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Informationen zum Dokument  BGer 1A.194/2005  Materielle Begründung
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BGer 1A.194/2005 vom 18.08.2005
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
1A.194/2005 /gij
 
Urteil vom 18. August 2005
 
I. Öffentlichrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Féraud, Präsident,
 
Bundesrichter Aeschlimann, Reeb,
 
Gerichtsschreiber Forster.
 
Parteien
 
X.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Fürsprecherin Jasmin Brechbühler,
 
gegen
 
Bundesamt für Justiz, Abteilung Internationale Rechtshilfe, Sektion Auslieferung,
 
Bundesrain 20, 3003 Bern.
 
Gegenstand
 
Auslieferung an Deutschland,
 
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid des Bundesamts für Justiz, Abteilung Internationale Rechtshilfe, Sektion Auslieferung, vom 15. Juni 2005.
 
Sachverhalt:
 
A.
 
Die deutsche Strafjustiz führt eine Strafuntersuchung gegen den deutschen Staatsangehörigen X.________ wegen Vermögens- und Fiskaldelikten. Mit Ersuchen an das Bundesamt für Justiz (BJ) vom 12. April 2005 beantragte das Justizministerium des Landes Nordrhein-Westfalen (gestützt auf einen Haftbefehl des Amtsgerichtes Bochum vom 10. März 2005) die Verhaftung und Auslieferung des Verfolgten. Am 9. Mai 2005 wurde X.________ an seinem Wohnsitz in der Schweiz festgenommen und vom BJ in Auslieferungshaft versetzt. Anlässlich seiner gleichentags erfolgten Befragung widersetzte sich der Verfolgte einer vereinfachten Auslieferung nach Deutschland.
 
B.
 
Am 15. Juni 2005 erliess das BJ folgenden Auslieferungsentscheid:
 
"Die Auslieferung des Verfolgten an Deutschland wird für die dem Auslieferungsersuchen des Justizministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen vom 12. April 2005 zugrunde liegenden Straftaten grundsätzlich bewilligt. Nicht bewilligt wird die Auslieferung für Fall 26 des Haftbefehls des Amtsgerichtes Bochum vom 10. März 2005. Ebenfalls nicht bewilligt wird die Auslieferung für diejenigen Handlungen, welche sich auf eine effektive Verkürzung fiskalischer Abgaben richten."
 
C.
 
Gegen den Auslieferungsentscheid vom 15. Juni 2005 gelangte X.________ mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde vom 18. Juli 2005 an das Bundesgericht. Er beantragt die Aufhebung des angefochtenen Entscheides, die Abweisung des Auslieferungsersuchens sowie die sofortige Haftentlassung. In seiner Vernehmlassung vom 22. Juli 2005 beantragt das BJ die Abweisung der Beschwerde. Der Beschwerdeführer replizierte (nach erstreckter Frist) am 8. August 2005.
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
 
1.
 
Die Beurteilung von Auslieferungsersuchen der Bundesrepublik Deutschland richtet sich nach dem Europäischen Auslieferungsübereinkommen vom 13. Dezember 1957 (EAUe, SR 0.353.1) und dem Zweiten Zusatzprotokoll zum EAUe vom 17. März 1978 (SR 0.353.12), denen beide Staaten beigetreten sind, sowie nach dem Zusatzvertrag zwischen der Schweiz und Deutschland über die Ergänzung des EAUe und die Erleichterung seiner Anwendung vom 13. November 1969 (ZV-D/EAUe, SR 0.353.913.61). Soweit die genannten Staatsverträge bestimmte Fragen nicht abschliessend regeln, ist das schweizerische Landesrecht anwendbar, namentlich das Bundesgesetz über internationale Rechtshilfe in Strafsachen vom 20. März 1981 (IRSG, SR 351.1) und die dazugehörende Verordnung vom 24. Februar 1982 (IRSV, SR 351.11; vgl. Art. 1 Abs. 1 lit. a IRSG; BGE 130 II 337 E. 1 S. 339).
 
1.1 Der Auslieferungsentscheid des BJ kann mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht angefochten werden (Art. 55 Abs. 3 i.V.m. Art. 25 Abs. 1 IRSG). Die Sachurteilsvoraussetzungen von Art. 97-114 OG sind erfüllt.
 
