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Informationen zum Dokument  BGer I 543/2004  Materielle Begründung
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BGer I 543/2004 vom 26.01.2005
 
Eidgenössisches Versicherungsgericht
 
Tribunale federale delle assicurazioni
 
Tribunal federal d'assicuranzas
 
Sozialversicherungsabteilung
 
des Bundesgerichts
 
Prozess
 
{T 7}
 
I 543/04
 
Urteil vom 26. Januar 2005
 
I. Kammer
 
Besetzung
 
Präsident Borella, Bundesrichterin Leuzinger, Bundesrichter Lustenberger, Ursprung und Frésard; Gerichtsschreiber Fessler
 
Parteien
 
M.________, 1969, Beschwerdeführerin,
 
vertreten durch den Rechtsdienst für Behinderte,
 
Schützenweg 10, 3014 Bern,
 
gegen
 
IV-Stelle Bern, Chutzenstrasse 10, 3007 Bern, Beschwerdegegnerin
 
Vorinstanz
 
Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Bern
 
(Entscheid vom 6. Juli 2004)
 
Sachverhalt:
 
A.
 
Die 1969 geborene M.________ ersuchte im Mai 1990 die Invalidenversicherung um Arbeitsvermittlung und um eine Rente. Mit Verfügung vom 7. Mai 1992 lehnte die Ausgleichskasse des Kantons Bern das Leistungsbegehren mit der Begründung ab, bei geeigneter Tätigkeit bestehe volle Arbeitsfähigkeit. Im August 2001 beantragte M.________ erneut Leistungen der Invalidenversicherung, u.a. eine Rente. Als Behinderung gab sie Asthma seit Kindheit sowie Depressionen an. Die IV-Stelle Bern klärte die gesundheitlichen und erwerblichen Verhältnisse ab. U.a. liess sie die Versicherte psychiatrisch und pneumologisch begutachten (Expertisen vom 26. Juni und 4. Juli 2002). Nach Durchführung des Vorbescheidverfahrens verneinte die IV-Stelle mit Verfügung vom 9. Dezember 2002 den Anspruch auf eine Invalidenrente. Daran hielt sie mit Einspracheentscheid vom 10. Juli 2003 fest.
 
B.
 
Die von M.________ hiegegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Bern mit Entscheid vom 6. Juli 2004 ab.
 
C.
 
M.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen mit dem Rechtsbegehren, der kantonale Gerichtsentscheid sei aufzuheben und es sei ihr aufgrund des richtig ermittelten Validen- und Invalideneinkommens eine Rente zuzusprechen.
 
Die IV-Stelle beantragt die Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherung verzichtet auf eine Vernehmlassung.
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
 
1.
 
Am 1. Januar 2003 ist das Bundesgesetz vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) in Kraft getreten. Dieses Gesetz koordiniert das Sozialversicherungsrecht des Bundes, indem es u.a. ein einheitliches Sozialversicherungsverfahren festlegt und die Rechtspflege regelt (Art. 1 Ingress und lit. b ATSG). Seine Bestimmungen sind auf die bundesgesetzlich geregelten Sozialversicherungen anwendbar, wenn und soweit die einzelnen Sozialversicherungsgesetze es vorsehen (Art. 2 ATSG).
 
1.1
 
1.1.1 Nach Art. 1 Abs. 1 IVG in der ab 1. Januar bis 31. Dezember 2003 geltenden Fassung sind die Bestimmungen über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts auf die Invalidenversicherung (Art. 1a-70) anwendbar, soweit das vorliegende Gesetz nicht ausdrücklich eine Abweichung vom ATSG vorsieht. Für das Verwaltungs- und das erstinstanzliche Verwaltungsgerichtsbeschwerdeverfahren in Rentenfragen der Invalidenversicherung gilt, soweit vorliegend von Bedeutung, seit 1. Januar 2003 folgende Regelung:
 
Über Leistungen, Forderungen und Anordnungen, die erheblich sind oder mit denen die betroffene Person nicht einverstanden ist, hat der Versicherungsträger, allenfalls auf entsprechendes Begehren, schriftlich Verfügungen zu erlassen (Art. 49 Abs. 1 ATSG sowie Art. 51 ATSG). Gegen Verfügungen kann innerhalb von 30 Tagen bei der verfügenden Stelle Einsprache erhoben werden; davon ausgenommen sind prozess- und verfahrensleitende Verfügungen (Art. 52 Abs. 1 ATSG; vgl. zur Entstehungsgeschichte dieser Bestimmung Ueli Kieser, ATSG-Kommentar, S. 517 f.). Gegen Einspracheentscheide oder Verfügungen, gegen welche eine Einsprache ausgeschlossen ist, kann Beschwerde beim kantonalen Versicherungsgericht am Ort der IV-Stelle oder von Personen im Ausland bei der Eidgenössischen Rekurskommission der AHV/IV für die im Ausland wohnenden Personen erhoben werden (Art. 56 Abs. 1 und Art. 57 ATSG, Art. 69 Abs. 1 und 2 IVG sowie Art. 89 IVV).
 
1.1.2 Im Unterschied zur Rechtslage vor In-Kraft-Treten des ATSG sind somit Verfügungen über Renten der Invalidenversicherung nicht mehr direkt mit Beschwerde an die zuständige kantonale oder Eidgenössische Rekursbehörde weiterziehbar (vgl. alt Art. 84 ff. AHVG und alt Art. 200 f. AHVV in Verbindung mit alt Art. 69 IVG). Vielmehr haben die Versicherten ihre Rechte durch Einsprache bei der verfügenden IV-Stelle geltend zu machen. Das Einspracheverfahren ist zwingend (Kieser, a.a.O. S. 524 Rz 17 zu Art. 52). Davon kann lediglich in den vom Gesetz selber ausdrücklich normierten Fällen abgesehen werden (in diesem Sinne auch Bericht «Parlamentarische Initiative Sozialversicherungsrecht» der Kommission des Nationalrates für soziale Sicherheit und Gesundheit vom 26. März 1999 [BBl 1999 4611]). Der Einspracheentscheid, nicht aber die Verfügung, bildet denn auch Anfechtungsgegenstand des erstinstanzlichen Beschwerdeverfahrens (RKUV 1991 Nr. U 120 S. 94 Erw. 6 mit Hinweisen zu alt Art. 105 Abs. 1 UVG; vgl. auch BGE 116 V 248 Erw. 1a; Urteil G. vom 25. November 2004 [H 53/04]).
 
Neu ist sodann das kantonale Versicherungsgericht am Ort der IV-Stelle zur erstinstanzlichen Beurteilung von Streitigkeiten über Invalidenrenten zuständig. Vor In-Kraft-Treten des ATSG bestimmte sich der Gerichtsstand von hier nicht interessierenden Ausnahmen abgesehen nach dem Wohnsitz, Sitz oder Aufenthalt der Beschwerde führenden Person bei Erlass der angefochtenen Verfügung (alt Art. 200 Abs. 1 AHVV in Verbindung mit alt Art. 69 IVG und Art. 89 IVV). Die Regelung der örtlichen Zuständigkeit der Eidgenössischen Rekurskommission der AHV/IV für die im Ausland wohnenden Personen hat keine Änderung erfahren (Urteil S. vom 22. Januar 2004 [I 232/03] Erw. 2.2 und 2.3; vgl. BGE 100 V 57 Erw. 3c).
 
1.2 Vorliegend erliess die IV-Stelle am 9. Dezember 2002 eine Verfügung, mit welcher sie den Anspruch der Beschwerdeführerin auf eine Invalidenrente verneinte. Gemäss Rechtsmittelbelehrung konnte hiegegen innert 30 Tagen nach Erhalt Rekurs (recte: Beschwerde) erhoben werden. Am 23. Januar 2003 liess die Versicherte bei der IV-Stelle Einsprache einreichen und die Zusprechung einer (Viertels-) Rente ab August 2000 beantragen. Mit Einspracheentscheid vom 10. Juli 2003 bestätigte die Verwaltung die Verfügung vom 9. Dezember 2002.
 
Es stellt sich die Frage, ob die IV-Stelle zu Recht auf die Einsprache vom 23. Januar 2003 eingetreten ist und darüber materiell entschieden hat.
 
1.2.1 Die prozessualen Vorschriften nach Art. 27 ff. ATSG sind mangels anders lautender Übergangsbestimmungen grundsätzlich auf alle bei In-Kraft-Treten des ATSG am 1. Januar 2003 hängigen Verfahren betreffend Renten der Invalidenversicherung anwendbar (BGE 130 V 220 Erw. 3.2, 112 V 360 Erw. 4a; SVR 2003 IV Nr. 25 S. 76 Erw. 1.2). Liefen in diesem Zeitpunkt jedoch Fristen, richten sich deren Lauf und die allfällige Rechtsmittelinstanz nach dem bisherigen Recht (BGE 130 V 4 ff. Erw. 3.2 und Erw. 3.4.1; vgl. auch BGE 130 V 93 Erw. 3.2 sowie Art. 171 Abs. 1 OG und Art. 81 VwVG in Verbindung mit Art. 55 Abs. 1 ATSG). Der Allgemeine Teil des Sozialversicherungsrechts trat während der 30tägigen Frist für eine Beschwerde gegen die Verfügung vom 9. Dezember 2002 (alt Art. 84 Abs. 1 AHVG in Verbindung mit alt Art. 69 IVG) in Kraft. Die Rechtmässigkeit dieses Verwaltungsaktes war somit auch bei (rechtzeitiger) Anfechtung nach dem 1. Januar 2003 im verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu prüfen. Der Weg der Einsprache stand nicht offen. Dies ist sachgerecht, weil dem der Verfügung vom 9. Dezember 2002 vorausgegangenen Vorbescheidverfahren gemäss Art. 73bis IVV (in Kraft gestanden bis 31. Dezember 2002) nach seinem Sinn und Zweck weitgehend dieselbe Bedeutung wie dem Einspracheverfahren nach Art. 52 Abs. 1 ATSG zukommt (vgl. BGE 125 V 404 f. Erw. 3 und BGE 124 V 182 Erw. 1c sowie Urteil G. vom 25. November 2004 [H 53/04] Erw. 1.3.1 und BGE 125 V 190 f. Erw. 1b und c). Ob die örtliche Zuständigkeit sich nach dem bisherigen Recht bestimmt oder aufgrund der Beschwerdeerhebung nach In-Kraft-Treten des ATSG die neue Regelung anwendbar ist (Erw. 1.1.2), kann offen bleiben. Da der Wohnsitz der Beschwerdeführerin bei Erlass der angefochtenen Verfügung und der Ort der am Recht stehenden IV-Stelle zusammenfallen, war in jedem Fall die Vorinstanz die örtlich und funktionell zuständige Gerichtsbehörde.
 
Die IV-Stelle hätte somit die mit Einsprache bezeichnete Eingabe vom 23. Januar 2003 an das kantonale Verwaltungsgericht weiterleiten müssen zur Behandlung als Beschwerde. Der Einspracheentscheid vom 10. Juli 2003 ist daher aufzuheben. Dabei kann offen bleiben, ob dieser Verwaltungsakt nichtig ist (vgl. dazu BGE 129 I 363 Erw. 2.1 mit Hinweisen; ferner BGE 110 V 151 Erw. 2d und SVR 2002 AHV Nr. 1 S. 1 Erw. 3a in fine).
 
1.2.2 Für das vorinstanzliche Verfahren ergibt sich Folgendes: Da die Verfügung vom 9. Dezember 2002 rechtzeitig angefochten worden war, ist das kantonale Gericht zu Recht auf die Beschwerde (vom 15. September 2003) eingetreten. Anfechtungsgegenstand war indessen nicht der Einspracheentscheid vom 10. Juli 2003, sondern die Verfügung vom 9. Dezember 2002. Dies ist materiell insofern von Belang, als der streitige Anspruch auf eine Invalidenrente sich allein nach den bis 31. Dezember 2002 gültig gewesenen Rechtsvorschriften beurteilt (BGE 129 V 4 Erw. 1.2 mit Hinweisen).
 
Dass und soweit die Vorinstanz die Prüfung auch nach Massgabe der ab 1. Januar 2003 geltenden Normen vorgenommen hat (vgl. BGE 130 V 445), ist für den Ausgang des Verfahrens ohne Bedeutung. Die Begriffe der Arbeitsunfähigkeit, Erwerbsunfähigkeit, Invalidität sowie der Einkommensvergleichsmethode und der Revision (von Invalidenrenten und anderen Dauerleistungen) nach Art. 6, 7 und 8 Abs. 1 ATSG sowie Art. 16 und 17 ATSG sind nach der bisherigen Rechtsprechung auszulegen und anzuwenden (BGE 130 V 343). Im Weitern hat die Regelung über das Eintreten und die Prüfungsbefugnis der IV-Stelle bei einer Neuanmeldung nach einer früheren rechtskräftigen Leistungsverweigerung (Art. 87 Abs. 3 [in der bis 31. Dezember 2002 gültig gewesenen Fassung] und 4 IVV) durch den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrecht keine Änderung erfahren (Urteil Z. vom 26. Oktober 2004 [I 457/04] Erw. 2.1; vgl. auch AHI 2002 S. 260). Die hiezu ergangene, im angefochtenen Entscheid richtig wiedergegebene Gerichts- und Verwaltungspraxis (vgl. BGE 117 V 198 Erw. 3a und 200 Erw. 4b in fine; ferner BGE 130 V 64 und 71) hat somit nach wie vor Gültigkeit.
 
