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Informationen zum Dokument  BGer 2P.45/2005  Materielle Begründung
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BGer 2P.45/2005 vom 30.06.2005
 
Tribunale federale
 
{T 1/2}
 
2P.45/2005/sza
 
Urteil vom 30. Juni 2005
 
II. Öffentlichrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Merkli, Präsident,
 
Bundesrichter Hungerbühler, Wurzburger, Müller, Karlen,
 
Gerichtsschreiber Fux.
 
Parteien
 
Einwohnergemeinde Schönenwerd,
 
Beschwerdeführerin, vertreten durch Fürsprech und Notar Theo Strausak,
 
gegen
 
Bally Schuhfabriken AG,
 
Beschwerdegegnerin, vertreten durch Fürsprech
 
Rolf Kissling,
 
Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn,
 
Amthaus 1, Postfach 157, 4502 Solothurn.
 
Gegenstand
 
Verletzung der Gemeindeautonomie (Wasseranschlussgebühren),
 
Staatsrechtliche Beschwerde gegen das Urteil
 
des Verwaltungsgerichts des Kantons Solothurn
 
vom 14. Dezember 2004.
 
Sachverhalt:
 
A.
 
Die Bally Schuhfabriken AG besass in der Gemeinde Schönenwerd mehrere Grundstücke, auf denen sich unter anderem ihre Fabrikationsbetriebe befanden. Dieses sog. Bally-Areal verfügte über eine eigene Wasserversorgung, die zuletzt im Eigentum der Spinnerei Kunz AG stand. Sie umfasste ein Grundwasserpumpwerk, ein Reservoir und das Leitungsnetz mit Schiebern und Hydranten.
 
Im Jahr 2000 gelangte die Spinnerei Kunz AG mit dem Wunsch an die Gemeinde Schönenwerd, das Bally-Areal künftig an die öffentliche Wasserversorgung anzuschliessen. Nach längeren Verhandlungen stimmte die Gemeindeversammlung der Übernahme der Wasserversorgung auf dem Bally-Areal am 22. Juni 2002 zu. Davon ausgeschlossen blieben jedoch das Pumpwerk und das Reservoir. Das Leitungsnetz wurde vor der Abtretung durch die Firma Kunz AG für rund Fr. 400'000.-- saniert. Die Gemeinde Schönenwerd kam für einzelne Aufwendungen im Zusammenhang mit der Übernahme auf. So hatte sie im unteren Bereich des Areals die Kosten des Zusammenschlusses mit der Gemeindeleitung sowie einen Kostenanteil für das Mehrkaliber zu tragen und im oberen Bereich für einen Teil der Leitungsanpassungen sowie vollumfänglich für das Mehrkaliber aufzukommen.
 
Am 3. September 2003 veräusserte die Bally Schuhfabriken AG ihre vier Grundstücke (Grundbuch Schönenwerd Nrn. 507, 2049, 2054 und 2058) für 5,4 Mio. Franken der Tomaro AG.
 
B.
 
Nach der Übernahme der Wasserversorgung verlangte die Einwohnergemeinde Schönenwerd am 29. August 2003 von den Grundeigentümern im Bally-Areal für den Anschluss an die kommunale Wasserversorgung Gebühren. Diejenigen für die drei überbauten Parzellen der Bally Schuhfabriken AG beliefen sich auf insgesamt Fr. 273'496.05. Als Bemessungsgrundlage diente der Gebäudeversicherungswert.
 
Die Einsprachen der Grundeigentümer gegen die Gebührenverfügungen wurden vom Gemeinderat Schönenwerd am 4. November 2003 abgewiesen. Die anschliessenden Beschwerden bei der Schätzungskommission des Kantons Solothurn blieben ebenfalls ohne Erfolg. Hingegen hiess das Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn am 14. Dezember 2004 die Beschwerde der Bally Schuhfabriken AG gut. Es hob die Entscheide der Schätzungskommission und des Gemeinderats auf und wies die Einwohnergemeinde Schönenwerd an, die von dieser Firma geschuldeten Anschlussgebühren im Sinn der Erwägungen angemessen zu reduzieren.
 
C.
 
Die Einwohnergemeinde Schönenwerd hat gegen den genannten Entscheid des Verwaltungsgerichts staatsrechtliche Beschwerde beim Bundesgericht erhoben. Sie beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben, soweit es die Bally Schuhfabriken AG betrifft. Eventualiter sei das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an das Verwaltungsgericht zurückzuweisen. Die Beschwerdeführerin macht in erster Linie eine Verletzung der Gemeindeautonomie, daneben aber auch des Willkürverbots (Art. 9 BV), des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) und des Grundsatzes der Gewaltenteilung geltend.
 
Die Beschwerdegegnerin und das Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn beantragen, die Beschwerde abzuweisen.
 
D.
 
Der Präsident der II. öffentlichrechtlichen Abteilung des Bundesgerichts hat der Beschwerde am 22. Februar 2005 die aufschiebende Wirkung zuerkannt.
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
 
1.
 
An erster Stelle ist zu prüfen, in welchem Umfang das von der Beschwerdeführerin erhobene Rechtsmittel und die von ihr neu eingereichten Beweismittel zulässig sind.
 
1.1 Der angefochtene Entscheid schliesst das kantonale Verfahren nicht ab, sondern weist die Streitsache zur Neubeurteilung an die beschwerdeführende Gemeinde zurück. Es handelt sich daher um einen Zwischenentscheid, gegen den nach Art. 87 Abs. 2 OG die staatsrechtliche Beschwerde nur zulässig ist, wenn er einen nicht wiedergutzumachenden Nachteil bewirken kann. Ein solcher ist nach der Rechtsprechung zu bejahen, wenn eine Gemeinde durch einen Rückweisungsentscheid gezwungen wird, entgegen ihrer Auffassung eine neue Anordnung zu erlassen (BGE 129 I 313 E. 3.3 S. 318, mit Hinweisen). Eine derartige Situation liegt hier vor, da das Verwaltungsgericht im angefochtenen Urteil die Beschwerdeführerin verpflichtet, die von der Beschwerdegegnerin zu entrichtenden Anschlussgebühren neu festzusetzen. Die Beschwerde erweist sich daher unter diesem Gesichtspunkt als zulässig.
 
1.2 Eine Gemeinde ist zur Erhebung einer staatsrechtlichen Beschwerde wegen Verletzung ihrer Autonomie (vgl. Art. 189 Abs. 1 lit. b BV) befugt, wenn sie durch den angefochtenen Entscheid in ihrer Eigenschaft als Trägerin hoheitlicher Gewalt berührt ist. Das ist hier der Fall, denn bei der Erhebung von Anschlussgebühren verfügt die Gemeinde über hoheitliche Befugnisse. Ob ihr im betreffenden Bereich tatsächlich Autonomie zusteht, ist nicht eine Frage des Eintretens, sondern der materiellen Beurteilung (BGE 129 I 410 E. 1.1 S. 412, mit Hinweisen).
 
Soweit ein enger Zusammenhang zur behaupteten Missachtung der Autonomie besteht, können die Gemeinden auch Verletzungen des Willkürverbots (Art. 9 BV) und des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) rügen (BGE 129 I 410 E. 2.3 S. 414). Diese Voraussetzung ist hier erfüllt, weshalb auf die entsprechenden Rügen einzutreten ist. Ob die Beschwerdeführerin befugt ist, in Verbindung mit der Autonomieverletzung ebenfalls einen Verstoss gegen den Grundsatz der Gewaltenteilung geltend zu machen, kann offen bleiben. Auf diese Rüge ist bereits deshalb nicht einzutreten, weil nicht dargetan wird, inwiefern der angefochtene Entscheid den Grundsatz der Gewaltenteilung verletzen könnte (vgl. Art. 90 Abs. 1 lit. b OG). Denn es trifft offensichtlich nicht zu, dass das Verwaltungsgericht die Schätzung der Gebäudeversicherung der Objekte der Beschwerdegegnerin in Frage stellt. Es vertritt einzig die Auffassung, dass die unbestrittenen Gebäudeversicherungswerte unter den gegebenen besonderen Umständen nicht für die Bemessung der Anschlussgebühren herangezogen werden dürfen.
 
1.3 Im Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde sind neue Tatsachenbehauptungen, neue rechtliche Argumente sowie neue Beweisanträge grundsätzlich ausgeschlossen. Eine Ausnahme gilt unter anderem für neue Vorbringen tatsächlicher und rechtlicher Art, zu denen erst die Begründung des angefochtenen Entscheids Anlass gibt (BGE 128 I 354 E. 6c S. 357). Die Beschwerdeführerin bringt vor Bundesgericht verschiedene neue Tatsachenbehauptungen vor und reicht zu deren Abstützung neue Beweismittel ein. Die neuen Tatsachenbehauptungen beziehen sich auf die Nutzbarkeit der Liegenschaften der Beschwerdegegnerin. Da davon erstmals im angefochtenen Entscheid die Rede ist, sind sie nach der erwähnten Praxis ausnahmsweise zulässig.
 
2.
 
Die Beschwerdeführerin sieht in der Anweisung des Verwaltungsgerichts, die von der Beschwerdegegnerin geschuldeten Anschlussgebühren zu ermässigen, eine Verletzung ihrer Autonomie. Es ist daher zunächst zu prüfen, ob den Gemeinden im Kanton Solothurn bei der Erhebung von Wasseranschlussgebühren überhaupt Autonomie zukommt.
 
2.1 Die Gemeindeautonomie ist nach Massgabe des kantonalen Rechts gewährleistet (Art. 50 Abs. 1 BV). Eine Gemeinde ist in einem Sachbereich autonom, wenn das kantonale Recht diesen nicht abschliessend ordnet, sondern ihn ganz oder teilweise der Gemeinde zur Regelung überlässt und ihr dabei eine relativ erhebliche Entscheidungsfreiheit einräumt. Der geschützte Autonomiebereich kann sich auf die Befugnis zum Erlass oder Vollzug eigener kommunaler Vorschriften beziehen oder einen entsprechenden Spielraum bei der Anwendung des kantonalen oder eidgenössischen Rechts betreffen. Der Schutz der Gemeindeautonomie setzt eine solche nicht in einem ganzen Aufgabengebiet, sondern lediglich im streitigen Bereich voraus (BGE 129 I 410 E. 2.1 S. 413, mit Hinweisen).
 
2.2 Im Kanton Solothurn haben die Gemeinden für den Anschluss an die öffentliche Wasserversorgung Gebühren zu erheben (§ 109 Abs. 1 des Planungs- und Baugesetzes vom 3. Dezember 1978 [PBG/SO]). Die Anschlussgebühren sind so zu bemessen, dass sich die Versorgungs- und Gewässerschutzanlagen weitgehend selbst erhalten (§ 110 Abs. 3 PBG/SO). Die kantonale Verordnung vom 3. Juli 1978 über Grundeigentümerbeiträge und -gebühren (Grundeigentümerbeitragsverordnung; GBV/SO) enthält Ausführungsbestimmungen zu den genannten Gesetzesnormen. Danach wird die Anschlussgebühr "aufgrund der Gesamtversicherungssumme der Solothurnischen Gebäudeversicherung (Gebäudeversicherungssumme) der angeschlossenen Gebäude" berechnet, sofern die Gemeinde nicht eine andere Berechnungsgrundlage beschliesst. Die Ansätze sind von der Gemeinde in einem Reglement festzulegen (§ 29 Abs. 1 und 2 GBV/SO). Die Verordnung stellt ebenfalls Regeln über die Fälligkeit (§ 30 GBV/SO) und die Bemessung in Ausnahmefällen (§ 31 GBV/SO) auf.
 
Auch wenn das kantonale Recht einige Vorgaben für die Bemessung und Erhebung der Wasseranschlussgebühren enthält, verbleibt den Gemeinden in diesem Bereich eine relativ erhebliche Entscheidungsfreiheit. § 118 Abs. 1 lit. b und c PBG/SO halten ausdrücklich fest, dass die Gemeinden in einem Reglement ergänzende Bestimmungen über die Erschliessungsbeiträge und -gebühren erlassen können, wenn das Gesetz und die Grundeigentümerbeitragsverordnung keine abschliessende Regelung enthalten bzw. dass sie abweichende Normen aufstellen dürfen, soweit es die erwähnten Erlasse gestatten. Nach der dargestellten kantonalen Ordnung sind die Gemeinden insbesondere befugt, die Bemessungsgrundlage und den Gebührenansatz selber zu bestimmen. Auch bei der Anwendung der kantonalen Ausnahmeklausel von § 31 GBV/SO steht den Gemeinden ein Ermessensspielraum zu, wie das Verwaltungsgericht im angefochtenen Entscheid ausdrücklich anerkennt.
 
Die Beschwerdeführerin verfügt daher im umstrittenen Bereich der Bemessung der Wasseranschlussgebühren über Autonomie.
 
3.
 
In der Gemeinde Schönenwerd beträgt die Gebühr für den Anschluss an die Wasserversorgungsanlagen 0,5 % der Gesamtversicherung (Neuwert) der Solothurnischen Gebäudeversicherung (§ 14 des Reglements vom 11. Dezember 1995 über Grundeigentümer-Beiträge und -Gebühren). Im angefochtenen Entscheid wird diese Ordnung nicht in Frage gestellt. Umstritten ist einzig, ob beim Anschluss der Liegenschaften der Beschwerdegegnerin die Bemessungsregel nach dem kommunalen Reglement zum Zug kommt oder ob - wie das Verwaltungsgericht annimmt - die kantonale Ausnahmebestimmung von § 31 GBV/SO anzuwenden ist. Nach Auffassung der Beschwerdeführerin legt das Verwaltungsgericht diese Bestimmung unzutreffend aus und stützt sich bei deren Anwendung auf willkürliche sowie unter Verletzung des rechtlichen Gehörs erhobene Tatsachenfeststellungen.
 
3.1 Die Gemeinden können sich im Rahmen einer Beschwerde wegen Verletzung ihrer Autonomie dagegen zur Wehr setzen, dass eine kantonale Behörde in einem Rechtsmittelverfahren ihre Prüfungsbefugnis überschreitet oder die den betreffenden Sachbereich ordnenden kommunalen, kantonalen oder bundesrechtlichen Vorschriften falsch anwendet. Sie können ebenfalls geltend machen, die kantonalen Behörden hätten die Tragweite eines Grundrechts verkannt und dieses zu Unrecht als verletzt betrachtet. Soweit es um die Handhabung von eidgenössischem oder kantonalem Verfassungsrecht geht, prüft das Bundesgericht das Vorgehen der kantonalen Behörden mit freier Kognition, sonst nur auf Willkür hin (BGE 129 I 410 E. 2.3 S. 414, mit Hinweisen).
 
Es ist unbestritten, dass die Beschwerdegegnerin für ihre Liegenschaften Anschlussgebühren schuldet; Streitgegenstand bildet allein deren Bemessung. Das Verwaltungsgericht gelangt zum Schluss, dass die Anwendung der reglementarischen Norm bei der Beschwerdegegnerin zu unangemessen hohen Gebühren führe. Aus diesem Grund erachtet es in ihrem Fall den Rückgriff auf die Ausnahmeregelung von § 31 GBV/SO für geboten. Nach dieser Norm ist die Anschlussgebühr zu ermässigen, wenn deren Bemessung auf der Grundlage von § 29 GBV/SO und dem dazugehörigen kommunalen Reglement zu offensichtlich unangemessenen Beträgen führt, insbesondere wenn die Höhe der Gebühr zu weit von der tatsächlichen Leistung der Gemeinde abweicht. Die Anwendung dieser Bestimmung, welche nach Auffassung der Beschwerdeführerin eine Verletzung ihrer Autonomie bewirkt, ist nach der erwähnten Rechtsprechung nur auf Willkür hin zu prüfen.
 
3.2 Im Kanton Solothurn werden die Erstellungskosten von Wasserversorgungsanlagen in erster Linie mit Beiträgen der Grundeigentümer finanziert, deren Liegenschaften Mehrwerte oder Sondervorteile erhalten (§ 108 PBG/SO und § 48 GBV/SO). Anschlussgebühren dienen der Bezahlung jener Baukosten, für welche die erhobenen Beiträge nicht ausreichen, daneben aber auch der Deckung der Abschreibung der Anlagen und weiterer Kosten. Die Betriebs- und Unterhaltskosten sind demgegenüber aus Benützungsgebühren zu finanzieren (§ 109 PBG/SO; §§ 28 und 32 GBV/SO). Wie aus dem Protokoll der Gemeindeversammlung vom 24. Juni 2002 hervorgeht, beabsichtigt die Beschwerdeführerin, mit den umstrittenen Anschlussgebühren die mit der Übernahme der Wasserversorgung des Bally-Areals anfallenden Kosten zu decken (Anpassungen am Leitungsnetz, Kosten für erforderliche Mehrkaliber gemäss § 49 GBV/SO etc.).
 
Das Bundesgericht hat wiederholt festgestellt, dass der kantonale und kommunale Gesetzgeber bei der Ausgestaltung von Kausalabgaben innerhalb der verfassungsrechtlichen Schranken - insbesondere Art. 8 Abs. 1 und Art. 9 BV - über einen weiten Gestaltungsspielraum verfügt. Er kann die Abgabenbemessung nach schematischen, auf der Durchschnittserfahrung beruhenden und leicht zu handhabenden Kriterien vornehmen. Die Heranziehung des Gebäudeversicherungswerts zur Bestimmung von Anschlussgebühren, wie es § 14 des kommunalen Reglements hier vorsieht, ist in der Praxis weit verbreitet und unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten grundsätzlich nicht zu beanstanden (BGE 128 I 46 E. 4a S. 53; 125 I 1 E. 2b/bb S. 4 f.). Den Kantonen und Gemeinden ist es indessen nicht verwehrt, bei der Bemessung von Anschlussbeiträgen und -gebühren auf andere Kriterien als den Gebäudeversicherungswert bzw. neben diesem noch auf weitere Kriterien abzustellen (BGE 109 Ia 325 E. 6b S. 330; siehe ferner Adrian Hungerbühler, Grundsätze des Kausalabgabenrechts, in: ZBl 104/2003, S. 505 ff., 524). Sie können ferner Ausnahmeklauseln vorsehen für besonders gelagerte Fälle, in denen die Berechnung der Abgabe nach dem Gebäudeversicherungswert zu unangemessenen Resultaten führen würde, weil dieser Wert aufgrund der speziellen Umstände nicht als sachliches Kriterium erscheint. § 31 GBV/SO stellt eine solche Regelung dar.
 
Es fragt sich, ob das Verwaltungsgericht im Lichte der dargestellten Bemessungsordnung ohne Willkür einen Ausnahmefall im Sinn von § 31 GBV/SO bejahen konnte.
 
3.3 Im angefochtenen Entscheid wird dargelegt, dass der Gebäudeversicherungswert im Normfall einen guten Indikator des Umfangs der Nutzung einer Liegenschaft und damit des Werts des Anschlusses an die Wasserversorgung darstelle. Tatsächlich liegt die Leistung des Gemeinwesens beim Anschluss an ein öffentliches Werk darin, dass der Grundeigentümer fortan die Möglichkeit hat, die fraglichen Infrastrukturanlagen für seine Zwecke zu nutzen. Umgekehrt müssen die Behörden die Anlagen nach dem Nutzungspotenzial der angeschlossenen Parzellen dimensionieren. Die Bemessung der Anschlussgebühren hat sich daher grundsätzlich nach dem Ausmass zu richten, in dem der Grundeigentümer aufgrund der baulichen Nutzung inskünftig Wasser beziehen kann.
 
Das Verwaltungsgericht erachtet die Ausnahmeregelung von § 31 GBV in Fällen als anwendbar, in denen der Gebäudeversicherungswert das mit dem Anschluss eröffnete Nutzungspotenzial nicht angemessen widerspiegelt. Diese Auslegung steht im Einklang mit der erwähnten Zielsetzung der fraglichen Gebühren und ist keineswegs willkürlich. Das Bundesgericht hat kürzlich im Zusammenhang mit Grundgebühren für Ver- und Entsorgungseinrichtungen erklärt, der Gebäudeversicherungswert könne nicht als Bemessungskriterium herangezogen werden, wenn er aufgrund von Besonderheiten der Baute das mögliche Ausmass der ver- oder entsorgungsrelevanten Nutzung nicht zum Ausdruck bringe (Urteil vom 5. März 2004, in: URP 2004 S. 197 E. 3.3 S. 208). Diese Erwägung gilt auch für die Anschlussgebühren, da sie sich wie erwähnt grundsätzlich ebenfalls nach dem Nutzungspotenzial der angeschlossenen Liegenschaften zu richten haben.
 
Es stellt sich damit die Frage, wie sich mit Blick auf die Wasserversorgung die relevante Nutzbarkeit einer Liegenschaft feststellen lässt, um zu beurteilen, ob der Gebäudeversicherungswert das massgebliche Nutzungspotenzial angemessen wiedergibt.
 
3.4 Der angefochtene Entscheid geht auf die angesprochene Problematik nicht direkt ein. Es ergibt sich indessen aus dem Zusammenhang, dass das Verwaltungsgericht die Nutzbarkeit nicht nach dem baulichen Zustand der Liegenschaften würdigt. Es erwähnt zwar, bei den Gebäulichkeiten der Beschwerdegegnerin handle es sich weitgehend um Abbruchobjekte, die kaum mehr nutzbar seien, doch bezieht sich diese Beurteilung offensichtlich nicht auf den Zustand der Bausubstanz und die in rein technischer Hinsicht vorhandene Nutzbarkeit. Denn das Verwaltungsgericht stellt die Richtigkeit des Gebäudeversicherungswerts und den guten Zustand der Gebäude mit keinem Wort in Frage. Es betrachtet die Nutzbarkeit vielmehr unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten und geht davon aus, dass der Gebäudeversicherungswert als Bemessungskriterium auch dann nicht mehr sachgerecht erscheine, wenn das vorhandene - gut unterhaltene - Bauvolumen aus wirtschaftlichen Gründen nur noch in eingeschränktem Umfang nutzbar sei.
 
Bei diesem Verständnis geht der Einwand der Beschwerdeführerin, der angefochtene Entscheid bewirke eine ungerechtfertigte Besserstellung der Eigentümer von schlecht unterhaltenen Gebäuden gegenüber solchen gut unterhaltener Liegenschaften von vornherein fehl. Denn das Verwaltungsgericht stellt wie erwähnt gar nicht auf den baulichen Zustand ab. Hingegen macht die Beschwerdeführerin zumindest sinngemäss auch geltend, dass eine unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten eingeschränkte Nutzbarkeit einer Liegenschaft keinen sachlichen Grund für die Anwendung der Ausnahmebestimmung von § 31 GBV/SO bilde.
 
3.5 Im Regelfall werden neu errichtete Gebäude oder Gebäudeteile an die öffentliche Wasserversorgung angeschlossen. Das neue Bauvolumen wird für ein bestimmtes wirtschaftliches Bedürfnis geschaffen und ist dafür ohne weiteres nutzbar. Die Bemessung der Anschlussgebühr nach dem Gebäudeversicherungswert erscheint dort nicht sachgerecht, wo raumintensive Nutzungen nur sehr wenig Wasser benötigen bzw. Abwasser produzieren, wie dies etwa bei Kirchen und Kapellen der Fall ist (Hungerbühler, a.a.O., S. 524, mit Hinweis auf den nicht publizierten Entscheid des Bundesgerichts 2P.58/1999 vom 15. Juni 1999, E. 2b).
 
Im Unterschied zu neu erstellten Gebäuden ist bei stillgelegten Fabrikanlagen das Bauvolumen regelmässig auf die industrielle Nutzung ausgelegt, für die sie seinerzeit errichtet wurden. Zu den Betriebsstilllegungen kommt es ja gerade, weil die Bauten zum ursprünglichen oder einem ähnlichen industriellen Zweck nicht mehr gebraucht werden können. Für andere wirtschaftliche Bedürfnisse, wie sie in der heutigen Dienstleistungsgesellschaft vorherrschend sind, eignen sich die alten Fabrikgebäude indessen nicht ohne weiteres. Es gelingt denn auch nicht immer, für alte Fabrikareale eine neue Verwendung zu finden, und oftmals erscheint eine solche erst nach erheblichen Neuinvestitionen oder erst nach längerer Zeit möglich. Aber auch wo alte Gebäulichkeiten neuen Nutzungen zugeführt werden, ist deren Volumen häufig weniger gut auf die neue Verwendung ausgerichtet als bei Neubauten. Eine Gebührenbemessung nach der Gebäudeversicherungssumme, die sich nach dem Bauvolumen berechnet (vgl. für den Kanton Solothurn § 14 der Verordnung vom 13. Januar 1987 zum Gebäudeversicherungsgesetz), trägt diesen Besonderheiten ehemaliger Fabrikgebäude im Vergleich zu Neubauten nicht Rechnung. Wo aufgrund des Strukturwandels - und nicht wegen momentaner Marktschwankungen - bei realistischer Einschätzung Altbauten im Verhältnis zu ihrem bisherigen Zweck von vornherein nur noch in erheblich eingeschränktem Mass genutzt werden können oder ihre künftige Nutzbarkeit überhaupt ungewiss ist, vermittelt der Gebäudeversicherungswert kaum noch ein zuverlässiges Abbild des Nutzungspotenzials der angeschlossenen Liegenschaften.
 
Es erscheint daher nicht unsachlich, bei Altbauten, die im Zeitpunkt des Anschlusses ganz oder teilweise ungenutzt sind und deren künftige Verwendung unsicher erscheint, für die Gebührenbemessung die Ausnahmeregelung von § 31 GBV/SO anzuwenden. Dafür spricht auch, dass die Beschwerdeführerin bei nachträglichen Neu- und Umbauten gemäss § 29 Abs. 3 GBV/SO Nachzahlungen zu den entrichteten Anschlussgebühren verlangen kann. Jedenfalls kann die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Auslegung nicht als willkürlich bezeichnet werden, zumal es den Kantonen - wie erwähnt (vgl. E. 3.2) - nicht verwehrt ist, für besonders gelagerte Fälle Spezialregelungen vorzusehen.
 
3.6 Nach dem angefochtenen Entscheid waren die Gebäulichkeiten der Beschwerdegegnerin im Zeitpunkt des Anschlusses der Grundstücke an die öffentliche Wasserversorgung kaum mehr nutzbar. Dies ergebe sich aus dem eklatanten Unterschied zwischen dem Gebäudeversicherungswert von insgesamt über 53 Mio. Franken einerseits und dem Katasterwert (Steuerwert) von rund 9 Mio. Franken sowie dem Verkaufspreis von 5,4 Mio. Franken anderseits. Die Beschwerdeführerin rügt diese Sachverhaltsfeststellung als willkürlich und macht zugleich eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend.
 
