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Informationen zum Dokument  BGer P 21/2000  Materielle Begründung
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BGer P 21/2000 vom 16.08.2001
 
[AZA 7]
 
P 21/00 Gr
 
IV. Kammer
 
Bundesrichter Borella, Rüedi und Bundesrichterin Leuzinger;
 
Gerichtsschreiber Hadorn
 
Urteil vom 16. August 2001
 
in Sachen
 
K.________, 1966, Beschwerdeführerin, vertreten durch Fürsprech Alexander Kunz, Touring-Haus, Bielstrasse 111, 4503 Solothurn,
 
gegen
 
Ausgleichskasse des Kantons Solothurn, Allmendweg 6, 4528 Zuchwil, Beschwerdegegnerin,
 
und
 
Versicherungsgericht des Kantons Solothurn, Solothurn
 
Mit Verfügung vom 14. September 1999 setzte die Ausgleichskasse des Kantons Solothurn unter Aufhebung einer Verfügung vom 9. September 1999 die Ergänzungsleistung zur IV-Rente der 1966 geborenen K.________ ab 1. September 1999 auf Fr. 658.- im Monat herab.
 
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Versicherungsgericht des Kantons Solothurn mit Entscheid vom 3. März 2000 ab.
 
K.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen und beantragen, die Ergänzungsleistung sei zu erhöhen. Das Versicherungsgericht des Kantons Solothurn und die Ausgleichskasse schliessen auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde, während das Bundesamt für Sozialversicherung sich nicht vernehmen lässt.
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
 
1.- Streitig ist, ob die Ergänzungsleistung der Beschwerdeführerin ab 1. September 1999 neu zu berechnen ist und ob der Beschwerdeführerin diesfalls nur die Hälfte des Mietzinses angerechnet werden kann, da ihr Ehemann sich vom 29. Juni 1999 bis 11. März 2000 bei ihr aufgehalten hat.
 
2.- a) Die Vorinstanz stützte sich sinngemäss auf Art. 16c Abs. 1 ELV (in Kraft seit 1. Januar 1998; zur Gesetzmässigkeit vgl. BGE 127 V 10). Werden nach dieser Bestimmung Wohnungen oder Einfamilienhäuser auch von Personen bewohnt, welche nicht in die EL-Berechnung eingeschlossen sind, ist der Mietzins auf die einzelnen Personen aufzuteilen. Die Mietzinsanteile der Personen, welche nicht in die EL-Berechnung eingeschlossen sind, werden bei der Berechnung der jährlichen Ergänzungsleistung ausser Betracht gelassen. Die Aufteilung hat grundsätzlich zu gleichen Teilen zu erfolgen (Abs. 2 der selben Vorschrift).
 
b) Die Vorinstanz verkennt, dass mit den in der gleichen Wohnung lebenden Personen nach Art. 16c Abs. 1 ELV nicht die Ehegatten der rentenbeziehenden Versicherten gemeint sind. Dies ergibt sich aus Art. 3a Abs. 4, Art. 3b Abs. 1 lit. a Ziff. 2 und lit. b ELG (vgl. auch Randziffer 2026 der Wegleitung des Bundesamtes für Sozialversicherung über die Ergänzungsleistungen zur AHV und IV [WEL]).
 
Demnach ist der Mietzins nicht aufzuteilen. Vielmehr sind die anerkannten Ausgaben und anrechenbaren Einnahmen von Ehegatten, die im gleichen Haushalt leben, zusammenzurechnen.
 
Bei den anerkannten Ausgaben ist dementsprechend der Mindest- bzw. Maximalbetrag für Ehepaare in die Berechnung der Ergänzungsleistung einzubeziehen, und zwar auch dann, wenn nur einer der beiden Ehegatten rentenberechtigt ist.
 
c) Vorliegend hätte also, wenn wegen des Aufenthalts des Ehemannes Anlass für eine Neufestsetzung der der Beschwerdeführerin zustehenden Ergänzungsleistungen bestanden haben sollte, eine Berechnung nach den soeben zitierten Regeln für Ehepaare erfolgen sollen. Demnach hätten die Einkünfte des Ehemannes berücksichtigt werden müssen. Zwar hat dieser in der Schweiz keine Erwerbstätigkeit ausgeübt.
 
Nach der Rechtsprechung (BGE 117 V 187) muss jedoch auch jenes Einkommen angerechnet werden, auf das die betreffende Person verzichtet hat. Der Ehemann der Beschwerdeführerin verfügte über keine Arbeitsbewilligung, weshalb zweifelhaft ist, ob ein Einkommensverzicht angenommen werden könnte. Diese Frage braucht jedoch nicht abschliessend geprüft zu werden, wie sich nachstehend ergibt.
 
d) Der Ehemann reiste unbestrittenermassen als Tourist in die Schweiz ein. Zwar hielt er sich in der Folge aus medizinischen Gründen länger als die grundsätzlich gestatteten 3 Monate hier auf. Er besass aber keine guten Aussichten, eine Bewilligung zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit zu erhalten. Vielmehr musste er mit einer Ausweisung rechnen, welche tatsächlich erfolgt ist. Unter solchen Umständen liegt keine Veränderung der der Berechnung der jährlichen Ergänzungsleistung zu Grunde liegenden Personengemeinschaft im Sinne von Art. 25 Abs. 1 lit. a ELV vor.
 
Fehlt es an einem Grund für eine Revision der Ergänzungsleistungen, hat die Beschwerdeführerin weiterhin Anspruch auf die selben Leistungen, welche sie bereits vor der Einreise des Ehemannes bezogen hatte.
 
3.- Das Verfahren ist kostenfrei (Art. 134 OG e contrario).
 
Das Gesuch um unentgeltliche Verbeiständung wird bei diesem Verfahrensausgang gegenstandslos.
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
 
I. In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde werden
 
der Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons
 
Solothurn vom 3. März 2000 und die Verfügungen
 
der Ausgleichskasse des Kantons Solothurn vom 9. und
 
14. September 1999 aufgehoben.
 
II. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
 
III. Die Ausgleichskasse des Kantons Solothurn hat der Beschwerdeführerin für das Verfahren vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht eine Parteientschädigung
 
von Fr. 2500.- (einschliesslich Mehrwertsteuer) zu
 
bezahlen.
 
IV. Das Versicherungsgericht des Kantons Solothurn wird über eine Neuverlegung der Parteientschädigung für das kantonale Verfahren entsprechend dem Ausgang des
 
letztinstanzlichen Prozesses zu befinden haben.
 
V. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht
 
des Kantons Solothurn und dem Bundesamt für
 
Sozialversicherung zugestellt.
 
Luzern, 16. August 2001
 
Im Namen des
 
Eidgenössischen Versicherungsgerichts
 
Der Präsident der IV. Kammer:
 
Der Gerichtsschreiber:
 
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