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Informationen zum Dokument  BGer 2A.615/2004  Materielle Begründung
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BGer 2A.615/2004 vom 09.06.2005
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
2A.615/2004 /bie
 
Urteil vom 9. Juni 2005
 
II. Öffentlichrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Merkli, Präsident,
 
Bundesrichter Betschart, Ersatzrichter Locher,
 
Gerichtsschreiber Fux.
 
Parteien
 
A.X.________, Beschwerdeführer,
 
gegen
 
Steuerverwaltung des Kantons Appenzell A.Rh., Gutenberg-Zentrum, 9102 Herisau,
 
Verwaltungsgericht von Appenzell Ausserrhoden,
 
I. Abteilung, Postfach, 9043 Trogen.
 
Gegenstand
 
Staats- und Gemeindesteuer 2003,
 
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts von Appenzell Ausserrhoden
 
vom 23. Juni 2004.
 
Sachverhalt:
 
A.
 
A.X.________ schied am 28. Februar 2003 aus dem Staatsdienst aus und nahm eine selbstständige Erwerbstätigkeit auf. Gestützt darauf hatte er Anspruch auf die Auszahlung der Austrittsleistung seiner Vorsorgeeinrichtung. Die Pensionskasse des Kantons Appenzell A.Rh. erstellte per 28. Februar 2003 eine Abrechnung und berechnete die Austrittsleistung auf Fr. 729'859.30. A.X.________ hatte die Pensionskasse bereits mit Schreiben vom 10. August 2002 angewiesen, von dieser Austrittsleistung einen Betrag von Fr. 120'000.-- per 28. Februar 2003 auf das Vorsorgekonto seiner Ehefrau, B.X.________, zu übertragen, die bei der gleichen Pensionskasse versichert war. Entsprechend schrieb die Pensionskasse am 28. Februar 2003 dem Vorsorgekonto von B.X.________ Fr. 120'000.-- gut (Valuta 1. März 2003) und bestätigte diese Einlage mit Schreiben vom 28. Februar 2003. Gleichentags wurden die verbleibenden Fr. 609'859.30 auf das Postkonto des Ehepaars X.________ überwiesen.
 
B.
 
Die Steuerverwaltung des Kantons Appenzell A.Rh. veranlagte am 14. Mai 2003 eine separate Jahressteuer von Fr. 69'576.75 (Staats-, Gemeinde- und Kirchensteuer) auf der Austrittsleistung von Fr. 729'859.30, wobei sie diese für die Ermittlung des Steuersatzes in eine lebenslängliche Rente umgerechnet hatte. Eine gegen diese Veranlagungsverfügung erhobene Einsprache des Ehepaars X.________ wurde am 25. Juni 2003 abgewiesen. Gegen den Einspracheentscheid führten die Eheleute X.________ mit Eingabe vom 23. August 2003 Beschwerde an das Verwaltungsgericht des Kantons Appenzell A.Rh. Sie rügten den Einbezug der auf das Vorsorgekonto der Ehefrau überwiesenen Fr. 120'000.-- in die Berechnungsgrundlage der Jahressteuer, die Ermittlung des massgebenden Rentensatzes sowie die Erhebung einer Kirchensteuer. Mit Urteil vom 23. Juni 2004 (Versand am 22. September 2004) wies das Verwaltungsgericht des Kantons Appenzell A.Rh. die Beschwerde betreffend die Staats- und Gemeindesteuer 2003 ab; betreffend die Kirchensteuer hiess es die Beschwerde in dem Sinn teilweise gut, dass die zuständigen Organe der Evangelisch-reformierten Landeskirche beider Appenzell vorerst über die Grundlagen der angefochtenen Kirchensteuer und somit über die subjektive Steuerpflicht der Eheleute X.________ zu entscheiden hätten.
 
C.
 
A.X.________ hat am 23. Oktober 2004 Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht erhoben. Er beantragt, das Urteil des Verwaltungsgerichts von Appenzell A.Rh. vom 23. Juni 2004 betreffend die Staats- und Gemeindesteuer 2003 aufzuheben und die Sache an die Vorinstanz zur Neubeurteilung in diesem Punkt zurückzuweisen.
 
D.
 
Die Kantonale Steuerverwaltung Appenzell A.Rh. beantragt, die Beschwerde abzuweisen. Das Verwaltungsgericht von Appenzell A.Rh. verweist auf das angefochtene Urteil, ohne einen ausdrücklichen Antrag zu stellen. Die Eidgenössische Steuerverwaltung schliesst auf Abweisung der Beschwerde.
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
 
1.
 
