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Informationen zum Dokument  BGer 1P.548/2005  Materielle Begründung
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BGer 1P.548/2005 vom 22.11.2005
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
1P.548/2005 /gij
 
Urteil vom 22. November 2005
 
I. Öffentlichrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Féraud, Präsident,
 
Bundesrichter Aeschlimann, Eusebio,
 
Gerichtsschreiber Steinmann.
 
Parteien
 
X.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Werner Brandenberger und Fürsprecher Adrian Blättler,
 
gegen
 
Staatsanwaltschaft des Kantons Schaffhausen, Herrenacker 26, Postfach, 8201 Schaffhausen,
 
Kantonsgericht des Kantons Schaffhausen, Herrenacker 26, Postfach 568, 8201 Schaffhausen,
 
Obergericht des Kantons Schaffhausen, Postfach 568, 8201 Schaffhausen.
 
Gegenstand
 
Art. 30 Abs. 1 BV, Voreingenommenheit des Kantonsgerichts
 
Staatsrechtliche Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Schaffhausen vom 8. Juli 2005.
 
Sachverhalt:
 
A.
 
Infolge eines Rechtshilfegesuchs der Staatsanwaltschaft Leipzig im Zusammenhang mit einem Strafverfahren wegen Subventions- und Abgabebetrugs eröffnete das Untersuchungsrichteramt des Kantons Schaffhausen gegen X.________ ein eigenständiges, umfangreiches Untersuchungsverfahren. Gestützt auf die Überweisungsverfügung des Untersuchungsrichters erhob die Staatsanwaltschaft des Kantons Schaffhausen am 1. Juli 2003 beim Kantonsgericht des Kantons Schaffhausen gegen X.________ Anklage wegen gewerbsmässigen Betrugs, mehrfacher Urkundenfälschung, Anstiftung zu Urkundenfälschung und gewerbsmässiger Geldwäscherei.
 
Die Strafsache wurde der II. Strafkammer des Kantonsgerichts zugeteilt. Ein gegen den Kantonsgerichtspräsidenten gerichtetes Ausstandsbegehren blieb ebenso erfolglos wie Beschwerden gegen die Abweisung von Beweisbegehren (vgl. Urteile des Bundesgerichts vom 12. Februar 2004, 1P.742/2003 und 1P.738/2003).
 
Das Kantonsgericht sprach X.________ mit umfangreichem Urteil vom 20. August 2004 des gewerbsmässigen Betrugs, der Gläubigerschädigung durch Vermögensminderung, der mehrfachen Urkundenfälschung, der mehrfachen Anstiftung zur Urkundenfälschung sowie der gewerbsmässigen Geldwäscherei schuldig und verurteilte ihn unter Anrechnung der Auslieferungs- und Untersuchungshaft zu 10 Jahren Zuchthaus.
 
B.
 
X.________ focht dieses Urteil beim Obergericht des Kantons Schaffhausen mit Berufung an. Er stellte u.a. den Antrag, das unterinstanzliche Urteil sei wegen Befangenheit des Kantonsgerichts aufzuheben und die Sache zu neuer Behandlung in anderer Besetzung an die erste Instanz zurückzuweisen.
 
Das Obergericht traf am 8. Juli 2005 drei separate Beschlüsse, nämlich den Beschluss I als Grundbeschluss, den Beschluss II als verfahrenserledigenden Beschluss und den Beschluss III mit prozessleitenden Anordnungen. Diese Beschlüsse sind mündlich und mit einer Kurzbegründung eröffnet worden und fanden Aufnahme ins Protokoll.
 
Gemäss Ziff. 1 des Beschlusses I wird der Antrag, das angefochtene Urteil sei wegen Befangenheit des Kantonsgerichts aufzuheben und die Sache sei zu neuer Behandlung in anderer Besetzung an die erste Instanz zurückzuweisen, abgewiesen. Im Übrigen soll das Berufungsverfahren gemäss Beschluss III weitergeführt werden, soweit die Sache nicht an die Staatsanwaltschaft zurückgewiesen wird, und es sollen in teilweiser Gutheissung der Beweisanträge eine Reihe von Beweisen abgenommen werden.
 
C.
 
Mit staatsrechtlicher Beschwerde vom 2. September 2005 ficht X.________ Ziff. 1 des Grundbeschlusses des Obergerichts an und beantragt dessen Aufhebung. Er macht im Wesentlichen geltend, das Kantonsgericht habe aufgrund von formellen und materiellen Fehlern den Anschein der Befangenheit erweckt. Auf die Begründung im Einzelnen ist in den Erwägungen einzugehen.
 
Die Staatsanwaltschaft und das Kantonsgericht haben unter Verweis auf den angefochtenen Entscheid auf eine Vernehmlassung verzichtet. Das Obergericht hat zur Beschwerde Stellung genommen, ohne einen förmlichen Antrag zu stellen.
 
Aufgrund der Verfügung des Instruktionsrichters vom 21. Oktober 2005 hat der Beschwerdeführer eine Replik eingereicht, in der er im Wesentlichen an seinen Anträgen und seiner Begründung festhält, und hat das Obergericht dem Bundesgericht weitere Akten zur Verfügung gestellt.
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
 
1.
 
Das Obergericht hat mit Ziff. 1 des Grundbeschlusses I den Antrag um Aufhebung des Urteils des Kantonsgerichts wegen Befangenheit abgewiesen und mit dem Beschluss III im Wesentlichen die Weiterführung des Berufungsverfahrens angeordnet. Diese Beschlüsse schliessen das Berufungsverfahren vor Obergericht offensichtlich nicht ab und stellen daher Vor- und Zwischenentscheide im Sinne von Art. 87 OG dar. Die Dispositiv-Ziff. 1 des Grundbeschlusses I kann gestützt auf Art. 87 Abs. 1 OG mit staatsrechtlicher Beschwerde wegen Verletzung von Art. 30 Abs. 1 BV angefochten werden. Die Beschwerde erweist sich daher als zulässig.
 
Nach Art. 90 Abs. 1 lit. b OG ist in einer staatsrechtlichen Beschwerde darzulegen, welche verfassungsmässigen Rechte und inwiefern diese verletzt sein sollen. Da die Beschwerdeschrift die einschlägigen Verfassungsbestimmungen und die Gründe ihrer angeblichen Verletzung nennt, kann offen bleiben, ob darüber hinaus die weitschweifigen, sich appellatorischer Kritik annähernden Ausführungen zulässig sind. In Einzelpunkten setzt sich der Beschwerdeführer mit den Erwägungen des Obergerichts in den angefochtenen Beschlüssen nicht auseinander und genügt damit den Anforderungen von Art. 90 Abs. 1 lit. b OG nicht.
 
Schliesslich braucht nicht abschliessend beurteilt zu werden, ob der Beschwerdeführer hinsichtlich all der im staatsrechtlichen Beschwerdeverfahren vorgebrachten Umstände den kantonalen Instanzenzug vollständig erschöpft hat. Denn es ist, auch von Seiten des Obergerichts unbestritten, dass der Beschwerdeführer im Berufungsverfahren auf Art. 30 Abs. 1 BV Bezug genommen und die Voreingenommenheit des Kantonsgerichts gerügt hatte. Daran ändert der Umstand nichts, dass diese Rüge in der Berufungsverhandlung - im Vergleich zu vielen andern Vorbringen - tatsächlich relativ wenig Platz eingenommen hatte.
 
2.
 
Der Beschwerdeführer macht in verschiedener Hinsicht geltend, das Kantonsgericht habe durch sein Urteil und Verhalten gesamthaft den Anschein der Voreingenommenheit erweckt; die Abweisung seiner Befangenheitsrüge durch das Obergericht halte vor Art. 30 Abs. 1 BV nicht stand.
 
2.1 Nach Art. 30 Abs. 1 BV (sowie Art. 6 Ziff. 1 EMRK) hat der Einzelne Anspruch darauf, dass seine Strafsache von einem unbefangenen, unvoreingenommenen und unparteiischen Richter beurteilt wird. Es soll garantiert werden, dass keine sachfremden Umstände, welche ausserhalb des Prozesses liegen, in sachwidriger Weise zu Gunsten oder zu Lasten einer Partei auf das Urteil einwirken. Art. 30 Abs. 1 BV soll zu der für einen korrekten und fairen Prozess erforderlichen Offenheit des Verfahrens im Einzelfall beitragen und damit ein gerechtes Urteil ermöglichen (BGE 114 Ia 50 E. 3c S. 55). Die Garantie des verfassungsmässigen Richters wird indes verletzt, wenn bei objektiver Betrachtung Gegebenheiten vorliegen, die den Anschein der Befangenheit oder die Gefahr der Voreingenommenheit zu begründen vermögen (BGE 114 Ia 50 E. 3b und 3c S. 53, 131 I 24 E. 1.1 S. 25, 131 I 113 E. 3.4 S. 116, mit Hinweisen).
 
Voreingenommenheit und Befangenheit in diesem Sinne werden nach der Rechtsprechung angenommen, wenn sich im Einzelfall anhand aller tatsächlichen und verfahrensrechtlichen Gegebenheiten Umstände ergeben, die bei objektiver Betrachtung geeignet sind, Misstrauen in die Unparteilichkeit des Richters zu erwecken. Diese können entweder in einem bestimmten Verhalten des betreffenden Richters oder in gewissen äussern Gegebenheiten funktioneller oder organisatorischer Natur begründet sein. Bei deren Beurteilung ist nicht auf das subjektive Empfinden einer Partei abzustellen. Das Misstrauen in die Unvoreingenommenheit muss vielmehr in objektiver Weise begründet erscheinen. Für die Ablehnung wird nicht verlangt, dass der Richter tatsächlich befangen ist. Es genügt, wenn Umstände vorliegen, die bei objektiver Betrachtung den Anschein der Befangenheit und Voreingenommenheit erwecken (BGE 128 V 80 E. 2a S. 84, 127 I 196 E. 2b S. 198, 126 I 68 E. 3a S. 73, 125 I 119 E. 3a S. 122, 124 I 255 E. 4a S. 261, mit Hinweisen).
 
Angesichts der Bedeutung der Garantie des verfassungsmässigen Richters lässt sich eine einengende Auslegung von Art. 30 Abs. 1 BV nicht rechtfertigen (BGE 114 Ia 50 E. 3c S. 56, 127 I 196 E. 2d S. 199, ZBl 103/2002 S. 276 E. 10). Die Möglichkeit, ein Urteil bei einer ordentlichen Rechtsmittelinstanz anzufechten, vermag am allfälligen Mangel in der Besetzung der Richterbank grundsätzlich nichts zu ändern (BGE 114 Ia 50 E. 3d S. 60). Der Ausstand im Einzelfall steht in einem gewissen Spannungsverhältnis zum Anspruch auf den gesetzlichen Richter und muss daher die Ausnahme bleiben, damit die regelhafte Zuständigkeitsordnung der Gerichte nicht illusorisch und die Garantie des verfassungsmässigen Richters nicht von dieser Seite her - und etwa zu Lasten einer Gegenpartei - ausgehöhlt wird (BGE 114 Ia 50 E. 3d S. 60).
 
