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Informationen zum Dokument  BGer 5P.251/2005  Materielle Begründung
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BGer 5P.251/2005 vom 12.12.2005
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
5P.251/2005 /bnm
 
Urteil vom 12. Dezember 2005
 
II. Zivilabteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Raselli, Präsident,
 
Bundesrichterin Escher, Bundesrichter Meyer,
 
Gerichtsschreiber Gysel
 
Parteien
 
X.________,
 
Beschwerdeführer,
 
vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Christian Clopath,
 
gegen
 
Y.________,
 
Beschwerdegegnerin,
 
vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Reto A. Lardelli,
 
Bezirksgerichtsausschuss N.________,
 
Gegenstand
 
Art. 9 und 26 BV (Dienstbarkeit; vorsorgliche Massnahme),
 
Staatsrechtliche Beschwerde gegen das Beiurteil des Bezirksgerichtsausschusses N.________ vom 11. April 2005.
 
Sachverhalt:
 
A.
 
X.________ ist Eigentümer der in der Gemeinde A.________ gelegenen Parzelle 1, Y.________ Eigentümerin der Nachbarparzelle 2. Zu Lasten der Parzelle 2 ist unter anderem auch zu Gunsten der Parzelle 1 ein "Parkplatz- und Garagebenützungsrecht" im Grundbuch eingetragen, wobei diesem Grundstück der Parkplatz Nr. ... zugeordnet wurde.
 
B.
 
Mit Eingabe vom 9. Dezember 2004 reichte X.________ unter Hinweis auf das von ihm beim Vermittleramt des Kreises M.________ bezüglich der Parkplatzbenutzung gegen Y.________ eingeleitete Verfahren beim Bezirksgerichtspräsidium N.________ das Gesuch ein, es sei ihm im Sinne einer vorsorglichen Massnahme durch superprovisorische Verfügung zu gestatten, die Bodenfläche oberhalb des ihm gemäss Grundbuch zugewiesenen Parkplatzes Nr. ... auf Parzelle 2 (als Parkplatz) zu benutzen.
 
Am 17. Dezember 2004 wies das Bezirksgerichtspräsidium das Begehren um Erlass einer superprovisorischen Verfügung ab und räumte Y.________ die Gelegenheit ein, zum Massnahmengesuch von X.________ Stellung zu nehmen. Y.________ beantragte, auf das Gesuch nicht einzutreten, es allenfalls abzuweisen. Mit Verfügung vom 3. Februar 2005 wies das Bezirksgerichtspräsidium das Massnahmenbegehren ab.
 
Die von X.________ gegen diese Verfügung eingereichte Beschwerde wies der Bezirksgerichtsausschuss N.________ mit Beiurteil vom 11. April 2005 ab.
 
C.
 
X.________ führt staatsrechtliche Beschwerde und verlangt, das Beiurteil vom 11. April 2005 aufzuheben.
 
Y.________ (Beschwerdegegnerin) schliesst auf Abweisung der Beschwerde, und der Bezirksgerichtsausschuss N.________ hat unter Hinweis auf die Erwägungen im angefochtenen Entscheid auf eine Vernehmlassung verzichtet.
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
 
1.
 
Der Bezirksgerichtsausschuss hält fest, die Beschwerdegegnerin habe den Beschwerdeführer 1988 im Zusammenhang mit der Terrainaufschüttung auf ihrem Grundstück aufgefordert, eine ihm genehme Alternativstelle zum Parkplatz Nr. ... zu bezeichnen, doch habe der Beschwerdeführer laut Urteil des Kantonsgerichts Graubünden vom 26. Mai 2003 ausdrücklich auf seinem Parkplatz Nr. ... gemäss Grundbucheintrag bestanden. Dass es die Beschwerdegegnerin auch nur stillschweigend in der Vergangenheit (während längerer Zeit) erlaubt hätte, oberhalb des grundbuchlich festgelegten Parkplatzes Nr. ... (d.h. in dem vom Beschwerdeführer in seinem Massnahmenbegehren beanspruchten Bereich) zu parkieren, sei nicht aktenkundig und werde von der Beschwerdegegnerin bestritten. Es stehe dem Beschwerdeführer unter den dargelegten Umständen nur, aber immerhin, der Parkplatz Nr. ... zur ausschliesslichen Benützung zu. Auf Grund der vorläufigen Aktenlage bestehe für das Hauptbegehren des Beschwerdeführers, die Bodenfläche oberhalb des ihm grundbuchlich zugesicherten Platzes als Parkplatz zugewiesen zu bekommen, zu wenig Aussicht auf Erfolg, als dass das Massnahmengesuch gutgeheissen werden könnte. Die kantonale Beschwerdeinstanz räumt alsdann ein, dass mit der Terrainaufschüttung im Jahre 1988 die Benutzung des Parkplatzes Nr. ... zumindest schwieriger, wenn nicht gar unmöglich geworden sei. Indessen hält sie es unter Hinweis auf gewisse Aktenstücke für möglich, dass der fragliche Parkplatz seit der (durch den Rechtsvorgänger der Beschwerdegegnerin angeordneten) Errichtung der Dienstbarkeit noch gar nie habe benutzt werden können. Da die Beschwerdegegnerin nur eine Duldungs- bzw. Unterlassungspflicht treffe, könne daher nicht ausgeschlossen werden, dass der Dienstbarkeitsberechtigte, d.h. der Beschwerdeführer, die Kosten einer Nutzbarmachung des Parkplatzes zu tragen hätte.
 
2.
 
2.1 Am 25. April 2005 reichte der Beschwerdeführer beim Bezirksgerichtsausschuss eine den Parteien am 21. April 2005 mitgeteilte Verfügung des Kantonsgerichtspräsidiums Graubünden vom 14. Februar 2005 ein, der eine von ihm gegen ein Bauvorhaben der Beschwerdegegnerin erhobene privatrechtliche Einsprache zu Grunde lag. Der Bezirksgerichtsausschuss stellte fest, die Verfügung habe nicht mehr zu den Akten genommen werden können, bemerkte aber gleichzeitig, dass sich an seinem Entscheid nichts geändert hätte, wenn sie zu den Akten genommen worden wäre.
 
Der Beschwerdeführer wirft dem Bezirksgerichtsausschuss in diesem Zusammenhang eine formelle Rechtsverweigerung vor.
 
2.2 Als die vom Beschwerdeführer nachträglich eingereichte Verfügung des Kantonsgerichtspräsidiums bei ihm einging, hatte der Bezirksgerichtsausschuss das angefochtene Urteil - in einer geschlossenen Gerichtsverhandlung vom 11. April 2005 - bereits gefällt, wenn auch noch nicht ausgefertigt. Wenn er die erwähnte Verfügung nicht zu den Akten nahm, liegt darin unter diesen Umständen keine Missachtung des Anspruchs auf rechtliches Gehör. Eine Gehörsverweigerung setzt begrifflich voraus, dass die entscheidende Instanz von dem ausser Acht gelassenen Schriftstück schon im Zeitpunkt der Urteilsfällung Kenntnis hatte oder hätte haben müssen.
 
Der Beschwerdeführer verweist in diesem Zusammenhang auf Art. 52 Abs. 5 der Graubündner Zivilprozessordnung (ZPO), wonach eine vorsorgliche Massnahme aufgehoben oder abgeändert werden kann, wenn sich die Verhältnisse ändern oder die Massnahme sich nachträglich als ungerechtfertigt erweist. Diese Bestimmung sei hier auch für das Rechtsmittelverfahren zum Tragen gekommen, zumal dem Bezirksgerichtsausschuss eine umfassende Überprüfungsbefugnis zugestanden habe. Indessen legt der Beschwerdeführer nicht dar, inwiefern mit der Nichtberücksichtigung der kantonsgerichtlichen Verfügung vom 14. Februar 2005 gegen diese Bestimmung verstossen worden sein soll. Es fehlt in diesem Punkt mithin eine den Anforderungen von Art. 90 Abs. 1 lit. b OG genügende Begründung der Beschwerde.
 
3.
 
3.1 Im kantonalen Rechtsmittelverfahren hatte der Beschwerdeführer vorgebracht, sowohl das Kantons- als auch das Bundesgericht hätten darauf erkannt, dass der gemäss Grundbuch ihm zugewiesene Parkplatz Nr. ... erhöht angelegt worden sei, und er habe diesen erhöht angelegten Parkplatz seit der Terrainaufschüttung im Jahre 1988 benutzt. Dem hält der Bezirksgerichtsausschuss entgegen, Kantons- und Bundesgericht hätten in ihren Urteilen vom 26. Mai 2003 bzw. vom 23. Dezember 2003 zwar von einem erhöht angelegten Parkplatz gesprochen, doch dürfe darunter offensichtlich nicht verstanden werden, dass der Parkplatz Nr. ... verlegt worden wäre. In Übereinstimmung mit dem erstinstanzlichen Richter komme er, der Bezirksgerichtsausschuss, sodann zum Schluss, dass sowohl das Kantons- als auch das Bundesgericht davon ausgegangen sein dürften, der Parkplatz Nr. ... sei augenblicklich nutzbar, was gemäss Augenschein (des erstinstanzlichen Richters) vom 3. Februar 2005 und auch angesichts des eingeklagten Rechtsbegehrens aber offensichtlich nicht der Fall sei. Jedenfalls könne der Beschwerdeführer aus den Erörterungen von Kantons- und Bundesgericht nichts zu seinen Gunsten ableiten.
 
3.2 Der Beschwerdeführer rügt auch in diesem Punkt eine formelle Rechtsverweigerung, da die kantonale Beschwerdeinstanz kurzerhand auf bestrittene Feststellungen des erstinstanzlichen Richters bzw. auf dessen Augenschein abgestellt habe, ohne ein entsprechendes Beweisverfahren durchzuführen; der Willkür sei damit Tür und Tor geöffnet.
 
Eine formelle Rechtsverweigerung (Verletzung des Gehörsanspruchs) hätte allenfalls dann vorliegen können, wenn der Bezirksgerichtsausschuss sich mit den dargelegten Vorbringen des Beschwerdeführers gar nicht befasst hätte oder ein von diesem zu erheblichen Tatsachen gestelltes Beweisbegehren übergangen hätte. Ersteres ist nach dem Ausgeführten offensichtlich nicht der Fall, so dass die Beschwerde in dieser Hinsicht ins Leere stösst. Andererseits macht der Beschwerdeführer nicht geltend, einen Beweisantrag gestellt zu haben. Inwiefern die Feststellungen der kantonalen Beschwerdeinstanz willkürlich sein sollen, wird in keiner Weise dargelegt, so dass auch aus dieser Sicht auf die Beschwerde nicht einzutreten ist.
 
4.
 
Zur Begründung der Rüge der Verletzung von Art. 26 BV (Eigentumsgarantie) beruft sich der Beschwerdeführer auf die Ausführungen des Kantonsgerichtspräsidiums in der Verfügung vom 14. Februar 2005. Das Gleiche gilt für den von ihm erhobenen Vorwurf, der Entscheid des Bezirksgerichtsausschusses laufe auf einen Verstoss gegen Treu und Glauben hinaus, da dessen Erwägungen den Ausführungen des Kantonsgerichtspräsidiums widersprächen.
 
Wie oben (E. 2.2) festgehalten, wurde die genannte kantonsgerichtliche Verfügung erst nach Fällung des angefochtenen Entscheids eingereicht. Es handelt sich bei ihr somit um ein unzulässiges Novum, auf das nicht einzutreten ist. Die Rügen der Missachtung der Eigentumsgarantie bzw. des Verstosses gegen das Gebot von Treu und Glauben entbehren damit der erforderlichen Begründung.
 
5.
 
Als willkürlich bezeichnet der Beschwerdeführer schliesslich die Ausführungen des Bezirksgerichtsausschusses zu dem von ihm im Hauptverfahren gestellten Eventualbegehren (Wiederherstellung des ursprünglichen Terrains). Soweit das von ihm hierzu Vorgetragene überhaupt verständlich ist, unterlässt er es, sich in einer den Anforderungen von Art. 90 Abs. 1 lit. b OG genügenden Form mit den Erwägungen der kantonalen Beschwerdeinstanz auseinander zu setzen und darzutun, inwiefern diese vollkommen unhaltbar sein sollen.
 
6.
 
Auf die staatsrechtliche Beschwerde ist nach dem Gesagten nicht einzutreten. Die Gerichtsgebühr ist ausgangsgemäss dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 156 Abs. 1 OG). Dieser ist ausserdem zu verpflichten, die Beschwerdegegnerin für ihre Umtriebe im bundesgerichtlichen Verfahren zu entschädigen (Art. 159 Abs. 2 OG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Auf die staatsrechtliche Beschwerde wird nicht eingetreten.
 
2.
 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 3'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.
 
3.
 
Der Beschwerdeführer wird verpflichtet, die Beschwerdegegnerin für ihre Umtriebe im bundesgerichtlichen Verfahren mit Fr. 1'500.-- zu entschädigen.
 
4.
 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Bezirksgerichtsausschuss N.________ schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 12. Dezember 2005
 
Im Namen der II. Zivilabteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
 
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