2.
 
2.1 Die materielle Prüfung des Anspruchs auf eine Invalidenrente bei Erwerbstätigen, umfassend eine rechtskonforme Sachverhaltsabklärung und Beweiswürdigung sowie einen Einkommensvergleich, setzt bei einer Neuanmeldung nach früherer rechtskräftiger Leistungsverweigerung eine erhebliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse im massgebenden Vergleichszeitraum voraus (BGE 130 V 66 Erw. 2). In Betracht fällt auch eine Änderung der erwerblichen Auswirkungen des im Wesentlichen gleich gebliebenen Gesundheitszustandes (BGE 117 V 198 Erw. 3a, 109 V 116 Erw. 3b). Eine bloss unterschiedliche Beurteilung der gesundheitlich noch zumutbaren Arbeitsfähigkeit genügt hingegen nicht (vgl. SVR 2004 IV Nr. 5 S. 13 Erw. 2, AHI 2002 S. 65 Erw. 2 sowie ZAK 1987 S. 36; vgl. auch RKUV 2003 Nr. U 487 S. 341 Erw. 2).
 
2.2 Vorliegend hatte die kantonale Ausgleichskasse am 7. Mai 1992 ein erstes Rentenbegehren mit der Begründung abgelehnt, eine geeignete Tätigkeit könne ohne Einschränkung ausgeübt werden (vgl. BGE 105 V 141 Erw. 1b). Gemäss Hausarzt betrug die Arbeitsfähigkeit als Büroangestellte in einem gesunden Arbeitsklima 100 % (Berichte vom 26. Oktober 1990 und 27. August 1991). Bei der Neuanmeldung im August 2001 machte die Versicherte eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes geltend. Die von der IV-Stelle veranlassten medizinischen Abklärungen ergaben aus psychiatrischer Sicht keine Einschränkung der Arbeitsfähigkeit (Gutachten Frau med. pract. S.________ vom 26. Juni 2002). Die eingehenden pneumologischen Untersuchungen vom 5. März und 26. April 2002 am Spital Y.________ ergaben eine mittelschwere, ausgeprägt labile Luftwegsobstruktion (Diagnose: Chronisches Asthma bronchiale). In der Expertise vom 4. Juli 2002 wird u.a. ausgeführt, die rezidivierenden Exazerbationen des Leidens hätten zu häufigen Abwesenheiten von der Arbeit geführt. Der langjährige Verlauf habe gezeigt, dass die Luftwegsobstruktion tendenziell trotz optimaler antiasthmatischer Therapie zunehme. Aufgrund der Angaben der Patientin sowie der Befunde des behandelnden Arztes und Pneumologen Dr. med. B.________ habe die Arbeitsfähigkeit im Verlaufe der vergangenen Jahre abgenommen. Bei körperlich nicht anstrengenden Tätigkeiten in lufthygienisch einwandfreier Umgebung sei ein Zweidrittel-Arbeitspensum absolut zumutbar. Aufgrund dieser fachärztlichen Aussagen ist mit dem kantonalen Gericht eine rechtserhebliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes seit Mai 1992 zu bejahen.
 
3.
 
Es bleibt zu prüfen, ob aufgrund der gesundheitlichen Beeinträchtigung gemäss dem pneumologischen Gutachten vom 4. Juli 2002 eine anspruchsbegründende Erwerbsunfähigkeit von mindestens 40 % (Art. 28 Abs. 1 IVG) besteht.
 
3.1 Zur Bestimmung des Invaliditätsgrades hat die Vorinstanz einen Einkommensvergleich für 2002 durchgeführt. Dabei hat sie ein Valideneinkommen von Fr. 52'959.- resp. Fr. 57'329.- und ein Invalideneinkommen von Fr. 38'219.- ermittelt. Daraus resultiert ein Invaliditätsgrad von weniger als 34 %. Fr. 52'959.- entsprechen dem auf ein volles Arbeitspensum hochgerechneten und an die Nominallohnentwicklung angepassten Verdienst bei der Bank X.________. Auf Fr. 57'329.- oder Fr. 38'219.- beliefe sich der Lohn als medizinische Sekretärin in der Augenpoliklinik des Spitals Y.________ bei einem vollen oder bei einem Zweidrittel-Arbeitspensum.
 