1.2 Zulässige Beschwerdegründe sind sowohl die Verletzung von Bundesrecht (inklusive Staatsvertragsrecht), einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, als auch die Rüge der unrichtigen oder unvollständigen Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts; der Vorbehalt von Art. 105 Abs. 2 OG trifft hier nicht zu (Art. 104 lit. a-b OG). Soweit die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegeben (und die staatsrechtliche Beschwerde daher ausgeschlossen) ist, kann auch die Verletzung verfassungsmässiger Individualrechte bzw. der EMRK mitgerügt werden (BGE 130 II 337 E. 1.3 S. 341).
 
1.3 Das Bundesgericht ist an die Begehren der Parteien nicht gebunden (Art. 25 Abs. 6 IRSG). Es prüft die Auslieferungsvoraussetzungen grundsätzlich mit freier Kognition. Im Rahmen der Verwaltungsgerichtsbeschwerde befasst es sich jedoch nur mit Tat- und Rechtsfragen, die Streitgegenstand der Beschwerde bilden (BGE 130 II 337 E. 1.4 S. 341 mit Hinweisen).
 
2.
 
Der Beschwerdeführer macht im Hauptstandpunkt geltend, "aufgrund des Sachverhaltes gemäss dem internationalen Haftbefehl und aufgrund des Auslieferungsentscheides" sei "klar, dass dem Beschwerdeführer in der Hauptsache Fiskaldelikte (Sonderdelikte) zur Last gelegt werden". Es könne "unzweifelhaft davon ausgegangen werden, dass dem Beschwerdeführer einzig Fiskaldelikte sowie damit zusammenhängende unselbstständige resp. durch die Abgabendelikte konsumierte gemeinrechtliche Delikte zur Last gelegt werden". Eine Auslieferung sei "deshalb nicht zu bewilligen". Ausserdem bestünden Widersprüche im Ersuchen und dessen Beilagen.
 
2.1 Nach Massgabe des EAUe sind die Vertragsparteien grundsätzlich verpflichtet, einander Personen auszuliefern, die von den Justizbehörden des ersuchenden Staates wegen einer strafbaren Handlung verfolgt oder zur Vollstreckung einer Strafe oder einer sichernden Massnahme gesucht werden (Art. 1 EAUe). Auszuliefern ist wegen Handlungen, die sowohl nach dem Recht des ersuchenden als auch nach demjenigen des ersuchten Staates mit einer Freiheitsstrafe (oder die Freiheit beschränkenden sichernden Massnahme) im Höchstmass von mindestens einem Jahr oder mit einer schwereren Strafe bedroht sind (Art. 2 Ziff. 1 EAUe; vgl. Art. 35 Abs. 1 IRSG; BGE 128 II 355 E. 2.1 S. 360).
 
2.2 In Abgaben- und Steuersachen wird die Auslieferung unter den Bedingungen des EAUe nur gewährt, wenn dies zwischen Vertragsparteien für einzelne oder Gruppen von strafbaren Handlungen dieser Art vereinbart worden ist (Art. 5 EAUe). Der Ausgelieferte darf (von hier nicht erfüllten Ausnahmen abgesehen) wegen einer andern, vor der Übergabe begangenen Handlung als derjenigen, die der Auslieferung zugrunde liegt, im ersuchenden Staat nicht strafrechtlich verfolgt werden (Art. 14 Ziff. 1 EAUe). Die Schweiz hat zwar (wie Deutschland) das Zweite Zusatzprotokoll zum EAUe ratifiziert, dabei aber erklärt, Kapitel II des Protokolls (bzw. dessen Art. 2 betreffend Auslieferung in Fiskalstrafsachen) nicht anzunehmen. Auch im Zusatzvertrag zum EAUe mit Deutschland wurde die rechtshilfeweise Auslieferung zur Verfolgung von Fiskaldelikten nicht vereinbart (vgl. Art. 5 EAUe).
 
2.3 Einem Rechtshilfeersuchen wird nach schweizerischem Recht nicht entsprochen, wenn Gegenstand des Verfahrens eine Tat ist, die auf eine Verkürzung fiskalischer Abgaben (Steuerhinterziehung) gerichtet erscheint (Art. 3 Abs. 3 Satz 1 IRSG). Dies gilt auch für Auslieferungsersuchen (Zweiter Teil des IRSG). Lediglich "kleine" oder akzessorische Rechtshilfe (nach dem Dritten Teil des IRSG) wäre zulässig, falls Gegenstand des Verfahrens ein Abgabebetrug ist (Art. 3 Abs. 3 Satz 2 IRSG; s. auch Art. 2 lit. a EUeR).
 
Im Falle eines Rechtshilfeersuchens zur Untersuchung von mutmasslichem Fiskalbetrug wäre somit (gestützt auf das EUeR und das IRSG) zwar die so genannte "kleine", akzessorische Rechtshilfe grundsätzlich möglich. Eine Auslieferung lässt das schweizerische Recht (inklusive Staatsvertragsrecht) hingegen weder bei Steuerhinterziehung noch bei Abgabebetrug zu.
 
2.4 Art. 12 Ziff. 2 lit. b EAUe verlangt von der ersuchenden Behörde eine "Darstellung der Handlungen derentwegen um Auslieferung ersucht wird". Zeit und Ort ihrer Begehung sowie ihre rechtliche Würdigung unter Bezugnahme auf die anwendbaren Gesetzesbestimmungen sind "so genau wie möglich" anzugeben. Unter dem Gesichtspunkt des hier massgebenden EAUe reicht es grundsätzlich aus, wenn die Angaben im Rechtshilfeersuchen sowie in dessen Ergänzungen und Beilagen es den schweizerischen Behörden ermöglichen zu prüfen, ob ausreichende Anhaltspunkte für auslieferungsfähige Straftaten vorliegen bzw. ob Verweigerungsgründe gegeben sind. Der Rechtshilferichter muss namentlich prüfen können, ob die Voraussetzung der beidseitigen Strafbarkeit erfüllt ist. Es kann hingegen nicht verlangt werden, dass die ersuchende Behörde die Tatvorwürfe bereits abschliessend mit Beweisen belegt. Der Rechtshilferichter hat weder Tat- noch Schuldfragen zu prüfen und grundsätzlich auch keine Beweiswürdigung vorzunehmen, sondern ist vielmehr an die Sachverhaltsdarstellung im Ersuchen gebunden, soweit sie nicht durch offensichtliche Fehler, Lücken oder Widersprüche sofort entkräftet wird (vgl. BGE 125 II 250 E. 5b S. 257; 122 II 134 E. 7b S. 137, 367 E. 2c S. 371, 422 E. 3c S. 431; 120 Ib 251 E. 5c S. 255, je mit Hinweisen).
 
3.
 
Zu prüfen ist, ob bezüglich der verschiedenen Anklagepunkte des Ersuchens auslieferungsfähige Straftatbestände des schweizerischen Rechts in Frage kommen.
 
3.1 Anklagepunkte 1-10:
 
3.1.1 Im angefochtenen Entscheid wird die Sachverhaltsdarstellung des Ersuchens für die "Fälle 1-10" wie folgt zusammengefasst:
 
