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Informationen zum Dokument  BGer I 705/2000  Materielle Begründung
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BGer I 705/2000 vom 24.10.2001
 
[AZA 7]
 
I 705/00 Gb
 
II. Kammer
 
Präsident Lustenberger, Bundesrichter Meyer und Ferrari;
 
Gerichtsschreiber Flückiger
 
Urteil vom 24. Oktober 2001
 
in Sachen
 
B.________, Beschwerdeführerin, vertreten durch den Rechtsdienst für Behinderte, Schützenweg 10, 3014 Bern,
 
gegen
 
IV-Stelle Bern, Chutzenstrasse 10, 3007 Bern, Beschwerdegegnerin,
 
und
 
Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Bern
 
A.- Die 1979 geborene B.________ war seit ihrer Kindheit massiv familiär belastet und litt an reaktiven emotionalen Störungen. Am 1. März 1994 trat sie in die Wohngruppe X.________ der Universitären Psychiatrischen Dienste Y.________ ein, wo sie sich in der Folge bis Mai 1999 aufhielt.
 
Am 12. September 1997 wurde sie bei der Invalidenversicherung zum Bezug von Leistungen für Minderjährige angemeldet. Die IV-Stelle Bern holte Auskünfte der Direktion Kinder- und Jugendpsychiatrie der Universitären Psychiatrischen Dienste Y.________ vom 17. Dezember 1997 ein.
 
Daraufhin sprach sie der Versicherten mit Verfügung vom 25. Mai 1998 für die Zeit vom 13. Januar 1997 bis 31. Juli 1998 medizinische Massnahmen zu (Psychotherapie nach ärztlicher Verordnung; Übernahme der Kosten der Tagesklinik).
 
Am 26. Februar 1999 erstattete die IV-interne Abteilung Berufliche Eingliederung einen Bericht, welcher den Antrag auf Übernahme einer Lehre als hauswirtschaftliche Angestellte in der Hauswirtschaftlichen Ausbildungsstätte Z.________ durch die Invalidenversicherung enthält. Nachdem ein zweiter Bericht der Universitären Psychiatrischen Dienste Y.________ vom 19. April 1999 keine zusätzlichen Informationen ergeben hatte (er stimmt wörtlich mit demjenigen vom 17. Dezember 1997 überein), gab die IV-Stelle bei Dr. med. I.________, Psychiatrie und Psychotherapie FMH, ein Gutachten in Auftrag, welches am 6. September 1999 erstattet wurde. Anschliessend lehnte es die Verwaltung - nach Durchführung des Vorbescheidverfahrens - mit Verfügung vom 3. Dezember 1999 ab, die Kosten des Haushaltlehrjahres zu übernehmen.
 
B.- Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Bern ab (Entscheid vom 2. November 2000).
 
C.- Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt B.________ das Rechtsbegehren stellen, die IV-Stelle sei zu verpflichten, ihr die beantragten beruflichen Massnahmen zu gewähren.
 
Während die IV-Stelle auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde schliesst, hat sich das Bundesamt für Sozialversicherung nicht vernehmen lassen.
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
 
1.- Streitig und zu prüfen ist der Anspruch auf Übernahme der Kosten des vom 1. August 1999 bis Ende Juli 2000 absolvierten Haushaltlehrjahres an der Hauswirtschaftlichen Ausbildungsstätte Z.________ durch die Invalidenversicherung.
 
2.- a) Gemäss Art. 8 Abs. 1 und Abs. 3 lit. b IVG haben invalide oder von einer Invalidität unmittelbar bedrohte Versicherte Anspruch auf Eingliederungsmassnahmen beruflicher Art, soweit diese notwendig und geeignet sind, die Erwerbsfähigkeit wiederherzustellen, zu verbessern, zu erhalten oder ihre Verwertung zu fördern.
 
b) Die Übernahme von Ausbildungskosten ist entweder unter dem Titel der erstmaligen beruflichen Ausbildung (Art. 16 IVG) oder der Umschulung (Art. 17 IVG) möglich. Da die Beschwerdeführerin vor dem Haushaltlehrjahr keine ökonomisch relevante Erwerbstätigkeit ausgeübt hatte, kommt einzig ein Anspruch auf erstmalige berufliche Ausbildung gemäss Art. 16 IVG in Frage (BGE 118 V 13 Erw. 1c/aa mit Hinweisen).
 
c) Nach Art. 16 Abs. 1 IVG haben Versicherte, die noch nicht erwerbstätig waren und denen infolge Invalidität bei der erstmaligen beruflichen Ausbildung in wesentlichem Umfange zusätzliche Kosten entstehen, Anspruch auf Ersatz dieser Kosten, sofern die Ausbildung den Fähigkeiten des Versicherten entspricht. Als erstmalige berufliche Ausbildung gilt gemäss Art. 5 Abs. 1 IVV jede Berufslehre oder Anlehre sowie, nach Abschluss der Volks- oder Sonderschule, der Besuch einer Mittel-, Fach- oder Hochschule und die berufliche Vorbereitung auf eine Hilfsarbeit oder auf die Tätigkeit in einer geschützten Werkstätte.
 