2.2 Der Anschein der Befangenheit kann, wie dargetan, durch die unterschiedlichsten Umstände und Gegebenheiten erweckt werden. Dazu können nach der Rechtsprechung in entsprechendem Zusammenhang grundsätzlich auch Fehler in der Verfahrensführung oder materielle Fehler in einem Urteil zählen. Der Anspruch auf einen verfassungsmässigen Richter umschliesst allerdings nicht auch die Garantie fehlerfreien richterlichen Handelns (vgl. Regina Kiener, Richterliche Unabhängigkeit, Bern 2001, S. 105). Entsprechende Mängel vermögen grundsätzlich keinen Anschein der Befangenheit eines Richters oder eines ganzen Gerichts zu begründen. Verstösse gegen materielles Recht oder gegen die Verfahrensordnung sind vielmehr in erster Linie in dem dazu vorgesehenen Rechtsmittelverfahren bei der übergeordneten richterlichen Instanz zu rügen. Deren Aufgabe besteht gerade darin, entsprechende Mängel zu beheben und auf diese Weise für ein faires Verfahren zu sorgen (vgl. BGE 116 Ia 14 E. 5b S. 20, 116 Ia 135 E. 3a S. 138, 115 Ia 400 E. 3b S. 404, 114 Ia 153 E. 3b/bb S. 158; Urteil 1P.186/1998 vom 11. Januar 1999, E. 3c; Regina Kiener, a.a.O., S. 342). Das bedeutet unter anderem, dass nicht sämtliche umstrittenen Anhaltspunkte oder etwa Fragen der Sachverhaltswürdigung im Ausstandsverfahren zu beurteilen wären (vgl. Replik S. 7 ff.). Bejaht das übergeordnete Gericht entsprechende Mängel und weist es daher in Gutheissung einer Beschwerde die Sache an die Vorinstanz zurück, so erscheint diese denn im Allgemeinen trotz ihrer Vorbefassung auch nicht als voreingenommen (BGE 131 I 113 E. 3.5 S. 120, 116 Ia 28 E. 2a S. 30, mit Hinweisen). Anders verhält es sich lediglich, wenn besonders krasse und wiederholte Irrtümer vorliegen, diese einer schweren Amtspflichtverletzung gleichkommen und sich einseitig zu Lasten einer der Prozessparteien auswirken können (BGE 125 I 119 E. 3e S. 124, 115 Ia 400 E. 3b S. 404, 114 Ia 153 E. 3b/bb S. 158). Diesfalls kann eine fehlerhafte Verfahrensführung oder ein mangelhaftes Urteil den Anschein der Befangenheit erwecken und - trotz oberinstanzlicher Beurteilung und Korrektur - eine Verletzung der Garantie des verfassungsmässigen Richters darstellen (vgl. Urteile 1P.554/2002 vom 10. Februar 2003, 1P.137/2000 vom 9. Juni 2000, 1P.186/1998 vom 11. Januar 1999, 2A.364/1995 vom 14. Februar 1997 [ZBl 99/1998 S. 289]).
 
2.3 Wird mit einer staatsrechtlichen Beschwerde eine Verletzung des Anspruchs des verfassungsmässigen Richters gemäss Art. 30 Abs. 1 BV geltend gemacht, so prüft das Bundesgericht die Auslegung und Anwendung des kantonalen Verfahrensrechts nur unter dem Gesichtswinkel der Willkür. Mit freier Kognition prüft es dagegen, ob die als vertretbar erkannte Auslegung des kantonalen Rechts mit den Garantien von Art. 30 Abs. 1 BV vereinbar ist (vgl. BGE 131 I 113 E. 3.2, mit Hinweisen). Lediglich der Prüfung nach Art. 9 BV unterliegen Fragen des Sachverhalts.
 
3.
 
Der Beschwerdeführer bezieht sich auf eine ganze Reihe von Gegebenheiten, die seiner Ansicht nach die Voreingenommenheit des Kantonsgerichts belegen sollen. Darunter befinden sich einerseits Umstände, die das Obergericht unter dem Gesichtswinkel von Art. 30 Abs. 1 BV als unerheblich qualifizierte; andererseits gehören dazu auch Verfahrensmängel, die das Obergericht mit seinen Beschlüssen förmlich korrigierte. Für die Beurteilung der vorliegenden Beschwerde sind alle diese Gegebenheiten einzeln und aus einer Gesamtsicht auf die Frage hin zu prüfen, ob bei objektiver Betrachtung der Anschein der Voreingenommenheit erweckt werde.
 
3.1 Der Beschwerdeführer erblickt einen Hinweis auf die Befangenheit des Kantonsgerichts im Umstand der Verletzung des Anklagegrundsatzes. Das Obergericht hat in diesem Zusammenhang ausgeführt, nach dem Schaffhauser Verfahrensrecht bestehe kein Anklagezulassungsverfahren und habe das zuständige Gericht die Anklage zu prüfen (S.9/380). Es erachtete die Anklageschrift im Allgemeinen als hinreichend (S. 10/381 sowie in den entsprechenden Sachzusammenhängen). In verschiedener Hinsicht hat das Obergericht die Anklage allerdings als unzureichend beurteilt, im Einzelnen bemängelt, dass das Kantonsgericht gewisse Punkte von sich aus aufgegriffen, geprüft und bejaht hatte, und durch Teilaufhebung des kantonsgerichtlichen Urteils und Rückweisung an die Staatsanwaltschaft entsprechende Korrekturen angebracht (S. 43/414, 47/418, Beschluss I Dispositiv-Ziff. 2 und Beschluss II).
 
Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers kann aus diesen Umständen nicht auf Voreingenommenheit des Kantonsgerichts geschlossen werden. Die Verantwortung für die Anklageschrift kommt, trotz der dem zuständigen Gericht zukommenden Prüfungspflicht, in erster Linie der Staatsanwaltschaft zu. Die Missachtung des Anklagegrundsatzes durch das Kantonsgericht wiegt abstrakt gesehen zwar nicht leicht; sie betrifft indessen in erster Linie die Unabhängigkeit des Gerichts und weniger die Frage von dessen Befangenheit, wie das Obergericht bei richtiger Lektüre der Vernehmlassung zum Ausdruck bringt. Konkret betrifft die Missachtung des Anklageprinzips nicht die wesentlichen gegen den Beschwerdeführer vorgebrachten Vorwürfe. Sie lässt sich durch das Bemühen des Kantonsgerichts, eine vollständige und abschliessende Beurteilung der Angelegenheit vorzunehmen, leicht erklären und hat daher in Bezug auf die Frage der Voreingenommenheit kein wesentliches Gewicht. Deshalb stösst auch die Bemerkung des Beschwerdeführers in seiner Replik, es sei nicht möglich, das Kantonsgericht in einzelnen Punkten als befangen und in andern Punkten als unbefangen zu erklären, ins Leere.
 
In diesem Zusammenhang rügt der Beschwerdeführer weiter, dass das Kantonsgericht von sich aus gewisse Beweise erhoben habe. Das Obergericht erachtet dieses Vorgehen unter Verweis auf die Strafprozessordnung ausdrücklich als zulässig (S.6/377), was der Beschwerdeführer nicht in Frage stellt. Darüber hinaus ist eine Beweiserhebung durch den urteilenden Richter auch unter dem Gesichtswinkel von Art. 30 Abs. 1 BV an sich nicht zu beanstanden (vgl. BGE 115 I 217 E. 6 S. 223).
 
3.2 Weiter wirft der Beschwerdeführer dem Kantonsgericht in verschiedener Hinsicht Verletzungen der Unschuldsvermutung gemäss Art. 32 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 2 EMRK vor und schliesst daraus auf Voreingenommenheit dessen.
 
3.2.1 Zum einen bemängelt der Beschwerdeführer, dass sich aus dem Urteil des Kantonsgerichts nicht ergebe, welchen Sachverhalt es aus der Anklage (und der Überweisung) übernehme und welchen Sachverhalt es selber seinem Urteil zugrunde lege. Insbesondere habe es das Kantonsgericht unterlassen, durch Formulierungen in der indirekten Rede oder die Verwendung von Anführungszeichen das aus der Anklage Übernommene zu kennzeichnen. Damit habe es ohne weitere Prüfung die gegen ihn erhobenen Vorwürfe als gegeben betrachtet und dadurch die Unschuldsvermutung verletzt.
 
Zu diesem Vorbringen hat bereits das Obergericht zutreffend Stellung genommen und im Wesentlichen dargelegt, dass aus dem Zusammenhang auch ohne spezielle Kennzeichnung hinreichend klar hervorgehe, was das Kantonsgericht als Wiedergabe aus der Anklage verstehe. Dem kann angefügt werden, dass eine spezifische Kennzeichnung durch indirekte Rede, Anführungszeichen oder Verwendung einer kleineren Schrift keineswegs erforderlich ist, um gewisse Aussagen als Zitat erkennbar zu machen. So verwendet denn auch der Beschwerdeführer selber beim Hinweis auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung in seiner Beschwerdeschrift keine entsprechenden Kennzeichnungen. Die ausschweifenden Ausführungen und Tabellen des Beschwerdeführers sind nicht geeignet, den Beschluss des Obergerichts in dieser Hinsicht als verfassungswidrig oder das Kantonsgericht als voreingenommen erscheinen zu lassen. Daran vermögen auch die Ausführungen in der Replik nichts zu ändern (S. 4 f.). Es mag zwar zutreffen, dass die Darstellungsweise des Kantonsgerichts nicht einem einheitlichen Muster folgte und, wie schon das Obergericht ausführte, im Einzelnen diskutabel und nicht besonders geschickt erscheine. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers kann aus der Uneinheitlichkeit der Darstellung, welche auch Ausdruck des (durchaus mitzuberücksichtigenden) enormen Umfangs des Prozessgegenstandes und der Zusammenarbeit von drei Gerichtsschreibern ist, gerade nicht auf die Voreingenommenheit des Kantonsgerichts geschlossen werden.
 
3.2.2 Im gleichen Zusammenhang wirft der Beschwerdeführer dem Kantonsgericht eine Umkehr der Beweislast vor. Das Obergericht hat zu diesem Vorwurf in allgemeiner Weise Stellung genommen und ausgeführt, die im Kantonsgerichtsurteil regelmässig verwendete Formulierung, der Beschwerdeführer habe sich zu einem bestimmten Sachverhalt nicht geäussert und ihn auch nicht bestritten, könne auf den ersten Blick irritieren. Es hat aber klargestellt, dass sich dieser Passus jeweilen auf die Hauptverhandlung beziehe und dass Bestreitungen im Untersuchungsverfahren nicht übersehen worden seien (S. 5/376). Auch wenn der Beschwerdeführer diese Sichtweise bestreitet und dies in seiner Replik wiederholt, vermag er daraus keinen Anschein der Voreingenommenheit des Kantonsgerichtes abzuleiten. Daran vermögen die auch in dieser Hinsicht uneinheitliche Darstellung im Urteil des Kantonsgerichts und die akribische Urteilsanalyse des Beschwerdeführers nichts zu ändern. Entscheidend ist vielmehr, dass das Gericht das Urteil nach seiner freien, aus der Hauptverhandlung und den Untersuchungsakten geschöpften Überzeugung fällt (Art. 275 StPO), diese im Kantonsgerichtsurteil auch tatsächlich zum Ausdruck kommt und der Beschwerdeführer im Berufungsverfahren die materiellen Rügen tatsächlich vorbringen kann. Unterbleibt im Kantonsgerichtsurteil eine argumentative Auseinandersetzung mit sämtlichen Einwendungen des Beschwerdeführers, kann darin unter Umständen eine Verletzung des rechtlichen Gehörs im Sinne von Art. 29 Abs. 2 BV liegen, vermag indessen für sich genommen nicht den Anschein der Befangenheit zu erwecken.
 
3.2.3 In Bezug auf einen spezifischen Sachverhalt hat das Obergericht tatsächlich festgehalten, dass das Kantonsgericht von einer Umkehr der Beweislast ausgegangen sei (S.45/416). Es hat indes klar gestellt, dass damit in erster Linie der Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt worden sei, und hat hinsichtlich der Beweismassnahmen die entsprechenden Korrekturen angebracht. Wie nachfolgend noch auszuführen ist, liegt darin kein Verfahrensmangel, der einen Hinweis auf die Befangenheit des Kantonsgerichts erlauben würde.
 
3.3 Unter dem Gesichtswinkel der Verfahrensrechte hat das Obergericht entgegen der Auffassung des Kantonsgerichts den Beschwerdeführer in verschiedener Hinsicht zu weiteren Beweisen und insbesondere zu zusätzlichen Zeugenbefragungen zugelassen (vgl. insbes. Beschluss III). Damit hat es Mängel im kantonsgerichtlichen Beweisverfahren korrigiert. Solche gehören typischerweise zu denjenigen Fehlern, welche im Rechtsmittelverfahren gerügt werden können, indessen für sich alleine und in Anbetracht des riesigen Prozessstoffes den Anschein der Befangenheit nicht zu erwecken vermögen.
 
Der Beschwerdeführer nimmt ferner Bezug auf die Abweisung seiner Beweisanträge durch den Präsidenten des Kantonsgerichts und dessen Äusserung, der Sachverhalt erscheine als genügend geklärt. Dazu haben das Obergericht und das Bundesgericht bereits Stellung genommen und darauf hingewiesen, dass die Äusserung in einem ganz bestimmten Sachzusammenhang gemacht worden sei und für sich genommen keinen Anschein der Befangenheit erwecke (vgl. Urteil 1P.742/2004 vom 12. Februar 2004). Diese Beurteilung erscheint auch im Zusammenhang mit der vorliegenden Beschwerde nicht in einem andern Lichte. Auch diese Gegebenheit erweckt somit keinen Anschein der Befangenheit.
 
