VerfassungsgeschichteVerfassungsvergleichVerfassungsrechtRechtsphilosophie
UebersichtWho-is-WhoBundesgerichtBundesverfassungsgerichtVolltextsuche...

Informationen zum Dokument  BGer 4D_76/2007  Materielle Begründung
Druckversion | Cache | Rtf-Version

Bearbeitung, zuletzt am 16.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch)  
 
BGer 4D_76/2007 vom 14.02.2008
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
4D_76/2007 /len
 
Urteil vom 14. Februar 2008
 
I. zivilrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Corboz, Präsident,
 
Bundesrichterinnen Rottenberg Liatowitsch, Kiss,
 
Gerichtsschreiber Gelzer.
 
Parteien
 
A.________,
 
Beschwerdeführer,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Damian Keel,
 
gegen
 
X.________ GmbH,
 
Beschwerdegegnerin,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Patrick L. Hofmanninger,
 
Kantonsgericht St. Gallen, Präsidentin der III. Zivilkammer.
 
Gegenstand
 
Arbeitsvertrag; Kündigung,
 
Verfassungsbeschwerde gegen den Entscheid
 
des Kantonsgerichts St. Gallen, Präsidentin der III. Zivilkammer, vom 8. November 2007.
 
Sachverhalt:
 
A.
 
A.________ (Beschwerdeführer) war Geschäftsführer der X.________ GmbH (Beschwerdegegnerin) mit Kollektivunterschrift zu zweien. Die Parteien gingen übereinstimmend davon aus, zwischen ihnen habe seit dem 1. Januar 2005 ein mündlich vereinbartes Arbeitsverhältnis bestanden. Umstritten ist jedoch, wann es beendet wurde. Der Beschwerdeführer behauptete, es sei am 2. Februar 2006 auf den 30. April 2006 gekündigt worden. Die Beschwerdegegnerin nahm dagegen den Standpunkt ein, es sei am 2. Februar 2006 einvernehmlich rückwirkend auf den 31. Januar 2006 aufgelöst worden.
 
B.
 
Am 28. November 2006 belangte der Beschwerdeführer die Beschwerdegegnerin beim Arbeitsgericht Rorschach namentlich auf Zahlung des Lohns für die Monate Februar, März und April 2006 im Totalbetrag von Fr. 9'300.-- zuzüglich 5 % Zins seit 15. März 2006.
 
Mit der Begründung, zwischen den Parteien habe kein Arbeitsverhältnis bestanden, trat das Arbeitsgericht Rorschach mit Entscheid vom 6. Februar 2007 mangels sachlicher Zuständigkeit auf die Klage nicht ein. Der Beschwerdeführer gelangte mit Berufung an das Kantonsgericht St. Gallen, welches das Vorliegen eines Arbeitsvertrages zwischen den Parteien bejahte und daher auf die Klage eintrat, diese jedoch am 8. November 2007 abwies, soweit darauf einzutreten war.
 
C.
 
Der Beschwerdeführer beantragte dem Bundesgericht mit subsidiärer Verfassungsbeschwerde, den Entscheid des Kantonsgerichts vom 8. November 2007 aufzuheben und die Beschwerdegegnerin zu verpflichten, ihm Fr. 9'300.-- nebst 5 % Zins seit dem 15. März 2006 zu bezahlen. Eventuell sei der angefochtene Entscheid aufzuheben und zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen, subeventuell sei der angefochtene Entscheid aufzuheben und zur Neubeurteilung an die erste Instanz zurückzuweisen. Zudem stellte der Beschwerdeführer ein Gesuch um Erteilung der aufschiebenden Wirkung, das mit Präsidialverfügung vom 16. Januar 2008 abgewiesen wurde.
 
Die Beschwerdegegnerin schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Die Vorinstanz verzichtet auf eine Vernehmlassung.
 
Erwägungen:
 
1.
 
1.1 Die subsidiäre Verfassungsbeschwerde steht gegen Entscheide letzter kantonaler Instanzen zur Verfügung, soweit keine Beschwerde nach den Artikeln 72 - 89 zulässig ist (Art. 113 BGG). Vorliegend ist die Beschwerde in Zivilsachen unzulässig, da der Streitwert mit Fr. 9'000.-- die Streitwertgrenze von Fr. 15'000.-- für arbeitsrechtliche Fälle (Art. 74 Abs. 1 lit. a BGG) nicht erreicht und der Beschwerdeführer zu Recht nicht geltend macht, es stelle sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung (Art. 74 Abs. 2 lit. a BGG).
 
1.2 In Angelegenheiten, in denen der Streitwert Fr. 30'000.-- nicht übersteigt oder das Bundesrecht ein einfaches, rasches Verfahren vorschreibt (vgl. Art. 343 Abs. 2 OR), ist die im St. Galler Zivilprozessrecht vorgesehene Nichtigkeitsbeschwerde ausgeschlossen (Art. 238 lit. a und c ZPO/SG; Leuenberger/Uffer-Tobler, Kommentar zur Zivilprozessordnung des Kantons St. Gallen, N. 3 zu Art. 238 lit. c ZPO/SG), weshalb es sich beim angefochtenen um einen letztinstanzlichen Entscheid handelt. Die in Art. 113 BGG statuierten Voraussetzungen sind somit erfüllt. Die subsidiäre Verfassungsbeschwerde ist an sich zulässig.
 
2.
 
2.1 Mit der Verfassungsbeschwerde kann nur die Verletzung von verfassungsmässigen Rechten gerügt werden (Art. 116 BGG). Der Beschwerdeführer muss angeben, welches verfassungsmässige Recht verletzt wurde, und substantiiert darlegen, worin die Verletzung besteht (BGE 133 III 439 E. 3.2 S. 444 mit Hinweis). Das Bundesgericht kann die Verletzung eines Grundrechtes nur insofern prüfen, als eine solche Rüge in der Beschwerde präzise vorgebracht und begründet worden ist (Art. 117 i.V.m. Art. 106 Abs. 2 BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 118 BGG). Es kann davon nur abweichen, wenn die Sachverhaltsfeststellung unter Verletzung eines verfassungsmässigen Rechts zustande kam (Art. 118 Abs. 2 und Art. 116 BGG), was der Beschwerdeführer präzise geltend zu machen hat (Art. 117 i.V.m. Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 133 III 439 E. 3.2 S. 445 mit Hinweis). Noven sind in einer Verfassungsbeschwerde nur zulässig, soweit erst der angefochtene Entscheid dazu Anlass gibt (Art. 99 und 117 BGG).
 
2.2 In der Beschwerde wird neu vorgebracht und belegt, dass der Beschwerdeführer in der Kündigungsfrist Kundenreklamationen nachgegangen ist. Er legt aber nicht dar, inwiefern erst der angefochtene Entscheid zu dieser Behauptung Anlass geboten haben soll. Das neue Vorbringen bleibt daher ausser Acht.
 
3.
 
3.1 Die Vorinstanz hat nicht abgeklärt, auf welchen Zeitpunkt das Arbeitsverhältnis beendet wurde. Sie hielt diese Frage für nicht relevant, weil der Beschwerdeführer nicht hinreichend substanziiert behauptet hatte, dass er seine Arbeitsleistung nach dem 31. Januar 2006 in zureichender Weise angeboten und damit die Voraussetzung der Lohnzahlungspflicht des Arbeitgebers nach Art. 324 Abs. 1 OR erfüllt habe. Den Ausführungen des Beschwerdeführers lasse sich nicht entnehmen, wann, wie und unter welchen Umständen er der Beschwerdegegnerin seine Arbeitsleistung angeboten haben soll. Aus diesem Grunde lehnte es die Vorinstanz ab, die beantragte Parteibefragung durchzuführen.
 
3.2 Der Beschwerdeführer macht geltend, die Parteibefragung stelle im Kanton St. Gallen ein zulässiges Beweismittel dar (Art. 120 ff. ZPO/SG). Indem es die Vorinstanz unterlassen habe, im Rahmen der beantragten Parteibefragung abzuklären, wann der Arbeitsvertrag gekündigt wurde und wann, wie und unter welchen Umständen der Beschwerdeführer seine Arbeitsleistung der Beschwerdegegnerin angeboten habe, habe die Vorinstanz ihre aus der Untersuchungsmaxime nach Art. 343 Abs. 4 OR fliessenden Pflichten grob und unentschuldbar verletzt. Die Vorinstanz habe damit das nach Art. 190 BV massgebende Bundesrecht nicht angewendet und willkürlich im Sinne von Art. 9 BV geurteilt. Zudem liege im Vorwurf der Vorinstanz, es fehlten Anhaltspunkte für eine sinnvolle Parteibefragung, ein überspitzter Formalismus, der zu einer Verletzung des rechtlichen Gehörs gemäss Art. 29 BV geführt habe.
 
3.3 Wie es sich damit verhält, kann offen bleiben, da sich der behauptete Sachverhalt, der nach Auffassung des Beschwerdeführers hätte geklärt werden sollen, gemäss der nachstehenden Erwägung als nicht entscheidrelevant erweist.
 
4.
 
4.1 Die Vorinstanz hielt fest, die Aufgaben des Beschwerdeführers hätten auch im Akquirieren neuer Aufträge bestanden. In diesem Bereich hätte er ohne entsprechende Arbeitszuweisung der Beschwerdegegnerin tätig werden können. Gemäss der Lehre habe der Arbeitnehmer zur Wahrung seines Lohnanspruchs von sich aus alles vorzunehmen, was er ohne Mitwirkung des Arbeitgebers verrichten könne. Diese Pflicht hätte der Beschwerdeführer auch dann nicht hinreichend erfüllt, wenn sich seine diesbezüglichen Angaben, wonach er im "Februar/März/April" Kontakt mit der Liegenschaftsverwaltung aufgenommen, aktive Akquisition betrieben und zwei Kontakte zu aktivieren versucht habe, als zutreffend erweisen sollten. Darüber hinaus fehlt es nach Auffassung der Vorinstanz auch in dieser Hinsicht an den erforderlichen Anhaltspunkten für eine sinnvolle Parteibefragung, welche deshalb auch diesbezüglich unterblieb.
 
4.2 Der Beschwerdeführer rügt, die Vorinstanz habe in Verletzung von Art. 9 BV verkannt, dass er während der Kündigungsfrist nicht bloss seine Arbeitsleistung angeboten, sondern mit der aktenkundigen Akquisitionstätigkeit auch tatsächlich Arbeit geleistet habe. Zudem stelle es angesichts der geltenden Untersuchungsmaxime wiederum einen überspitzten Formalismus dar, diesbezüglich die Beweiserhebung zu verweigern.
 
4.3 Mit dieser Argumentation lässt der Beschwerdeführer ausser Acht, dass die Vorinstanz annahm, er sei selbst mit den von ihm behaupteten Tätigkeiten seiner Verpflichtung, all jene Arbeiten zu leisten, welche keiner Vorleistung des Arbeitsgebers bedürften, nicht hinreichend nachgekommen. Diese Rechtsauffassung gibt der Beschwerdeführer vor Bundesgericht nicht für willkürlich aus, so dass das Bundesgericht den angefochtenen Entscheid diesbezüglich nicht überprüft (E. 2.1). Wenn aber die vom Beschwerdeführer behaupteten Leistungen zur anspruchsbegründenden Erfüllung der Arbeitspflicht des Arbeitnehmers nicht ausreichen, brauchte nicht abgeklärt zu werden, ob diese Leistungen tatsächlich erbracht wurden. Somit bezieht sich die unterlassene Beweisabnahme hinsichtlich der Akquisitionstätigkeit auf einen nicht entscheiderheblichen Umstand. Hat es der Beschwerdeführer aber unterlassen, ihm mögliche und zumutbare Arbeit zu leisten, kann er während der entsprechenden Periode keinen Lohnanspruch geltend machen. Daran vermögen auch die angeführten diversen mündlichen Arbeitsangebote nichts zu ändern, weshalb sich diesbezüglich weitere Abklärungen erübrigten. Schliesslich konnte auch offen bleiben, auf welchen Termin das Arbeitsverhältnis gekündigt wurde, weshalb die Vorinstanz auch diese Frage in tatsächlicher Hinsicht nicht abzuklären brauchte.
 
5.
 
Insgesamt erweist sich die subsidiäre Verfassungsbeschwerde als unbegründet und ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Bei diesem Verfahrensausgang wird der Beschwerdeführer kosten- und entschädigungspflichtig, wobei nach Art. 65 Abs. 4 lit. c BGG eine reduzierte Gerichtsgebühr von Fr. 500.-- festzusetzen ist.
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Die subsidiäre Verfassungsbeschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
 
2.
 
Die Gerichtskosten von Fr. 500.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
 
3.
 
Der Beschwerdeführer hat die Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'000.-- zu entschädigen.
 
4.
 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht St. Gallen, Präsidentin der III. Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 14. Februar 2008
 
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
 
Corboz Gelzer
 
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR).