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Informationen zum Dokument  BGer C 70/2001  Materielle Begründung
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BGer C 70/2001 vom 27.04.2001
 
[AZA 7]
 
C 70/01 Gb
 
IV. Kammer
 
Bundesrichter Borella, Rüedi und Bundesrichterin Leuzinger;
 
Gerichtsschreiber Jancar
 
Urteil vom 27. April 2001
 
in Sachen
 
H.________, Beschwerdeführer,
 
gegen
 
Amt für Wirtschaft und Arbeit, Arbeitslosenversicherung, Stampfenbachstrasse 32, Zürich, Beschwerdegegner,
 
und
 
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur
 
A.- Mit Verfügung vom 18. Mai 2000 stellte das Amt für Wirtschaft und Arbeit des Kantons Zürich den 1943 geborenen H.________ ab 3. Mai 2000 wegen ungenügender Arbeitsbemühungen für vier Tage in der Anspruchsberechtigung ein. Am 30. Mai 2000 stellte die Arbeitslosenkasse des Kantons Zürich dem Versicherten die Taggeldabrechnung für den Monat Mai 2000 zu.
 
B.- Am 6. Juni 2000 erhob H.________ beim Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich Beschwerde gegen die Einstellungsverfügung vom 18. Mai 2000 und beantragte sinngemäss deren Aufhebung. Daneben verlangte er die Überprüfung der Taggeldabrechnung der Arbeitslosenkasse vom 30. Mai 2000 betreffend den Monat Mai 2000. Nach Befragung von R.________, Beraterin beim Regionalen Arbeitsvermittlungszentrum (RAV), als Zeugin wies das kantonale Gericht die Beschwerde ab (Entscheid vom 31. Januar 2001).
 
C.- Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt H.________ sinngemäss die Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides und der Einstellungsverfügung sowie die Beurteilung der Taggeldabrechnung vom 30. Mai 2000 betreffend den Monat Mai 2000. Das Kantonale Amt für Wirtschaft und Arbeit verzichtet auf eine Vernehmlassung, ebenso das Staatssekretariat für Wirtschaft.
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
 
1.- Wie sich der im vorinstanzlichen Verfahren eingereichten Beschwerdeschrift, aber auch der Verwaltungsgerichtsbeschwerde entnehmen lässt, wandte sich der Beschwerdeführer in erster Linie gegen die Verfügung des Amtes für Wirtschaft und Arbeit vom 18. Mai 2000, mit welcher er ab dem 3. Mai 2000 für die Dauer von vier Tagen in der Anspruchsberechtigung eingestellt wurde. Indessen hat er bereits im vorinstanzlichen Verfahren die Überprüfung der Abrechnung der Arbeitslosenkasse vom 30. Mai 2000 betreffend die Taggeldleistungen für Mai 2000 beantragt und verlangt dies auch im Verfahren vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht.
 
Er macht geltend, er habe aufgrund der Einstellung von vier Tagen mit einer entsprechenden Taggeldkürzung gerechnet. Wenn er aber die Entschädigung hochrechne, sei er mit zwanzig Einstelltagen bestraft worden.
 
Die Abrechnung sei ihm daher völlig unverständlich. Er sei sehr enttäuscht, dass die Vorinstanz mit keinem Wort auf diese Abrechnung eingegangen sei.
 
Die Abrechnung vom 30. Mai 2000 bildete somit ebenfalls Anfechtungsobjekt, da sie trotz des Fehlens der formellen Verfügungsmerkmale materiell Verfügungscharakter hat (BGE 125 V 476 Erw. 1 mit Hinweis) und die Anfechtungsfrist offensichtlich gewahrt war. Die Vorinstanz hat indessen zu Unrecht weder formell noch materiell zur Rüge betreffend diese Abrechnung Stellung genommen. Die Sache ist deshalb diesbezüglich an die Vorinstanz zurückzuweisen, damit sie darüber materiell entscheide.
 