3.2 Die vorinstanzliche Invaliditätsbemessung wird in mehrfacher Hinsicht beanstandet. Beim Valideneinkommen wird geltend gemacht, die Beschwerdeführerin hätte ohne gesundheitliche Beeinträchtigung eine kaufmännische Lehre und nicht bloss eine Bürolehre absolviert. Sie sei daher als Frühinvalide im Sinne von Art. 26 IVV zu betrachten. Falle dieser Status ausser Betracht, könne nicht auf den Verdienst bei der Bank X.________ abgestellt werden. Die Tätigkeit im Bereich Empfang/Sekretariat ab 1. März 1998 sei ihrem Leiden angepasst gewesen, nicht zu anstrengend und hektisch und in hygienisch einwandfreier Umgebung. Der dabei erzielte Lohn stelle somit mehr ein Invaliden- als ein Valideneinkommen dar. Abgesehen davon sei der Verdienst unterdurchschnittlich gewesen. Gemäss den «Salärempfehlungen 2004» des Kaufmännischen Verbandes Schweiz betrage das mittlere Jahressalär von kaufmännischen Angestellten mit einer zweijährigen Bürolehre im Alter der Beschwerdeführerin Fr. 60'576.-. Als KV-Absolventin könnte sie Fr. 71'356.- verdienen. Das Valideneinkommen habe daher mindestens dem Durchschnitt dieser Beträge abzüglich 2,5 % (regionaler Unterschied), somit Fr. 64'316.85 zu entsprechen.
 
Im Weitern könne das Invalideneinkommen nicht dem auf ein Zweidrittel-Pensum hochgerechneten Verdienst als medizinische Sekretärin in der Augenpoliklinik des Spitals Y.________ gleichgesetzt werden. Diese Stelle habe die Beschwerdeführerin lediglich dank der Hilfe ihrer Schwester bekommen, welche in derselben Abteilung arbeite. Auf Ende Juli 2004 sei ihr im Übrigen gekündigt worden. Richtigerweise müsse das Invalideneinkommen auf der Grundlage der Schweizerischen Lohnstrukturerhebung 2000 des Bundesamtes für Statistik (LSE 00) berechnet werden. Dabei sei ihr aufgrund der gesundheitlichen Einschränkungen (Asthmaexazerbationen in Stresssituationen) mindestens ein 20%iger leidensbedingter Abzug zu gewähren. Daraus resultierte ein Invalideneinkommen von Fr. 30'070.90. Der Invaliditätsgrad betrage somit 53,24 %.
 
3.3
 
3.3.1 Nach Art. 26 Abs. 1 IVV entspricht bei versicherten Personen, die wegen der Invalidität keine zureichenden beruflichen Kenntnisse erwerben konnten, das Erwerbseinkommen, das sie als Nichtinvalide erzielen könnten, nach Vollendung von 30 Altersjahren 100 Prozent des jährlich aktualisierten Medianwertes gemäss der vom Bundesamt für Statistik herausgegebenen Schweizerischen Lohnstrukturerhebung.
 
Nach der Rechtsprechung schliesst diese Verordnungsbestimmung nicht aus, dass zur Berechnung des Valideneinkommens auf das Einkommen eines bestimmten Berufs abgestellt wird. Voraussetzung sind eindeutige Anhaltspunkte dafür, dass die versicherte Person ohne gesundheitliche Beeinträchtigung den betreffenden Beruf erlernt hätte (Urteil D. vom 10. Februar 2003 [I 472/02] Erw. 1.2; vgl. auch ZAK 1973 S. 581 Erw. 1, 1969 S. 261 Erw. 1, 1963 S. 239 Erw. 3b und 510 Erw. 3b).
 
Aufgrund der Akten bestand die Beschwerdeführerin die obligatorische Schulzeit mit guten Noten. Sie konnte nach dem 9. Schuljahr sogar die Weiterbildungsklasse besuchen. Zweck dieses freiwilligen Jahreskurses war die Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten, die eine berufliche Ausbildung mit erhöhten Ansprüchen ermöglichen. Es ist schon von daher nicht einsehbar, weshalb eine zweijährige Bürolehre möglich und zumutbar war, eine dreijährige KV-Lehre hingegen aus gesundheitlichen Gründen nicht in Betracht fiel. Allein die um ein Jahr längere Dauer und eine höhere Anzahl Schulstunden pro Woche überzeugen als Erklärung nicht. Es kommt dazu, dass Bürolehre und KV-Lehre im praktischen Teil sehr ähnliche Tätigkeiten darstellen. Dies betrifft insbesondere die in Bezug auf das Asthmaleiden bedeutsamen hygienischen Verhältnisse am Arbeitsplatz. Unter diesen Umständen kann die Beschwerdeführerin nicht als Frühinvalide im Sinne von Art. 26 IVV betrachtet werden.
 
