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Informationen zum Dokument  BGer 2A.295/2005  Materielle Begründung
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BGer 2A.295/2005 vom 19.05.2005
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
2A.295/2005 /leb
 
Urteil vom 19. Mai 2005
 
II. Öffentlichrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Merkli, Präsident,
 
Bundesrichter Hungerbühler, Müller,
 
Gerichtsschreiber Feller.
 
Parteien
 
X.________,
 
Beschwerdeführer, vertreten durch
 
Rechtsanwalt Till Gontersweiler,
 
gegen
 
Regierungsrat des Kantons Zürich,
 
Kaspar Escher-Haus, 8090 Zürich,
 
Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 4. Abteilung, 4. Kammer, Militärstrasse 36, Postfach, 8090 Zürich.
 
Gegenstand
 
Aufenthaltsbewilligung,
 
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, 4. Abteilung, 4. Kammer, vom 23. März 2005.
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
 
1.
 
1.1 X.________, geb. 1970, ist Staatsangehöriger der Union Serbien-Montenegro. 1995 reiste er zusammen mit seiner damaligen Ehefrau und den zwei gemeinsamen, kurz zuvor geborenen Töchtern (Zwillinge) in die Schweiz ein und stellte ein Asylgesuch. Dieses wurde Ende 1997 abgewiesen, und die Schweizerische Asylrekurskommission wies die gegen die entsprechende Verfügung erhobene Beschwerde am 1. September 2000 ab. Im Juni 2001 ordnete das Bundesamt für Flüchtlinge an, dass vorderhand keine Vollzugshandlungen durchgeführt würden.
 
Am 12. April 2001 wurde die Ehe von X.________ geschieden, wobei das Sorgerecht über die beiden Töchter der Ehefrau übertragen wurde. Sowohl diese wie auch X.________ verheirateten sich in der Folge je mit einem Ehepartner schweizerischer Nationalität. Bereits seit Ende 2001 lebt X.________ nicht mehr in gemeinsamem Haushalt mit der zweiten Ehefrau.
 
Nachdem X.________ zuvor in den Jahren 1995 und 1996 zweimal Ladendiebstähle begangen hatte und zu bedingten Freiheitsstrafen von drei bzw. vierzehn Tagen verurteilt worden war, bestrafte ihn das Bezirksgericht Zürich mit Urteil vom 25. September 2003 mit einer unbedingten Gefängnisstrafe von zweieinhalb Jahren wegen Verstössen gegen das Betäubungsmittel- sowie das Waffengesetz; im Zeitraum von Juni bis Oktober 2001 hatte er fast ununterbrochen bedeutende Mengen Kokain und Heroin vermittelt; insgesamt handelte es sich um die Vermittlung von sechs bis zwölf Kilogramm Drogengemisch. Am 26. April 2004 wurde er bedingt aus dem Strafvollzug entlassen.
 
1.2 Mit Verfügung vom 25. Februar 2004 lehnte das Migrationsamt des Kantons Zürich das Gesuch von X.________ um Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung ab. Der dagegen erhobene Rekurs an den Regierungsrat des Kantons Zürich blieb erfolglos (Beschluss vom 27. Oktober 2004). Das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich wies die gegen den regierungsrätlichen Beschluss erhobene Beschwerde am 23. März 2005 ab.
 
1.3 Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde vom 3. Mai (Postaufgabe 4. Mai) 2005 beantragt X.________ dem Bundesgericht, das Urteil des Verwaltungsgerichts aufzuheben und seine Aufenthaltsbewilligung zu verlängern.
 
Es ist weder ein Schriftenwechsel noch sind andere Instruktionsmassnahmen angeordnet worden. Das Urteil, mit dessen Ausfällung das Gesuch um aufschiebende Wirkung gegenstandslos wird, ergeht im vereinfachten Verfahren (Art. 36a OG); dabei wird soweit möglich auf die Erwägungen des angefochtenen Entscheids verwiesen (vgl. Art. 36a Abs. 3 OG).
 
2.
 
2.1 Der Beschwerdeführer ist mit einer Schweizer Bürgerin verheiratet. Gemäss Art. 7 Abs. 1 erster Satz ANAG hat der ausländische Ehegatte eines Schweizer Bürgers Anspruch auf Erteilung und Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung. Solange die Ehe des Ausländers mit einem in der Schweiz fest anwesenheitsberechtigten Ehepartner intakt ist und tatsächlich gelebt wird, besteht ein Bewilligungsanspruch sodann auch gestützt auf Art. 8 EMRK, welcher das Recht auf Achtung des Familienlebens einräumt (BGE 130 II 281 E. 3.1 S. 285 f.; 129 II 215 E. 4 S. 218;127 II 60 E. 1d/aa S. 64 f.).
 
