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Informationen zum Dokument  BGer 6S.395/2005  Materielle Begründung
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BGer 6S.395/2005 vom 11.12.2005
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
6S.395/2005 /rom
 
Urteil vom 11. Dezember 2005
 
Kassationshof
 
Besetzung
 
Bundesrichter Schneider, Präsident,
 
Bundesrichter Karlen, Zünd,
 
Gerichtsschreiber Willisegger.
 
Parteien
 
A.________,
 
Beschwerdeführer,
 
gegen
 
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Postfach, 8090 Zürich.
 
Gegenstand
 
Kostenauflage,
 
Nichtigkeitsbeschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich, III. Strafkammer, vom 29. August 2005.
 
Sachverhalt:
 
A.
 
A.________ wurde am 15. Oktober 2002 von der Stadtpolizei Zürich gestützt auf Ziff. 202.2 des Anhangs 1 zur Ordnungsbussenverordnung vom 4. März 1996 (OBV; SR 741.031) wegen Nichtanbringens des Parkzettels am Fahrzeug mit einer Ordnungsbusse von Fr. 40.-- belegt. Am 5. November 2002 überwies A.________ mittels E-Banking den Betrag von Fr. 20.-- an die Stadtpolizei Zürich. Aufgrund der nur teilweisen Bezahlung der Ordnungsbusse wurde in der Folge das ordentliche Verfahren eingeleitet und A.________ beim Stadtrichteramt Zürich (vormals Polizeirichteramt der Stadt Zürich) verzeigt. Dieses bestrafte A.________ mit Verfügung vom 17. Juni 2003 wegen Nichtanbringens des Parkzettels am Fahrzeug mit einer Busse von Fr. 40.--.
 
Gegen diese Verfügung erhob A.________ Einsprache, wobei er geltend machte, versehentlich lediglich den Betrag von Fr. 20.-- bezahlt zu haben. Mit einer Teilzahlung habe die Busse als anerkannt zu gelten, womit Anspruch auf Durchführung des kostenlosen Ordnungsbussenverfahrens bestehe.
 
B.
 
Der Einzelrichter des Bezirksgerichts Zürich sprach A.________ mit Urteil vom 19. Januar 2004 der fahrlässigen Verletzung der Verkehrsregeln im Sinne von Art. 90 Ziff. 1 SVG und Art. 100 Ziff. 1 SVG in Verbindung mit Art. 27 Abs. 1 SVG sowie Art. 48 Abs. 7 SSV schuldig und bestrafte ihn mit einer Busse von Fr. 40.--, unter Anrechnung des bereits bezahlten Teilbetrages von Fr. 20.--. Zudem wurden A.________ die Kosten des Gerichts- und Verwaltungsverfahrens auferlegt.
 
Eine hiegegen gerichtete Nichtigkeitsbeschwerde wies das Obergericht des Kantons Zürich mit Beschluss vom 29. August 2005 ab, soweit es darauf eintrat.
 
A.________ führt mit Eingabe vom 12. Oktober 2005 eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, den Beschluss des Obergerichts aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
 
Das Obergericht hat auf Gegenbemerkungen verzichtet. Weitere Stellungnahmen wurden nicht eingeholt.
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
 
1.
 
Übertretungen der Strassenverkehrsvorschriften des Bundes können nach dem Ordnungsbussengesetz vom 24. Juni 1970 (OBG; SR 741.03) in einem vereinfachten Verfahren mit Ordnungsbussen bis zu Fr. 300.-- geahndet werden (Art. 1 Abs. 1 und 2 OBG). Im Ordnungsbussenverfahren dürfen keine Kosten erhoben werden (Art. 7 OBG). Der Täter kann die Busse sofort oder innert 30 Tagen bezahlen (Art. 6 Abs. 1 OBG). Bei sofortiger Bezahlung wird eine Quittung ausgestellt, die den Namen des Täters nicht nennt (Art. 6 Abs. 2 OBG). Bezahlt der Täter die Busse nicht sofort, so erhält er ein Bedenkfristformular. Zahlt er innert Frist, so wird das Formular vernichtet. Andernfalls leitet die Polizei das ordentliche Verfahren ein (Art. 6 Abs. 3 OBG). Mit der Bezahlung wird die Busse - von einem hier nicht zutreffenden Fall abgesehen - rechtskräftig (Art. 8 OBG).
 
