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Informationen zum Dokument  BGer U 193/1999  Materielle Begründung
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BGer U 193/1999 vom 05.10.2001
 
[AZA 7]
 
U 193/99 Gr
 
III. Kammer
 
Präsident Schön, Bundesrichterin Widmer und Bundesrichter
 
Ursprung; Gerichtsschreiber Signorell
 
Urteil vom 5. Oktober 2001
 
in Sachen
 
F.________, 1931, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt
 
Dr. Jörg Müller, Zweierstrasse 35, 8004 Zürich,
 
gegen
 
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), Fluhmattstrasse
 
1, 6004 Luzern, Beschwerdegegnerin,
 
und
 
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur
 
A.- Der 1931 geborene F.________ erlitt am 5. Januar
 
1986 einen Berufsunfall, wofür die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt
 
(SUVA) die gesetzlichen Leistungen
 
erbrachte. Sie schloss den Fall mit der Zusprechung einer
 
Invalidenrente ab 1. September 1988 auf Grund eines Invaliditätsgrades
 
von 25 % sowie einer Integritätsentschädigung
 
auf Grund eines Integritätsschadens von 15 % ab (rechtskräftige
 
Verfügung vom 13. Oktober 1988). Nachdem am
 
28. Juli 1993 ein Rückfall gemeldet worden war, erbrachte
 
die SUVA weitere Leistungen. Am 14. Dezember 1995 liess
 
F.________ ein Revisionsgesuch stellen mit dem Antrag auf
 
Zusprechung einer Invalidenrente ab 1. Januar 1993, basierend
 
auf einem Invaliditätsgrad von 71 %. Die SUVA wies das
 
Begehren mit Verfügung vom 15. Februar 1996 ab. Daran hielt
 
sie mit Einspracheentscheid vom 11. Juli 1996 fest.
 
B.- Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich
 
wies eine dagegen erhobene Beschwerde mit Entscheid vom
 
30. April 1999 ab.
 
C.- Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt F.________
 
erneut die Zusprechung einer Invalidenrente mit Wirkung ab
 
1. Januar 1993, basierend auf einem Invaliditätsgrad von
 
71 % beantragen.
 
Die SUVA verzichtete auf eine Stellungnahme. Das Bundesamt
 
für Sozialversicherung (BSV) lässt sich nicht vernehmen.
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
 
1.- Die Vorinstanz hat die massgeblichen gesetzlichen
 
Bestimmungen zum Rückfall und zur Kausalität, namentlich
 
von psychischen Gesundheitsstörungen, sowie die hiezu
 
ergangene Rechtsprechung zutreffend dargelegt. Darauf wird
 
verwiesen.
 
2.- Der Beschwerdeführer wurde am 5. Januar 1986 als
 
Kontrolleur der Verkehrsbetriebe X. von einem Fahrgast
 
tätlich angegriffen. Gemäss den ärztlichen Unterlagen zog
 
er sich dabei eine tendopathische Periarthropathie mit
 
radiologisch nachgewiesener partieller Rotatorenmanschettenläsion
 
zu. Die SUVA sprach ihm eine Invalidenrente
 
(25 %) ab 1. September 1988 sowie eine Integritätsentschädigung
 
(15 %) zu (Verfügung vom 13. Oktober 1988). Nachdem
 
F.________ sich am 3. April 1987 auch bei der Invalidenversicherung
 
zum Leistungsbezug angemeldet hatte, Eingliederungsversuche
 
gescheitert waren und eine zugesprochene
 
IV-Rente per Ende November 1988 wieder aufgehoben worden
 
war, ordnete die nunmehr zuständige IV-Kommission für Versicherte
 
im Ausland am 16. Juli 1992 eine medizinische
 
Abklärung durch die Klinik W. in Z. an. Im Gutachten vom
 
9. November 1992 werden als Diagnosen ein subacromiales
 
Impingement der rechten Schulter bei Re-Ruptur der Suprasinatussehne
 
sowie der Verdacht auf Läsion des vorderen Limbus
 
der rechten Schulter erhoben. Gestützt auf diese Befunde
 
ging am 28. Juli 1993 eine Rückfallmeldung an die SUVA,
 
welche am 2. September 1993 für die Behandlungs- und Hospitalisationskosten
 
Kostengutsprache erteilte. Da nach
 
Ansicht der Ärzte die psychische Konstitution während des
 
Klinikaufenthaltes sehr auffällig erschien, liessen sie,
 
ehe über weitere Schritte zu entscheiden war, den Beschwerdeführer
 
durch Dr. phil. L.________, Z., psychologisch
 
untersuchen. Dieser stellte im Bericht vom 14. Dezember
 
1993 zusammenfassend fest, dass innerhalb der somatischen
 
Situation multiple psychosomatische Faktoren (depressive
 
Symptome) mitausschlaggebend seien. Die Re-Ruptur wurde
 
zunächst operativ (16. November 1993 und 3. Februar 1994)
 
und anschliessend mittels physikalischer Therapie behandelt.
 