Der Beschwerdeführer habe die "Absicht" verfolgt, "ungerechtfertigte Steuererstattungen zu erhalten". Er habe dabei eine "Verwertung der steuerlichen Verlustvorträge" von "finanziell notleidenden natürlichen Personen und Kapitalgesellschaften" angestrebt. Am 11. November 1999 hätten er und ein Mitbeteiligter je 50% einer GmbH erworben. Als Geschäftsführer der Gesellschaft habe der Beschwerdeführer im Sommer 2000 "veranlasst", die Gesellschaftanteile "dieser Firma, deren Geschäftsbetrieb bereits" geruht habe, "an verschiedene finanziell notleidende Personen und Kapitalgesellschaften mit hohen steuerlichen Verlustvorträgen zu veräussern". "Sämtlichen Erwerbern" sei "gemein gewesen, dass sie ihre steuerlichen Verlustvorträge bisher nicht selbst" hätten "verwerten" können. "Zur Verschleierung seiner Absicht" habe der Beschwerdeführer "mit Hilfe von Strohmännern die Gesellschaftsanteile der fraglichen Kapitalgesellschaften übernommen und dort Geschäftsführer eingesetzt", die seinen "Weisungen unterlagen". Der Beschwerdeführer habe veranlasst, dass die GmbH "einen angeblich vorhandenen Bilanzgewinn an die Erwerber der Gesellschaftsanteile der Firma" ausschüttete. Daraufhin habe ein Mitbeteiligter im Namen der GmbH und auf Weisung des Verfolgten eine "Kapitalertragssteueranmeldung beim Finanzamt Iserlohn eingereicht", welche "namentlich Ausschüttungen sowie abzuführende Kapitalertragssteuern in Millionenhöhe aufgezeigt" habe. "In seiner Funktion als Steuerberater" habe er "jeweils die entsprechende Einkommens- bzw. Körperschaftssteuererklärung für das Jahr 2000 ausgefertigt und beim zuständigen Finanzamt eingereicht". "Mit dieser Vorgehensweise soll er beabsichtigt haben, die Anrechnung der zuvor von der ausschüttenden" GmbH "beim Finanzamt Iserlohn angemeldeten Kapitalertragssteuer sowie die nicht erklärte und nicht abgeführte Körperschaftssteuer bei der Ermittlung der jeweiligen Steuerschuld der Erwerber der Gesellschaftsanteile zu erreichen und die Finanzbehörden so zu Erstattungszahlungen an diese zu veranlassen". "Der Verfolgte soll insgesamt Steuererstattungen in der Höhe von" ca. DEM 6,5 Mio. "erwartet haben". "Tatsächlich" seien "die Angaben in den von dem Verfolgten erstellten Einkommens- bzw. Körperschaftserklärungen für das Jahr 2000 (...) in wesentlichen Punkten falsch" gewesen. "Die Finanzbehörden" hätten "die vom Verfolgten beantragten Steuererstattungen schliesslich nicht an die genannten Personen ausbezahlt, da sie Verdacht schöpften" (angefochtener Entscheid, S. 3 f.).
 
3.1.2 Es fragt sich, ob dieser Sachverhalt ausschliesslich ein nicht auslieferungsfähiges mutmassliches Steuerdelikt zu begründen vermag, oder ob ein gemeinrechtlicher Betrugsversuch zum Nachteil des Fiskus in Frage kommt.
 
3.1.3 Gemeinrechtlichen Betrug begeht, wer in der Absicht, sich oder einen andern unrechtmässig zu bereichern, jemanden durch Vorspiegelung oder Unterdrückung von Tatsachen arglistig irreführt oder ihn in einem Irrtum arglistig bestärkt und so den Irrenden zu einem Verhalten bestimmt, wodurch dieser sich selbst oder einen andern am Vermögen schädigt (Art. 146 Abs. 1 StGB). Nach der Praxis des Bundesgerichtes ist Arglist namentlich im Falle von besonderen betrügerischen Machenschaften ("manoeuvres frauduleuses") gegeben, wozu beispielsweise Urkundenfälschungen gezählt werden. Auch das Erstellen ganzer Lügengebäude gilt als arglistig. Im Falle von blossen Falschdeklarationen müssen zur einfachen Lüge weitere Arglistmerkmale hinzutreten. Diese können grundsätzlich bejaht werden, wenn der Angeschuldigte den Getäuschten von der Überprüfung der Falschangaben abhält, wenn die Angaben objektiv nicht (oder nur schwer) überprüfbar sind, oder falls der Angeschuldigte Anlass hatte, den Verzicht auf eine Überprüfung vorauszusehen (vgl. BGE 125 IV 124 E. 2c S. 127, E. 3b S. 128; 122 IV 197 E. 3d S. 205, je mit Hinweisen; zum Arglistbegriff in Abgabestrafsachen s. auch BGE 125 II 250 E. 3b S. 252, E. 5a S. 257; BGE 115 Ib 68 E. 3a/bb S. 77, je mit Hinweisen). Gemeinrechtlicher Betrug ist nach Massgabe des EAUe ein auslieferungsfähiges Delikt. Die Strafdrohung für einfachen Betrug beträgt Zuchthaus bis zu fünf Jahren oder Gefängnis bis zu drei Jahren (Art. 146 Abs. 1 i.V.m. Art. 36 StGB); bei vollendetem Versuch ist eine (fakultative) Strafmilderung möglich (Art. 22 Abs. 1 i.V.m. Art. 65 StGB).
 