Das Bundesgericht prüft die Zulässigkeit der bei ihm eingereichten Rechtsmittel von Amtes wegen und mit freier Kognition (BGE 131 II 58 E. 1 S. 60, mit Hinweis).
 
1.1 Der Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Appenzell A.Rh. betrifft die Staats- und Gemeindesteuer des Steuerjahres 2003. Er unterliegt der Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht, obwohl er sich unmittelbar auf kantonales Recht stützt (Art. 73 des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden [StHG; SR 642.14]; Art. 72 Abs. 1 StHG; BGE 130 II 202 E. 1 S. 204; 124 I 145 E. 1a, je mit Hinweisen). Auf die form- und fristgerecht eingereichte Beschwerde ist einzutreten.
 
1.2 Mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde können die Verletzung von Bundesrecht einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens (Art. 104 lit. a OG) sowie die unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts (Art. 104 lit. b OG) gerügt werden. Hat - wie hier - als Vorinstanz eine richterliche Behörde entschieden, ist das Bundesgericht an deren Sachverhaltsfeststellung gebunden, wenn der Sachverhalt nicht offensichtlich unrichtig oder unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften ermittelt worden ist (Art. 105 Abs. 2 OG).
 
Das Bundesgericht wendet im verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren das Bundesrecht von Amtes wegen an; es ist gemäss Art. 114 Abs. 1 OG an die von den Parteien vorgebrachten Begründungen nicht gebunden und kann die Beschwerde auch aus andern als den geltend gemachten Gründen gutheissen oder abweisen; ferner kann es mit freier Kognition prüfen, ob das kantonale Recht bzw. dessen Anwendung mit dem Steuerharmonisierungsgesetz übereinstimmt (BGE 128 II 56 E. 2 S. 60, mit Hinweisen). Das schliesst nicht aus, dass allfällige Rügen betreffend die Anwendung des kantonalen Rechts wie im Rahmen einer staatsrechtlichen Beschwerde lediglich unter dem Blickwinkel der Willkür geprüft werden, soweit kein hinreichend enger Sachzusammenhang mit dem Bundesrecht besteht, d.h. wenn sich das kantonale Recht nicht auf Materien bezieht, die in den Titeln 2-5 und 6 in Kapitel 1 des Steuerharmonisierungsgesetzes zwingend geregelt sind (BGE 130 II 202 E. 3.1 S. 205 f., mit Hinweisen).
 
2.
 
2.1 Gemäss Steuergesetz vom 21. Mai 2000 des Kantons Appenzell A.Rh. (in Kraft ab 1. Januar 2001; StG/AR) fallen grundsätzlich alle wiederkehrenden und einmaligen Einkünfte in die Steuerberechnung, insbesondere alle Einkünfte aus Einrichtungen der beruflichen Vorsorge, mit Einschluss der Kapitalabfindungen (Art. 19 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 25 Abs. 1 StG/AR). Kapitalleistungen aus Vorsorge werden gesondert zu dem Steuersatz berechnet, der sich ergäbe, wenn anstelle der einmaligen Leistung eine entsprechende jährliche Leistung ausgerichtet würde (Art. 41 Abs. 1 StG/AR). Kapitalzahlungen, die bei Stellenwechsel vom Arbeitgeber oder von Einrichtungen der beruflichen Vorsorge ausgerichtet werden, bleiben steuerfrei, wenn sie die Empfänger innert Jahresfrist zum Einkauf in eine Einrichtung der beruflichen Vorsorge verwenden (Art. 27 lit. c StG/AR).
 
2.2 Mit dem Ausscheiden aus dem Staatsdienst und der Aufnahme einer selbstständigen Erwerbstätigkeit hatte A.X.________ Anspruch auf Auszahlung der Austrittsleistung seiner Vorsorgeeinrichtung (Art. 2 in Verbindung mit Art. 5 Abs. 1 lit. b des Bundesgesetzes vom 17. Dezember 1993 über die Freizügigkeit in der beruflichen Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge [Freizügigkeitsgesetz, FZG; SR 831.42]). Da die ganze Austrittsleistung fällig wurde (Urteil 2P.43/ 2000 vom 26. Mai 2000, E. 2d, in: StR 55/2000 S. 573, 576), insbesondere auch derjenige Teil, der auf das Vorsorgekonto der Ehefrau überwiesen wurde, durfte entsprechend die gesamte Austrittsleistung besteuert werden (Urteil 2P.389/1998 vom 3. März 2000, E. 3 und 4, in: StR 55/2000 S. 505, 507 f.).
 
2.3 Den zugunsten der Ehefrau verwendeten Einkaufsbetrag konnte der Beschwerdeführer von seinem übrigen Einkommen gemäss Art. 35 lit. d StG/AR abziehen (vgl. angefochtenes Urteil, E. 2e). Der Beschwerdeführer wendet freilich sinngemäss ein, der Einkaufsbetrag von Fr. 120'000.-- sei wegen der anfänglich noch nicht sehr ergiebigen neuen selbstständigen Anwaltstätigkeit und zufolge erheblicher Liegenschaftsunterhaltskosten viel höher als das übrige Einkommen. Daher könne dieser Betrag faktisch nicht einkommensschmälernd abgesetzt werden, was bei einer späteren Besteuerung der Leistungen zu einer systemwidrigen Doppelbelastung führe (Nichtabsetzbarkeit der Beiträge und volle Besteuerung der Leistungen).
 
Der Einwand dringt nicht durch. Das Vorgehen des Beschwerdeführers mit Einkauf von Beitragsjahren und zeitnahem Kapitalbezug stellt ein verbreitetes Steuersparmodell dar (Isabelle Vetter-Schreiber, Kommentar Berufliche Vorsorge, Zürich 2005, S. 272): Da die Kapitalleistung nur zum Rentensatz besteuert wird, der Einkaufsbetrag aber an sich voll von der Bemessungsgrundlage absetzbar ist, führt dies zu einer überschiessenden Steuerentlastung. Dem wird insbesondere dadurch begegnet, dass der Abzug des Einkaufsbetrages eingeschränkt wird (vgl. etwa Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Schwyz vom 24. Januar 2005, in: StPS 23 [2005] S. 21 ff.; Entscheid der Bundessteuer-Rekurskommission des Kantons Zürich vom 26. Juni 2002, in: StE 2002 B 27.1 Nr. 27, je mit Hinweisen). Vorliegend kann zwar der Beschwerdeführer den umschriebenen Steuerspareffekt schon mangels eines genügend hohen Einkommens nicht ausschöpfen. Er wird aber immer noch entsprechend seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit besteuert, konnte er doch die für die Einkaufssumme aufgebrachten Beiträge seinerzeit steuerlich absetzen.
 
2.4 Hilfsweise macht der Beschwerdeführer geltend, der auf das Vorsorgekonto seiner Ehefrau überwiesene Betrag von Fr. 120'000.-- habe gestützt auf Art. 27 lit. c StG/AR (entspricht Art. 7 Abs. 4 lit. e StHG) unbesteuert zu bleiben. Diese Ausnahmebestimmung kommt indessen nur dann zur Anwendung, wenn der Empfänger der Leistung eine Wiedereinzahlung zu seinen Gunsten in eine Einrichtung der beruflichen Vorsorge vornimmt. Der hier vorliegende Fall der Einlage auf das Vorsorgekonto der Ehefrau des Empfängers der Leistung fällt mithin nicht darunter. Die berufliche Vorsorge ist nämlich grundsätzlich eine individuelle Vorsorge. Einzig bei einer Scheidung werden die für die Ehedauer zu ermittelnden Austrittsleistungen geteilt (Art. 22 FZG), ohne dass diese Aufteilung steuerliche Folgen hätte (Peter Locher, Kommentar zum DBG, I. Teil, Therwil/Basel 2001, Rz. 27 zu Art. 22 DBG). Dabei handelt es sich jedoch um eine Sonderbestimmung, welche auf die während fortdauernder Ehe vorgenommene Übertragung von Vorsorgeguthaben nicht anwendbar ist.
 
3.
 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde erweist sich somit als unbegründet und ist abzuweisen.
 
Bei diesem Verfahrensausgang werden die bundesgerichtlichen Kosten dem Beschwerdeführer auferlegt (Art. 156 Abs. 1 OG in Verbindung mit Art. 153 und 153a OG). Es ist keine Parteientschädigung zuzusprechen (Art. 159 Abs. 2 OG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
 
2.
 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.
 
3.
 
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Steuerverwaltung des Kantons Appenzell A.Rh. und dem Verwaltungsgericht von Appenzell Ausserrhoden sowie der Eidgenössischen Steuerverwaltung schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 9. Juni 2005
 
Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
 
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