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Informationen zum Dokument  BGer C 219/2004  Materielle Begründung
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BGer C 219/2004 vom 16.02.2005
 
Eidgenössisches Versicherungsgericht
 
Tribunale federale delle assicurazioni
 
Tribunal federal d'assicuranzas
 
Sozialversicherungsabteilung
 
des Bundesgerichts
 
Prozess
 
{T 7}
 
C 219/04
 
Urteil vom 16. Februar 2005
 
IV. Kammer
 
Besetzung
 
Präsident Ferrari, Bundesrichter Meyer und Ursprung; Gerichtsschreiberin Fleischanderl
 
Parteien
 
B.________, 1975, Beschwerdeführer,
 
gegen
 
Unia Arbeitslosenkasse, Rebgasse 1, 4005 Basel, Beschwerdegegnerin
 
Vorinstanz
 
Sozialversicherungsgericht Basel-Stadt, Basel
 
(Entscheid vom 9. August 2004)
 
Sachverhalt:
 
A.
 
Der 1975 geborene B.________ war seit 30. August 2002 als Plattenleger bei der in Dübendorf domizilierten Firma X.________ GmbH angestellt. Nachdem das Arbeitsverhältnis mit Vereinbarung vom 22. September 2003 per sofort aufgelöst worden war, meldete er sich am darauf folgenden Tag zum Bezug von Taggeldern bei der Arbeitslosenversicherung an. Die Arbeitslosenkasse der Gewerkschaft Bau & Industrie GBI, Zahlstelle Nordwestschweiz, (seit 1. Januar 2005: Unia Arbeitslosenkasse, Basel) verfügte am 22. Januar 2004 die Einstellung in der Anspruchsberechtigung für die Dauer von 32 Tagen ab 23. September 2003 wegen selbstverschuldeter Arbeitslosigkeit.
 
B.
 
Die dagegen erhobene "Einsprache" wies das Sozialversicherungsgericht Basel-Stadt mit Entscheid vom 9. August 2004 ab.
 
C.
 
B.________ führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde und beantragt, die Einstellung in der Bezugsberechtigung sei aufzuheben.
 
Während sich die Arbeitslosenkasse einer Stellungnahme enthält, verzichtet das Staatssekretariat für Wirtschaft (seco) auf eine Vernehmlassung.
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
 
1.
 
Das Eidgenössische Versicherungsgericht prüft auf Verwaltungsgerichtsbeschwerde hin die formellen Prozessvoraussetzungen, insbesondere die Frage, ob die Vorinstanz zu Recht auf ein Rechtsmittel (Beschwerde oder Klage) eingetreten ist, von Amtes wegen. Hat die Vorinstanz das Fehlen einer Eintretensvoraussetzung übersehen und ist sie deshalb zu Unrecht auf das Rechtsmittel eingetreten, hebt das Eidgenössische Versicherungsgericht den Entscheid auf, verbunden mit der Feststellung, dass auf das Rechtsmittel mangels Prozessvoraussetzung nicht eingetreten werden kann (BGE 128 V 89 f. Erw. 2a, 112 V 83 f. Erw. 1, je mit Hinweisen).
 
1.1
 
1.1.1 Am 1. Januar 2003 ist das Bundesgesetz vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) in Kraft getreten. Dieses Gesetz koordiniert das Sozialversicherungsrecht des Bundes, indem es u.a. ein einheitliches Sozialversicherungsverfahren festlegt und die Rechtspflege regelt (Art. 1 Ingress und lit. b ATSG). Seine Bestimmungen sind auf die bundesgesetzlich geregelten Sozialversicherungen anwendbar, wenn und soweit die einzelnen Sozialversicherungsgesetze es vorsehen (Art. 2 ATSG).
 