2.- Zu prüfen bleibt, ob der Beschwerdeführer wegen ungenügender Arbeitsbemühungen in der Anspruchsberechtigung einzustellen ist.
 
a) Das kantonale Gericht hat die vorliegend massgebenden Bestimmungen über die Pflicht zur Stellensuche (Art. 17 Abs. 1 AVIG), die Einstellung in der Anspruchsberechtigung bei ungenügenden Arbeitsbemühungen (Art. 30 Abs. 1 lit. c AVIG), die verschuldensabhängige Dauer der Einstellung (Art. 30 Abs. 3 AVIG und Art. 45 Abs. 2 AVIV) sowie die Rechtsprechung zu Qualität und Quantität der Arbeitsbemühungen (vgl. BGE 124 V 231 Erw. 4a mit Hinweis) und zur Bedeutung des der Verwaltung obliegenden Informationsauftrages (BGE 124 V 220 Erw. 2b) zutreffend dargelegt. Darauf kann verwiesen werden. Ergänzend sei angefügt, dass eine vom Gesetz abweichende Behandlung in Betracht kommt, wenn die praxisgemäss verlangten fünf Voraussetzungen für eine erfolgreiche Berufung auf den öffentlichrechtlichen Vertrauensschutz erfüllt sind, wofür u.a. erforderlich ist, dass die Verwaltung tatsächlich eine falsche Auskunft erteilt hat und der Bürger die Unrichtigkeit der Auskunft nicht ohne weiteres erkennen konnte (BGE 124 V 220 Erw. 2b/aa, 121 V 66 Erw. 2a; ARV 1999 Nr. 40 S. 237 Erw. 3).
 
Richtig ist auch, dass gemäss Verwaltungspraxis in der Regel durchschnittlich 10 bis 12 Bewerbungen pro Monat verlangt werden, bei sehr qualifizierten Bewerbungen etwas weniger (BGE 124 V 234 Erw. 6; Gerhards, Kommentar zum Arbeitslosenversicherungsgesetz, Bd. I, N 15 zu Art. 17).
 
Eine allgemein gültige Aussage über die erforderliche Mindestanzahl an Bewerbungen ist indes nicht möglich. Das Quantitativ beurteilt sich vielmehr nach den konkreten Umständen (Thomas Nussbaumer, Arbeitslosenversicherung, in:
 
Schweizerisches Bundesverwaltungsrecht [SBVR], Bd. Soziale Sicherheit, Fn 1330). Zu berücksichtigen sind namentlich Alter, Schul- und Berufsbildung der versicherten Person sowie die Verhältnisse im für diese in Betracht kommenden Arbeitsmarkt (unveröffentlichtes Urteil B. vom 2. Februar 2000, C 206/99).
 
b) Es steht fest, dass der Beschwerdeführer in den Kontrollperioden März und April 2000 lediglich fünf Bewerbungen aufweist, davon eine telefonische vom 25. März 2000 und vier schriftliche vom 30. April 2000. Dies ist quantitativ ungenügend, selbst wenn berücksichtigt wird, dass er unbestrittenermassen vom 29. März 2000 bis 19. April 2000 in den Ferien weilte, und dass ihm die RAV-Mitarbeiterin R.________ beim Beratungsgespräch vom 14. März 2000 mitgeteilt hat, er müsse während der Ferien keine Arbeit suchen.
 
Im Übrigen bestehen - wie die Vorinstanz zu Recht ausführt - keine Gründe, die Zeugenaussage von R.________ in Zweifel zu ziehen, wonach sie dem Beschwerdeführer beim Beratungsgespräch vom 14. März 2000 gesagt hat, er müsse immer bzw. noch vor und dann nach den Ferien intensiv Arbeit suchen, umso mehr, als er ferienabwesend sein werde.
 
Eine Pflicht, den Beschwerdeführer zu informieren, wie viele Arbeitsbemühungen er pro Monat mindestens tätigen müsse, bestand für R.________ - wie die Vorinstanz zu Recht ausführt - nicht.
 
