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Informationen zum Dokument  BGer 6B_801/2007  Materielle Begründung
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BGer 6B_801/2007 vom 24.01.2008
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
6B_801/2007
 
Urteil vom 24. Januar 2008
 
Strafrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Schneider, Präsident,
 
Bundesrichter Favre, Mathys,
 
Gerichtsschreiber Willisegger.
 
Parteien
 
X.________,
 
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Urs Rudolf,
 
gegen
 
A.________,
 
Beschwerdegegner, vertreten durch Rechtsanwalt Alex Beeler,
 
Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern, Zentralstrasse 28, 6002 Luzern,
 
Beschwerdegegnerin.
 
Gegenstand
 
Fahrlässige Körperverletzung (Art. 125 Abs. 1 und 2 StGB),
 
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Luzern, II. Kammer, vom 23. Mai 2007.
 
Sachverhalt:
 
A.
 
Am 13. Dezember 2001 ereignete sich auf einer Baustelle in Littau ein Arbeitsunfall. Der Bauarbeiter A.________ war damit beauftragt, Aussparungen für die sanitären Anlagen in eine frei stehende Zwischenwand zu fräsen und herauszuspitzen. Die Mauer stürzte ein und begrub A.________ unter sich. Dabei zog er sich schwere Verletzungen zu. Für die Planung des Bauprojektes war X.________ verantwortlich, der sämtliche Baupläne zeichnete und die Funktion eines Bauleiters innehatte.
 
B.
 
Mit Urteil vom 23. Mai 2007 sprach das Obergericht des Kantons Luzern X.________ der fahrlässigen schweren Körperverletzung im Sinne von Art. 125 Abs. 1 und 2 StGB schuldig und bestrafte ihn mit einer Busse von Fr. 1'000.--.
 
C.
 
X.________ führt Beschwerde in Strafsachen mit dem Antrag, das erwähnte Urteil des Obergerichts des Kantons Luzern sei aufzuheben, und er sei vom Vorwurf der fahrlässigen Körperverletzung freizusprechen. Eventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
 
Vernehmlassungen wurden keine eingeholt.
 
Erwägungen:
 
1.
 
Gemäss Art. 42 Abs. 1 und Abs. 2 BGG ist die Beschwerde hinreichend zu begründen, andernfalls wird darauf nicht eingetreten (Art. 108 Abs. 1 lit. b BGG). Das Bundesgericht prüft grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen. Es ist nicht gehalten, wie eine erstinstanzliche Behörde alle sich stellenden rechtlichen Fragen zu prüfen, wenn diese vor Bundesgericht nicht mehr vorgetragen werden. Verletzungen von Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem Recht kann es nur insofern prüfen, als eine solche Rüge in der Beschwerde präzise vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG).
 
2.
 
Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung des Willkürverbotes, da die Vorinstanz den Sachverhalt willkürlich festgestellt und Beweise willkürlich gewürdigt habe.
 
Willkür im Sinne von Art. 9 BV liegt nach ständiger bundesgerichtlicher Rechtsprechung einzig vor, wenn der angefochtene Entscheid auf einer schlechterdings unhaltbaren oder widersprüchlichen Beweiswürdigung beruht bzw. im Ergebnis offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft (BGE 129 I 173 E. 3.1, mit Hinweisen). Dass das angefochtene Urteil mit der Darstellung des Beschwerdeführers nicht übereinstimmt oder eine andere Lösung oder Würdigung vertretbar erscheint oder gar vorzuziehen wäre, genügt praxisgemäss für die Begründung von Willkür nicht (BGE 131 IV 100 nicht publ. E. 4.1; 127 I 54 E. 2b mit Hinweisen).
 
Der Beschwerdeführer wiederholt einzig seine bereits im kantonalen Verfahren erhobenen Tatsachenbehauptungen und stellt der Beweiswürdigung der Vorinstanz seine eigene Sicht der Dinge gegenüber, ohne näher zu substantiieren, inwiefern der Entscheid (auch) im Ergebnis schlechterdings unhaltbar sein sollte. Seine Vorbringen erschöpfen sich mithin in einer unzulässigen appellatorischen Kritik am angefochtenen Urteil und genügen den Begründungsanforderungen nicht. Insoweit kann auf die Beschwerde nicht eingetreten werden.
 
3.
 
Der Beschwerdeführer wendet sich gegen seine Verurteilung wegen fahrlässiger schwerer Körperverletzung im Sinne von Art. 125 Abs. 1 und 2 StGB. Er bringt einzig vor, es fehle am adäquaten Kausalzusammenhang, weil er nicht damit habe rechnen müssen, dass der ausführende Bauarbeiter unbeaufsichtigt vom Bauführer und ohne Sicherheitsvorkehrungen an der Wand arbeite.
 
3.1 Fahrlässig begeht der Täter ein Verbrechen oder Vergehen, wenn die Tat darauf zurückzuführen ist, dass er die Folge seines Verhaltens aus pflichtwidriger Unvorsichtigkeit nicht bedacht oder darauf nicht Rücksicht genommen hat (Art. 18 Abs. 3 Satz 1 aStGB).
 
Das Bundesgericht hat die Voraussetzungen für einen Schuldspruch wegen fahrlässiger Begehung eines Delikts gegen Leib und Leben wiederholt dargelegt. Darauf kann hier verwiesen werden (vgl. nur BGE 130 IV 7 E. 3.2 und 3.3; 127 IV 34 E. 2a, je mit Hinweisen; ferner zur adäquaten Kausalität BGE 131 IV 145 E. 5.1 und 5.2).
 
3.2 Die Vorinstanz legt dem Beschwerdeführer als Architekt und Bauleiter in erster Linie eine fehlerhafte Planung zur Last. Sie stellt dazu fest, die geplanten Aussparungen für die Sanitäranlagen seien gemäss Gutachten zu tief und verstiessen gegen die Regeln der Baukunde, was zum Einsturz der Mauer führte. Der Beschwerdeführer hätte die Gefahrenlage spätestens erkönnen können und müssen, als er die Aussparungen auf der Mauer aufzeichnete. Der Umstand, dass der Bauführer die Gefahr offenbar ebenfalls nicht erkannt habe, entlaste ihn nicht. Denn das Fehlverhalten des Bauführers wiege nicht derart schwer, dass es als die wahrscheinlichste und unmittelbarste Ursache des Erfolgs erschiene und die Fehlplanung des Beschwerdeführers derart in den Hintergrund drängte, dass der adäquate Kausalzusammenhang entfiele. Diese Annahme ist nicht zu beanstanden, und eine Rechtsverletzung wird auch in der Beschwerde nicht dargetan.
 
3.3 Der Einwand, den ausführenden Bauarbeiter treffe ein krasses Selbstverschulden, das die Kausalreihe abbrechen lasse, geht klarerweise fehl. Fest steht, dass dieser unerfahren war und die ihm übertragene Arbeit offenbar zum ersten Mal ausführen musste. Zu Recht weist die Vorinstanz auch darauf hin, dass der Bauarbeiter nicht zu prüfen hat, ob die Pläne im Einklang mit den Regeln der Statik erstellt wurden, und dass das Strafrecht keine Schuldkompensation kennt. Auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Urteil kann verwiesen werden.
 
4.
 
Die Beschwerde erweist sich als unbegründet und ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Dem Verfahrensausgang entsprechend sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
 
2.
 
Die Gerichtskosten von Fr. 4'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
 
3.
 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Luzern, II. Kammer, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 24. Januar 2008
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
 
Schneider Willisegger
 
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