 
ist der natürliche Kausalzusammenhang bezüglich des
 
psychischen Gesundheitsschadens erstellt. Somit ist die
 
Frage, ob zwischen dem schädigenden Ereignis und den Gesundheitsstörungen
 
ein adäquater Kausalzusammenhang besteht,
 
gemäss BGE 115 V 140 Erw. 6c/aa zu beurteilen, wie
 
dies die Vorinstanz zutreffend getan hat.
 
3.- Für die Bejahung des adäquaten Kausalzusammenhanges
 
im Einzelfall ist bei psychischen Unfallfolgen zu verlangen,
 
dass dem Unfall eine rechtlich massgebende Bedeutung
 
zukommt (BGE 123 V 100 Erw. 2c). Die Vorinstanz hat zu
 
Recht festgestellt, dass der vorliegende Unfall nicht dem
 
mittleren Bereich bzw. - innerhalb dieser Kategorie - dem
 
Grenzbereich zu einem schweren Ereignis zugeordnet werden
 
kann, dass weder ein einzelnes unfallbezogenes Kriterium in
 
besonders ausgeprägter noch mehrere der massgebenden Kriterien
 
in gehäufter Weise gegeben sind, sodass die körperlichen
 
Folgen des Unfalls nicht geeignet waren, bei der Beschwerdeführerin
 
eine psychische Reaktion auszulösen.
 
Sämtliche Einwendungen in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde,
 
welche gegen den vorinstanzlichen Entscheid vorgebracht
 
werden, sind nicht stichhaltig. Unter diesen
 
Umständen hat die Vorinstanz die Adäquanz des Kausalzusammenhangs
 
zwischen dem Unfall und den bestehenden psychischen
 
Beschwerden und der damit verbundenen Beeinträchtigung
 
der Arbeits- und Erwerbsfähigkeit zu Recht verneint.
 
Auf die eingehende und überzeugende Begründung im Entscheid
 
des kantonalen Gerichts kann somit verwiesen werden.
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
 
I. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
 
II. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
 
III. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht
 
des Kantons Bern, Sozialversicherungsrechtliche
 
Abteilung, und dem Bundesamt für Sozialversicherung
 
zugestellt.
 
Luzern, 20. März 2001
 
Im Namen des
 
Eidgenössischen Versicherungsgerichts
 
Der Präsident der IV. Kammer:
 
Der Gerichtsschreiber:
 
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