3.3.2 Im Weitern kann das ohne gesundheitliche Beeinträchtigung erzielbare Einkommen nicht dem auf ein volles Arbeitspensum umgerechneten Verdienst bei der Bank X.________ gleichgesetzt werden. Die Beschwerdeführerin arbeitete zum einen in verschiedenen Abteilungen und auch der Beschäftigungsgrad variierte. Die Gründe hiefür sind unklar. Zum andern stellt die Tätigkeit bei der Bank X.________ nicht die letzte vor dem 9. Dezember 2002 ausgeübte Erwerbstätigkeit dar. Es kommt dazu, dass die Umstände der Auflösung des Arbeitsverhältnisses nicht bekannt sind. In der Verwaltungsgerichtsbeschwerde werden hiefür und auch für die Wechsel innerhalb der Bank gesundheitliche Gründe genannt. Ab 10. Juni 2002 arbeitete die Beschwerdeführerin als medizinische Sekretärin an der Augenpoliklinik des Spitals Y.________. Bei dieser Sachlage kann für die Bestimmung des Valideneinkommens nicht von dem bei der Bank X.________ erzielten Verdienst ausgegangen werden.
 
Wird auf die «Salärempfehlungen 2004» des Kaufmännischen Verbandes Schweiz abgestellt und berücksichtigt, dass die Beschwerdeführerin gute Noten in der Schule und bei Abschluss der Bürolehre hatte, ergibt sich ein ohne gesundheitliche Beeinträchtigung erzielbares Einkommen von Fr. 65'120.-. Dieser Betrag entspricht dem Durchschnitt aus dem mittleren Jahressalär von Fr. 60'576.- und dem Maximum von Fr. 69'663.- bei 35jährigen kaufmännischen Angestellten mit einer Büro-Lehre.
 
3.3.3 Beim Invalideneinkommen sodann kann nicht auf das als medizinische Sekretärin erzielte Einkommen abgestellt werden. Die Beschwerdeführerin hatte diese Stelle erst ein halbes Jahr vor der Verfügung vom 9. Dezember 2002 angetreten. Aufgrund der Vorbringen in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde (vgl. Erw. 3.2) ist zudem fraglich, ob es sich dabei um ein stabiles Arbeitsverhältnis handelte, ob sie die verbliebene Arbeitsfähigkeit voll ausschöpfte und ob der Lohn leistungsgerecht war (vgl. BGE 126 V 76 Erw. 3b/aa). Das Invalideneinkommen ist daher ebenfalls auf der Grundlage der «Salärempfehlungen 2004» zu ermitteln. Dabei ist dem Asthmaleiden insoweit in Form eines leidensbedingten Abzugs Rechnung zu tragen, als vom mittleren Jahressalär kaufmännischer Angestellter mit einer Büro-Lehre von Fr. 60'576.- auszugehen ist. Unter Berücksichtigung einer Arbeitsfähigkeit von 66,66 % ergibt sich ein Invalideneinkommen von Fr. 40'384.-.
 
3.3.4 Werden Valideneinkommen (Fr. 65'120.-) und Invalideneinkommen (Fr. 40'384.-) einander gegenübergestellt, resultiert ein Invaliditätsgrad von 38 %. Zum selben Ergebnis führt, wenn die beiden Einkommensgrössen unter Berücksichtigung der Nominallohnentwicklung für 2002 berechnet werden (BGE 129 V 222).
 
3.4 Der angefochtene Entscheid ist somit im Ergebnis rechtens.
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
 
1.
 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird im Sinne der Erwägungen abgewiesen.
 
2.
 
Der Einspracheentscheid vom 10. Juli 2003 wird aufgehoben.
 
3.
 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
 
4.
 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, der Ausgleichskasse des Kantons Bern und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt.
 
Luzern, 26. Januar 2005
 
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts
 
Der Präsident der I. Kammer: Der Gerichtsschreiber:
 
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