Gemäss Bericht vom 29. Juni 1994 an die SUVA liegt
 
bezüglich der Schmerzreduktion ein gutes operatives Ergebnis
 
vor; der Patient sei subjektiv sehr zufrieden und praktisch
 
vollständig schmerzfrei. Die aktive Schulterfunktion
 
sei jedoch durch die Psyche stark reduziert.
 
In der Folge sprach die Invalidenversicherung
 
F.________ mit drei Verfügungen vom 25. August 1994 rückwirkend
 
ab 1. Oktober 1992 zunächst eine halbe und ab
 
1. Januar 1993 eine ganze Invalidenrente (Invaliditätsgrad:
 
71 %) zu. Dieser liess am 14. Dezember 1995 bei der
 
SUVA ein Revisionsgesuch stellen mit dem Antrag, es sei die
 
Rente mit Wirkung ab 1. Januar 1993 aufgrund einer Invalidität
 
von 71 % neu zu berechnen. Die SUVA lehnte dies mit
 
Verfügung vom 15. Februar 1996 ab. Gemäss den vorliegenden
 
medizinischen Unterlagen könne nach Abschluss des Rückfalls
 
im Juli 1994 keine Verschlimmerung der somatischen Unfallfolgen
 
festgestellt werden. Die psychischen Beschwerden
 
seien nicht unfallkausal. Im Übrigen sei die SUVA an einen
 
von der Invalidenversicherung festgestellten Invaliditätsgrad
 
nicht gebunden. Daran hielt sie im Einspracheentscheid
 
vom 11. Juli 1996 fest.
 
3.- Wie die Vorinstanz in Würdigung der medizinischen
 
Akten richtig feststellte, verschlechterte sich der somatische
 
Gesundheitszustand des Beschwerdeführers in der Zeit
 
nach Februar 1988 bis zum Entscheid über das hier zu beurteilende
 
Revisionsgesuch nicht. Es trifft wohl zu, dass
 
sich die Schmerzen zeitweise verstärkten, doch waren diese
 
Anlass zu weiteren, von der SUVA übernommenen medizinischen
 
und therapeutischen Behandlungen. Deren Ursache, eine
 
gefundene Re-Ruptur, konnte erfolgreich angegangen werden,
 
so dass nach Abschluss der Therapie praktisch Schmerzfreiheit
 
erreicht werden konnte. Dies macht deutlich, dass die
 
Schmerzzunahme - namentlich für bleibende Schmerzen wurde
 
dem Beschwerdeführer seinerzeit eine Integritätsentschädigung
 
ausgerichtet - nur vorübergehender Natur war. Auch
 
konnte die Einschränkung der Beweglichkeit im Schulterbereich
 
gar noch vermindert werden. Andererseits ergibt sich
 
aus den Akten, dass schon früh psychische Probleme (Arztberichte
 
Dr. R.________ vom 24. November 1987 und 23. Februar
 
1988, Abschlussuntersuchung Dr. F.________, Kreisarzt der
 
SUVA, vom 18. Dezember 1987, Gutachten der Klinik H., E.,
 
vom 3. August 1988, Gutachten der Klinik W., Z., vom
 
9. November 1992; vgl. auch: Protokoll des Stadtrates von
 
Zürich vom 30. November 1988 [Geschäft Nr. 3511]) auftraten,
 
welche im jetzigen Zeitpunkt einen gewichtigen Teil
 
der Erwerbsunfähigkeit bilden. Bei diesen Gegebenheiten
 
musste das kantonale Gericht die Frage der Adäquanz des
 
Kausalzusammenhangs zwischen den psychischen Beschwerden
 
und dem Unfallereignis vom 5. Januar 1986 prüfen und hat
 
diese mit zutreffender Begründung, welcher sich das Eidgenössische
 
Versicherungsgericht vollumfänglich anschliesst,
 
verneint. Namentlich ist nicht zu beanstanden, dass das
 
Unfallgeschehen (Tätlichkeit) dem mittleren Bereich zugeordnet
 
wurde. An dieser Feststellung vermögen die Einwendungen
 
des Beschwerdeführers nichts zu ändern. Er scheint
 
zu übersehen, dass in die Adäquanzbeurteilung weder die
 
Dauer oder das Ausmass der psychisch bedingten Arbeitsunfähigkeit
 
noch die Behandlungsdauer des psychischen Leidens
 
einbezogen werden darf (RKUV 1993 Nr. U 166 S. 94 Erw. 2c
 
mit Hinweisen). An diesem Ergebnis ändert auch nichts, dass
 
der Beschwerdeführer von der Eidgenössischen Invalidenversicherung
 
(IV) eine ganze Rente auf der Grundlage einer Invalidität
 
von 71 % bezieht; denn die Renten der IV werden
 
im Gegensatz zu jenen des Unfallversicherers unabhängig vom
 
Nachweis eines Kausalzusammenhangs zwischen den gesundheitlichen
 
Störungen und einem bestimmten schädigenden Ereignis
 
gewährt.
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
 
I. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
 
II. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
 
III. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht
 
des Kantons Zürich und dem Bundesamt für
 
Sozialversicherung gestellt.
 
Luzern, 5. Oktober 2001
 
Im Namen des
 
Eidgenössischen Versicherungsgerichts
 
Der Präsident der III. Kammer:
 
Der Gerichtsschreiber:
 
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