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Informationen zum Dokument  BGer C 26/2005  Materielle Begründung
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BGer C 26/2005 vom 24.03.2005
 
Eidgenössisches Versicherungsgericht
 
Tribunale federale delle assicurazioni
 
Tribunal federal d'assicuranzas
 
Sozialversicherungsabteilung
 
des Bundesgerichts
 
Prozess
 
{T 7}
 
C 26/05
 
Urteil vom 24. März 2005
 
IV. Kammer
 
Besetzung
 
Präsident Ferrari, Bundesrichterin Widmer und Bundesrichter Ursprung; Gerichtsschreiber Schmutz
 
Parteien
 
K.________, 1940, Beschwerdeführer,
 
gegen
 
Arbeitslosenkasse des Kantons Zürich, Brunngasse 6, 8400 Winterthur, Beschwerdegegnerin
 
Vorinstanz
 
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur
 
(Entscheid vom 16. Dezember 2004)
 
Sachverhalt:
 
A.
 
Mit Verfügung vom 30. Juni 2003 stellte die Arbeitslosenkasse des Kantons Zürich (nachfolgend: Arbeitslosenkasse) K.________ wegen selbstverschuldeter Arbeitslosigkeit für 45 Tage in der Anspruchsberechtigung auf Taggelder ein. Dessen vormalige Arbeitgeberin, das Hotel E.________ in X.________, hatte das Beschäftigungsverhältnis per 30. April 2003 aufgelöst. Grund hiezu waren diverse Vorfälle, namentlich ungebührliches Verhalten gegenüber Mitarbeitenden, Bespucken eines Schaufensters in der Nähe des Hotels und Bekanntmachung der Geschichte in den Medien. Die gegen die Verfügung erhobene Einsprache wies die Arbeitslosenkasse mit Entscheid vom 4. September 2003 ab. K.________ reichte dagegen Beschwerde ein mit dem Rechtsbegehren, die Verfügung sei aufzuheben, eventuell sei die Einstellungsdauer angemessen zu reduzieren. Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich hiess mit Entscheid vom 14. Januar 2004 die Beschwerde in dem Sinne gut, dass es die Sache zwecks ergänzender Abklärungen und zum Erlass einer neuen Verfügung an die Arbeitslosenkasse zurückwies.
 
B.
 
Nachdem die Arbeitslosenkasse die Abklärungen getroffen hatte, stellte sie K.________ mit Verfügung vom 3. Februar 2004 ab 1. Mai 2003 erneut für 45 Tage in der Anspruchsberechtigung ein. Die dagegen gerichtete Einsprache wies sie mit Entscheid vom 22. März 2004 ab.
 
C.
 
Die hiegegen erhobene Beschwerde wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 16. Dezember 2004 ab.
 
D.
 
K.________ führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde und beantragt, die Dauer der Einstellung in der Anspruchsberechtigung sei angemessen zu reduzieren.
 
Die Arbeitslosenkasse schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Staatssekretariat für Wirtschaft verzichtet auf Vernehmlassung.
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
 
1.
 
1.1 Das kantonale Gericht hat die Bestimmungen über die Einstellung in der Anspruchsberechtigung wegen selbstverschuldeter Arbeitslosigkeit (Art. 30 Abs. 1 lit. a AVIG), namentlich bei Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten (Art. 44 Abs. 1 lit. a AVIV), sowie die verschuldensabhängige Dauer der Einstellung (Art. 30 Abs. 3 Satz 3 AVIG und Art. 45 Abs. 2 AVIV) zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen.
 
1.2 Ein Selbstverschulden im Sinne von Art. 30 Abs. 1 lit. a AVIG ist gegeben, wenn und soweit der Eintritt der Arbeitslosigkeit nicht objektiven Faktoren zuzuschreiben ist, sondern in einem nach den persönlichen Umständen und Verhältnissen vermeidbaren Verhalten des Versicherten liegt, für das die Arbeitslosenversicherung die Haftung nicht übernimmt (ARV 1998 Nr. 9 S. 44 Erw. 2b, 1982 Nr. 4 S. 39 Erw. 1a; Gerhards, Kommentar zum AVIG, Bd. I, Rz. 8 zu Art. 30). Es genügt, dass das allgemeine Verhalten der versicherten Person Anlass zur Kündigung oder Entlassung gegeben hat; Beanstandungen in beruflicher Hinsicht müssen nicht vorgelegen haben. Eine Einstellung in der Anspruchsberechtigung nach Art. 30 Abs. 1 lit. a AVIG kann jedoch nur verfügt werden, wenn das dem Versicherten zur Last gelegte Verhalten in beweismässiger Hinsicht klar feststeht (BGE 112 V 245 Erw. 1; ARV 1999 Nr. 8 S. 39 Erw. 7b; SVR 1996 AlV Nr. 72 S. 220 Erw. 3b/bb; Gerhards, a.a.O., Rz. 11 zu Art. 30). Das vorwerfbare Verhalten muss zudem nach Art. 20 lit. b des Übereinkommens Nr. 168 der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) über Beschäftigungsförderung und den Schutz gegen Arbeitslosigkeit vom 21. Juni 1988 (SR 0.822.726.8; für die Schweiz in Kraft seit dem 17. Oktober 1991, AS 1991 1914) vorsätzlich erfolgt sein (vgl. BGE 124 V 236 Erw. 3b, welche Rechtsprechung gemäss unveröffentlichtem Urteil M. vom 17. Oktober 2000 [C 53/00], Erw. 3b, auch im Bereich von Art. 44 Abs. 1 lit. a AVIV anwendbar ist).
 
