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Informationen zum Dokument  BGer U 298/2000  Materielle Begründung
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BGer U 298/2000 vom 11.06.2001
 
[AZA 7]
 
U 298/00 Vr
 
III. Kammer
 
Bundesrichter Schön, Spira und Bundesrichterin Widmer; Gerichtsschreiberin Amstutz
 
Urteil vom 11. Juni 2001
 
in Sachen
 
S.________, 1947, Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwältin Cordula Spörri, Gottfried Keller-Strasse 7, 8001 Zürich,
 
gegen
 
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt, Fluhmattstrasse 1, 6002 Luzern, Beschwerdegegnerin,
 
und
 
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur
 
A.- Die 1947 geborene S.________ arbeitete seit 1979 bis Ende 1992 im Vollpensum (Nachtschicht) und - nachdem sie ihre 100 %-Stelle auf 31. Dezember 1992 gekündigt hatte - ab 27. Februar 1993 teilzeitlich bei der X.________ AG als Betriebsarbeiterin und war damit bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) obligatorisch gegen Unfälle versichert. Ab 10. Dezember 1993 bezog die Versicherte Arbeitslosenentschädigung, wobei die Arbeitslosenkasse des Kantons Zürich die Taggeldhöhe gestützt auf den im Rahmen der Vollzeitbeschäftigung bei der X.________ AG erzielten Verdienst von monatlich Fr. 5021.- ermittelte und das Einkommen aus dem Teilzeiterwerb als Zwischenverdienst anrechnete.
 
Am 14. Januar 1994 zog sich S.________ bei einem Autounfall eine Distorsion der Halswirbelsäule und eine Contusio cerebri zu. Für die verbliebene Gesundheitsbeeinträchtigung sprach ihr die SUVA mit Verfügung vom 9. Juni 1998 nebst einer Integritätsentschädigung ab 1. Mai 1998 eine Invalidenrente zu, welche sie auf der Grundlage voller Erwerbsunfähigkeit sowie eines versicherten Verdienstes von Fr. 30'008.- berechnete und als Komplementärrente festsetzte. Mit Einspracheentscheid vom 20. August 1999 verfügte die SUVA zu Ungunsten der Versicherten, die Rentenhöhe sei neu aufgrund eines versicherten Jahresverdienstes von Fr. 27'782.- statt Fr. 30'008.- zu bestimmen.
 
B.- Hiegegen liess S.________ Beschwerde erheben mit dem sinngemässen Rechtsbegehren, in Aufhebung des Einspracheentscheids der SUVA vom 20. August 1999 sowie der Verfügung vom 9. Juni 1998 sei ihr auf der Grundlage eines versicherten Verdienstes von Fr. 62'120.- (Fr. 60'252.- zuzüglich 3,1 % Teuerungszulage) eine Komplementärrente in der Höhe von Fr. 2956.- zuzusprechen; eventualiter sei der für die Rentenberechnung massgebende Lohn auf Fr. 30'113.- zuzüglich Teuerungszulage von 3,1 % festzusetzen. Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich wies die Beschwerde mit Entscheid vom 30. Mai 2000 ab.
 
C.- Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt S.________ ihren vorinstanzlich gestellten Hauptantrag erneuern.
 
Während die SUVA auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde schliesst, hat sich das Bundesamt für Sozialversicherung nicht vernehmen lassen.
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
 
1.- a) Im vorinstanzlichen Entscheid werden die gesetzlichen Bestimmungen über die Voraussetzungen für die Gewährung einer Invalidenrente der Unfallversicherung (Art. 18 Abs. 1 und 2 Satz 1 UVG), den Begriff des versicherten Verdienstes als Grundlage der Rentenbemessung (Art. 15 UVG; Art. 22 Abs. 4 UVV, insbesondere Satz 2) sowie die Festsetzung des für die Ermittlung des versicherten Verdienstes massgebenden Lohnes im Falle eines verminderten Lohnbezugs im Jahr vor dem Unfall wegen Unfall, Krankheit, Arbeitslosigkeit, Kurzarbeit u.a. (Art. 15 Abs. 3 UVG in Verbindung mit Art. 24 Abs. 1 UVV [in der bis zum 30. September 1996 gültig gewesenen Fassung]) zutreffend dargelegt, sodass darauf verwiesen werden kann.
 
