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Informationen zum Dokument  BGer 1A.45/2005  Materielle Begründung
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BGer 1A.45/2005 vom 02.06.2005
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
1A.45/2005
 
1P.133/2005 /zga
 
Urteil vom 2. Juni 2005
 
I. Öffentlichrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Féraud, Präsident,
 
Bundesrichter Aeschlimann, Fonjallaz,
 
Gerichtsschreiberin Gerber.
 
Parteien
 
X.________,
 
Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwältin Dr. iur. Karin Looser Hürsch,
 
gegen
 
Staat Thurgau, 8500 Frauenfeld, vertreten durch die Staatsanwaltschaft des Kantons Thurgau, Staubeggstrasse 8, 8510 Frauenfeld,
 
Obergericht des Kantons Thurgau, Promenadenstrasse 12, 8500 Frauenfeld.
 
Gegenstand
 
1A.45/2005 und 1P.133/2005
 
OHG, Kostenfolgen
 
Verwaltungsgerichtsbeschwerde und staatsrechtliche Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Thurgau vom 13. Oktober 2004 (1A.45/2005 und 1P.133/2005).
 
Sachverhalt:
 
A.
 
X.________ war wegen psychischer Beeinträchtigungen in das Heim "A.________" in B.________ eingewiesen worden. In der Nacht vom 11./12. Juli 2000 wurde sie vom Pfleger C.________ sexuell missbraucht, nachdem er ihr zuvor Kokain gespritzt hatte. Dabei verwendete er die selbe Spritze für sich und für das Opfer. Im Laufe der Strafuntersuchung erwies sich, dass C.________ Hepatitis-C-positiv war. Ein Hepatitis-C-Test bei X.________ ergab vorerst ein negatives Ergebnis, innerhalb der üblichen Inkubationszeit erkrankte aber auch sie an Hepatitis C. Ausserdem erlitt sie aufgrund der verunreinigten Spritze einen Venenverschluss (Thrombose) im Arm.
 
B.
 
Das Bezirksgericht Arbon sprach den Angeklagten wegen Vergewaltigung schuldig, erachtete die einfache Körperverletzung als konsumiert und sprach den Angeklagten vom Vorwurf der fahrlässigen schweren Körperverletzung und der Verbreitung menschlicher Krankheiten frei. X.________ wurde eine Genugtuung von Fr. 20'000.-- und ein Schadenersatz von Fr. 100.--, je zuzüglich Zinsen, zugesprochen. Der Staat Thurgau wurde verpflichtet, ihr diese Beträge unter Rückgriff auf den Angeklagten gemäss dem Bundesgesetz vom 4. Oktober 1991 über die Hilfe an Opfer von Straftaten (OHG; SR 312.5) zu zahlen.
 
C.
 
Gegen dieses Urteil erhob der Angeklagte Berufung an das Obergericht des Kantons Thurgau; die Staatsanwaltschaft erhob Anschlussberufung. Auch X.________ reichte Berufung ein und beantragte, der Angeklagte sei zusätzlich wegen einfacher Körperverletzung (Venenverschluss) und fahrlässiger schwerer Körperverletzung (Ansteckung mit Hepatitis C) sowie zu einer Genugtuung von Fr. 40'000.-- zuzüglich Zins zu verurteilen. Ferner ersuchte sie um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege.
 
Nachdem sich X.________ einer neuartigen Hepatitis-Kur unterzogen hatte und danach nur noch eine minimale Rückfallgefahr bestand, verlangte sie in der Berufungsverhandlung bezüglich der Hepatitis-C-Ansteckung nur noch eine Verurteilung wegen fahrlässiger einfacher Körperverletzung und reduzierte die Genugtuungsforderung auf Fr. 30'000.--.
 
D.
 
Am 13. Oktober 2004 verurteilte das Obergericht den Angeklagten wegen Vergewaltigung und sprach ihn vom Vorwurf der vorsätzlichen oder fahrlässigen Körperverletzung frei. Dementsprechend beliess es die Genugtuung bei Fr. 20'000.-- und wies die Berufung von X.________ ab. Diese wurde verpflichtet, für das Berufungsverfahren eine Verfahrensgebühr von Fr. 1'500.-- zu zahlen (Disp.-Ziff. 7a). Ihre Offizialanwältin wurde für das erstinstanzliche Verfahren und für das Berufungsverfahren mit insgesamt Fr. 9'061.30 entschädigt.
 
E.
 
Gegen die ihr auferlegten Verfahrenskosten erhebt X.________ Verwaltungsgerichtsbeschwerde und staatsrechtliche Beschwerde ans Bundesgericht mit dem Antrag, Ziff. 7a des obergerichtlichen Entscheids sei insoweit aufzuheben. Zudem ersucht sie um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und Verbeiständung.
 
F.
 
Das Obergericht beantragt Abweisung der Beschwerden.
 
Das Bundesamt für Justiz vertritt in seiner Vernehmlassung die Auffassung, der angefochtene Kostenentscheid verstosse gegen Art. 16 Abs. 1 OHG. Die Staatsanwaltschaft des Kantons Thurgau hat sich nicht vernehmen lassen.
 
G.
 
In ihrer Replik hält die Beschwerdeführerin an den Beschwerden und deren Begründung fest. Mit Duplik vom 23. Mai 2005 nahm das Obergericht zur Vernehmlassung des Bundesamts und zur Replik Stellung.
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
 
1.
 
Angefochten ist der Kostenentscheid eines kantonal letztinstanzlichen Urteils, in dem das Obergericht sowohl über die Strafbarkeit des Täters als auch über die zivilrechtlichen und die OHG-Ansprüche des Opfers entschieden hat. Dagegen steht die Verwaltungsgerichtsbeschwerde offen, soweit die Beschwerdeführerin eine Verletzung von Art. 16 OHG rügt. Im Übrigen, soweit sie die Verletzung des Anspruchs auf unentgeltliche Prozessführung (Art. 29 Abs. 3 BV) und die willkürliche Anwendung kantonalen Prozessrechts (Art. 9 BV) im Hinblick auf die Kosten des Adhäsions- und des Strafverfahrens rügt, ist nur die staatsrechtliche Beschwerde ans Bundesgericht gegeben.
 
Die Beschwerdeführerin ist als Opfer i.S.v. Art. 2 Abs. 1 OHG und als Partei des Berufungsverfahrens, deren Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege abgewiesen worden ist, sowohl zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde (Art. 103 lit. a OG) als auch zur staatsrechtlichen Beschwerde (Art. 88 OG) legitimiert.
 
Auf die form- und fristgerecht erhobenen Beschwerden ist daher einzutreten.
 
2.
 
Zunächst ist zu prüfen, ob der angefochtene Kostenentscheid gegen Art. 16 OHG verstösst, da diese Bestimmung speziell auf Entschädigungsverfahren gemäss OHG zugeschnitten ist und weiter reicht als der Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, weil er die Unentgeltlichkeit des Verfahrens unabhängig von den Erfolgsaussichten der Beschwerde und der Bedürftigkeit des Opfers vorsieht.
 
2.1 Art. 16 Abs. 1 OHG schreibt ein einfaches, rasches und kostenloses Verfahren zur Entschädigung und Genugtuung des Opfers vor. Der Grundsatz der Kostenfreiheit des Entschädigungsverfahrens gilt nicht nur für die erste Instanz, sondern auch für alle Rechtsmittelverfahren (BGE 122 II 211 E. 4b S. 218 f.); vorbehalten bleibt eine Kostenauflage bei leichtsinniger oder mutwilliger Prozessführung.
 
2.2 Im Kanton Thurgau besteht die Besonderheit, dass über die Entschädigungs- und Genugtuungsansprüche des Opfers nicht durch eine Verwaltungsbehörde entschieden wird. Zuständig ist vielmehr der Strafrichter (§ 10a der Thurgauer Strafprozessordnung vom 30. Juni 1970/5. November 1991 [StPO/TG]); dieser entscheidet regelmässig im Strafverfahren gegen den Täter zugleich über die zivilrechtlichen und die OHG-Ansprüche des Opfers. Ein selbständiges OHG-Verfahren findet nur ausnahmsweise statt, z. B. wenn es zufolge des Todes des Täters nicht zu einem Strafverfahren kommt (Thomas Zeidler, Die Praxis zur thurgauischen Strafprozessordnung, N 7 zu § 10a).
 
Praxisgemäss folgt dabei die vom Staat auszurichtende Genugtuung und Entschädigung dem Ergebnis des Adhäsionsprozesses (so angefochtener Entscheid E. 14c S. 56; Vernehmlassung des Obergerichts Ziff. 1 S. 2), d.h. es wird zunächst über die zivilrechtlichen Ansprüche des Opfers gegenüber dem Täter entschieden; der Staat wird sodann verpflichtet, dem Opfer eine Genugtuung bzw. Entschädigung in gleicher Höhe zu zahlen, wenn die Forderung des Opfers gegen den Täter uneinbringlich ist. Zum Teil wird auf diesen Vorbehalt verzichtet und eine direkte Zahlungspflicht des Staates angeordnet, mit der Möglichkeit des Rückgriffs auf den Täter (so Disp.-Ziff. 4 und 5 des angefochtenen Entscheids).
 
Für die Kostenverteilung gilt, dass das Verfahren für das Opfer kostenlos ist, soweit es um OHG-Ansprüche gegen den Staat geht; anders verhält es sich dagegen, wenn sich der Anspruch des Opfers gegen den Täter selbst richtet (Zeidler, a.a.O., N 16 zu § 10a): Führt das Opfer wegen seiner Zivilansprüche Berufung gegen den Angeklagten und unterliegt es, so wird es kosten- und entschädigungspflichtig (Zeidler, a.a.O., N 26 zu § 60, S. 281 unten).
 
2.3 Im vorliegenden Fall wurden der Beschwerdeführerin Kosten für das Berufungsverfahren auferlegt mit der Begründung, dass vor allem die dem Täter auferlegte Genugtuungssumme Berufungsgegenstand gewesen sei. Daran ändere nichts, dass gleichzeitig die Erhöhung der vom Staat auszurichtenden Genugtuung beantragt worden sei, da diese dem Ergebnis des Adhäsionsprozesses folge (angefochtener Entscheid E. 14c S. 56).
 
Die Beschwerdeführerin macht dagegen geltend, es sei offensichtlich, dass es ihr vor allem um die Genugtuung nach OHG gegangen sei, da die geforderte Genugtuungssumme vom mittellosen Täter nicht erhältlich sein werde. Deshalb sei auch, sowohl vom Bezirksgericht als auch vom Obergericht, auf eine primäre Leistungspflicht des Staates entschieden worden, unter Verzicht auf den Vorbehalt der Uneinbringlichkeit der Genugtuung beim Täter.
 
Die Beschwerdeführerin wie auch das Bundesamt weisen darauf hin, dass die Thurgauer Praxis, wonach die OHG-Ansprüche den zivilrechtlichen Ansprüchen folgen, im Ergebnis zur Ausschaltung von Art. 16 Abs. 1 OHG führe, d. h. das Opfer um den Vorteil eines kostenlosen OHG-Verfahrens gebracht werde.
 
2.4 Grundsätzlich sind die Kantone bei der Organisation des Entschädigungsverfahrens frei (Gomm/Stein/Zehntner, Kommentar zum Opferhilfegesetz, Bern 1995, N 11 zu Art. 16 OHG); sie müssen jedoch die Mindestvorgaben des OHG erfüllen, d.h. das Entschädigungsverfahren muss einfach, rasch und für das Opfer kostenlos sein (Art. 16 Abs. 1 OHG), der Sachverhalt muss von Amtes wegen überprüft werden (Art. 16 Abs. 2 OHG); zudem muss sichergestellt sein, dass die Überprüfung der OHG-Ansprüche des Opfers unabhängig von der Schuld des Täters erfolgt (Art. 2 Abs. 1 OHG); schliesslich muss die freie Überprüfung durch eine von der Verwaltung unabhängige Beschwerdeinstanz gewährleistet sein (Art. 17 OHG).
 
Nach der oben beschriebenen Thurgauer Praxis folgen die OHG-Ansprüche des Opfers gegen den Staat den zivilrechtlichen Ansprüchen des Opfers gegen den Täter. Sowohl das Bundesamt als auch die Rechtsvertreterin der Beschwerdeführerin gehen davon aus, dass eine selbständige Berufung nur gegen den OHG-Entscheid nach Thurgauer Recht nicht möglich sei, sondern Berufung im Zivilpunkt notwendig sei, um eine höhere Genugtuungssumme auch gegenüber dem Staat zu erstreiten.
 
Dies bestreitet das Obergericht in seiner Duplik vom 23. Mai 2005: Es macht geltend, gegen den OHG-Entscheid des Strafrichters sei Berufung möglich; das Opfer habe ohne weiteres die Möglichkeit, eine Berufung nur bezüglich des OHG-Entscheids und nicht auch im Zivil- oder im Strafpunkt einzureichen. Dann aber verstosse es nicht gegen Art. 16 OHG, in einem kombinierten Verfahren für den Teil, für welchen keine Kostenlosigkeit vorgeschrieben sei, Kosten zu erheben.
 
3.
 
Es ist nicht Aufgabe des Bundesgerichts, im vorliegenden Verfahren über die Auslegung der Rechtsmittelbestimmungen der Thurgauer StPO zu entscheiden. Festzuhalten ist immerhin, dass die Thurgauer StPO das OHG-Entschädigungsverfahren in § 10a nur sehr kursorisch regelt und keine Bestimmungen zum Rechtsmittelverfahren enthält. Der Kommentar von Thomas Zweidler, der die Praxis der Thurgauer Gerichte zu verschiedenen Streitfragen wiedergibt, war im Zeitpunkt des angefochtenen Entscheids noch nicht veröffentlicht.
 
Aufgrund der Praxis der Thurgauer Gerichte, wonach die OHG-Ansprüche den zivilrechtlichen Ansprüchen des Opfers gegen den Täter folgen, wird im Adhäsionsverfahren auch über die Höhe der Genugtuung und Entschädigung nach OHG mitentschieden. Insofern ist es verständlich, dass die Rechtsvertreterin der Beschwerdeführerin, um allfällige Rechtsnachteile für ihre Mandantin zu verhindern, Berufung auch im Zivilpunkt einlegte, um auf diese Weise eine Erhöhung der Genugtuungssumme auch mit Wirkung für die OHG-Ansprüche der Beschwerdeführerin zu erzielen.
 
Die Berufung auch im Zivilpunkt führte zu keinerlei Mehraufwand des Gerichts: Wäre lediglich der OHG-Entscheid angefochten worden, hätte das Obergericht dieselben Ausführungen, die es zur Höhe der Genugtuungssumme gemäss Art. 49 OR gemacht hat (E. 11c S. 55 oben), unter dem Titel von Art. 11 ff. OHG (E. 12 S. 55) machen müssen.
 
Schliesslich ist zu berücksichtigen, dass der Angeklagte mittellos ist und von vornherein feststand, dass die Genugtuungsforderung gegen ihn uneinbringlich sein werde, weshalb sowohl das Bezirksgericht als auch das Obergericht eine primäre Leistungspflicht des Staates mit der Möglichkeit des Rückgriffs auf den Täter angeordnet haben. In dieser Situation sind offensichtlich für das Opfer nur die OHG-Ansprüche gegen den Staat von praktischem Interesse; der zivilrechtliche Genugtuungsanspruch ist nur für den Staat für die Ausübung seines Rückgriffsrechts von Bedeutung (Art. 14 Abs. 2 OHG). Hätte das Opfer nur den OHG-Entscheid angefochten, hätte die Staatsanwaltschaft möglicherweise Anschlussberufung im Zivilpunkt erklären müssen, um ein Rückgriffsrecht des Staates gegen den Täter in gleicher Höhe sicherzustellen.
 