Zur Begründung des Umstandes, dass er vom 1. März 2000 bis zum Beratungsgespräch vom 14. März 2000 keine Arbeitsbemühungen vorgenommen hat, bringt der Beschwerdeführer vor, er habe seine Arbeitslosigkeit am 25. Februar 2000 am Empfangsschalter des RAV gemeldet. In einem kurzen Gespräch sei ihm gesagt worden, dass er innert dreier Tage von einem RAV-Berater schriftlich zu einem Beratungsgespräch eingeladen werde. Seine Frage, ob er bis zu diesem Datum weitere Verpflichtungen habe, sei verneint worden, und es sei ihm erklärt worden, dass er beim ersten Beratungsgespräch alles Wissenswerte erfahren werde. Dieses Vorbringen des Beschwerdeführers ist unbehelflich. Denn selbst wenn ihm am 25. Februar 2000 die Auskunft erteilt worden wäre, dass er bis zum ersten Beratungsgespräch keine Verpflichtungen habe, durfte er daraus nicht schliessen, keine Arbeitsbemühungen tätigen zu müssen. Dem Beschwerdeführer wurde nämlich am 25. Februar 2000 unbestrittenermassen das Merkblatt "Arbeitsbemühungen" ausgehändigt, worin er auf seine Pflicht aufmerksam gemacht wurde, sich - unterstützt durch das RAV - intensiv um zumutbare Arbeit zu bemühen. In diesem Merkblatt wurde weiter ausgeführt, dass die Verpflichtung zur Stellensuche bereits vor Beginn der Arbeitslosigkeit anfängt. Aufgrund dieses Merkblattes musste dem Beschwerdeführer klar sein, dass er gehalten war, sich bereits vor dem ersten RAV-Beratungsgespräch selber intensiv um Arbeit zu bemühen, zumal er ja bereits vor der Meldung beim Arbeitsamt während der Kündigungsfrist Arbeit gesucht hat. Denn nach der gesetzlichen Regelung obliegt es in erster Linie dem Versicherten - und nicht den Organen der Arbeitslosenversicherung -, sich um Arbeit zu bemühen (ARV 1987 Nr. 2 S. 41 Erw. 2a). Es steht somit fest, dass der Beschwerdeführer nicht im Vertrauen auf die behauptete Auskunft vom 25. Februar 2000 annehmen durfte, bis zum RAV-Beratungsgespräch vom 14. März 2000 von der Pflicht zur Arbeitssuche befreit zu sein. Im Übrigen gilt auch in diesem Zusammenhang der allgemeine Rechtsgrundsatz, dass niemand aus seiner eigenen Rechtsunkenntnis Vorteile ableiten kann (BGE 124 V 220 Erw. 2b/aa mit Hinweisen).
 
Zusammenfassend vermögen sämtliche in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde erhobenen Einwendungen nichts daran zu ändern, dass der Beschwerdeführer seine Pflicht zur Arbeitssuche nicht genügend erfüllt hat, weshalb er zu Recht in der Anspruchsberechtigung eingestellt wurde.
 
c) Was die Dauer der Einstellung betrifft, haben Verwaltung und Vorinstanz ein leichtes Verschulden angenommen und im hiefür geltenden Rahmen von 1 bis 15 Tagen (Art. 45 Abs. 2 lit. a AVIV) die Sanktion auf vier Tage festgesetzt.
 
Diese Bemessung der Einstellungsdauer ist unter Berücksichtigung des der Verwaltung und der Vorinstanz zustehenden Ermessens, in welches das Eidgenössische Versicherungsgericht ohne triftigen Grund nicht eingreift (BGE 114 V 316 Erw. 5a), nicht zu beanstanden. Insofern ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde abzuweisen.
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
 
I. In teilweiser Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde
 
wird der Entscheid des Sozialversicherungsgerichts
 
des Kantons Zürich vom 31. Januar 2001 insofern,
 
als über die Beschwerde gegen die Taggeldabrechnung
 
vom 30. Mai 2000 nicht entschieden wurde, aufgehoben,
 
und es wird die Sache an die Vorinstanz zurückgewiesen,
 
damit sie darüber materiell entscheide. Im
 
Übrigen wird die Verwaltungsgerichtsbeschwerde abgewiesen.
 
II. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
 
III. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, der Arbeitslosenkasse des Kantons Zürich und dem Staatssekretariat für Wirtschaft
 
zugestellt.
 
Luzern, 27. April 2001
 
Im Namen des
 
Eidgenössischen Versicherungsgerichts
 
Der Präsident der IV. Kammer:
 
Der Gerichtsschreiber:
 
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