3.- a) Die Beschwerdeführerin war vor dem Antritt des Haushaltlehrjahres nicht erwerbstätig. Es steht fest, dass sie wegen eines psychischen Gesundheitsschadens mit Krankheitswert daran gehindert war, im üblichen Rahmen die erstmalige berufliche Ausbildung zu absolvieren, womit die für den entsprechenden Leistungsanspruch erforderliche Invalidität gegeben ist (BGE 126 V 461). Zu prüfen bleibt, ob das Haushaltlehrjahr in der Hauswirtschaftlichen Ausbildungsstätte Z.________ eine erstmalige berufliche Ausbildung im Sinne von Art. 16 IVG darstellt, welche die Invalidenversicherung zu übernehmen hat.
 
b) aa) Nach der Rechtsprechung ist unter erstmaliger beruflicher Ausbildung eine gezielte und planmässige Förderung in beruflicher Hinsicht zu verstehen, mit anderen Worten der Erwerb oder die Vermittlung spezifisch beruflicher Kenntnisse und Fertigkeiten (AHI 1997 S. 80 Erw. 1b). Nicht darunter fällt hingegen die Erlangung der erforderlichen schulischen Grundvoraussetzungen für die Erfolg versprechende Inangriffnahme einer Berufslehre oder einer Anlehre (ZAK 1982 S. 493 Erw. 2b, 1977 S. 190 Erw. 1; nicht veröffentlichtes Urteil K. vom 23. Dezember 1998, I 171/98).
 
bb) Als berufliche Eingliederungsmassnahme setzt der Anspruch auf erstmalige berufliche Ausbildung voraus, dass sie die versicherte Person voraussichtlich in die Lage versetzen wird, ein Erwerbseinkommen zu erzielen, das mindestens einen (beachtlichen) Teil ihrer Unterhaltskosten deckt (AHI 2000 S. 188 Erw. 2 mit Hinweisen).
 
cc) Vorbereitende Massnahmen sind nur dann der erstmaligen beruflichen Ausbildung gleichgestellt, wenn sie nach getroffener Berufswahl zur Vorbereitung auf die eigentliche Berufsausbildung notwendig sind (ZAK 1981 S. 488 Erw. 2; nicht veröffentlichtes Urteil K. vom 23. Dezember 1998, I 171/98).
 
c) Laut dem Bericht der Abteilung Berufliche Eingliederung vom 26. Februar 1999 benötigt die Versicherte für eine Voll-Lehre "schulisch einen besseren Boden bei guten Anlagen". Ihre Interessen seien noch unklar, wenig konkret.
 
Sie interessiere sich für gestalterische, aber auch für soziale Berufe. Es habe sich gezeigt, dass eine Tätigkeit als Kleinkindererzieherin nicht geeignet sei und die Versicherte einen geschützten Rahmen brauche. Nach mehreren Schnupperlehren habe sie sich für das Haushaltlehrjahr in der Hauswirtschaftlichen Ausbildungsstätte Z.________ entschieden.
 
Sie könne damit in einem Jahr eine Grundausbildung erzielen.
 
Ob darauf später aufgebaut werden könne, werde sich zeigen. Gegenüber dem Psychiater Dr. med. I.________ erklärte die Versicherte, sie wisse im Grunde noch nicht genau, was sie nachher lernen möchte. Das geplante Haushaltlehrjahr sei für sie auf eine Art auch eine Konfrontation mit dem, was sie früher zu Hause erlebt habe. Der Gutachter selbst führt aus, das Haushaltlehrjahr werde die Versicherte vermutlich unterfordern, biete aber Gelegenheit zu weiterer persönlichkeitsmässiger Reifung. Es könne eine Zwischenstufe sein, nach der die Versicherte einer Erstausbildung (Lehre) wahrscheinlich gewachsen sei.
 
d) Aus den vorstehend wiedergegebenen Aussagen geht hervor, dass das Haushaltlehrjahr weder für sich allein genommen den Zweck hatte, die angestrebte Eingliederung zu verwirklichen und der Versicherten die Erzielung eines Erwerbseinkommens im für den Leistungsanspruch erforderlichen Umfang (Erw. 3b/bb hievor) zu ermöglichen, noch eine Teilmassnahme im Rahmen eines entsprechenden Gesamtplans bildete.
 
Die Übernahme des Haushaltlehrjahres als eigentliche Hauptausbildung oder Teil einer solchen ist daher nicht möglich. Angesichts der noch nicht getroffenen Berufswahl entfällt aber auch eine Finanzierung durch die Invalidenversicherung unter dem Titel der Vorbereitungsmassnahme, da nicht ersichtlich ist, welche der im Haushaltlehrjahr erworbenen Fähigkeiten im Hinblick auf welches konkrete Berufsziel erforderlich sind. Die Vorinstanz hat daher einen Anspruch auf Übernahme der Kosten des Haushaltlehrjahres durch die Invalidenversicherung zu Recht verneint.
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
 
I. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
 
II. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
 
III. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, der Ausgleichskasse des Kantons Bern und
 
dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt.
 
Luzern, 24. Oktober 2001
 
Im Namen des
 
Eidgenössischen Versicherungsgerichts
 
Der Präsident der II. Kammer:
 
Der Gerichtsschreiber:
 
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