Wie bereits erwähnt, zweifelt das Verwaltungsgericht die Richtigkeit der Schätzung der Bauten der Beschwerdegegnerin durch die kantonale Gebäudeversicherung nicht an, weshalb auf die entsprechenden Einwände der Beschwerdeführerin nicht weiter einzugehen ist.
 
Der Preis, zu dem die Beschwerdegegnerin ihre vier Parzellen nach dem Anschluss an die öffentliche Wasserversorgung verkaufte, beträgt nur rund einen Zehntel der Summe der Gebäudeversicherungswerte. Ein solcher Unterschied ist - auch wenn die genauen Umstände des Verkaufs nicht bekannt sind - auffällig. Es liegt nahe, den Grund für diese Diskrepanz in der Schwierigkeit zu sehen, für die alten Fabrikliegenschaften eine zeitgemässe Verwendung zu finden. Die Beschwerdeführerin bestreitet diese Einschätzung denn auch nicht, sondern liefert im Gegenteil selber Belege für deren Richtigkeit. So verweist sie darauf, dass in die Liegenschaft Grundbuch Nr. 2054 von der neuen Eigentümerin 5 Mio. Franken investiert werden müssen, um sie als Designer-Outlet-Center nutzen zu können. Weiter ist aus den Ausführungen der Beschwerdeführerin und den von ihr eingereichten Unterlagen ersichtlich, dass die Beschwerdegegnerin zwar noch selber in die Liegenschaften Grundbuch Nrn. 2049 und 2058 investiert hat; trotzdem vermochte sie mit ihnen keinen Ertrag zu erwirtschaften, jedenfalls nicht, ohne weitere erhebliche Investitionen vorzunehmen. Das zu den Akten gegebene Werbematerial für die fraglichen Liegenschaften deutet ebenfalls darauf hin, dass eine künftige dauerhafte Nutzung in vollem Umfang - zumal der grossen Fabrikräume - keineswegs gewiss erscheint und teilweise nur mit grösseren Investitionen möglich sein dürfte.
 
Aus diesen Gründen ist die Feststellung des Verwaltungsgerichts nicht willkürlich, die Nutzbarkeit der Gebäude der Beschwerdegegnerin sei im Zeitpunkt des Anschlusses aufgrund der gewandelten wirtschaftlichen Verhältnisse erheblich eingeschränkt gewesen. Der Rüge der Gehörsverletzung ist damit von vornherein der Boden entzogen: Das Verwaltungsgericht musste keine weiteren Beweiserhebungen zum Zustand der Bausubstanz tätigen, da es gar nicht darauf abstellte.
 
3.7 Die im angefochtenen Entscheid verlangte Korrektur der reglementarischen Anschlussgebühr beruht demnach auf einer Anwendung von § 31 GBV/SO, die vor dem Willkürverbot standhält. Sie greift deshalb auch nicht in unzulässiger Weise in die Autonomie der Beschwerdeführerin ein.
 
Das Urteil des Verwaltungsgerichts beschränkt sich auf die Feststellung, dass die Ausnahmeklausel von § 31 GBV/SO anzuwenden ist. Es enthält keine Anweisungen, wie den besonderen Verhältnissen bei der Bemessung der Anschlussgebühr Rechnung zu tragen ist. Dementsprechend hat sich auch das Bundesgericht zu dieser Frage nicht zu äussern.
 
4.
 
Die staatsrechtliche Beschwerde ist nach dem Gesagten abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist.
 
Bei diesem Verfahrensausgang hat die Beschwerdeführerin, die vermögensrechtliche Interessen wahrnimmt, die bundesgerichtlichen Kosten zu tragen (Art. 156 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit Art. 153 und 153a OG). Sie hat ausserdem die Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche Verfahren angemessen zu entschädigen (Art. 159 Abs. 2 OG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
 
2.
 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 5'000.-- wird der Beschwerdeführerin auferlegt.
 
3.
 
Die Beschwerdeführerin hat die Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 5'000.-- zu entschädigen.
 
4.
 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 30. Juni 2005
 
Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
 
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