3.1.4 Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtes wäre ausschliesslich nach dem schweizerischen Fiskalstrafrecht (Abgabebetrug) zu beurteilen, wer die Steuerbehörden aufgrund von falschen, gefälschten oder inhaltlich unwahren Urkunden über die für die Veranlagung erheblichen Tatsachen täuscht, um auf diese Weise eine für ihn günstige Steuereinschätzung zu erreichen. Wer sich hingegen aus eigener Initiative entschliesst, sich oder Dritte durch Irreführung der Behörden unrechtmässig zu bereichern, indem er auf raffinierte Weise fiktive fiskalische Rückerstattungsansprüche existierender oder erfundener Personen geltend macht und (mittels unechter oder unwahrer Urkunden) die Auszahlung der Rückerstattungsansprüche erwirkt, unterliegt grundsätzlich der Strafdrohung des gemeinrechtlichen Betruges (Art. 146 Abs. 1 StGB). Es rechtfertigt sich nicht, einen solchen Fall von vorsätzlicher und arglistiger Vermögensschädigung des Staates (mit "deliktischer Ausnützung" eines ausländischen fiskalischen Rückerstattungssystems) zu privilegieren und von der Strafdrohung für gemeinrechtlichen Betrug auszunehmen (BGE 110 IV 24 E. 2e S. 29).
 
3.1.5 In den Anklagepunkten 1-10 wird dem Beschwerdeführer nicht vorgeworfen, er habe von ihm selbst geschuldete Fiskalabgaben durch unrichtige Angaben (Steuerhinterziehung) oder arglistige Machenschaften (Steuerbetrug) im Veranlagungsverfahren verkürzt. Vielmehr geht der Vorwurf im Wesentlichen dahin, er habe auf raffinierte Weise fiktive Rückerstattungsansprüche existierender Personen und Kapitalgesellschaften geltend gemacht. Gleichzeitig habe der Verfolgte versucht, die Steuerbehörden durch gezielten Einsatz von "Strohfirmen" (bzw. "Strohmännern" bei den betroffenen Gesellschaften) und mittels inhaltlich unwahren Urkunden zur ungerechtfertigten fiskalischen Rückzahlung von Millionenbeträgen zum Nachteil des Fiskus zu bewegen und sich bzw. Dritte damit unrechtmässig zu bereichern. Im Falle einer strafrechtlichen Verurteilung nach schweizerischem Recht fiele der Sachverhalt 1-10 somit grundsätzlich unter den Tatbestand des versuchten gemeinrechtlichen Betruges zum Nachteil des Fiskus (Art. 146 Abs. 1 i.V.m. Art. 22 Abs. 1 StGB). Für den Fall, dass dem Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang eine rein fiskalische unmittelbare Verkürzung eigener Abgaben durch Falschangaben im Veranlagungsverfahren vorgeworfen werden sollte, enthält das Dispositiv des angefochtenen Entscheides einen ausdrücklichen Spezialitätsvorbehalt zulasten fiskalischer Delikte.
 
3.2 Anklagepunkt 26:
 
In diesem Anklagepunkt (falsche "eidesstattliche Erklärung") wird die Auslieferung im angefochtenen Entscheid (mangels Strafbarkeit nach schweizerischem StGB) verweigert, was im vorliegenden Beschwerdeverfahren nicht streitig ist.
 
