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Informationen zum Dokument  BGer 2P.9/2005  Materielle Begründung
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BGer 2P.9/2005 vom 01.02.2005
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
2P.9/2005 /ast
 
Urteil vom 1. Februar 2005
 
II. Öffentlichrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Merkli, Präsident,
 
Bundesrichter Hungerbühler, Wurzburger,
 
Gerichtsschreiber Feller.
 
Parteien
 
X.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Y.________,
 
gegen
 
Justiz- und Sicherheitsdepartement des Kantons Luzern, Bahnhofstrasse 15, Postfach 4168, 6002 Luzern.
 
Gegenstand
 
Art. 9 BV (Aufenthaltsbewilligung),
 
Staatsrechtliche Beschwerde gegen den Entscheid des Justiz- und Sicherheitsdepartements des Kantons Luzern vom 29. November 2004.
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
 
1.
 
1.1 Das Migrationsamt des Kantons Luzern wies am 21. Juli 2003 das Gesuch um Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung des aus dem Sudan stammenden, hier mit einer britischen Staatsangehörigen verheirateten X.________ (geb. 1970) ab. Das Verwaltungsgericht des Kantons Luzern wies mit Urteil vom 30. August 2004 die hiegegen erhobene Beschwerde ab, soweit es darauf eintrat. Es hielt dafür, dass die Ehe des Ausländers bloss noch formell bestehe und sich daher eine Berufung darauf bzw. auf das Abkommen vom 21. Juni 1999 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit (Freizügigkeitsabkommen, FZA; SR 0.142.112.681) als rechtsmissbräuchlich erweise. Soweit zu prüfen war, ob die Bewilligungsverweigerung unabhängig vom Bestehen eines Rechtsanspruchs gemäss Freizügigkeitsabkommen gerechtfertigt sei, erachtete sich das Verwaltungsgericht nicht für zuständig und überwies die Beschwerde diesbezüglich dem Justiz- und Sicherheitsdepartement des Kantons Luzern zu weiterer Behandlung (Ziff. 2 des Dispositivs des Urteils). Die gegen dieses verwaltungsgerichtliche Urteil beim Bundesgericht erhobene Verwaltungsgerichtsbeschwerde blieb erfolglos (Urteil 2A.569/2004 vom 7. Oktober 2004).
 
1.2 Nach Eröffnung des bundesgerichtlichen Urteils nahm das Justiz- und Sicherheitsdepartement des Kantons Luzern entsprechend der Anweisung in Ziff. 2 des Dispositivs des verwaltungsgerichtlichen Urteils vom 30. August 2004 das Beschwerdeverfahren auf. Mit Schreiben vom 22. Oktober 2004 forderte es den Rechtsvertreter von X.________ auf, bis spätestens zum 5. November 2004 einen Kostenvorschuss in der Höhe von Fr. 1'200.-- zu bezahlen oder ein begründetes Gesuch um Kostenbefreiung wegen Bedürftigkeit einzureichen, welches durch ein Zeugnis der Wohnortsgemeinde zu belegen wäre. Die Aufforderung war mit dem Hinweis versehen, dass auf die Verwaltungsbeschwerde nicht eingetreten werde, wenn innert Frist weder der verlangte Kostenvorschuss bezahlt noch ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege eingereicht würde. Am 5. November 2004, am letzten Tag der Frist, teilte der Rechtsvertreter dem Departement mit, dass sein Mandant seit Anfang 2004 arbeitslos und bis auf das Existenzminimum gepfändet sei, weshalb er die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege beantrage. Er stellte in Aussicht, das entsprechende Zeugnis der Wohnortsgemeinde so rasch als möglich einzureichen, und ersuchte darum, die Frist dafür offen zu halten. Am 8. November 2004 bewilligte das Departement, letztmals, eine Fristerstreckung bis zum 15. November 2004. Das entsprechende Schreiben wurde mit A-Post versandt, und der Eingang beim Rechtsvertreter von X.________ wird bestritten.
 
Mit Entscheid vom 29. November 2004 trat das Justiz- und Sicherheitsdepartement des Kantons Luzern auf die Verwaltungsbeschwerde nicht ein. Es hielt dafür, dass weder innert erstreckter Frist noch später der verlangte Kostenvorschuss bezahlt oder ein begründetes und belegtes Gesuch um Kostenbefreiung eingereicht worden sei.
 
1.3 Mit staatsrechtlicher Beschwerde vom 5. Januar 2005 beantragt X.________ dem Bundesgericht, den Entscheid des Justiz- und Sicherheitsdepartements des Kantons Luzern vom 29. November 2004 aufzuheben. Das Departement beantragt kostenfällige Abweisung der Beschwerde. Der Beschwerdeführer hat sich am 31. Januar 2005 unaufgefordert zu dessen Vernehmlassung geäussert.
 
1.4 Mit Verfügung des Abteilungspräsidenten vom 26. Januar 2005 ist der staatsrechtlichen Beschwerde, im Hinblick auf die mit dem angefochtenen Entscheid verbundene Ausreiseverpflichtung, aufschiebende Wirkung erteilt worden.
 
2.
 
Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung des Willkürverbots gemäss Art. 9 BV (willkürliche Sachverhaltsfeststellungen durch das Departement) sowie als Folge davon eine formelle Rechtsverweigerung.
 
2.1 Gemäss § 195 Abs. 1 des Luzerner Gesetzes vom 3. Juli 1972 über die Verwaltungsrechtspflege (VRG) kann die Behörde von der Partei, die ein Verfahren einleitet und kostenpflichtig werden kann, einen angemessenen Vorschuss zur Sicherstellung der amtlichen Kosten verlangen. Gemäss § 195 Abs. 2 VRG braucht sie auf die Rechtsvorkehr nicht einzutreten, wenn die Partei den Kostenvorschuss trotz Androhung der Folgen innert eingeräumter Frist nicht leistet. § 204 Abs. 1 VRG sieht vor, dass die Behörde eine bedürftige Partei auf begründetes Gesuch hin ganz oder teilweise von der Kosten- und Vorschusspflicht befreit. Das Departement hat dem Beschwerdeführer am 22. Oktober 2004 in Anwendung dieser Bestimmungen unter Androhung des Nichteintretens bei Säumnis eine Frist angesetzt, innert welcher entweder der Kostenvorschuss zu bezahlen oder aber ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege einzureichen sei, wobei es ausdrücklich den Nachweis dieser Bedürftigkeit insbesondere durch die Vorlage eines Zeugnisses der Wohnortsgemeinde verlangte. Am 8. November 2004 hat es die Frist bis zum 15. November 2004 erstreckt.
 
2.2
 
Das Departement begründet seinen Nichteintretensentscheid damit, dass der Beschwerdeführer bis zum 29. November 2004 den Auflagen keine Folge geleistet habe; insbesondere sei das Gesuch um Kostenbefreiung vom 5. November 2004 nicht ausreichend begründet bzw. belegt, wie dies § 204 VRG vorsehe und wie es bereits mit Schreiben vom 22. Oktober 2004 verlangt worden sei.
 
2.2.1 Der Beschwerdeführer behauptet, dass das Schreiben des Departements vom 8. November 2004 betreffend Nachfrist ihm bzw. seinem Vertreter nie eröffnet worden sei. Er macht zu Recht geltend, die gegenteilige Annahme des Departements sei willkürlich:
 
Nach feststehender Rechtsprechung gilt der allgemeine Grundsatz von Art. 8 ZGB, wonach derjenige das Vorhandensein einer behaupteten Tatsache beweisen muss bzw. die Folgen der Beweislosigkeit trägt, der daraus Rechtswirkung ableitet, auch im Prozessrecht. So obliegt der Beweis dafür, dass es zur Zustellung der Verfügung kam, der verfügenden Behörde, die allein in der Lage ist, sich den Beweis dafür zu sichern, etwa indem sie den Versand per eingeschriebene Sendung vornimmt (BGE 122 I 97 E. 3b S. 1000; 114 III 51 E. 3c S. 53 f.; 101 Ia 7; 92 I 253 E. 3 S. 257). Das Schreiben vom 8. November 2004 ist per A-Post versandt worden. Dass es beim Vertreter des Beschwerdeführers eingetroffen ist, kann nicht bewiesen werden. Der angefochtene Entscheid erweist sich indessen nicht schon darum als verfassungswidrig. Es ist einzig für die weitere Beurteilung der Angelegenheit so zu halten, als wäre das Schreiben des Rechtsvertreters vom 5. November 2004 unbeantwortet geblieben.
 
2.2.2 Die Rügen, die der Beschwerdeführer gegen den Nichteintretensentscheid erhebt, gründen letztlich allein auf der Tatsache, dass das Schreiben seines Vertreters vom 5. November 2004 unbeantwortet geblieben ist. Er schliesst daraus, dass nie eine Frist angesetzt worden sei, um die für die Begründung der Bedürftigkeit notwendigen Belege einzureichen; zumindest ist nach seiner Auffassung mit dem fraglichen Schreiben jeglicher Fristenlauf verhindert oder gestoppt worden, sodass keine einen Nichteintretensentscheid rechtfertigende Säumnis habe entstehen können.
 
Grundsätzlich richtig ist, dass durch ein innert der Frist zur Bezahlung des Kostenvorschusses gestelltes Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege diese Frist unterbrochen wird und keine neue Frist angesetzt werden soll, solange das formgerecht gestellte Gesuch nicht behandelt worden ist. Weist das Gesuch formelle Mängel auf (ungenügend konkretisierte Begründung, fehlende Belege), darf der Gesuchsteller in der Regel davon ausgehen, dass ihm eine kurze Nachfrist zur Verbesserung angesetzt wird.
 
Vorliegend verhält es sich so, dass bereits am 22. Oktober 2004 nicht nur im Hinblick auf die Kostenvorschussleistung, sondern auch im Hinblick auf das Stellen und das Begründen eines allfälligen Gesuchs um unentgeltliche Rechtspflege und das Einreichen der hiefür notwendigen Unterlagen eine Frist angesetzt wurde. Davon ging auch der Vertreter des Beschwerdeführers aus, anerkannte er doch, dass ein wichtiger Beleg für die Gesuchsbegründung noch beizubringen war, weshalb er darum ersuchte, "die Frist dafür offen zu halten". In diesem Kontext konnte das Schreiben vom 5. November 2004 naheliegenderweise nur als Gesuch um Erstreckung einer prozessualen Frist betrachtet werden. Nach dem auch im Prozessverhältnis grundsätzlich geltenden Prinzip von Treu und Glauben durfte der Vertreter des Beschwerdeführers nicht ernsthaft damit rechnen, dass die Frist, trotz der von ihm gewählten Formulierung und des vermeintlichen Schweigens des Departements, unbegrenzt offen stand. Vielmehr hatte er zu gewärtigen, dass eine allfällige Fristerstreckung - höchstens - in der Grössenordnung der ursprünglichen Frist (14 Tage, vom 22. Oktober bis zum 5. November 2004) bewilligt würde. Er war, insbesondere da er angesichts des Zeitpunkts der Gesuchstellung mit einer Antwort des Departements erst mehrere Tage nach Ablauf der ersten Frist rechnen konnte, verpflichtet, möglichst umgehend der prozessualen Auflage nachzukommen und allfällige diesbezügliche unvorhergesehene Schwierigkeiten der Behörde rechtzeitig anzuzeigen. Bis zum 29. November 2004 (Datum des Nichteintretensentscheids, 24 Tage nach Ablauf der ersten Frist und der Gesuchstellung) hat der Beschwerdeführer weder die Unterlagen eingereicht noch sich beim Departement gemeldet. In der staatsrechtlichen Beschwerde wird mit keinem Wort erwähnt, warum die Beschaffung des fraglichen Zeugnisses bei der Wohnortsgemeinde mit grossem Zeitaufwand hätte verbunden sein können. Es handelt sich dabei um eine mit keinem besonderen Aufwand verbundene Handlung. Hinzu kommt, dass der Beschwerdeführer bereits am 4. Oktober 2004 im bundesgerichtlichen Verfahren 2A.569/2004 in Aussicht gestellt hatte, die zur Begründung des dort gestellten Gesuchs um unentgeltliche Rechtspflege notwendigen Unterlagen nachzureichen. Er hatte schon damals Anlass, zusätzlich auch im Hinblick auf das gemäss verwaltungsgerichtlichem Urteil vom 30. August 2004 zu erwartende Beschwerdeverfahren vor dem Departement, die Beschaffung der Unterlagen in die Wege zu leiten. Was die fehlende Kontaktaufnahme mit dem Departement betrifft, beruht diese Handlungsweise auf der, wie dargelegt, offensichtlich unzutreffenden Auffassung, dass seit dem 5. November 2004 keine Frist (mehr) angesetzt gewesen sei.
 
Unter diesen Umständen erscheint es nicht willkürlich anzunehmen, der Beschwerdeführer sei ihm genügend bestimmt auferlegten prozessualen Verpflichtungen ohne zureichenden Grund nicht nachgekommen. Mit dem Nichteintretensentscheid hat das Departement im Ergebnis weder das Willkürverbot verletzt noch gegen das Verbot der formellen Rechtsverweigerung verstossen.
 
2.3 Die staatsrechtliche Beschwerde erweist sich nach dem Gesagten als offensichtlich unbegründet und ist abzuweisen.
 
2.4 Der Beschwerdeführer hat auch für das vorliegende Verfahren um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung ersucht. Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass er nicht ernsthaft mit der Gutheissung der Beschwerde rechnen konnte; das Gesuch ist daher wegen Aussichtslosigkeit der Beschwerde abzuweisen (Art. 152 OG).
 
Entsprechend sind die bundesgerichtlichen Kosten dem unterliegenden Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 156 in Verbindung mit Art. 153 und 153a OG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht
 
im Verfahren nach Art. 36a OG:
 
1.
 
Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen.
 
2.
 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird abgewiesen.
 
3.
 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 1'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.
 
4.
 
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer und dem Justiz- und Sicherheitsdepartement des Kantons Luzern schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 1. Februar 2005
 
Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
 
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