Die minderjährigen Töchter des Beschwerdeführers haben, da auch ihre Mutter nunmehr mit einem Schweizer Bürger verheiratet ist und einen festen Anspruch auf eine ausländerrechtliche Bewilligung hat, ein gefestigtes Anwesenheitsrecht in der Schweiz. Der Beschwerdeführer hält die familiäre Beziehung zu ihnen im Rahmen des ihm eingeräumten Besuchsrechts aufrecht. Auch diesbezüglich hat er gestützt auf Art. 8 EMRK einen Rechtsanspruch auf eine ausländerrechtliche Bewilligung (vgl. BGE 120 Ib 1 und 120 Ib 22).
 
2.2 Weder Art. 7 ANAG noch Art. 8 EMRK verschaffen einen absoluten Anspruch auf die Erteilung oder die Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung. Gemäss Art. 7 Abs. 1 dritter Satz ANAG erlischt der in Art. 7 Abs. 1 erster Satz ANAG eingeräumte Anspruch, wenn ein Ausweisungsgrund vorliegt. Damit ist Art. 10 ANAG angesprochen, und es hat unter Beachtung der Kriterien von Art. 16 Abs. 3 der Vollziehungsverordnung vom 1. März 1949 zum Bundesgesetz über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer (ANAV; SR. 142.201) - Schwere des Verschuldens, Dauer der Anwesenheit, persönliche und familiäre Nachteile - eine Verhältnismässigkeitsprüfung nach Art. 11 Abs. 3 ANAG stattzufinden. Eine vergleichbare Interessenabwägung setzt im Übrigen gemäss Art. 8 Ziff. 2 EMRK auch ein Eingriff in das durch Art. 8 Ziff. 1 EMRK geschützte Recht auf Achtung des Familienlebens voraus. Ein solcher Eingriff ist statthaft, soweit er eine Massnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutze der Gesellschaft und Moral sowie der Rechte und Pflichten anderer notwendig ist. Verlangt ist eine Abwägung der sich gegenüberstehenden Interessen an der (weiteren) Erteilung der Bewilligung und den öffentlichen Interessen an deren Verweigerung, wobei letztere in dem Sinne überwiegen müssen, dass sich der Eingriff als notwendig erweist (vgl. BGE 122 II 1 E. 2 S. 6).
 
2.3 Ausgangspunkt für die ausländerrechtliche Interessenabwägung (gemäss Art. 7 in Verbindung mit Art. 10 und 11 Abs. 3 ANAG bzw. gemäss Art. 8 EMRK) ist die Schwere des Verschuldens des Ausländers, wobei Massstab die vom Strafrichter verhängte Strafe ist (BGE 129 II 215 E. 3.1 S. 216). Wie das Verwaltungsgericht zutreffend festhält, hat bereits der Strafrichter im Hinblick auf die Strafzumessung auch schuldherabsetzende Umstände berücksichtigt, sodass im ausländerrechtlichen Verfahren diesbezüglich keine zusätzlichen Relativierungen geboten sind (vgl. Urteil 2A.353/2004 vom 28. Juni 2004 E. 2.2).
 
Entgegen der in der Beschwerde vertretenen Auffassung hat das Verwaltungsgericht das Verschulden des Beschwerdeführers angesichts einer Freiheitsstrafe von zweieinhalb Jahren zu recht als schwer qualifiziert. Warum es nicht auf die Menge der Betäubungsmittel ankommen solle, wofür der Beschwerdeführer sich während mehrerer Monate als Vermittler betätigte, ist nicht ersichtlich. Hiefür kann auf E. 3.1.1 und 3.1.2 des angefochtenen Entscheids verwiesen werden. Nicht gänzlich ausser Acht gelassen werden können bei einer Gesamtbewertung des Verhaltens des Beschwerdeführers schliesslich die zwei Eigentumsdelikte aus den Jahren 1995 und 1996, wobei hervorzuheben ist, dass eine erste Verurteilung ihn nicht davon abhalten konnte, dasselbe Delikt nur kurze Zeit später wieder zu begehen.
 
Angesichts der Tragweite, welche der Bekämpfung des Drogenhandels im europäischen Rechtsraum beigemessen wird, fällt die Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von deutlich über zwei Jahren wegen des Verstosses gegen das Betäubungsmittelgesetz bei der Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Fernhaltung des Beschwerdeführers aus der Schweiz stark ins Gewicht (vgl. BGE 125 II 521 E. 4a/aa S. 527 oben).
 