3.3 Anklagepunkte 11-25:
 
3.3.1 Der betreffende Sachverhalt laut Ersuchen wird im angefochtenen Entscheid wie folgt zusammengefasst:
 
"In der Zeit vom 11. November 1999 bis zum 15. Januar 2001 soll der Verfolgte als faktischer Geschäftsführer" einer GmbH "entsprechend der zuvor getroffenen Vereinbarung" mit einem Mitbeteiligten "diesem durch Auszahlung von betrieblichen Geldern in mehreren Tranchen verdeckte Gewinnausschüttungen in der Höhe von DEM 1'681'320.--" zugewendet haben. "Diese Ausschüttungen" hätten resultiert "aus offenen, vom Verfolgten im Namen der" GmbH "eingezogenen Forderungen dieser Gesellschaft". Er habe dabei für den Mitbeteiligten "Barchecks ausgestellt", welche ein Zeuge als Geschäftsführer der GmbH jeweils unterzeichnet und die der Mitbeteiligte "dann entweder selbst oder mit Hilfe einer weiteren Person eingelöst" habe. Zudem habe der Beschwerdeführer "weitere Geldbeträge bar" an den Mitbeteiligten "ausbezahlt". Weiter "soll der Verfolgte einen erheblichen Anteil der von ihm für" die GmbH "eingezogenen Gelder, entgegen der" mit dem Mitbeteiligten "zuvor getroffenen Vereinbarung, nicht an diesen überwiesen haben". So habe der Beschwerdeführer "am 5. Dezember 1999 DEM 84'845.-- vom Konto der" GmbH "abgehoben". "Zudem soll er sich in der Zeit vom 27. Januar 2000 bis zum 15. Januar 2001 insgesamt weitere DEM 981'487.92, die nach Abzug von Betriebsausgaben der Gesellschaft aus dem Einzug von offenen Rechnungen" der GmbH "resultiert hätten, verschafft haben". "Diese Geldbeträge" habe der Beschwerdeführer "in der Folge für seine eigenen privaten Zwecke verbraucht", indem er "damit private Rechnungen beglichen" habe. Durch sein Vorgehen habe der Beschwerdeführer "die wirtschaftliche Existenz" der GmbH "beeinträchtigt" (angefochtener Entscheid, S. 4).
 
3.3.2 Im angefochtenen Entscheid wird die Ansicht vertreten, dieser Sachverhalt erfülle "die subjektiven und objektiven Tatbestandsmerkmale der Veruntreuung gemäss Art. 138 StGB". "Somit" sei "die Voraussetzung der doppelten Strafbarkeit erfüllt" (angefochtener Entscheid, S. 5 oben). Es wird jedoch keine prima facie-Prüfung der Tatbestandsmerkmale von Art. 138 StGB vorgenommen.
 
Es ist nicht ersichtlich, inwiefern dem Beschwerdeführer aus den Anklagepunkten 11-25 der Vorwurf erwachsen könnte, er habe ihm anvertraute Vermögenswerte unrechtmässig verwendet. Im Falle einer strafrechtlichen Verurteilung nach schweizerischem Recht fiele der inkriminierte Sachverhalt jedoch grundsätzlich unter den Straftatbestand der ungetreuen Geschäftsbesorgung:
 
3.3.3 Nach dem so genannten "Treuebruchstatbestand" der ungetreuen Geschäftsbesorgung (Art. 158 Ziff. 1 Abs. 1 StGB) wird mit Gefängnis bestraft, wer aufgrund des Gesetzes oder eines Rechtsgeschäfts damit betraut ist, Vermögen eines andern zu verwalten, und dabei unter Verletzung seiner Pflichten bewirkt oder zulässt, dass der andere am Vermögen geschädigt wird. Handelt der Täter in der Absicht, sich (oder einen andern) unrechtmässig zu bereichern, kann auf Zuchthaus bis zu fünf Jahren erkannt werden (Art. 158 Ziff. 1 Abs. 3 StGB). Nach herrschender Lehre und Praxis ist der Tatbestand des Treuebruchs namentlich auf selbstständige Geschäftsführer sowie auf operationell leitende Organe von juristischen Personen bzw. Kapitalgesellschaften anwendbar. Dazu gehören namentlich auch faktische geschäftsführende Organe, die auf so genannte "Strohmänner" zurückgreifen (vgl. BGE 123 IV 17 E. 3b S. 21; 105 IV 106 E. 2 S. 109 f.; 100 IV 113 f.; 97 IV 10 E. 2 S. 14; Marcel A. Niggli, in: Basler Kommentar StGB, Bd. II, Basel 2003, Art. 158 StGB N. 10 ff., 20; Günter Stratenwerth/Guido Jenny, Schweizerisches Strafrecht, Besonderer Teil I, 6. Aufl., Bern 2003, §19 Rz. 5 ff., 10).
 
3.3.4 Dem Beschwerdeführer wird in den Anklagepunkten 11-25 im Wesentlichen vorgeworfen, er habe als Organ einer GmbH dieser Gesellschaft einen wirtschaftlichen Schaden in Millionenhöhe zugefügt. Als faktischer Geschäftsführer habe er Debitorenguthaben der Gesellschaft eingezogen. Anstatt diese Inkassobeträge pflichtgemäss der Gesellschaft abzuliefern, habe er sie in Verletzung seiner Organpflichten einerseits für eigene private Zwecke verwendet, anderseits - ohne Gegenleistung an die Gesellschaft - an Drittpersonen ausbezahlt. Dieser Sachverhalt fiele bei einer strafrechtlichen Verurteilung nach schweizerischem Recht grundsätzlich unter den Straftatbestand von Art. 158 Ziff. 1 StGB. Die Strafdrohung für einfache ungetreue Geschäftsbesorgung beträgt Gefängnis (bis zu drei Jahren); im Falle von Bereicherungsabsicht droht Zuchthaus bis zu fünf Jahren (Art. 158 Ziff. 1 i.V.m. Art. 36 StGB). Damit handelt es sich auch in Bezug auf die Anklagepunkte 11-25 um auslieferungsfähige mutmassliche Delikte.
 
3.4 Die Einwände des Beschwerdeführers lassen die im Ersuchen genannten Verdachtsgründe nicht ohne Weiteres dahinfallen. Das gilt namentlich für die Vorbringen, die von ihm gekaufte GmbH sei laut Sachdarstellung des Ersuchens "bereits vor dem Kauf inaktiv gewesen", bei den streitigen Beträgen (von ca. DEM 1.1 Mio. bzw. 22'000.--) handle es sich aber um "Steuern, die gemäss Sachverhalt im Jahr 1999 - teilweise im Oktober und November 99 - angefallen wären", und "der Vorwurf, der Beschwerdeführer hätte im November 1999 eine seit längerem inaktive Gesellschaft gekauft", sei "deshalb nicht haltbar". Zwar macht der Beschwerdeführer geltend, er habe "ein bekanntes System (Schütt' aus hol' zurück-Verfahren) angewendet", welches er "nicht erfunden" habe; dabei habe er "nicht besonders raffiniert gehandelt", weshalb kein gemeinrechtlicher Betrug vorliege. Auch für das Tatbestandsmerkmal der Arglist bestehen hier jedoch ausreichend konkrete Anhaltspunkte (vgl. oben, E. 3.1.5). Dass der Beschwerdeführer das ihm zur Last gelegte "System" nicht selbst erfunden habe, schliesst seine Strafbarkeit nicht aus. Soweit er den im Ersuchen dargelegten Sachverhalt lediglich bestreitet und diesem seine eigene Interpretation entgegenstellt, besteht ebenfalls kein Rechtshilfehindernis. Dies gilt insbesondere für die Vorbringen, es sei "nicht möglich", dass die von ihm gekaufte Gesellschaft "praktisch vermögenslos" war, und es sei "nicht richtig", dass die Forderung einer Gesellschaft (in Höhe von mindestens DEM 10'881.93) "gefährdet gewesen wäre". Ob nach deutschem Recht ein gemeinstrafrechtliches Vermögensdelikt vorliegt, hat der zuständige Strafrichter zu prüfen. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers werden ihm nicht "einzig Fiskaldelikte" vorgeworfen. Ebenso wenig werden gemeinrechtlicher Betrug (Art. 146 Abs. 1 StGB) bzw. ungetreue Geschäftsbesorgung (Art. 158 Ziff. 1 StGB) durch allfällige Fiskaldelikte "konsumiert". Es besteht hier auch kein Anlass, diesbezüglich ein "Gutachten durch die Eidgenössische Steuerverwaltung" (oder weitere "Beweismittel" von den deutschen Behörden) einzuholen.
 
3.5 Nach dem Gesagten bezieht sich das Ersuchen auf auslieferungsfähige gemeinrechtliche Vermögensdelikte. Für Anklagepunkt Nr. 26 fehlt es zwar an der beidseitigen Strafbarkeit. Diesbezüglich wurde im angefochtenen Entscheid jedoch die Auslieferung ausdrücklich verweigert. Das BJ hat die beantragte Rechtshilfe ausschliesslich für auslieferungsfähige mutmassliche Delikte und Anklagepunkte bewilligt. Es braucht nicht untersucht zu werden, ob darüber hinaus noch weitere gemeinrechtliche Straftatbestände des schweizerischen Rechts erfüllt sein könnten.
 
4.
 