2.
 
Für das Verschulden des Versicherten am Verlust seines Arbeitsplatzes ist nicht die Tatsache allein relevant, dass er auf dem Arbeitsweg an eine Schaufensterscheibe in der Nachbarschaft seines Arbeitgebers spuckte und dabei auf Video aufgenommen wurde. Es ist auch nicht ausschlaggebend, ob er dies nur einmal oder schon mehrere Male zuvor getan hatte. Immerhin erhielt er aber von seinem Arbeitgeber am 18. Oktober 2002 dafür umgehend eine schriftliche Verwarnung. Der Beschwerdeführer musste bereits zuvor am 17. April 2002 wegen ungebührlichen Verhaltens gegenüber Mitarbeitenden schriftlich verwarnt werden, am 9. Dezember 2002 kam es aus dem selben Grunde zu einer weiteren (mündlichen, im Sinne einer letzten) Verwarnung. Er musste sich dessen bewusst sein, dass er bei einem nächsten Vorkommnis entlassen würde. Darum wog es schwer, dass er sich rund zwei Monate später in einer von Y.________ im ganzen Grossraum der Stadt und des Kantons Zürich ausgestrahlten Fernsehsendung trotzdem zum Spuckvorfall befragen liess. Er musste wissen, dass er als Kellner mit seinem Arbeitgeber in Verbindung gebracht werden könnte, auch wenn er selber diesen nicht namentlich erwähnte. Auch war ihm aus seiner langjährigen Tätigkeit im Betrieb bekannt, dass ein renommiertes Hotel es sich nicht leisten will und kann, in der Öffentlichkeit den Eindruck zu erwecken, es beschäftige Servicepersonal, das sich unmanierlich benimmt. Er hätte darum auf die Anfrage von Y.________ gar nicht eingehen dürfen. Selbst wenn er zunächst nur telefonisch befragt und später, wie er vorbringt, von einem Journalisten überrumpelt wurde, hätte er unter den erwähnten Umständen jeden Kommentar verweigern müssen. Da er dies nicht getan hat sowie auf Grund der vom Arbeitgeber bereits mündlich und schriftlich gerügten Vorkommnisse innerhalb und ausserhalb des Betriebes muss er sich vorwerfen lassen, die Arbeitslosigkeit wegen der Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten vorsätzlich selber verschuldet zu haben.
 
3.
 
Zu prüfen bleibt die Einstellungsdauer, insbesondere ob der Beurteilung der Vorinstanzen auch hinsichtlich der Festsetzung der Einstellungsdauer von 45 Tagen, mithin im Bereich des schweren Verschuldens, im Rahmen der Angemessenheitskontrolle (Art. 132 OG; BGE 123 V 152 Erw. 2, 122 V 42 Erw. 5b mit Hinweis) gefolgt werden kann. Nach dem eben Gesagten ist es nicht zu beanstanden, dass die Arbeitslosenkasse das Verhalten des Beschwerdeführers als schweres Verschulden im mittleren Bereich gewertet hat. Nach der Rechtsprechung ist als sachgemässer Ausgangspunkt für die individuelle Verschuldensbeurteilung im Bereich des schweren Verschuldens grundsätzlich ein Mittelwert in der Skala zu wählen (123 V 153 Erw. 3c). Schweres Verschulden wird mit 31 bis 60 Einstellungstagen sanktioniert. Der Mittelwert liegt damit bei 45 Tagen. In Würdigung der gesamtem Umstände ist daher die verfügte Einstellungsdauer von 45 Tagen angemessen (Art. 132. lit. a OG).
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
 
1.
 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
 
2.
 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
 
3.
 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, dem Amt für Wirtschaft und Arbeit, Arbeitslosenversicherung, und dem Staatssekretariat für Wirtschaft zugestellt.
 
Luzern, 24. März 2005
 
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts
 
Der Präsident der IV. Kammer: Der Gerichtsschreiber:
 
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