Inwiefern sich der Präsident des Kantonsgerichts im Zusammenhang mit dem eben genannten Verfahren widersprüchlich und treuwidrig verhaltenen haben soll, wie der Beschwerdeführer geltend macht, ist nicht ersichtlich. Das Obergericht hat auf die Verfahrensordnung, die sich daraus ergebenden Zuständigkeiten von Präsident und Kammer sowie die prozessualen Anforderungen an Beweisanträge verwiesen (S. 7/378). Der Beschwerdeführer setzt sich mit diesen Ausführungen nicht auseinander und vermag daher von vornherein nicht darzulegen, weshalb das Verhalten des Kantonsgerichtspräsidenten in dieser Hinsicht den Anschein der Voreingenommenheit hätte erwecken sollen.
 
Der Beschwerdeführer verweist ferner auf eine Verfügung des Kantonsgerichtspräsidenten vom 24. Juli 2003 im Zusammenhang mit Dr. Grass und Ausführungen des Obergerichts dazu in einem Entscheid vom 7. November 2003. Letzterem ist nichts Weiteres beizufügen. Auch insoweit ergeben sich keine Anzeichen für eine Befangenheit des Kantonsgerichts.
 
Schliesslich weist der Beschwerdeführer auf eine Aktennotiz der Gerichtsschreiberin hin, die ihn auf einem weissen Boot auf dem Rhein beobachtet haben soll. Er erblickt darin einen unsachlichen Übereifer, vermag indessen nicht darzulegen, weshalb darin eine Haltung der Voreingenommenheit ihm gegenüber zum Ausdruck kommen sollte. Das Obergericht hat dazu zu Recht ausgeführt, dass die damit verbundene Beschlagnahme die Strafsache in keiner Weise präjudizierte (S. 6/377).
 
3.4 Gesamthaft betrachtet ergibt sich zum einen, dass die vom Obergericht selbst festgehaltenen Mängel im kantonsgerichtlichen Verfahren (Verletzung des Anklagegrundsatzes sowie Verletzung des rechtlichen Gehörs durch Umkehr der Beweislast und Abweisung von Beweisbegehren) vor dem Hintergrund des gesamten umfangreichen Verfahrens von untergeordneter Bedeutung sind und bei weitem die für die Annahme von Voreingenommenheit erforderliche Schwere nicht aufweisen. Zum andern sind die vom Beschwerdeführer vorgebrachten Umstände in keiner Weise geeignet, bei objektiver Betrachtung einen Anschein von Befangenheit zu erwecken (Kennzeichnung der Sachverhaltsdarstellung im erstinstanzlichen Urteil, ungeschickte Formulierungen, Äusserungen des Kantonsgerichtspräsidenten anlässlich des bundesgerichtlichen Verfahrens sowie im Zusammenhang mit Dr. Grass, Aktennotiz der Gerichtsschreiberin). Schliesslich hat das Obergericht das Vorgehen des Kantonsgerichtspräsidenten teils ausdrücklich als rechtmässig bezeichnet (Beweisabnahme, Beweisanträge an das Kantonsgericht bzw. seinen Präsidenten).
 
Bei dieser Sachlage vermag auch das Zusammentreffen aller einzelnen Gegebenheiten bei gesamthafter Beurteilung keinen Anschein der Befangenheit zu erwecken. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers dürfen der ungewöhnliche Umfang des Prozessstoffes und der straffe Zeitplan durchaus mitberücksichtigt werden. Sie machen es auch bei grosser Sorgfalt schwierig, jegliche Fehler, Ungenauigkeiten und ungeschickte Formulierungen zu vermeiden und führen keineswegs dazu, die Rüge der Befangenheit in Verfahren von grossem Umfang mit einem unterschiedlichen Massstab zu beurteilen. Die Rüge des Beschwerdeführers, das Kantonsgericht im Allgemeinen sowie ihr Präsident im Besondern hätten den Anschein der Befangenheit erweckt, erweist sich daher als unbegründet.
 
4.
 
Demnach ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist.
 
Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die bundesgerichtlichen Kosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 156 OG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
 
2.
 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 4'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.
 
3.
 
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer sowie der Staatsanwaltschaft, dem Kantonsgericht und dem Obergericht des Kantons Schaffhausen schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 22. November 2005
 
Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
 
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