1.1.2 Nach Art. 1 Abs. 1 AVIG in der seit 1. Januar 2003 geltenden Fassung sind die Bestimmungen des Allgemeinen Teils des Sozialversicherungsrechts auf die obligatorische Arbeitslosenversicherung und die Insolvenzentschädigung anwendbar, soweit das vorliegende Gesetz nicht ausdrücklich eine Abweichung vom ATSG vorsieht. Für das arbeitslosenversicherungsrechtliche Leistungen betreffende Verwaltungs- und erstinstanzliche Verwaltungsgerichtsbeschwerdeverfahren gilt demnach folgende Regelung: Über Leistungen, Forderungen und Anordnungen, die erheblich sind oder mit denen die betroffene Person nicht einverstanden ist, hat der Versicherungsträger, allenfalls auf entsprechendes Begehren, schriftlich Verfügungen zu erlassen (Art. 49 Abs. 1 sowie Art. 51 ATSG). In Art. 100 Abs. 1 Satz 2 AVIG erfuhr dieser verfahrensrechtliche Grundsatz insofern eine Präzisierung, als im Bereich der obligatorischen Arbeitslosenversicherung - in Abweichung von Art. 49 Abs. 1 ATSG - regelmässig das formlose Verfahren nach Art. 51 Abs. 1 ATSG zur Anwendung gelangt, ausser in den in Satz 1 der Norm genannten sowie in den Fällen, in denen - wie im hier zu beurteilenden Sachverhalt - dem Ersuchen der betroffenen Person nicht oder nicht vollumfänglich entsprochen wird. Gegen Verfügungen kann sodann innerhalb von 30 Tagen bei der verfügenden Stelle Einsprache erhoben werden; davon ausgenommen sind prozess- und verfahrensleitende Verfügungen (Art. 52 Abs. 1 ATSG). Gegen Einspracheentscheide oder Verfügungen, gegen welche eine Einsprache ausgeschlossen ist, kann beim kantonalen Versicherungsgericht Beschwerde erhoben werden (Art. 56 Abs. 1 und Art. 57 ATSG; Art. 100 Abs. 3 AVIG in Verbindung mit Art. 128 Abs. 2 AVIV).
 
1.2 Im Unterschied zur Rechtslage vor In-Kraft-Treten des ATSG sind somit Verfügungen über die Einstellung in der Anspruchsberechtigung auf Arbeitslosentaggelder nicht mehr direkt mit Beschwerde an das zuständige kantonale Versicherungsgericht weiterziehbar (vgl. alt Art. 100 ff. AVIG [in der bis 31. Dezember 2002 in Kraft gestandenen Fassung). Vielmehr haben die Versicherten ihre Rechte - von vorliegend nicht massgeblichen Ausnahmen abgesehen (vgl. Art. 100 Abs. 2 AVIG in Verbindung mit Art. 127 Abs. 1 AVIV) - durch Einsprache bei der verfügenden Behörde geltend zu machen (Art. 52 Abs. 1 ATSG in Verbindung mit Art. 127 Abs. 2 AVIV). Das Einspracheverfahren ist zwingend (Urteil G. vom 25. November 2004, H 53/04, Erw. 1.1.3 mit Hinweis auf Ueli Kieser, ATSG-Kommentar, S. 524 Rz 17 zu Art. 52). Davon kann lediglich in den vom Gesetz selber ausdrücklich normierten Fällen abgesehen werden (in diesem Sinne auch Bericht «Parlamentarische Initiative Sozialversicherungsrecht» der Kommission des Nationalrates für soziale Sicherheit und Gesundheit vom 26. März 1999 [BBl 1999 4611]). Der Einspracheentscheid, nicht aber die Verfügung, bildet denn auch Anfechtungsgegenstand des erstinstanzlichen Beschwerdeverfahrens (RKUV 1991 Nr. U 120 S. 94 Erw. 6 mit Hinweisen zu alt Art. 105 Abs. 1 UVG; vgl. auch BGE 116 V 248 Erw. 1a; zum Ganzen: Urteil G. vom 25. November 2004, H 53/04, Erw. 1.1.2 und 1.1.3).
 
2.
 
2.1 Die Arbeitslosenkasse stellte den Beschwerdeführer mit Verfügung vom 22. Januar 2004 für die Dauer von 32 Tagen ab 23. September 2003 in der Bezugsberechtigung ein. Trotz Hinweis in der Rechtsmittelbelehrung auf die Möglichkeit der Einspracheerhebung bei der verfügenden Stelle reichte der Versicherte am 2. Februar 2004 (Postaufgabe) beim Sozialversicherungsgericht Basel-Stadt - unter Bezugnahme auf den "negativen Einspracheentscheid der Arbeitslosenkasse GBI vom 22.1.2004 betreffend Einstelltage wegen angeblicher selbstverschuldeter Arbeitslosigkeit" - "Einsprache" (vom 29. Januar 2004) ein.
 
2.2 Obgleich kein Ausnahmetatbestand vorliegt - namentlich stellt die Einstellungsverfügung vom 22. Januar 2004 keinen prozess- oder verfahrensleitenden Verwaltungsakt im Sinne des Art. 52 Abs. 1 zweiter Teilsatz ATSG dar, gegen welchen keine Einsprache zulässig wäre (vgl. Erw. 1.1.2 hievor) -, ist die Vorinstanz auf die Eingabe vom 29. Januar 2004 eingetreten und hat die Sache in materieller Hinsicht geprüft. Die in den Sachverhaltsausführungen des angefochtenen Entscheides erwähnte Verfügung vom 23. November 2003 betrifft nicht den hier zu beurteilenden Prozess sondern das Verfahren des Bruders des Beschwerdeführers, welches ebenfalls vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht hängig ist (C 212/04), und beim gleichenorts genannten "Einspracheentscheid vom 22. Januar 2004" handelt es sich wohl um die Kassenverfügung vom 22. Januar 2004. Das kantonale Gericht hätte demnach mangels Anfechtungsgegenstandes nicht auf die als "Einsprache" betitelte Beschwerde gegen die Verfügung vom 22. Januar 2004 eintreten und über die Einstellung in der Anspruchsberechtigung entscheiden dürfen (BGE 125 V 414 Erw. 1a mit Hinweisen). Da die unzuständige Behörde eine an sie adressierte Eingabe unverzüglich an die zuständige Amtsstelle weiterzuleiten hat (BGE 114 V 149 Erw. 3c, 102 V 74 f. Erw. 1; vgl. auch Kieser, a.a.O., S. 350 Rz 14 zu Art. 30 und S. 601 Rz 5 zu Art. 61), wäre die Rechtsvorkehr vom 29. Januar 2004 zur Behandlung als Einsprache an die Arbeitslosenkasse zu überweisen gewesen. Dieses Versäumnis ist vom Eidgenössischen Versicherungsgericht nachzuholen (in ZBJV 140/2004 S. 750 zusammengefasstes Urteil M. vom 18. Dezember 2003, C 221/03, Erw. 4.2 in fine mit Hinweis; Urteil G. vom 25. November 2004, H 53/04, Erw. 1.4 mit Hinweis).
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
 
1.
 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird in dem Sinne gutgeheissen, als der Entscheid des Sozialversicherungsgerichts Basel-Stadt vom 9. August 2004 mit der Feststellung aufgehoben wird, dass auf die Eingabe vom 29. Januar 2004 (Postaufgabe: 2. Februar 2004) nicht einzutreten ist.
 
2.
 
Die Sache wird an die Unia Arbeitslosenkasse, Basel, zur Behandlung im Sinne der Erw. 2.2 überwiesen.
 
3.
 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
 
4.
 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht Basel-Stadt, dem Kantonalen Amt für Industrie, Gewerbe und Arbeit Basel-Stadt und dem Staatssekretariat für Wirtschaft zugestellt.
 
Luzern, 16. Februar 2005
 
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts
 
Der Präsident der IV. Kammer: Die Gerichtsschreiberin:
 
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