Unter den geschilderten Umständen verletzt der angefochtene Entscheid, der dem Opfer Verfahrenskosten mit der Begründung auferlegt, es sei in der Berufung vor allem um die dem Angeklagten auferlegte Genugtuungssumme gegangen, Art. 16 Abs. 1 OHG.
 
4.
 
Diese Überlegungen geltend entsprechend, soweit sich die Kostenauflage auf das Unterliegen der Beschwerdeführerin im Strafpunkt stützt.
 
Die Beschwerdeführerin hatte beantragt, der Angeklagte sei zusätzlich wegen einfacher Körperverletzung (Venenverschluss nach Injektion mit einer verunreinigten Spritze) und fahrlässiger Körperverletzung (Ansteckung mit Hepatitis C) zu verurteilen. Damit sollte begründet werden, weshalb auch der Venenverschluss und die Ansteckung mit Hepatitis-C bei der Festsetzung der Genugtuung als Folgen einer Straftat hätten berücksichtigt werden müssen.
 
Aufgrund der oben dargelegten Kombination des OHG-Verfahrens mit dem Straf- und dem Adhäsionsverfahren war es für das Opfer bzw. seine Rechtsvertreterin nicht ohne weiteres klar, dass es die so begründete Erhöhung der Genugtuungsforderung geltend machen konnte, ohne auch den strafrechtlichen Entscheid in Frage zu stellen, an den der Strafrichter im Adhäsionsverfahren gebunden ist (BGE 120 Ia 101 E. 2e S. 108). Zwar gilt dies nicht für die OHG-Behörde (BGE 129 II 312 E. 3 S. 317 ff.); aufgrund des oben geschilderten Konnexes zwischen Adhäsions- und OHG-Ansprüchen war jedoch die Rechtslage im Kanton Thurgau im Zeitpunkt der Berufungseinlegung nicht klar.
 
Im Übrigen hätte das Obergericht, wäre nur der OHG-Entscheid angefochten gewesen, prüfen müssen, ob der Venenverschluss bzw. die Hepatitis-Ansteckung Folgen einer Straftat sind. Es hätte deshalb ebenfalls prüfen müssen, ob die Beschwerdeführerin in die Injektion wirksam eingewilligt hatte und ob dem Angeklagten hinsichtlich der Hepatitis-Infektion ein Sorgfaltsverstoss vorgeworfen werden kann (vgl. BGE 122 II 211 E. 3b S. 215). Insofern kann nicht gesagt werden, dass die Berufungsanträge der Beschwerdeführerin im Strafpunkt zu einem erheblichen Mehraufwand oder einer Verkomplizierung des Verfahrens geführt haben.
 
5.
 
Nach dem Gesagten ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gutzuheissen und der angefochtene Entscheid in dem Sinne abzuändern, dass dem Opfer keine Kosten für das Berufungsverfahren auferlegt werden. Hierfür genügt es, den letzten Satz von Dispositiv-Ziffer 7a zu streichen.
 
Bei diesem Ausgang des Verfahrens ist der Kanton Thurgau verpflichtet, die Beschwerdeführerin für die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens zu entschädigen. Das bundesgerichtliche Verfahren ist gemäss Art. 16 Abs. 1 OHG kostenlos.
 
Damit werden sowohl die staatsrechtliche Beschwerde als auch das Gesuch der Beschwerdeführerin um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und Verbeiständung vor Bundesgericht gegenstandslos.
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird gutgeheissen und der Entscheid des Obergerichts des Kantons Thurgau vom 13. Oktober 2004 wird wie folgt abgeändert: Der letzte Satz von Disp.-Ziff. 7a ("Das Opfer bezahlt für das Berufungsverfahren eine Verfahrensgebühr von Fr. 1'500.--") wird gestrichen.
 
2.
 
Die staatsrechtliche Beschwerde wird als gegenstandslos abgeschrieben.
 
3.
 
Es werden keine Kosten erhoben.
 
4.
 
Der Kanton Thurgau hat die Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'500.-- zu entschädigen.
 
5.
 
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, dem Staat Thurgau und dem Obergericht des Kantons Thurgau sowie dem Bundesamt für Justiz schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 2. Juni 2005
 
Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:
 
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