b) Mit den Sonderregeln von Art. 22 Abs. 4 Satz 2 und Art. 24 UVV werden Ausnahmen vom allgemeinen Grundsatz der Rentenbemessung nach dem effektiven Jahreslohn vor dem Unfall statuiert. Zweck dieser Sonderregeln ist es, die versicherten Personen und ihre Hinterlassenen vor unbilligen Nachteilen zu schützen, welche sich bei bestimmten Sachverhalten aus der Anwendung der Grundregel ergeben würden (BGE 114 V 117 Erw. 3c). Es sollen damit Lohnlücken geschlossen werden, die resultieren, wenn die versicherte Person im Jahr vor dem Unfall nicht während des ganzen Jahres Lohn bezogen oder aus bestimmten Gründen nur einen verminderten Verdienst erzielt hat. Mit der Sonderregel von Art. 22 Abs. 4 Satz 2 UVV im Besonderen wird für unterjährige Arbeitsverhältnisse die Umrechnung des tatsächlichen, nicht während des ganzen Jahres bezogenen Lohnes auf ein Jahreseinkommen angeordnet, womit rein zeitlich bedingte Lohnlücken ausgeglichen werden sollen (RKUV 1996 Nr. U 262 S. 276 Erw. 2b; unveröffentlichte Erw. 3b des Urteils RKUV 1994 Nr. U 196 S. 212).
 
2.- Es steht nicht in Frage, dass die Beschwerdeführerin Anspruch auf eine Invalidenrente der Unfallversicherung hat. Streitig und zu prüfen ist einzig die Höhe des für die Berechnung der Komplementärrente massgeblichen versicherten Verdienstes.
 
a) In Würdigung der Aktenlage hat die Vorinstanz erwogen, dass die Beschwerdeführerin zwischen 1. Januar bis 9. Dezember 1993 freiwillig auf eine Vollzeitbeschäftigung verzichtet habe, weshalb während dieser Zeitspanne kein verminderter Lohnbezug wegen Arbeitslosigkeit im Sinne von Art. 24 Abs. 1 UVV vorliege. Ein Anspruch auf Festsetzung des versicherten Verdienstes nach Massgabe dieser Bestimmung bestehe erst ab dem 10. Dezember 1993, d.h. dem Zeitpunkt, ab welchem die Versicherte unter Angabe voller Vermittlungsfähigkeit Arbeitslosenentschädigung bezog und somit aus rechtlicher Sicht ein Statuswechsel zur Vollbeschäftigung stattgefunden habe. Für die Zeit davor finde, zumal das Teilzeitarbeitsverhältnis zum Unfallzeitpunkt noch kein ganzes Jahr angedauert habe, Art. 22 Abs. 4 Satz 2 UVV Anwendung, sodass der massgebende Lohn aufgrund dessen zu bemessen sei, was die Beschwerdeführerin im Rahmen der ab 27. Februar 1993 ausgeübten Teilzeitbeschäftigung tatsächlich verdient habe. Gestützt auf die Lohnangaben in den Arbeitgeberberichten der X.________ AG zuhanden der IV-Stelle vom 28. Dezember 1994 und vom 6. Dezember 1995 resultiere für den Zeitraum vom 14. Januar 1993 bis zum 9. Dezember 1993 ein versicherter Verdienst von Fr. 21'566.85 (tatsächlich erzielter Verdienst von 27. Februar bis 31. Dezember 1993 [= 308 Tage] Fr. 20'129.05; 20'129.05/308 x 286 [= Anzahl Tage vom 27. Februar bis 9. Dezember 1993] = 18'691.25; 18'691.25/286 x 330 [= Anzahl Tage vom 14. Januar bis 9. Dezember 1993] = 21'566.85). Werde sodann der massgebende Lohn für die Periode vom 10. Dezember 1993 bis zum 13. Januar 1994 in der Höhe von Fr. 5777.60 (unbestrittener Monatslohn bei der X.________ AG bei Vollzeitpensum = Fr. 5021.-; 5021.- x 12 = 60'252.-; 60'252/365 x 35 Tage = 5777.60) hinzugerechnet, ergebe sich ein versicherter Verdienst von insgesamt Fr. 27'344.45.
 
b) Hiegegen wendet die Beschwerdeführerin ein, der für die Rentenbemessung massgebende Lohn sei ausschliesslich nach Massgabe von Art. 24 Abs. 1 UVV zu berechnen. Zwar habe sie ihre Vollzeitstelle bei der X.________ AG selbst gekündigt, dies jedoch nur aus dem Grund, weil sie neu anstelle eines Vollpensums in Nachtschicht eine 100 %-Tagesstelle habe antreten wollen. Als sich bis Dezember 1993 noch keine Ganztagsstelle bei der X.________ AG geboten hatte, habe sie sich bei der Arbeitslosenkasse zum Leistungsbezug angemeldet. Bei der Teilerwerbstätigkeit ab 27. Februar 1993 habe es sich entgegen der Auffassung der Vorinstanz somit lediglich um eine Übergangslösung gehandelt. Da der Wille zur Vollbeschäftigung ununterbrochen bestanden habe, müsse eine die Anwendung von Art. 24 Abs. 1 UVV begründende (Teil-)Arbeitslosigkeit auch für den Zeitraum ab 14. Januar bis 9. Dezember 1993 bejaht werden. Gestützt auf den im Rahmen der Vollbeschäftigung bei der X.________ AG erzielten Lohn von monatlich Fr. 5021.- belaufe sich der versicherte Verdienst dementsprechend auf insgesamt Fr. 60'252.- zuzüglich 3,1 % Teuerungszulage.
 
c) Wohl trifft es zu, dass die Beschwerdeführerin am 7. Februar 1997 gegenüber der SUVA erklärt hat, sie habe sich stets um ein Vollpensum bemüht und gehofft, die X.________ AG würde ihr ein solches ohne Nachtschichtarbeit anbieten. Dass sie in der Tat bereits ab Januar 1993 - kurz nach Aufgabe ihrer bisherigen Vollzeitstelle - erneut eine 100 %-Erwerbstätigkeit angestrebt hat, ist indessen aufgrund der Aktenlage nicht hinreichend erstellt. So finden sich in den verfügbaren Unterlagen Hinweise dafür, dass angesichts der während Jahren geleisteten Vollzeit(Nacht-)Arbeit bereits ein Jahr vor dem Unfall das Bedürfnis bestand, die Arbeitszeit zu reduzieren (Angaben der Versicherten gemäss Bericht des Dr. med. Z.________, Facharzt Neurologie FMH, und der Frau lic. phil. M.________, Psychologin FSP, Rehabilitationsklinik Y.________, vom 4. Mai 1995); dieses Bedürfnis ist namentlich auch im Lichte jener aktenmässig dokumentierten Gesundheitsbeschwerden, die sich bereits vor der Kündigung des Vollzeitpensums bemerkbar machten, nachvollziehbar.
 
Selbst wenn der Argumentation der Beschwerdeführerin gefolgt würde, wonach die mit Antreten der Teilzeitstelle bei der X.________ AG verbundene Arbeitszeitreduktion nicht ihrem Wunsch entsprach und sie bei gegebener Möglichkeit eine Vollzeittätigkeit ohne Nachtschicht ausgeübt hätte, würde dies an der Richtigkeit des vorinstanzlichen Entscheids nichts ändern. Denn wer sich nicht bei der Arbeitslosenversicherung anmeldet und den damit verbundenen Obliegenheiten unterwirft, kann sich später nicht darauf berufen, er hätte bereits in der Zeit vor der Anmeldung zum Leistungsbezug lieber voll- als teilzeitlich gearbeitet, und damit die Berechnung des versicherten Verdienstes auf der Grundlage einer Teilzeitarbeitslosigkeit nach Massgabe des Art. 24 Abs. 1 UVV verlangen. Dies ist im Bereich der Unfallversicherung so wenig statthaft wie im Bereich der Arbeitslosenversicherung (Art. 10 Abs. 3 AVIG). Vor diesem Hintergrund hat die Vorinstanz mit Blick auf die Zeit zwischen 14. Januar und 9. Dezember 1993 zu Recht das Vorliegen einer (Teil-)Arbeitslosigkeit gemäss Art. 24 Abs. 1 UVV verneint und die Bemessung des versicherten Verdienstes nach Massgabe des Art. 15 UVG in Verbindung mit Art. 22 Abs. 4 Satz 2 UVV vorgenommen. Namentlich auch die konkreten diesbezüglichen Berechnungen (vgl. Erw. 2a hievor) sind nicht zu beanstanden, weshalb darauf verwiesen werden kann.
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
 
I.Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
 
II.Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
 
III.Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht
 
des Kantons Zürich und dem Bundesamt für
 
Sozialversicherung zugestellt.
 
Luzern, 11. Juni 2001
 
Im Namen des
 
Eidgenössischen Versicherungsgerichts
 
Der Präsident der III. Kammer:
 
Die Gerichtsschreiberin:
 
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