2.4 Dem öffentlichen Interesse an der Bewilligungsverweigerung sind die persönlichen und familiären Interessen des Beschwerdeführers, die für einen Verbleib in der Schweiz sprechen, gegenüberzustellen.
 
Was die heutige Ehefrau des Beschwerdeführers betrifft, nimmt das Verwaltungsgericht an, dass keine intakte und gelebte Beziehung vorliege. Es erscheint fraglich, ob es genügend für das Bundesgericht verbindliche tatsächliche Feststellungen getroffen hat (vgl. Art. 105 Abs. 2 OG), die darauf schliessen liessen, die Berufung auf die Ehe sei missbräuchlich (vgl. dazu BGE 130 II 113 E. 4.2 S. 117; 128 II 145 E. 2.2. S. 151; 127 II 49 E. 5 S. 56 ff. mit Hinweisen). Wie es sich damit verhält, kann dahingestellt bleiben. Das Verwaltungsgericht hat in E. 1.2 die Aussagen der Ehefrau wiedergegeben, welche festhielt, dass von einem gemeinsamen Eheleben nicht gesprochen werden könne; sie und ihr Mann hätten sich seit Ende 2001 auseinandergelebt. Dem hält der Beschwerdeführer einzig entgegen, die Tatsache, dass sie getrennte Wohnungen hätten, spreche nicht gegen das Bestehen einer intakten Ehe. Die Feststellungen des Verwaltungsgerichts erlauben zumindest die Annahme, dass keine intensiv gelebte Beziehung vorliegt.
 
Anders verhält es sich hinsichtlich der Beziehungen des Beschwerdeführers zu seinen Töchtern. Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass der nicht sorgeberechtigte Ausländer die familiäre Beziehung zu seinen Kindern zum Vornherein bloss in einem beschränkten Rahmen, nämlich durch Ausübung des Besuchsrechts, leben kann. Einer auf diese Weise gelebten familiären Beziehung kommt bei der im Hinblick auf die Bewilligungserteilung erforderlichen Interessenabwägung beschränkte Bedeutung zu (vgl. BGE 120 Ib 1 E. 3 S. 4 ff., 22 E. 4 S. 24 ff.). Insbesondere kann der Ausländer gestützt auf eine derartige familiäre Beziehung eine ausländerrechtliche Bewilligung höchstens dann beanspruchen, wenn er zu keinerlei Klagen Anlass gegeben hat; dies ist beim massiv straffällig gewordenen Beschwerdeführer nicht der Fall. Es kann hiefür auf E. 3.2.5 des angefochtenen Entscheids verwiesen werden.
 
Was die übrigen persönlichen Verhältnissen betrifft, ist auf E. 3.2.2 und 3.2.3 des angefochtenen Entscheids zu verweisen, wo insbesondere auch den psychischen Problemen des Beschwerdeführers Rechnung getragen wird. Die Ausführungen in der Beschwerdeschrift hiezu sind nicht geeignet darzulegen, dass die Rückkehr des Beschwerdeführers in seine Heimat mit unzumutbaren Schwierigkeiten verbunden wären. Umgekehrt kann der Beschwerdeführer, der erst 1995, im Alter von 25 Jahren, in die Schweiz kam, nicht als hier verwurzelt gelten. Im Jahr 2001 hat er in schwerer Weise delinquiert; dass er sich seit der bedingten Entlassung im Frühjahr 2004, während der Hängigkeit des ausländerrechtlichen Verfahrens, nichts hat zu Schulden kommen lassen, muss als Selbstverständlichkeit gelten und erlaubt den Schluss auf eine gelungene Integration nicht.
 
2.5 Das Verwaltungsgericht hat bei seiner Interessenabwägung sämtliche wichtigen Gesichtspunkte miteinbezogen. Die daraus gezogene Schlussfolgerung, aufgrund der gravierenden Verstösse gegen die Rechtsordnung überwiege das öffentliche Interesse an einer Fernhaltung des Beschwerdeführers dessen persönliche und familiäre Interessen an einem Verbleiben in der Schweiz (vgl. E. 3.3 des angefochtenen Entscheids), lässt sich nicht beanstanden. Das Verwaltungsgericht hat weder das Verhältnismässigkeitsgebot noch sonstwie Bundesrecht verletzt. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde erweist sich als offensichtlich unbegründet und ist abzuweisen.
 
2.6 Entsprechend dem Verfahrensausgang sind die bundesgerichtlichen Kosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 156 in Verbindung mit Art. 153 und 153a OG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht
 
im Verfahren nach Art. 36a OG:
 
1.
 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
 
2.
 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.
 
3.
 
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Regierungsrat und dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich sowie dem Bundesamt für Migration schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 19. Mai 2005
 
Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
 
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