2.
 
Nach der Rechtsprechung ist das Ordnungsbussenverfahren, wenn seine Voraussetzungen gegeben sind, obligatorisch anzuwenden (BGE 105 IV 136; 121 IV 375 E. 1a). Das bundesrechtliche Prinzip der Kostenfreiheit bezieht sich dabei auf das Ordnungsbussenverfahren. Im ordentlichen Verfahren, in welchem ebenfalls eine Ordnungsbusse ausgefällt werden kann (Art. 11 OBG), ist das Prinzip der Kostenfreiheit dann anzuwenden, wenn das ordentliche Verfahren ohne sachlichen Grund eingeleitet worden ist (BGE 121 IV 375 E. 1c).
 
Im hier zu beurteilenden Fall ist das ordentliche Verfahren zu Recht eingeleitet worden. Der Beschwerdeführer ist zwar zunächst mit einer Ordnungsbusse von Fr. 40.-- belegt worden, er hat diese aber innert der Frist von 30 Tagen (Art. 6 Abs. 1 OBG) nur zur Hälfte beglichen. Damit waren weder die Voraussetzungen für die Vernichtung des Bedenkfristformulars (Art. 6 Abs. 3 OBG) gegeben noch ist die Busse rechtskräftig (Art. 8 OBG) geworden. Folglich war gemäss Art. 6 Abs. 3 2. Satz OBG durch die Polizei das ordentliche Verfahren einzuleiten. Der Beschwerdeführer verkennt, dass das Ordnungsbussenverfahren ein vereinfachtes Verfahren ist, mit dem die im Strassenverkehr massenhaft vorkommenden Übertretungen von Bagatellcharakter mit wenig Verwaltungsaufwand und unter Vermeidung eines ordentlichen Justizverfahrens schnell und definitiv erledigt werden sollen. Es versteht sich von selbst, dass die Sache nur erledigt ist, wenn die ganze Busse rechtzeitig bezahlt wird. Die Auffassung des Beschwerdeführers, eine Teilzahlung bewirke bereits die Rechtskraft der Busse, trifft nicht zu. Erst die vollständige Bezahlung macht die Busse rechtskräftig und lässt das ordentliche Verfahren entfallen. Es mag zwar zutreffen, dass im Einzelfall der Verwaltungsaufwand geringer ausfallen könnte, wenn zunächst eine Mahnung des Gebüssten erfolgen würde. Das trifft aber nur zu, wenn alsdann die Zahlung tatsächlich sofort erfolgen würde.
 
Der Beschwerdeführer verweist auf die Erläuterungen des Bundesamtes für Strassen vom 17. Juni 2002 zum Ordnungsbussengesetz, in welchem zu Kosten, die im Ordnungsbussenverfahren nicht auferlegt werden können, auch solche im Zusammenhang mit der Kontrolle der Zahlungseingänge (Mahnwesen etc.) gezählt werden. Er leitet daraus ab, dass vor Einleitung des ordentlichen Verfahrens ein Mahnverfahren erforderlich ist. Eine solche Tragweite kommt indessen den Erläuterungen des Bundesamtes für Strassen nicht zu. Vielmehr wird damit nur klargestellt, was sich bereits aus Art. 7 OBG ergibt, dass allfällige Mahnungen nicht kostenpflichtig sind. Dass ein Mahnverfahren hier hätte durchgeführt werden müssen, ergibt sich aus Bundesrecht jedenfalls nicht.
 
3.
 
Die Nichtigkeitsbeschwerde ist damit als unbegründet abzuweisen. Entsprechend diesem Verfahrensausgang hat der Beschwerdeführer die bundesgerichtlichen Kosten zu tragen (Art. 278 Abs. 1 BStP).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen.
 
2.
 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.
 
3.
 
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, dem Stadtrichteramt Zürich und dem Obergericht des Kantons Zürich, III. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 11. Dezember 2005
 
Im Namen des Kassationshofes
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
 
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