Im Eventualstandpunkt macht der Beschwerdeführer geltend, es sei "vor einer allfälligen Auslieferung sicherzustellen, dass er nicht wegen Abgabedelikten verfolgt resp. verurteilt werden darf". Diese Voraussetzung ist erfüllt. Zum Nachteil der von den deutschen Behörden (zusätzlich) untersuchten Fiskaldelikte enthält das Dispositiv des angefochtenen Entscheides einen ausdrücklichen Spezialitätsvorbehalt. Der Beschwerdeführer übersieht, dass das internationale Rechtshilferecht die Auslieferung an keine weiteren förmlichen Voraussetzungen knüpft. Insbesondere sind die schweizerischen Behörden nach den anwendbaren staatsvertraglichen Bestimmungen nicht befugt, die Auslieferung noch von einer besonderen "Erklärung der Bundesrepublik Deutschland" abhängig zu machen, wonach Deutschland im vorliegenden Fall den ausdrücklichen schweizerischen Spezialitätsvorbehalt respektieren werde. Noch viel weniger ist anzuordnen, dass "dem Beschwerdeführer zur Kontrolle der Einhaltung der Erklärung ein Prozessbeobachter zur Seite zu stellen" sei. Nach dem im Rechtshilfeverkehr geltenden Vertrauensgrundsatz ist vielmehr davon auszugehen, dass die deutschen Behörden die völkerrechtlichen Vorschriften (Art. 5 und Art. 14 Ziff. 1 EAUe) und damit auch den schweizerischen Spezialitätsvorbehalt beachten werden. Darüber hinaus stünde es dem Beschwerdeführer nötigenfalls frei, entsprechende Beweisverwertungsverbote bzw. Prozesshindernisse auch im Rahmen des in Deutschland hängigen Strafverfahrens anzurufen.
 
5.
 
Zusammenfassend ergibt sich, dass die Verwaltungsgerichtsbeschwerde als unbegründet abzuweisen ist. Da auch das Fortbestehen der Auslieferungshaft bundesrechtskonform erscheint (vgl. Art. 47 Abs. 1 und Art. 51 Abs. 1 IRSG), ist das (rein akzessorische bzw. nicht näher begründete) Haftentlassungsgesuch des Beschwerdeführers ebenfalls abzuweisen.
 
Der Beschwerdeführer stellt ein Gesuch um unentgeltliche Rechtsverbeiständung bzw. um "Zuordnung einer amtlichen Verteidigung" in der Person seiner Rechtsvertreterin (im Sinne von Art. 152 Abs. 2 OG). Ein Gesuch um unentgeltliche Prozessführung bzw. um Befreiung von der Bezahlung von Gerichtskosten (Art. 152 Abs. 1 OG) wird hingegen nicht gestellt. Die Bewilligung der unentgeltlichen Rechtsverbeiständung setzt unter anderem die finanzielle Bedürftigkeit des Gesuchstellers voraus. Wer die unentgeltliche Rechtspflege beansprucht, hat deren gesetzliche Voraussetzungen nachzuweisen. Das gilt insbesondere für den Nachweis der Mittellosigkeit. Nach ständiger Praxis des Bundesgerichtes ist diese ausreichend zu belegen oder zumindest glaubhaft zu machen (vgl. Thomas Geiser, in: Geiser/Münch [Hrsg.], Prozessieren vor Bundesgericht, 2. Aufl., Basel 1998, §1 Rz. 1.43). In der Beschwerde wird zur finanziellen Bedürftigkeit lediglich ausgeführt, der Gesuchsteller habe durch die seit Anfang Mai 2005 andauernde Auslieferungshaft seine "Lebensgrundlage verloren". Zu seinen Vermögens- und Einkommensverhältnissen macht der Verfolgte weder in der Beschwerdeschrift noch in der Replik irgendwelche Angaben. Damit ist die Bedürftigkeit des Gesuchstellers nicht ausreichend glaubhaft gemacht.
 
Bei dieser Sachlage ist das Gesuch um unentgeltliche Rechtsverbeiständung abzuweisen. In Würdigung der Umstände des Falles kann auf die Erhebung von Gerichtskosten verzichtet werden (vgl. Art. 156 Abs. 1 OG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
 
2.
 
Das Haftentlassungsgesuch wird abgewiesen.
 
3.
 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtsverbeiständung wird abgewiesen.
 
4.
 
Es werden keine Kosten erhoben.
 
5.
 
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer und dem Bundesamt für Justiz, Abteilung Internationale Rechtshilfe, Sektion Auslieferung, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 18. August 2005
 
Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
 
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