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Informationen zum Dokument  BGer U 401/2004  Materielle Begründung
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BGer U 401/2004 vom 13.06.2005
 
Eidgenössisches Versicherungsgericht
 
Tribunale federale delle assicurazioni
 
Tribunal federal d'assicuranzas
 
Sozialversicherungsabteilung
 
des Bundesgerichts
 
Prozess
 
{T 7}
 
U 401/04
 
Urteil vom 13. Juni 2005
 
IV. Kammer
 
Besetzung
 
Präsident Ferrari, Bundesrichterin Widmer und nebenamtlicher Richter Bühler; Gerichtsschreiber Flückiger
 
Parteien
 
T.________, 1949, Beschwerdeführerin, vertreten
 
durch Rechtsanwalt Dr. E. Ronald Pedergnana, Beethovenstrasse 24, 8002 Zürich,
 
gegen
 
Allianz Suisse Versicherungs-Gesellschaft, Hohlstrasse 552, 8048 Zürich, Beschwerdegegnerin
 
Vorinstanz
 
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur
 
(Entscheid vom 6. Oktober 2004)
 
Sachverhalt:
 
A.
 
Die 1949 geborene T.________ ist bei der Q.________ AG als Innendekorations-Näherin tätig und gestützt auf dieses Arbeitsverhältnis bei der Allianz Suisse Versicherungs-Gesellschaft, Zürich (im Folgenden Allianz; vormals Elvia Schweizerische Versicherungs-Gesellschaft, Zürich; nachfolgend Elvia), obligatorisch gegen die Folgen von Betriebs- und Nichtbetriebsunfällen versichert. Am 30. Mai 2000 wurde sie als Lenkerin ihres PW Peugeot 306 in eine Auffahrkollision verwickelt, weil ein nachfolgendes Fahrzeug auf ihren vor einem Lichtsignal stillstehenden PW auffuhr. Die Versicherte konsultierte am nächsten Tag den örtlichen Notfallarzt Dr. med. K.________, der eine HWS-Distorsion mit muskulären Zerrungen/Überlastung diagnostizierte. Ab 2. Juni 2000 wurde sie von ihrem Hausarzt Dr. med. N.________ weiterbehandelt. Die Elvia anerkannte ihre Leistungspflicht und erbrachte die gesetzlichen Leistungen (Heilbehandlung und Taggeld). Dr. med. N.________ attestierte der Versicherten volle Arbeitsunfähigkeit bis 18. Juni 2000 und schätzte ihre Arbeitsfähigkeit ab 19. Juni 2000 wieder auf 20 %, ab 26. Juni 2000 auf 30 %, ab 3. Juli 2000 auf 50 %, ab 14. August 2000 auf 60 % und ab 13. September 2000 auf 80 %. Ab 1. November 2000 war T.________ in ihrem angestammten Beruf wieder voll erwerbstätig, blieb aber weiterhin in ärztlicher Behandlung. Auf Empfehlung des Vertrauensarztes der Elvia, Dr. med. S.________, holte der Hausarzt bei Dr. med. P.________, Leitender Arzt im Institut für Röntgendiagnostik des Spitals X.________, einen Röntgenbefund vom 23. Oktober 2000 ein und überwies die Versicherte im Juni 2001 an den Spezialarzt für Rheumatologie Dr. med. E.________. Der Vertrauensarzt der Elvia untersuchte die Versicherte am 12. Dezember 2001 selbst und liess ihre Halswirbelsäule am 16. Januar 2002 im Institut für Radiologie der Klinik Y.________ durch die Radiologinnen Dr. med. O.________ und Dr. med. H.________ magnetresonanztomographisch abklären. Ausserdem untersuchte er T.________ zusammen mit Dr. med. L.________, Spezialarzt für Orthopädische Chirurgie, am 16. Januar 2002 erneut und holte von diesem Spezialarzt eine konsiliarische Beurteilung der Röntgen- und MRI-Befunde vom 23. Oktober 2000 und 16. Januar 2002 ein (Bericht vom 18. Januar 2002). Hierauf beauftragte die Allianz Prof. Dr. med. W.________, Neurologische Klinik und Poliklinik Spital Z.________, mit der Ausarbeitung eines Gutachtens, welches am 7. November 2002 erstattet wurde. Anschliessend stellte die Allianz mit Verfügung vom 17. Dezember 2002 die Versicherungsleistungen rückwirkend ab 2. November 2000 ein. Die dagegen von der Versicherten und ihrem obligatorischen Krankenversicherer, CSS Versicherung, Luzern, erhobenen Einsprachen wies die Allianz mit Entscheid vom 14. November 2003 ab.
 
B.
 
Beschwerdeweise liess T.________ beantragen, es sei der Einspracheentscheid vom 14. November 2003 aufzuheben und die Allianz anzuweisen, ihr die gesetzlichen Leistungen für medizinische Behandlung und eine Integritätsentschädigung auszurichten. Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich hiess die Beschwerde insofern teilweise gut, als es den Zeitpunkt der Einstellung der Heilbehandlungsleistungen auf den 2. Dezember 2002 festsetzte, während es sie im Übrigen abwies (Entscheid vom 6. Oktober 2004).
 
C.
 
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt T.________ die Zusprechung von Heilbehandlungsleistungen auch für die Zeit ab 2. Dezember 2002 und einer Integritätsentschädigung beantragen.
 
Die Allianz schliesst auf Abweisung der Beschwerde, während das Bundesamt für Gesundheit auf eine Vernehmlassung verzichtet.
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
 
1.
 
1.1 Im Beschwerdeverfahren um die Bewilligung oder Verweigerung von Versicherungsleistungen ist die Überprüfungsbefugnis des Eidgenössischen Versicherungsgerichts nicht auf die Verletzung von Bundesrecht einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens beschränkt, sondern sie erstreckt sich auch auf die Angemessenheit der angefochtenen Verfügung; das Gericht ist dabei nicht an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden und kann über die Begehren der Parteien zu deren Gunsten oder Ungunsten hinausgehen (Art. 132 OG).
 
1.2 Die dem Eidgenössischen Versicherungsgericht in Leistungsstreitigkeiten zustehende Kognition hat unter anderem zur Konsequenz, dass auch neue, erstmals im letztinstanzlichen Verfahren vorgebrachte Tatsachenbehauptungen und Beweismittel zu berücksichtigen sind (BGE 109 Ib 248 f. Erw. 3b, 103 Ib 196 Erw. 4a, 102 Ib 127 Erw. 2a; RKUV 1988 Nr. K 769 S. 244 Erw. 5a). Das (Noven-)Recht, den rechtserheblichen Sachverhalt noch im Verfahren vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht zu ergänzen, kann aber in zeitlicher Hinsicht - unter Vorbehalt eines zweiten Schriftenwechsels oder neuer Tatsachen oder entscheidender Beweismittel im Sinne von Art. 137 lit. b OG - gemäss Art. 108 Abs. 2 OG in Verbindung mit Art. 132 OG nach Ablauf der Rechtsmittelfrist nicht mehr ausgeübt werden (BGE 127 V 353).
 
Die von der Beschwerdeführerin zusammen mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde neu aufgelegten Berichte des Facharztes für Neurologie Dr. med. R.________ vom 22. und 29. Oktober 2004 sind demgemäss beachtlich, das am 14. Februar 2005 eingereichte Schreiben dieses Arztes vom 11. Januar 2005 sowie die mit den späteren Eingaben vom 3. und 31. März 2005 verurkundeten E-Mail-Schreiben an und von Prof. Dr. A.________, Italien, hingegen nicht; ebenso wenig der Bericht der Physiotherapeutin C.________ vom 22. April 2005.
 
2.
 
2.1 Streitig und zu prüfen ist, ob der Beschwerdeführerin ein Anspruch auf Heilbehandlung gemäss Art. 10 UVG auch für die Zeit ab 2. Dezember 2002 sowie eine Integritätsentschädigung zusteht oder ob diese beiden Leistungsansprüche zufolge fehlender Unfallkausalität der weiterhin geklagten und ärztlich behandelten gesundheitlichen Beschwerden zu verneinen sind.
 
2.2 Die Vorinstanz hat die gesetzliche Bestimmung über den Anspruch auf Leistungen der obligatorischen Unfallversicherung (Art. 6 Abs. 1 UVG) sowie die Rechtsprechung zu dem für die Leistungspflicht des Unfallversicherers vorausgesetzten natürlichen (BGE 129 V 181 Erw. 3.1, 406 Erw. 4.3.1, 119 V 337 Erw. 1, 118 V 289 Erw. 1b, je mit Hinweisen) und adäquaten Kausalzusammenhang (BGE 129 V 181 Erw. 3.2, 405 Erw. 2.2, 125 V 461 Erw. 5a mit Hinweisen) zutreffend wiedergegeben. Beizufügen und im vorliegenden Fall zu beachten ist, dass sich bei organischen Unfallfolgen die adäquate, d.h. rechtserhebliche Kausalität weitgehend mit der natürlichen Kausalität deckt; die Adäquanz hat hier gegenüber dem natürlichen Kausalzusammenhang praktisch keine selbstständige Bedeutung (BGE 118 V 291 Erw. 3a, 117 V 365 Erw. 5c/bb mit Hinweisen; RKUV 2004 Nr. U 505 S. 249 Erw. 2.1; vgl. auch BGE 128 V 172 Erw. 1c).
 
Ebenfalls richtig wiedergegeben hat das kantonale Gericht die Rechtsprechung zum Beweiswert und zur Würdigung medizinischer Berichte und Gutachten (BGE 125 V 352 ff. Erw. 3a und b, 122 V 160 ff. Erw. 1c). Darauf kann verwiesen werden.
 
2.3 Ist die Unfallkausalität einmal mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit nachgewiesen, entfällt die deswegen anerkannte Leistungspflicht des Unfallversicherers erst, wenn der Unfall nicht mehr die natürliche und adäquate Ursache des Gesundheitsschadens darstellt, wenn also Letzterer nur noch und ausschliesslich auf unfallfremden Ursachen beruht. Ebenso wie der leistungsbegründende natürliche Kausalzusammenhang (BGE 117 V 360 Erw. 4a, 376 Erw. 3a, je mit Hinweisen) muss das Dahinfallen jeder kausalen Bedeutung von unfallbedingten Ursachen eines Gesundheitsschadens mit dem im Sozialversicherungsrecht allgemein üblichen Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit nachgewiesen sein. Die blosse Möglichkeit nunmehr gänzlich fehlender ursächlicher Auswirkungen des Unfalles genügt nicht. Da es sich hierbei um eine anspruchsaufhebende Tatfrage handelt, liegt die entsprechende Beweislast - anders als bei der Frage, ob ein leistungsbegründender natürlicher Kausalzusammenhang gegeben ist - nicht bei der versicherten Person, sondern beim Unfallversicherer (RKUV 2000 Nr. U 363 S. 46 Erw. 2, 1994 Nr. U 206 S. 327 f. Erw. 3b).
 
Diese Beweislastregel greift allerdings erst Platz, wenn es sich als unmöglich erweist, im Rahmen des Untersuchungsgrundsatzes und der Beweiswürdigung einen Sachverhalt zu ermitteln, der zumindest die überwiegende Wahrscheinlichkeit für sich hat, der Wirklichkeit zu entsprechen (BGE 117 V 264 Erw. 3b mit Hinweisen). Sodann muss der Beweis des Wegfalls des natürlichen Kausalzusammenhanges nicht durch den Nachweis unfallfremder Ursachen erbracht werden. Ebenso wenig geht es darum, vom Unfallversicherer den negativen Beweis zu verlangen, dass kein Gesundheitsschaden mehr vorliegt oder dass die versicherte Person nun bei voller Gesundheit ist. Entscheidend ist allein, ob unfallbedingte Ursachen eines Gesundheitsschadens ihre kausale Bedeutung verloren haben, also dahingefallen sind, oder nicht (Urteile C. vom 14. Oktober 2004, U 66/04, Erw. 3.2, I. vom 7. Juli 2004, U 15/04, Erw. 2.2 und B. vom 31. August 2001, U 285/00, Erw. 5a).
 
3.
 
3.1 Die Vorinstanz hat das Dahinfallen des natürlichen Kausalzusammenhanges zwischen dem Unfall vom 30. Mai 2000 und den von der Beschwerdeführerin nach dem 2. Dezember 2002 weiterhin geklagten Beschwerden im Hals- und Nackenbereich gestützt auf das Administrativgutachten von Prof. Dr. med. W.________ vom 7. November 2002 bejaht. Sie hat dieses Gutachten im Grundsatz - wenn auch mit Einschränkungen hinsichtlich der zeitlichen (rückwirkenden) Beurteilung - als beweiskräftig angesehen, weil der Gutachter über die Unterlagen der vorangegangenen ärztlichen Untersuchungen sowie die "bildgebenden Materialien" verfügt habe. Demgegenüber sei die Schlussfolgerung von Dr. med. L.________ in seinem Bericht vom 18. Januar 2002, wonach eine unfallbedingte richtunggebende Verschlimmerung der degenerativen Veränderungen in der HWS der Beschwerdeführerin vorliege, nicht nachvollziehbar.
 
3.2 Die Beweiskraft eines medizinischen Gutachtens hängt nach der Rechtsprechung (BGE 125 V 352 Erw. 3a, 122 V 160 Erw. 1c mit Hinweisen) unter anderem davon ab, ob es in der Darlegung der medizinischen Zustände, Entwicklungen und Zusammenhänge einleuchtet und ob die Schlussfolgerungen des Experten so begründet sind, dass der Rechtsanwender sie kritisch prüfend nachvollziehen kann (U. Meyer-Blaser, Das medizinische Gutachten aus sozialversicherungsrechtlicher Sicht, in: A.M. Siegel/D. Fischer [Hrsg.], Die neurologische Begutachtung, Schweizerisches medico-legales Handbuch Bd. 1, Zürich 2004, S. 97; ders., Sozialversicherungsrecht und Medizin, in: H. Fredenhagen, Das ärztliche Gutachten, 4. Auflage, Bern 2003, S. 25). Die Begründung der von einem Gutachter aus den verwerteten Vorakten und den von ihm selbst erhobenen Befunden gezogenen Schlussfolgerungen - regelmässig als "Beurteilung" betitelt - ist der essentielle Teil jedes Gutachtens. Hier hat der Gutachter die Gedankengänge im Einzelnen darzulegen, aufgrund derer er zu seinen Schlussfolgerungen gelangt. Die anschliessende Beantwortung der einzelnen Expertenfragen muss anhand der begründeten Schlussfolgerungen nachvollzogen werden können. Sie darf nicht als blosse Behauptung sozusagen im "luftleeren Raum" stehen (M. Mumenthaler, Grundsätzliches zum ärztlichen Unfallgutachten, in: A.M. Siegel/D. Fischer [Hrsg.], a.a.O., S. 120 und 121; A. Bühler, Erwartungen des Richters an den Sachverständigen, AJP 1999, S. 573; ders., Die Beweiswürdigung, in: Ch. Leuenberger, Der Beweis im Zivilprozess, Bern 2000, S. 82; L. Glanzmann-Tarnutzer, Der Beweiswert medizinischer Erhebungen im Zivil-, Straf- und Sozialversicherungsprozess, AJP 2005, S. 79). Enthält ein Gutachten überhaupt keine Begründung der vom Experten getroffenen Schlussfolgerungen und damit keine argumentative Basis für die Beantwortung der Gutachterfragen, ist es weder nachvollziehbar noch schlüssig und deshalb nicht beweiskräftig.
 
3.3 Das Gutachten des Prof. Dr. med. W.________ vom 7. November 2002 enthält eine umfassende Familien-, Sozial- und Unfallanamnese, rapportiert die Formularberichte des Hausarztes Dr. med. N.________, des Notfallarztes Dr. med. K.________ und des Rheumatologen Dr. med. E.________ und gibt im zweiten, mit "Befund? Können die subjektiven Beschwerden objektiviert werden?" betitelten Teil die bei der klinischen Untersuchung der Versicherten am 29. August 2002 vom Gutachter selbst erhobenen Befunde sowie die Ergebnisse der verschiedenen vorher durchgeführten röntgenologischen und magnetresonanztomographischen HWS-Abklärungen wieder. Der daran anschliessenden Formulierung der gutachterlichen Diagnose folgt sogleich die Beantwortung der gestellten Expertenfragen. Eine Diskussion der eigenen und der von den voruntersuchenden Spezialärzten erhobenen Befunde enthält das Gutachten ebenso wenig wie eine medizinische Beurteilung der objektiven Befunde. Es lässt sich lediglich erahnen, dass der Gutachter bei der Beantwortung der ihm gestellten Expertenfragen entscheidend auf die von ihm veranlasste Beurteilung des Röntgendossiers vom 14. August 2002 durch PD Dr. med. I.________, Neuroradiologie Spital Z.________, abgestellt hat. Denn dessen Schlussfolgerung wird im Gutachten - der Originalbericht befindet sich nicht in den Akten - wie folgt zitiert: "Gemäss PD Dr. I.________ sind alle Veränderungen als sogenannt degenerativ und nicht als traumatisch bedingt anzusehen". Von dieser Mutmassung abgesehen, stehen die zu den einzelnen Gutachterfragen gegebenen Antworten ohne jede Begründung als blosse Behauptungen da.
 
3.4 Die Beantwortung der ersten vier Expertenfragen durch den Gutachter Prof. Dr. med. W.________ bedeutet im Ergebnis, dass er Auswirkungen von unfallkausalen Faktoren auf den Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin ab dem 2. November 2000 vollständig verneint und nur für die vorausgegangenen rund fünf Monate ab dem Unfall vom 30. Mai 2000 eine vorübergehende, unfallbedingte Verschlimmerung der degenerativen Veränderungen im Bereich der HWS bejaht. Diese Schlussfolgerung steht in Widerspruch zur Beurteilung der medizinischen Situation, wie sie bei der Beschwerdeführerin kurz vor und nach dem 2. November 2000 gegeben war, durch mehrere andere Fachärzte.
 
Am 23. Oktober 2000 beurteilte der Röntgenologe Dr. med. P.________ den von ihm erhobenen Befund im Bereich des 4. und 5. Halswirbels (C 4 und C 5) als "Bandinstabilität ....., möglicherweise beim Trauma vom 30.5.00 entstanden". Die leichte Retrolisthesis des 4. Halswirbels (C 4) in Reklination interpretierte er als "verdächtig auf einen Status nach ligamentärer Läsion". Die degenerativen Veränderungen im Bereich der HWS qualifizierte er als "mässig".
 
Der Rheumatologe Dr. med. E.________ diagnostizierte im Sommer 2001 ein "posttraumatisches Cervikalsyndrom bei beginnender Osteochondrose C 4/5, C 6/7, Antrolisthesis C 3/4 von 2-3 mm nach einem direkten HWS-Trauma nach Auffahrunfall am 30.5.01" (recte: 30.5.2000). Diese Diagnose beinhaltete ebenfalls die Bejahung einer anhaltenden, zumindest teilweisen Unfallkausalität der erhobenen objektiven Befunde, weshalb Dr. med. E.________ in seinem Bericht vom 31. August 2001 abschliessend festhielt: "Ein endgültiger Abschluss ist gegenwärtig sicher noch nicht möglich."
 
Der vom Vertrauensarzt der Allianz beigezogene Spezialarzt für Orthopädische Chirurgie, Dr. med. L.________ umschrieb das Krankheitsbild der Beschwerdeführerin in seinem Bericht vom 18. Januar 2002 aufgrund seiner eigenen klinischen Befunde und der im Institut für Radiologie der Klinik Y.________ am 16. Januar 2002 durchgeführten röntgenologischen und magnetresonanztomographischen Abklärungen als "residuelle Cervicocephalgien bei Traumatisierung der mittleren HWS C 4/5, C 5/6 mit vermehrtem ventrodorsalem Gleiten (Instabilität)" und hielt gestützt darauf als Schlussfolgerung fest: "Somit ist es zu einer Verschlimmerung eines Vorzustandes gekommen (richtungsgebend)." Diese medizinische Beurteilung bedeutet im Ergebnis, dass der Unfall vom 30. Mai 2000 zu einer dauerhaften Verschlimmerung des degenerativen Vorzustandes der HWS geführt hat.
 
Schliesslich ist der neurologische Spezialarzt Dr. med. R.________ gestützt auf die erwähnten radiologischen Voruntersuchungen sowie die eigenen klinischen Befunde in seinem Bericht vom 22. Oktober 2004 zum Schluss gelangt, der langanhaltende Beschwerdeverlauf könne "zwanglos" mit der in den röntgenologischen Untersuchungen gefundenen Instabilität der HWS auf den Etagen C 4/5 und C 5/6 erklärt werden.
 
Alle diese Beurteilungen der Unfallkausalität der von der Versicherten seit dem 2. November 2000 weiterhin geklagten Beschwerden, der diesen zugrunde liegenden und von mehreren Spezialärzten erhobenen objektiven Befunde sowie des kausalen Gewichtes, das dem degenerativen Vorzustand der HWS hiefür zukommt, stehen im Widerspruch zu den vom Gutachter Prof. Dr. med. W.________ gezogenen Schlussfolgerungen, wie sie als Quintessenz in den gutachterlichen Antworten auf die gestellten Expertenfragen sinngemäss zum Ausdruck kommen. Abgesehen davon stellen ganz allgemein lang anhaltende Beschwerden im Hals- und Nackenbereich als Folge von objektiv feststellbaren Befunden nach einer HWS-Distorsion medi-zinisch nichts Aussergewöhnliches dar, weshalb das Dahinfallen des natürlichen Kausalzusammenhanges bereits fünf Monate nach einem entsprechenden Unfall sorgfältig begründet werden muss, damit der diesbezügliche Beweis als geleistet gelten kann. Dies auch deshalb, weil bereits eine unfallbedingte Teilkausalität genügt, damit die Leistungsvoraussetzung des natürlichen Kausalzusammenhanges weiterhin gegeben ist (vgl. BGE 129 V 181 Erw. 3.1 und 406 Erw. 4.3.1 je mit Hinweisen).
 
3.5 Zusammenfassend kann aus diesen Gründen dem von der Allianz eingeholten Administrativgutachten von Prof. Dr. med. W.________ keine Beweiskraft beigemessen werden. Die medizinische und verfahrensrechtliche Aktenlage lässt eine zuverlässige Anspruchsbeurteilung über den 2. November 2000 trotzdem insoweit zu, als mit der Vorinstanz festgehalten werden kann, dass die Heilbehandlung nicht vor dem 2. Dezember 2002 eingestellt werden konnte. Ob und bejahendenfalls wie lange die natürliche Unfallkausalität der über diesen Zeitpunkt hinaus weiterhin geklagten und ärztlich behandelten Beschwerden noch gegeben war, bedarf jedoch ergänzender Abklärung. Dabei ist zu beachten, dass die Frage, ob hiefür auch ein adäquater Kausalzusammenhang besteht, im vorliegenden Fall, in dem nach den Akten ausschliesslich organische Gesundheitsstörungen zur Diskussion stehen, keiner separaten Prüfung bedarf (vgl. Erw. 2.2 hievor); und zwar so lange, als das Dahinfallen des natürlichen Kausalzusammenhangs unter Berücksichtigung der hiefür von der Beschwerdegegnerin zu tragenden Beweislast (vgl. Erw. 2.3 hievor) nicht mit dem erforderlichen Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit nachgewiesen ist.
 
4.
 
4.1 Bei festgestellter Abklärungsbedürftigkeit verletzt die Rückweisung der Sache an die Verwaltung als solche weder den Untersuchungsgrundsatz noch das Gebot eines einfachen und raschen Verfahrens (aArt. 108 Abs. 1 lit. a UVG, in Kraft gewesen bis 31. Dezember 2002; Art. 61 lit. a ATSG, in Kraft seit 1. Januar 2003). Anders verhält es sich nur dann, wenn die Rückweisung an die Verwaltung einer Verweigerung des gerichtlichen Rechtsschutzes gleichkäme (beispielsweise dann, wenn aufgrund besonderer Gegebenheiten nur ein Gerichtsgutachten oder andere gerichtliche Beweismassnahmen geeignet wären, zur Abklärung des Sachverhaltes beizutragen) oder wenn die Rückweisung nach den Umständen als unverhältnismässig bezeichnet werden müsste (RKUV 1993 Nr. U 170 S. 136 Erw. 4a, 1989 Nr. K 809 S. 207 Erw. 4). Das Eidgenössische Versicherungsgericht hat überdies entschieden, dass eine Rückweisung an die Verwaltung gerechtfertigt ist, wenn eine medizinische Expertise notwendig erscheint, weil der Grundsatz der Kostenlosigkeit des versicherungsgerichtlichen Beschwerdeverfahrens nicht dazu missbraucht werden darf, dass die Unfallversicherer sich von den oftmals beträchtlichen Kosten derartiger Gutachten zu Lasten der kantonalen Staatskasse befreien können (nicht veröffentlichte Urteile J. vom 24. Februar 1999, U 51/98, M. vom 27. Mai 1993, U 76/92 und J. vom 18. Dezember 1985, U 69/84).
 
4.2 Im vorliegenden Fall ist der Anspruch der Beschwerdeführerin auf weitere Heilbehandlung (und gegebenenfalls auf eine Integritätsentschädigung) streitig. Dieser Anspruch besteht, sofern die natürliche Unfallkausalität der geklagten Beschwerden nicht dahingefallen ist, solange als von der Fortsetzung der ärztlichen Behandlung noch eine namhafte Besserung des Gesundheitszustandes erwartet werden kann (Art. 19 Abs. 1 e contrario in Verbindung mit Art. 10 Abs. 1 UVG). Die gesundheitliche Besserung muss dabei erheblich ("namhaft") und wahrscheinlich sein. Es genügt nicht, dass lediglich noch ein unbedeutender therapeutischer Fortschritt erwartet oder eine erhebliche Besserung bloss möglicherweise noch erzielt werden kann (EVGE 1952 S. 86; A. Maurer, Schweizerisches Unfallversicherungsrecht, Bern 1985, S. 274). Der Gesundheitszustand des Versicherten darf hiefür allerdings nur prognostisch und nicht aufgrund retrospektiver Feststellungen beurteilt werden (RB SUVA 1982 Nr. 2; vgl. auch BGE 111 V 25 Erw. 3c in fine).
 
Alle diesbezüglichen Fragen bedürfen zusätzlich zur natürlichen Unfallkausalität der von der Beschwerdeführerin nach dem 2. Dezember 2002 weiterhin geklagten Beschwerden der Abklärung in tatsächlicher Hinsicht, allenfalls durch Einholung eines neuen spezialärztlichen Gutachtens. Die Streitsache ist daher an die Allianz und nicht an die Vorinstanz zurückzuweisen.
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
 
1.
 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird in dem Sinne gutgeheissen, dass der Entscheid des Sozialversicherungsgerichtes des Kantons Zürich vom 6. Oktober 2004, soweit er auf Abweisung der Beschwerde lautet und die Parteikosten betrifft, und der Einspracheentscheid vom 14. November 2003 aufgehoben werden und die Streitsache an die Allianz Suisse Versicherungs-Gesellschaft zurückgewiesen wird, damit sie über den Anspruch der Beschwerdeführerin auf Heilbehandlung ab 2. Dezember 2002 und eine Integritätsentschädigung nach ergänzender Sachverhaltsabklärung im Sinne der Erwägungen neu entscheide.
 
2.
 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
 
3.
 
Die Allianz Suisse Versicherungs-Gesellschaft hat der Beschwerdeführerin für das Verfahren vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht eine Parteientschädigung von Fr. 2500.- (einschliesslich Mehrwertsteuer) zu bezahlen.
 
4.
 
Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich wird über eine Neuverlegung der Parteientschädigung für das kantonale Verfahren entsprechend dem Ausgang des letztinstanzlichen Prozesses zu befinden haben.
 
5.
 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Gesundheit zugestellt.
 
Luzern, 13. Juni 2005
 
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts
 
Der Präsident der IV. Kammer: Der Gerichtsschreiber:
 
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