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Informationen zum Dokument  BGer 2P.88/2005  Materielle Begründung
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BGer 2P.88/2005 vom 30.06.2005
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
2P.88/2005 /dxc
 
Urteil vom 30. Juni 2005
 
II. Öffentlichrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Merkli, Präsident,
 
Bundesrichter Betschart, Müller,
 
Gerichtsschreiber Uebersax.
 
Parteien
 
X.________,
 
Beschwerdeführer,
 
gegen
 
Sozialhilfekommission der Einwohnergemeinde Himmelried, 4204 Himmelried, vertreten durch Rechtsanwältin Dr. Helen Gianola-Lindlar,
 
Departement des Innern des Kantons Solothurn, vertreten durch das Amt für Gemeinden und soziale Sicherheit, Ambassadorenhof, 4509 Solothurn,
 
Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn,
 
Amthaus 1, Postfach 157, 4502 Solothurn.
 
Gegenstand
 
Art. 8 Abs. 1, 9, 29 Abs. 1 und 2 BV, Art. 6 Abs. 1 EMRK (Sozialhilfe [Einstellung]),
 
Staatsrechtliche Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Solothurn vom
 
25. Januar 2005.
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
 
1.
 
1.1 X.________ wird seit Juli 1994 von der Sozialhilfebehörde Himmelried unterstützt. Diese verfügte am 29. April 2004 die definitive Einstellung der Sozialhilfeleistung, was das Departement des Innern des Kantons Solothurn auf Beschwerde hin zum Teil korrigierte. Die dagegen erhobene Beschwerde beim Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn blieb erfolglos. Das verwaltungsgerichtliche Urteil vom 25. Januar 2005 ist mit der Rechtsmittelbelehrung versehen, es könne dagegen Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht geführt werden.
 
1.2 Mit als Verwaltungsgerichtsbeschwerde bezeichneter Eingabe vom 2. März 2005 beantragt X.________ die Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts, eventuell die Rückweisung der Sache an das Verwaltungsgericht zu neuem Entscheid sowie die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege.
 
Die Sozialhilfekommission der Einwohnergemeinde schliesst auf Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei. Das Verwaltungsgerichts und das Departement des Innern stellen Antrag auf Nichteintreten, eventuell auf Abweisung.
 
2.
 
2.1 Kantonale Entscheide unterliegen nur dann der Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht, wenn sie sich auf öffentliches Recht des Bundes stützen (Art. 97 Abs. 1 OG i.V.m. Art. 5 VwVG). Soweit dem angefochtenen Entscheid hingegen selbständiges kantonales Recht zugrundeliegt, steht unter den entsprechenden weiteren Voraussetzungen ausschliesslich die staatsrechtliche Beschwerde zur Verfügung (BGE 121 II 72 E. 1b S. 75 mit Hinweisen).
 
Streitgegenstand im vorliegenden Verfahren bildet die Erteilung bzw. Einstellung von Sozialhilfeleistungen. Gemäss Art. 115 BV ist dafür der Wohnkanton zuständig. Anwendung fand denn auch lediglich selbständiges kantonales Recht, insbesondere das solothurnische Gesetz über die öffentliche Sozialhilfe vom 2. Juli 1989 (Sozialhilfegesetz). Damit ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht entgegen der Rechtsmittelbelehrung im angefochtenen Entscheid ausgeschlossen. Möglich ist einzig die staatsrechtliche Beschwerde nach Art. 84 ff. OG. Die Eingabe ist denn auch als solche entgegenzunehmen.
 
2.2 Die staatsrechtliche Beschwerde ist in der Regel rein kassatorischer Natur (BGE 127 II 1 E. 2 S. 5 mit Hinweisen; grundlegend BGE 124 I 327 E. 4 S. 332 ff.). Mit Blick auf den subsidiären Rückweisungsantrag des Beschwerdeführers und auf den Leistungscharakter des Streitgegenstandes fragt es sich, ob von diesem Grundsatz allenfalls vorliegend eine Ausnahme zu machen ist. Die Frage kann aber offen bleiben.
 
2.3 Im Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde prüft das Bundesgericht - von hier nicht zutreffenden anderen Konstellationen abgesehen - den angefochtenen Entscheid lediglich auf Übereinstimmung mit dem Verfassungsrecht, nicht aber mit Bundesverwaltungsrecht (vgl. Art. 84 Abs. 1 lit. a OG). Soweit sich der Beschwerdeführer auf bundesgesetzliche Bestimmungen des Verwaltungsverfahrens (insbes. auf Art. 12 und 29 i.V.m. Art. 32 Abs. 1 VwVG) beruft, kann daher auf die Beschwerde nicht eingetreten werden.
 
2.4 Weil das Solothurner Sozialhilfegesetz vom 2. Juli 1989 (SHG) - das Erfüllen der allgemeinen gesetzlichen Anforderungen vorausgesetzt - einen Rechtsanspruch auf Fürsorgeleistungen gewährt (vgl. §§ 12, 17 Abs. 1 und 27 ff. SHG; vgl. das Urteil des Bundesgerichts 2P.242/2003 vom 12. Januar 2004, E. 1), ist der Beschwerdeführer zur staatsrechtlichen Beschwerde auch im Hinblick auf die erhobenen Willkür- und Verfahrensrügen legitimiert.
 
2.5 Im Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde muss gemäss Art. 90 Abs. 1 lit. b OG die Beschwerdeschrift unter anderem die wesentlichen Tatsachen und eine kurz gefasste Darlegung darüber enthalten, welche verfassungsmässigen Rechte bzw. welche Rechtssätze und inwiefern sie durch den angefochtenen Entscheid verletzt worden sind. Der Beschwerdeführer muss in Auseinandersetzung mit der Begründung des angefochtenen Entscheids dartun, inwiefern dieser gegen ein konkretes verfassungsmässiges Recht verstossen soll (grundlegend BGE 110 Ia 1 E. 2a S. 3; vgl. sodann BGE 127 I 38 E. 3c und 4 S. 43; 125 I 71 E. 1c S. 76, 492 E. 1b S. 495). Diesen Anforderungen genügen gewisse Teile der Beschwerdeschrift nicht, weshalb insoweit auf die Beschwerde nicht eingetreten werden kann. Dies gilt insbesondere, soweit der Beschwerdeführer eine Verletzung von Art. 8 BV und der persönlichen Freiheit behauptet.
 
3.
 
Der Beschwerdeführer stellt ein Gesuch um Einleitung eines zweiten Schriftenwechsels. Ein solcher findet im Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde nur ausnahmsweise statt (vgl. Art. 93 Abs. 3 OG). Da in den Stellungnahmen der anderen Verfahrensbeteiligten keine neuen Gesichtspunkte vorgetragen werden, muss das Gesuch um zweiten Schriftenwechsel abgewiesen werden.
 
4.
 
4.1 Der Beschwerdeführer rügt, das Verwaltungsgericht habe den Sachverhalt falsch bzw. willkürlich festgestellt und dabei auch seinen Anspruch auf rechtliches Gehör nach Art. 29 BV sowie denjenigen auf ein faires Verfahren gemäss Art. 6 Ziff. 1 EMRK verletzt.
 
4.2 Im Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde überprüft das Bundesgericht die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Entscheid einzig auf Willkür hin. Das Bundesgericht greift im Rahmen einer staatsrechtlichen Beschwerde nur ein, wenn die Beweiswürdigung offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht oder auf einem offenkundigen Versehen beruht (BGE 124 I 208 E. 4a; 117 Ia 13 E. 2c, je mit Hinweisen).
 
4.3 Zunächst tut der Beschwerdeführer nicht dar, inwiefern es sich beim Entscheid über die Einstellung von Sozialhilfeleistungen um ein Verfahren handeln soll, das in den Anwendungsbereich von Art. 6 Ziff. 1 EMRK (strafrechtliche Anklage oder zivilrechtlicher Anspruch) fällt; wie es sich damit verhält, kann aber offen bleiben. Wohl kann es nicht einzig darauf ankommen, dass der Beschwerdeführer während rund zehn Jahren akzeptiert hatte, dass die Sozialhilfebehörden davon ausgingen, er und seine Mutter lebten in einem Zweipersonenhaushalt und es liege nicht ein Untermieterverhältnis vor. Dies hat das Verwaltungsgericht aber auch gar nicht getan. Es hielt im Ergebnis einzig fest, bei dieser Ausgangslage trage der Beschwerdeführer die Beweislast dafür, dass eine Untermiete vorliege, wie er behaupte; da es keine entsprechenden Beweise gebe, rechtfertige sich eine Neubetrachtung nicht. Die entsprechende Sachverhaltsfeststellung ist nicht aktenwidrig bzw. unhaltbar. Überdies ist nicht ersichtlich, weshalb das Verwaltungsgericht dabei den Anspruch auf rechtliches Gehör des Beschwerdeführers verletzt oder den angefochtenen Entscheid nur ungenügend begründet haben sollte. Daran ändert auch nichts, dass der Beschwerdeführer eine Individualisierung der finanziellen Verhältnisse von ihm und seiner Mutter verlangt hatte. Das Verwaltungsgericht hat diesen Standpunkt vielmehr mit ernsthaften - und damit gerade nicht willkürlichen - Gründen abgelehnt.
 
4.4 Schliesslich ist das Verwaltungsgericht entgegen der Darstellung des Beschwerdeführers nicht davon ausgegangen, dieser wende für sein Auto Geld auf. Es hielt im Gegenteil fest, dass selbst ein unentgeltlich zur Verfügung gestelltes Auto als Naturalleistung bei den Einnahmen zu berücksichtigen sei. Auch insofern liegt somit keine Willkür bei der Sachverhaltsabklärung vor. Weshalb der rechtliche Standpunkt unhaltbar sein oder die persönliche Freiheit des Beschwerdeführers verletzen sollte, trägt der Beschwerdeführer nicht in rechtsgenüglicher Weise vor (vgl. E. 2.5).
 
5.
 
Die staatsrechtliche Beschwerde erweist sich als offensichtlich unbegründet und ist im vereinfachten Verfahren nach Art. 36a OG abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann.
 
Bei diesem Verfahrensausgang wird der Beschwerdeführer an sich kostenpflichtig (Art. 156 Abs. 1 OG). Das Gesuch um Erteilung der unentgeltlichen Rechtspflege muss wegen Aussichtslosigkeit seiner Begehren abgewiesen werden (vgl. Art. 152 OG). Der mittellose Beschwerdeführer wurde indessen durch die falsche Rechtsmittelbelehrung im Urteil des Verwaltungsgerichts zur Erhebung einer vermeintlich zulässigen Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht verleitet. Dies kann genauso wie seine Mittellosigkeit bei der Festsetzung der Gerichtskosten berücksichtigt werden (Art. 153 und 153a OG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht
 
im Verfahren nach Art. 36a OG:
 
1.
 
Auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird nicht eingetreten.
 
2.
 
Die Eingabe wird als staatsrechtliche Beschwerde entgegengenommen und als solche abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
 
3.
 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.
 
4.
 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 200.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.
 
5.
 
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Sozialhilfekommission der Einwohnergemeinde Himmelried sowie dem Departement des Innern und dem Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 30. Juni 2005
 
Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
 
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