VerfassungsgeschichteVerfassungsvergleichVerfassungsrechtRechtsphilosophie
UebersichtWho-is-WhoBundesgerichtBundesverfassungsgerichtVolltextsuche...

Informationen zum Dokument  BGer 2A.322/2005  Materielle Begründung
Druckversion | Cache | Rtf-Version

Bearbeitung, zuletzt am 16.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch)  
 
BGer 2A.322/2005 vom 20.05.2005
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
2A.322/2005 /leb
 
Urteil vom 20. Mai 2005
 
II. Öffentlichrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Merkli, Präsident,
 
Bundesrichter Betschart, Hungerbühler,
 
Gerichtsschreiber Hugi Yar.
 
Parteien
 
X.________,
 
Beschwerdeführer, vertreten durch
 
Maître Nicolas Rouiller,
 
gegen
 
Fremdenpolizei der Stadt Biel,
 
Neuengasse 28, 2502 Biel/Bienne,
 
Haftgericht III Bern-Mittelland,
 
Amthaus, Hodlerstrasse 7, 3011 Bern.
 
Gegenstand
 
Verlängerung der Ausschaffungshaft
 
(Art. 13b Abs. 2 ANAG),
 
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid des Haftgerichts III Bern-Mittelland vom 29. April 2005.
 
Das Bundesgericht stellt fest und zieht in Erwägung:
 
1.
 
Der nach eigenen Angaben aus China stammende X.________ (geb. 1985) wurde am 2. Februar 2005 in Biel angehalten und tags darauf in Ausschaffungshaft genommen. Am 27./29. April 2005 verlängerte das Haftgericht III Bern-Mittelland seine Festhaltung bis zum 2. August 2005. X.________ beantragt vor Bundesgericht, diesen Entscheid aufzuheben und ihn freizulassen; allenfalls sei die Vorinstanz anzuweisen, Y.________ als Zeugen zu seiner Identität zu befragen.
 
2.
 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde erweist sich gestützt auf die eingeholten Akten als offensichtlich unbegründet und kann ohne Weiterungen im vereinfachten Verfahren nach Art. 36a OG erledigt werden:
 
2.1 Der Beschwerdeführer ist im Mai 2004 über einen Schlepper illegal in die Schweiz eingereist und will sich seither hier bei Freunden und Kollegen aufgehalten haben. Er ist am 2. Februar 2005 bei einer Kontrolle in einem Bieler Restaurant angehalten worden, wo er schwarz arbeitete. Dabei hat er sich als Z.________ (geb. 1980) ausgegeben (Einvernahme vom 4. Februar 2005: "Ich habe meinen Schulfreund gebeten, mir seine Ausweise zu hinterlassen, um seinen Fahrausweis und sein Bankkonto benutzen zu können"). Zu seinem Reiseweg und zu seinem bisherigen Aufenthalt machte er widersprüchliche bzw. unvollständige Angaben. Gestützt hierauf besteht bei ihm Untertauchensgefahr im Sinne der Rechtsprechung zu Art. 13b Abs. 1 lit. c ANAG (SR 142.20; in der Fassung des Bundesgesetzes vom 19. Dezember 2003 über das Entlastungsprogramm 2003 [AS 2004 S. 1633 ff.]; vgl. BGE 130 II 377 E. 3.3.3, 56 E. 3.1 S. 58; 128 II 241 E. 2.1 S. 243) und durfte er deshalb zur Sicherung seiner formlosen Wegweisung in Ausschaffungshaft genommen werden (Art. 12 ANAG i.V.m. Art. 17 ANAV [SR 142.201]; BGE 130 II 56 E. 2 S. 58).
 
2.2 Zwar hat der Beschwerdeführer (nach eigener Aussage) inzwischen seine richtige Identität preisgegeben und will er jetzt auch so rasch wie möglich in seine Heimat zurückkehren, doch lässt dies die Untertauchensgefahr nicht dahinfallen oder die Haftverlängerung unverhältnismässig erscheinen:
 
2.2.1 Der Beschwerdeführer hat sich während Monaten illegal in der Schweiz aufgehalten und hier schwarz gearbeitet; zudem hat er die Behörden mit der Verwendung von auf eine andere Person lautenden Papieren zu täuschen versucht. Erste Abklärungen bei den chinesischen Behörden haben ergeben, dass er in seiner (angeblichen) Heimat unter der neuen Identität weder im Pass- noch im Zivilregister eingetragen ist. Unter diesen Umständen bietet er trotz der unter dem Eindruck der Haft erfolgten Kooperation keine Gewähr dafür, dass er sich für den Vollzug der Wegweisung auch ohne Haft zur Verfügung halten wird.
 
2.2.2 Hieran ändert nichts, dass der in Genf wohnhafte Restaurateur Y.________ sich bereit erklärt hat, ihn bis zum Abschluss des Verfahrens zu beherbergen und seine Identität zu bestätigen. Der Beschwerdeführer hat den betreffenden Landsmann nach eigenen Angaben erst in der Schweiz kennen gelernt ("Ich kenne ihn seit ca. einem halben Jahr. Wir haben uns in Genf kennen gelernt in einer Gruppe von Landsleuten"), so dass dieser nichts Genaueres zu dessen Personalien oder der Herkunft erklären kann; auf seine Anhörung durfte deshalb in antizipierter Beweiswürdigung verzichtet werden (vgl. hierzu BGE BGE 130 III 734 E. 2.2.3 S. 735; 124 I 208 E. 4a S. 211 mit Hinweisen); auch eine Befragung im vorliegenden Verfahren erübrigt sich.
 
2.2.3 Der vorgeschlagene Aufenthalt des Beschwerdeführers in Genf komplizierte die Papierbeschaffung durch die Berner Behörden und vermöchte den Vollzug der Wegweisung nicht hinreichend sicherzustellen, nachdem der Beschwerdeführer sich bereits während mehrerer Monate illegal bei Freunden und Kollegen aufgehalten hat, die jeweils für seinen Unterhalt bzw. seine illegale Beschäftigung gesorgt haben. Praxisgemäss ist eine Ausschaffungshaft nur dann wegen des (zwischenzeitlichen) Bestehens eines festen Aufenthaltsorts unverhältnismässig, wenn sich gerade dessen bisheriges Fehlen für die Annahme der Untertauchensgefahr als ausschlaggebend erwies (vgl. das Urteil 2A.177/004 vom 1. April 2004, E. 2.2 mit Hinweisen; Hugi Yar, Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht, in: Uebersax/Münch/Geiser/ Arnold, Ausländerrecht, Basel/Genf/München 2002, Rz. 7.86); dies ist hier nicht der Fall.
 
3.
 
3.1 Die Ausschaffungshaft soll in der Regel "höchstens drei Monate" dauern. Sie kann mit Zustimmung der richterlichen Behörde jedoch maximal um insgesamt sechs Monate verlängert werden, wenn dem Vollzug der Weg- oder Ausweisung besondere Hindernisse entgegenstehen (Art. 13b Abs. 2 ANAG). Hierunter fallen auch Probleme bei der Papierbeschaffung. Gerade wegen solcher Schwierigkeiten hat der Gesetzgeber die Haftdauer erheblich erhöht und die Möglichkeit der Haftverlängerung geschaffen (BBl 1994 I 305 ff. S. 316; BGE 130 II 56 E. 4.1.2 u. 4.1.3). Wie es sich mit der Durchführbarkeit des Wegweisungsvollzugs im Einzelnen verhält, bildet Gegenstand einer Prognose. Die Haft ist, weil unverhältnismässig, nur dann aufzuheben, wenn für die Undurchführbarkeit triftige Gründe sprechen oder praktisch feststeht, dass sich die Ausschaffung innert der gesetzlichen bzw. allenfalls einer dem Fall angemessenen kürzeren Frist kaum wird realisieren lassen (BGE 130 II 56 E. 4.1.3; 122 II 148 E. 3 S. 152 f.).
 
3.2 Dem ist hier nicht so: Zwar haben die chinesischen Behörden die Identität des Beschwerdeführers bisher nicht bestätigt, doch ist nicht ausgeschlossen, dass sie dies noch tun werden, sollte er weitere Angaben zu seiner Person machen oder über seine Familienangehörigen oder Bekannten - etwa seinen Grossvater oder die Leitung der von ihm besuchten Schule - zusätzliche Bescheinigungen einholen. An der Einvernahme vom 4. Februar 2005 erklärte der Beschwerdeführer, über seine Familie in China die Telefonnummer eines Landsmanns in der Schweiz besorgt zu haben; es ist somit möglich, dass er auf dem gleichen Weg auch Unterlagen zu seiner Person wird beschaffen können, sollten seine Angaben zutreffen (vgl. zu Art. 13c Abs. 5 lit. a ANAG: BGE 130 II 56 E. 4.1 S. 59 ff. mit Hinweisen). Anhaltspunkte dafür, dass sich die Behörden nicht weiterhin mit dem nötigen Nachdruck um die Papierbeschaffung und den Vollzug der Wegweisung bemühen würden, bestehen nicht (zum Beschleunigungsgebot [Art. 13b Abs. 3 ANAG]: BGE 124 II 49 ff.). Der Beschwerdeführer kann seine Haft verkürzen, indem er mit den Behörden zusammenarbeitet; je schneller seine Papiere beschafft werden können bzw. er diese selber besorgt, desto eher kann die Ausschaffung vollzogen werden und desto kürzer fällt die restliche Haft aus. Für alles Weitere wird auf die Ausführungen im angefochtenen Entscheid und in der erstmaligen Haftgenehmigung vom 4./7. Februar 2005 verwiesen (Art. 36a Abs. 3 OG).
 
4.
 
Dem Verfahrensausgang entsprechend würde der unterliegende Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 156 Abs. 1 OG); es rechtfertigt sich indessen, praxisgemäss von der Erhebung einer Gerichtsgebühr abzusehen (Art. 154 und Art. 153a OG; Urteil 2A.86/2001 vom 6. März 2001, E. 3). Dem Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung ist nicht zu entsprechen, da die vorliegende Eingabe zum Vornherein aussichtslos war (vgl. Art. 152 OG). Parteientschädigungen sind nicht geschuldet (vgl. Art. 159 Abs. 2 OG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht
 
im Verfahren nach Art. 36a OG:
 
1.
 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
 
2.
 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird abgewiesen.
 
3.
 
Es werden keine Kosten erhoben.
 
4.
 
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Fremdenpolizei der Stadt Biel und dem Haftgericht III Bern-Mittelland sowie dem Bundesamt für Migration schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 20. Mai 2005
 
Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
 
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR).