VerfassungsgeschichteVerfassungsvergleichVerfassungsrechtRechtsphilosophie
UebersichtWho-is-WhoBundesgerichtBundesverfassungsgerichtVolltextsuche...

Informationen zum Dokument  BGer 2A.366/2005  Materielle Begründung
Druckversion | Cache | Rtf-Version

Bearbeitung, zuletzt am 16.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch)  
 
BGer 2A.366/2005 vom 07.06.2005
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
2A.366/2005 /dxc
 
Urteil vom 7. Juni 2005
 
II. Öffentlichrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Merkli, Präsident,
 
Bundesrichter Betschart, Wurzburger,
 
Gerichtsschreiber Hugi Yar.
 
Parteien
 
X.________,
 
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt
 
Thomas Plüss,
 
gegen
 
Migrationsamt des Kantons Aargau, Bahnhofstrasse 86/88, Postfach, 5001 Aarau,
 
Rekursgericht im Ausländerrecht des Kantons Aargau, Laurenzenvorstadt 9, Postfach, 5001 Aarau.
 
Gegenstand
 
Widerruf der Niederlassungsbewilligung/ Familiennachzug,
 
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen das Urteil des Rekursgerichts im Ausländerrecht des Kantons Aargau vom 29. April 2005.
 
Das Bundesgericht stellt fest und zieht in Erwägung:
 
1.
 
1.1 X.________ (geb. 1959) stammt aus Mazedonien. Er verfügt seit dem 22. Dezember 1997 gestützt auf die am 28. Juni 2000 geschiedene Ehe mit einer Schweizer Bürgerin über eine Niederlassungsbewilligung. Am 10. März 2001 heiratete er seine frühere mazedonische Gattin wieder, mit der er drei Kinder hat (geb. 1979/1980/ 1994), wovon eines während der Ehe mit seiner Schweizer Partnerin gezeugt worden ist.
 
1.2 Am 19. Mai bzw. 10. September 2004 (Einspracheentscheid) widerrief das Migrationsamt des Kantons Aargau die Niederlassungsbewilligung von X.________ und sistierte das von ihm gestellte Familiennachzugsgesuch für seine Frau und das jüngste Kind bis zur Rechtskraft des Entscheids; X.________ habe bei der Erteilung der Niederlassungsbewilligung wesentliche Informationen verschwiegen und diese dadurch erschlichen. Das Rekursgericht im Ausländerrecht des Kantons Aargau bestätigte diesen Entscheid auf Beschwerde hin am 29. April 2005.
 
1.3 X.________ beantragt vor Bundesgericht, seine Niederlassungsbewilligung sei nicht zu widerrufen und das Migrationsamt sei anzuweisen, auf das Familiennachzugsgesuch einzutreten.
 
2.
 
Die Beschwerde erweist sich als offensichtlich unbegründet und kann ohne Einholen von Vernehmlassungen und Akten im vereinfachten Verfahren nach Art. 36a OG erledigt werden:
 
2.1 Die Niederlassungsbewilligung darf widerrufen werden, wenn der Ausländer sie durch falsche Angaben oder wissentliches Verschweigen wesentlicher Tatsachen erschlichen hat (Art. 9 Abs. 4 lit. a ANAG; SR 142.20). Der Widerruf setzt voraus, dass der Betroffene wissentlich falsche Angaben gemacht oder wesentliche Tatsachen unterschlagen hat, in der Absicht, gestützt darauf den Aufenthalt oder die Niederlassung bewilligt zu erhalten (Urteile 2A.346/2004 vom 10. Dezember 2004, E. 2.2 mit Hinweisen; BGE 112 Ib 473 E. 3b S. 475 f.). Nach Art. 3 Abs. 2 ANAG ist der Ausländer verpflichtet, der Behörde wahrheitsgetreu über alles Auskunft zu geben, was für den Bewilligungsentscheid massgebend sein kann. Hiervon ist er auch dann nicht befreit, wenn die Fremdenpolizeibehörde die fragliche Tatsache bei gebotener Sorgfalt selber ermitteln könnte. Wesentlich sind nicht nur Umstände, nach denen die Fremdenpolizei ausdrücklich fragt, sondern auch solche, von denen der Gesuchsteller wissen muss, dass sie für den Bewilligungsentscheid massgeblich sind. Dazu gehört die Absicht, die bisherige Ehe aufzugeben bzw. eine neue zu begründen, ebenso wie die Existenz ausserehelich gezeugter Kinder (Urteil 2A.511/2001 vom 10. Juni 2002, E. 3.3-3.5, publ. in: Pra 2002 Nr. 163; Urteil 2A.432/2002 vom 5. Februar 2003, E. 3.4.3 in fine). Es ist nicht erforderlich, dass die Bewilligung bei richtigen und vollständigen Angaben notwendigerweise zu verweigern gewesen wäre (Urteil 2A.432/2002 vom 5. Februar 2003, E. 3.5, mit Hinweisen). Immerhin ist die kantonale Behörde ihrerseits verpflichtet, vor Erteilung der Niederlassungsbewilligung "das bisherige Verhalten des Ausländers nochmals eingehend zu prüfen" (Art. 11 Abs. 1 ANAV; SR 142.201). Das Vorliegen eines Widerrufsgrunds führt nicht dazu, dass die Bewilligung zwingend zu widerrufen wäre; es muss dabei vielmehr den Umständen des Einzelfalls jeweils angemessen Rechnung getragen werden (BGE 112 Ib 473 E. 4 und 5 S. 477 ff.; Urteile 2A.551/2003 vom 21. November 2003, E. 2.1, und 2A.346/2004 vom 10. Dezember 2004, E. 2.2, je mit Hinweisen).
 
2.2 Das Verwaltungsgericht hat diese Rechtsprechung nicht verkannt und sie im konkreten Fall korrekt angewandt:
 
2.2.1 Der Beschwerdeführer liess sich kurz vor seiner Einreise im September 1991 von seiner ersten Gattin, mit der er zu diesem Zeitpunkt zwei Kinder hatte, scheiden und heiratete am 29. Januar 1992 eine Schweizer Bürgerin. Er bezeichnete sich als ledig, obwohl er geschieden war. Kurz nach der Heirat besuchte ihn seine erste Ehefrau in der Schweiz; anlässlich einer Polizeikontrolle gab er an, dass es sich um seine Schwester handle. Bereits am 7. Februar 1993 trennten sich die Eheleute X.________ wieder; in der Folge zeugte der Beschwerdeführer mit seiner ersten Frau in der Heimat ein weiteres Kind, welches am 2. Januar 1994 geboren wurde. Im Rahmen der "Verfallsanzeige (Ausweis B)" wies er im Dezember 1997 zwar darauf hin, dass er von seiner Schweizer Gattin "getrennt" lebe, doch verschwieg er das mit seiner früheren Frau gezeugte Kind; auch die beiden anderen gemeinsamen Kinder blieben unerwähnt. Der Beschwerdeführer machte damit in einem objektiv wesentlichen Punkt unvollständige Angaben, was ihm bewusst sein musste, liegt es doch auf der Hand, dass wegen des Rechts auf Familiennachzug (Art. 17 Abs. 2 ANAG) zumindest die Existenz minderjähriger Kinder bei der Erteilung der Niederlassungsbewilligung eine Rolle spielt (Urteile 2A.551/2003 vom 21. November 2003, E. 2.2, und 2A.511/2001 vom 10. Juni 2002, E. 3.6). Die Kenntnis des betreffenden Umstands hätte Anlass zu näheren Abklärungen der tatsächlichen familiären Situation gegeben, was der Beschwerdeführer ahnte; er liess sich denn auch - obwohl die Beziehung längst inhaltsleer war - nicht sofort nach Erhalt der Bewilligung scheiden, was den Argwohn der Behörden hätte wecken können. Der Beschwerdeführer hat diese bewusst über einen wesentlichen Punkt getäuscht und seine Niederlassungsbewilligung im Sinne von Art. 9 Abs. 4 lit. a ANAG erschlichen. Zwar hält er sich nunmehr seit rund 13 ½ Jahren in der Schweiz auf, doch ist er mit einer Landsmännin verheiratet, mit der er vor und während seiner Ehe in der Schweiz drei Kinder gezeugt hat; zudem sind ihm die kulturellen und gesellschaftlichen Gepflogenheiten in seiner Heimat, wo sich seine engere Familie aufhält, nach wie vor vertraut. Der Widerruf der Bewilligung ist somit verhältnismässig; für den beantragten Familiennachzug bleibt deshalb kein Raum (vgl. Art. 17 ANAG).
 
2.2.2 Was der Beschwerdeführer hiergegen einwendet, überzeugt nicht: Soweit er geltend macht, die Ehe mit seiner schweizerischen Partnerin sei nicht rechtsmissbräuchlich eingegangen oder aufrecht erhalten worden, verkennt er, dass das Rekursgericht diese Frage offen gelassen hat, und sie auch hier nicht weiter zu vertiefen ist, nachdem sich der angefochtene Entscheid bereits aus einem anderen Grund (Erschleichen der Bewilligung) als bundesrechtskonform erweist. Entgegen seinen Ausführungen bezieht sich das Feld "Bemerkungen" im Formular "Verfallsanzeige (Ausweis B)" nicht nur auf die berufliche Situation; es handelt sich dabei vielmehr um eine optisch abgegrenzte eigene Rubrik, in welcher der Betroffene für den Bewilligungsentscheid relevante weitere Fakten aufführen kann und muss (Urteile 2A.551/2003 vom 21. November 2003, E. 2.3, und 2A.432/2002 vom 5. Februar 2003, E. 3.4.3). Sollte der Beschwerdeführer diesbezüglich irgendwelche Zweifel gehegt haben, wäre es an ihm gewesen, sich bei den zuständigen Behörden zu erkundigen. Seine Gesundheit erscheint schliesslich nicht derart beeinträchtigt, dass ihm eine Rückkehr in die Heimat nicht zuzumuten wäre: Die medizinische Grundversorgung in Mazedonien ist gewährleistet; die erforderlichen Medikamente kann er sich nötigenfalls über seine Schwester in der Schweiz beschaffen. Eine Einreise für eine weitere Behandlung ist nicht ausgeschlossen und seine dauernde Anwesenheit hierfür nicht erforderlich.
 
3.
 
Für alles Weitere wird auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Urteil verwiesen (Art. 36a Abs. 3 OG). Mit dem vorliegenden Entscheid in der Sache selber wird das Gesuch um aufschiebende Wirkung gegenstandslos. Dem Verfahrensausgang entsprechend hat der unterliegende Beschwerdeführer die bundesgerichtlichen Kosten zu tragen (Art. 156 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 153 und Art. 153a OG). Parteientschädigungen sind nicht geschuldet (vgl. Art. 159 OG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht
 
im Verfahren nach Art. 36a OG:
 
1.
 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
 
2.
 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 1'500.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.
 
3.
 
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Migrationsamt und dem Rekursgericht im Ausländerrecht des Kantons Aargau sowie dem Bundesamt für Migration schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 7. Juni 2005
 
Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
 
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR).