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Informationen zum Dokument  BGer I 553/2004  Materielle Begründung
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BGer I 553/2004 vom 20.06.2005
 
Eidgenössisches Versicherungsgericht
 
Tribunale federale delle assicurazioni
 
Tribunal federal d'assicuranzas
 
Sozialversicherungsabteilung
 
des Bundesgerichts
 
Prozess
 
{T 7}
 
I 553/04
 
Urteil vom 20. Juni 2005
 
III. Kammer
 
Besetzung
 
Präsidentin Leuzinger, Bundesrichter Rüedi und Kernen; Gerichtsschreiberin Riedi Hunold
 
Parteien
 
C.________, 1952, Beschwerdeführer, vertreten
 
durch Rechtsanwalt Beat Wachter, Obergasse 34, 8400 Winterthur,
 
gegen
 
IV-Stelle des Kantons Zürich, Röntgenstrasse 17,
 
8005 Zürich, Beschwerdegegnerin
 
Vorinstanz
 
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur
 
(Entscheid vom 21. Juli 2004)
 
Sachverhalt:
 
A.
 
C.________ (geboren 1952) war bis Ende April 1996 bei der L.________ AG angestellt. Aus gesundheitlichen Gründen blieb er ab 16. Oktober 1995 der Arbeit fern. Nachdem sein Gesuch um Leistungen der Invalidenversicherung mit Verfügung vom 7. Februar 1997 abgewiesen worden war, meldete er sich am 3. November 1998 wieder zum Leistungsbezug an. Auch dieses Gesuch wurde mit Verfügung vom 14. Dezember 1999, bestätigt mit Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 28. September 2001 sowie Urteil des Eidgenössischen Versicherungsgerichts vom 17. September 2002 (I 714/01), abgewiesen.
 
B.
 
Infolge neu aufgetretener Beschwerden ersuchte C.________ im März 2002 erneut um Leistungen der Invalidenversicherung. Nach Einholung eines Gutachtens des Spitals X.________ vom 7. Februar 2003 sprach die IV-Stelle des Kantons Zürich mit Verfügung vom 15. April 2003 C.________ ab 1. Januar 2002 eine halbe Invalidenrente zu. Diese Rente wurde infolge gleichzeitigem Bezug einer Invalidenrente durch die Ehefrau mit Verfügung vom 4. Juli 2003 neu berechnet. Mit Einspracheentscheid vom 1. Oktober 2003 hielt die IV-Stelle an der halben Rente fest.
 
C.
 
Die hiegegen erhobene Beschwerde wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 21. Juli 2004 ab.
 
D.
 
C.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen mit dem Antrag, es sei der vorinstanzliche Entscheid aufzuheben und ihm eine ganze Invalidenrente zuzusprechen; eventualiter sei eine ergänzende Begutachtung anzuordnen. Die IV-Stelle schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherung verzichtet auf eine Vernehmlassung.
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
 
1.
 
1.1 In zeitlicher Hinsicht sind grundsätzlich diejenigen Rechtssätze massgebend, die bei der Erfüllung des zu Rechtsfolgen führenden Tatbestandes Geltung haben (BGE 130 V 447 Erw. 1.2.1, 127 V 467 Erw. 1). Weiter stellt das Sozialversicherungsgericht bei der Beurteilung eines Falles grundsätzlich auf den bis zum Zeitpunkt des Erlasses des streitigen Einspracheentscheids eingetretenen Sachverhalt ab (BGE 121 V 366 Erw. 1b; RKUV 2001 Nr. U 419 S. 101).
 
1.2 Bei der Prüfung eines allfälligen schon vor dem In-Kraft-Treten des Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts vom 6. Oktober 2000 (ATSG) auf den 1. Januar 2003 entstandenen Anspruchs auf eine Rente der Invalidenversicherung sind die allgemeinen intertemporalrechtlichen Regeln heranzuziehen, gemäss welchen grundsätzlich diejenigen Rechtssätze massgebend sind, die bei Verwirklichung des zu Rechtsfolgen führenden Sachverhalts galten. Demzufolge ist der Rentenanspruch für die Zeit bis 31. Dezember 2002 auf Grund der bisherigen und ab diesem Zeitpunkt nach den neuen Normen zu prüfen (BGE 130 V 445 mit Hinweisen).
 
1.3 Die Vorinstanz hat die Bestimmungen und Grundsätze über den Begriff der Invalidität (bis 31. Dezember 2002 Art. 4 Abs. 1 IVG; ab 1. Januar 2003 Art. 8 Abs. 1 ATSG; BGE 130 V 347 Erw. 3.3 mit Hinweisen), den Anspruch auf eine Invalidenrente (Art. 28 Abs. 1 IVG in der bis 31. Dezember 2003 geltenden Fassung), die Ermittlung des Invaliditätsgrades auf Grund der allgemeinen Methode des Einkommensvergleichs (bis 31. Dezember 2002 Art. 28 Abs. 2 IVG; ab 1. Januar 2003 Art. 16 ATSG; BGE 130 V 348 Erw. 3.4, 129 V 475 Erw. 4.2.1, 128 V 30 Erw. 1, 126 V 75, je mit Hinweisen), insbesondere bei Fettleibigkeit (ZAK 1984 S. 345 mit Hinweisen), sowie die Prüfung eines Anspruchs auf eine Invalidenrente im Rahmen einer Neuanmeldung (bis 31. Dezember 2002 Art. 87 Abs. 3 und 4 IVV in Verbindung mit Art. 41 IVG; ab 1. Januar 2003 Art. 87 Abs. 3 und 4 IVV in Verbindung mit Art. 17 Abs. 1 ATSG; BGE 130 V 349 Erw. 3.5, 117 V 198, je mit Hinweisen) und die dabei zu vergleichenden Sachverhalte (BGE 130 V 349 Erw. 3.5, 125 V 369 Erw. 2, je mit Hinweisen) zutreffend dargelegt. Dasselbe gilt für die Aufgabe des Arztes oder der Ärztin bei der Ermittlung des Invaliditätsgrades (BGE 125 V 261 Erw. 4 mit Hinweisen) und die Anforderungen an einen ärztlichen Bericht (BGE 125 V 352 Erw. 3a mit Hinweis). Darauf wird verwiesen.
 
2.
 
Streitig ist der Anspruch auf eine Invalidenrente, insbesondere die der Invaliditätsbemessung zugrunde gelegte Arbeitsfähigkeit, in der Zeit von 1. Januar 2002 bis zum Erlass der streitigen Verwaltungsverfügung (Einspracheentscheid vom 1. Oktober 2003). Wie es sich unter der Herrschaft der seit 1. Januar 2004 geltenden Normen (4. IV-Revision) verhält, ist somit nicht Gegenstand des Verfahrens (Erw. 1.1).
 
3.
 
Rheumaklinik und Institut für Physiotherapie mit Poliklinik, Spital X.________ (nachfolgend: Rheumaklinik), diagnostizieren in ihrem Gutachten vom 24. September 1999 eine Polyarthrose mit symptomatischer medialer Gonarthrose, Omarthrose, Rhizarthrose, Coxarthrose, Fuss- und Zehengelenksarthrose beidseits, multiple lokalisierte weichteilrheumatische Beschwerden mit PHS tendopathica beidseits, Periarthropathie beider Ellenbogen, Periarthropathia coxae links bei leichter Coxarthrose beidseits und Periarthropathia genu beidseits bei medialer Gonarthrose beidseits, Gichtarthropathie mit aktuell Oligosynovitis MTP Dig. III bis V rechts, lumbalbetontes Panvertebralsyndrom mit intermittierend lumbospondylogenem Syndrom links bei Wirbelsäulenfehlform und Dekonditionierung, Adipositas per magna mit Dekonditionierung, Psoriasis vulgaris und Thalassaemia minor. Die Beschwerden seien glaubhaft und würden mit dem radiologischen und skelettszintigraphischen Befund übereinstimmen. Es bestünden keine Anhaltspunkte für ein entzündlich systemisch rheumatisches Leiden. Trotz bekannter Gicht und anamnestisch rezidivierenden Gichtschüben müsse radiologisch keine tophös-zystische Gelenkdestruktion verzeichnet werden. Die extreme Adipositas trage zur Beschwerdeverschlechterung und Chronifizierung bei. Eine Gewichtsreduktion sei daher notwendig und auch möglich. In der angestammten Tätigkeit bestehe volle Arbeitsunfähigkeit. Eine körperlich leichte, gelenk- und rückenschonende Tätigkeit mit Möglichkeit zur Wechselbelastung und unter Ausschluss von Tragen und Heben von Lasten über 15 kg sowie ohne vermehrte oder repetitive Kraftanwendungen für Hände und Arme sei nach einer Einarbeitungszeit von drei Monaten voll zumutbar. Günstig seien Tätigkeiten, die auf Tischhöhe ausgeführt werden könnten, oder körperlich wenig belastende Kontrollfunktionen. Im Gutachten vom 7. Februar 2003 werden eine Adipositas per magna (BMI 52) mit schwerster kardiopulmonaler und muskuloskelettaler Dekonditionierung, eine Polyarthrose mit leichter medialer Gonarthrose beidseits, Rhizarthrose beidseits, beginnender Coxarthrose beidseits, Zehengelenksarthrose beidseits betont, Grundgelenke Dig. I mit Spreizfüssen und Hallux valgus, Periarthropathia humero scapularis beidseits mit Teilruptur der linken Supraspinatussehne und Periarthropathie beider Ellenbogen, links mehr als rechts, lumbal betontes Panvertebralsyndrom mit intermittierendem lumbospondylogenem Syndrom links mehr als rechts, leichten degenerativen Veränderungen mit Spondylarthrose L5/S1 und ventrale Spondylose BWK 11 und 12 sowie Arthrosezeichen der Costovertebralgelenke, Gichtarthropathie, schwere venöse Insuffizienz beidseits, Psoriasis vulgaris und Thalassaemia minor aufgeführt. Bezüglich der Arbeitsfähigkeit sei aus rein rheumatologischer Sicht keine neue Situation entstanden. In seinem angestammten Beruf sei der Versicherte bleibend arbeitsunfähig. Eine adaptierte Tätigkeit sei voll zumutbar. Aus internistischer Sicht bestehe bei dieser ausgeprägten generalisierten Dekonditionierung mit Dyspnoe eine aktuelle Einschränkung der Arbeitsfähigkeit auch für leichte Tätigkeiten von 50 %. Mit einer Gewichtsreduktion und vermehrter körperlicher Aktivität im Sinne einer Rekonditionierung könne die Arbeitsfähigkeit für eine leichte Tätigkeit auch aus internistischer Sicht rasch auf 100 % gesteigert werden.
 
Dr. med. M.________, Facharzt für Allgemeine Medizin, attestiert seit Jahren vollständige Arbeitsunfähigkeit für jegliche Tätigkeit, so etwa in seinen Berichten vom 14. November 2001 und 2. Mai 2002. Mehrfach hält er fest, eine Gewichtsreduktion sei unzumutbar, nachdem verschiedenste Versuche, u.a. in Italien, gescheitert seien. Auch seien sämtliche Arbeitsversuche ohne Erfolg geblieben.
 
Die Chirurgische Klinik Y.________ (nachfolgend: Chirurgische Klinik), berichtet am 18. Dezember 2001, der Versicherte habe sich zur Implantation eines Magenbandes gemeldet. Bei näherer Befragung werde ersichtlich, dass bis dahin keine konsequenten Diätversuche durchgeführt worden seien. Eine Ernährungsberatung habe er bisher nie aufgesucht. Es sei lediglich im Jahr 2000 in Italien eine kurze Therapie mit einer unbekannten Tablette durchgeführt worden. Es stehe nicht nur die grosse Nahrungsmenge, sondern vor allem die völlig falsche Zusammensetzung (Schokolade, Salzwaren etc.) im Vordergrund. Vorerst müsse mit konservativen Mitteln, insbesondere einer Ernährungsberatung, versucht werden, das Gewicht zu reduzieren.
 
Dr. med. E.________, Facharzt für Pneumologie und Innere Medizin, hält am 19. März 2003 eine behinderte Nasenatmung, eine leichte chronisch obstruktive Lungenkrankheit sowie eine respiratorische Globalinsuffizienz fest.
 
Das Rehabilitationszentrum der Höhenklinik Z.________ (nachfolgend: Rehabilitationszentrum), wo sich der Versicherte vom 18. Mai bis 7. Juni 2003 stationär aufhielt, diagnostiziert im Bericht vom 7. Juni 2003 eine Adipositas per magna (BMI 48), eine respiratorische Globalinsuffizienz (Pickwick-Syndrom), eine behinderte Nasenatmung bei leichter Septumdeviation (vordere Rhinoskopie), eine chronische venöse Insuffizienz Grad II bis III beidseits, eine Psoriasis vulgaris sowie eine arterielle Hypertonie. Während des Aufenthaltes konnte mittels kalorienreduzierter Ernährung und regelmässiger körperlicher Betätigung eine Gewichtsreduktion von 4 kg erreicht werden. Abschliessend wird eine weitere Gewichtsreduktion durch tägliche körperliche Betätigung und Ernährungsmassnahmen empfohlen.
 
4.
 
Entgegen der Ansicht des Versicherten lässt sich die der Invaliditätsbemessung zugrunde gelegte Arbeitsfähigkeit nicht beanstanden. Die Gutachten der Rheumaklinik vom 24. September 1999 und 7. Februar 2003 sind umfassend, berücksichtigen die geltend gemachten Beschwerden und begründen in nachvollziehbarer Weise die Schlussfolgerungen der Experten; insbesondere wird die zumutbare Arbeitsfähigkeit bezüglich der möglichen Tätigkeiten und allfälligem Steigerungspotenzial dargelegt. Hingegen vermögen die Berichte des Dr. med. M.________ die Gutachten nicht in Frage zu stellen. Hiezu hat das Eidgenössische Versicherungsgericht bereits im Urteil vom 17. September 2002, I 714/01, festgehalten, dass dessen Berichte äusserst kurz gehalten sind und weder Untersuchungsergebnisse noch Begründungen seiner Einschätzungen enthalten. Zudem gehen nicht nur die Rheumaklinik sondern auch die Chirurgische Klinik sowie das Rehabilitationszentrum von der Zumutbarkeit einer Gewichtsreduktion aus, welche in Verbindung mit täglicher körperlicher Betätigung eine erhebliche Verbesserung des Gesundheitszustandes und damit eine Erhöhung der Arbeitsfähigkeit bringen würde. Auch ist keine weitere Begutachtung bezüglich der Supraspinatussehne bzw. des psychischen Gesundheitszustandes anzuordnen. Denn einerseits ist ein MRI der Supraspinatussehne unter den gegebenen Umständen zu aufwändig, zumal der Versicherte über keine Einschränkungen in der betroffenen Schulter klagt, und ein allfälliger Befund nach Ansicht der Experten keinen Einfluss auf die Beurteilung der Arbeitsfähigkeit hätte. Andererseits spricht das Rehabilitationszentrum lediglich von einer depressiven Verstimmung, die überdies nur einmal erwähnt wird und weder in der Diagnose noch im weiteren Vorgehen zur Sprache kommt; auch in keinem der übrigen massgebenden ärztlichen Berichte findet sich ein Hinweis für psychische Beschwerden.
 
5.
 
Im Rahmen der weiteren Invaliditätsbemessung rügt der Versicherte die Anwendung eines Abzugs vom Tabellenlohn von 20 % und verlangt stattdessen einen solchen von 25 %. Diesem Begehren kann nicht stattgegeben werden. Bei der Überprüfung der Schätzung des für alle einkommensrelevanten Einzelfallumstände gesamthaft vorzunehmenden Abzugs darf die richterliche Behörde ihr Ermessen nicht an die Stelle desjenigen von Verwaltung und Vorinstanz setzen (vgl. BGE 126 V 81 Erw. 6 mit Hinweis sowie das vom Beschwerdeführer erwähnte Urteil R. vom 15. Januar 2003, I 365/02). Aus diesen Gründen und gestützt auf die Begründung der Vorinstanz in dieser Sache sowie mangels sich aufdrängender Anhaltspunkte für die Anwendung des maximalen Abzugs lehnt es das Eidgenössische Versicherungsgericht ab, den gewährten Abzug von 20 % zu erhöhen. Das zumutbare Invalideneinkommen beträgt demnach bei einem monatlichen Bruttolohn von Fr. 4557.- (Bundesamt für Statistik, Lohnstrukturerhebung 2002, S. 43, Tab. TA1, Anforderungsniveau 4), einer betriebsüblichen wöchentlichen Arbeitszeit von 41,7 Stunden (Die Volkswirtschaft, 6-2005, S. 82, Tab. B 9.2) und einem Arbeitspensum von 50 % sowie einem leidensbedingten Abzug von 20 % Fr. 22'803.-. Bei einem Vergleich mit dem unbestrittenen Valideneinkommen von Fr. 66'465.- ergibt sich ein Invaliditätsgrad von 66 %, womit es beim kantonalen Entscheid bleibt.
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
 
1.
 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
 
2.
 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
 
3.
 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, der Ausgleichskasse des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt.
 
Luzern, 20. Juni 2005
 
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts
 
Die Präsidentin der III. Kammer: Die Gerichtsschreiberin:
 
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