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Informationen zum Dokument  BGer 9C_70/2008  Materielle Begründung
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BGer 9C_70/2008 vom 15.02.2008
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
9C_70/2008
 
Urteil vom 15. Februar 2008
 
II. sozialrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
 
Bundesrichter Lustenberger, Seiler,
 
Gerichtsschreiber Maillard.
 
Parteien
 
IV-Stelle Basel-Stadt, Lange Gasse 7, 4002 Basel,
 
Beschwerdeführerin,
 
gegen
 
J.________, Beschwerdegegnerin, vertreten durch Advokat Philippe Häner, Bahnhofstrasse 11, 4133 Pratteln,
 
Gegenstand
 
Invalidenversicherung,
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts Basel-Stadt vom 8. Oktober 2007.
 
Sachverhalt:
 
A.
 
Die 1974 geborene J.________ war bis Ende November 2004 in der Firma X.________ als Betriebsmitarbeiterin tätig. Am 29. November 2004 meldete sie sich unter Hinweis auf seit Oktober 2003 bestehende Bandscheiben- und Rückenbeschwerden sowie eine Depression bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Nach getätigten medizinischen und beruflichen Abklärungen sprach die IV-Stelle Basel-Stadt J.________ mit Verfügung vom 11. Januar 2007 ab 1. Oktober 2004 eine bis Ende 2005 befristete Viertelsrente zu. Über diesen Zeitpunkt hinaus lehnte sie einen Rentenanspruch ab.
 
B.
 
Das Sozialversicherungsgericht Basel-Stadt hiess die hiegegen erhobene Beschwerde mit Entscheid vom 8. Oktober 2007 gut und verpflichtete die IV-Stelle, J.________ ab 1. Oktober 2004 eine halbe Invalidenrente zu entrichten.
 
C.
 
Die IV-Stelle führt Beschwerde mit dem Antrag, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben. Zudem ersucht sie um Erteilung der aufschiebenden Wirkung.
 
Erwägungen:
 
1.
 
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann nach Art. 95 lit. a BGG die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG).
 
2.
 
Streitig und zu prüfen ist einerseits, ob der Beschwerdegegnerin ab 1. Oktober 2004 eine höhere als eine Viertelsrente der Invalidenversicherung zusteht und anderseits, ob darauf über Ende 2005 hinaus Anspruch besteht. Das kantonale Gericht hat die zur Beurteilung dieser Streitfrage einschlägigen Rechtsgrundlagen zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen (Art. 109 Abs. 3 BGG). Zu ergänzen ist, dass bei rückwirkender Zusprechung einer abgestuften oder befristeten Invali-denrente die für die Rentenrevision geltenden Bestimmungen analog anzuwenden sind (Art. 17 ATSG; BGE 131 V 164 E. 2.2 S. 165).
 
3.
 
3.1 Als erstes ist die Frage zu prüfen, in welchem Ausmass die Beschwerdeführerin noch arbeitsfähig ist.
 
3.1.1 Die Vorinstanz hat in einlässlicher Würdigung der medizinischen Akten, insbesondere des Gutachtens des Dr. med. A.________, Psychiatrie & Psychotherapie FMH, vom 19. Februar 2006, festgestellt, dass die Beschwerdegegnerin aufgrund ihrer Beschwerden die bisherige und alternative Tätigkeiten zu 50 % ausüben kann. Was die IV-Stelle dagegen vorbringt, vermag diese Entscheidung über eine Tatfrage (BGE 132 V 393 E. 3.2 S. 397) als weder offensichtlich unrichtig noch sonstwie bundesrechtswidrig erscheinen zu lassen:
 
3.1.2 Dass das genannte Gutachten die von der Rechtsprechung aufgestellten Anforderungen an eine beweistaugliche und beweiskräftige Expertise (BGE 125 V 351 E. 3a S. 352) erfüllt, wird auch von der Beschwerdeführerin nicht in Abrede gestellt. Sie bringt vielmehr vor, das kantonale Gericht sei ohne Anlass von der Einschätzung des Experten abgewichen, aus psychiatrischer Sicht sei die Versicherte zu 70 % arbeitsfähig. Es habe einen Erfahrungswert eingefügt, wonach bei einer mittelgradigen depressiven Episode die Arbeitsfähigkeit bei 50 % liege. Mit dieser Argumentation übersieht die Beschwerdeführerin, dass der begutachtende Psychiater nicht nur eine Stellungnahme zur Arbeitsfähigkeit aus rein psychiatrischer Sicht sondern auch eine gesamthafte abgegeben hat. Er hat sich dabei entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin nicht zur Einschränkung der Arbeitsfähigkeit aus somatischer Sicht geäussert, was ihm mangels weiterer einschlägiger Facharztausbildung (z.B. Rheumatologie, Orthopädische Chirurgie oder Radiologie) in der Tat nicht zustehen würde (vgl. Urteil vom 20. November 2007, I 142/07, E. 3.2.3 mit weiteren Hinweisen). Er hat vielmehr eine durchaus plausible, weil die Wechselwirkungen zwischen den somatischen (starke und behindernde Rückenbeschwerden) und psychischen Beschwerden gebührend berücksichtigende, Gesamtbeurteilung der Leistungsfähigkeit der Versicherten vorgenommen und dergestalt auf eine Einschränkung in der Arbeitsfähigkeit von 50 % geschlossen. Demgegenüber beruhen die vom psychiatrischen Gutachten abweichenden Stellungnahmen der Ärztin des RAD u. a. vom 15. März und 1. November 2006 auf keiner psychiatrisch-spezialärztlichen Grundlage und klammern die Wechselwirkungen aus. Die auf das Gutachten gestützte Feststellung der Vorinstanz, die Versicherte könne aufgrund ihrer Beschwerden die bisherige und alternative Tätigkeiten noch zu 50 % ausüben, ist jedenfalls nicht klar falsch und bleibt daher für das Bundesgericht verbindlich (E.1).
 
3.2 Das kantonale Gericht hat anhand eines in allen Teilen überzeugenden und der Rechtsprechung entsprechenden Einkommensvergleichs einen Invaliditätsgrad von 55 % ermittelt. Die IV-Stelle setzt sich mit diesen Erwägungen nicht auseinander, weshalb sich Weiterungen dazu erübrigen.
 
4.
 
Die Feststellung zur Arbeitsfähigkeit beruht im Wesentlichen auf dem Gutachten vom 19. Februar 2006. Dass sich der Gesundheitszustand der Versicherten seither in revisionsrechtlich relevanter Weise (E. 2) verändert haben soll, wird von der Beschwerdeführerin weder geltend gemacht noch geht solches aus den Akten hervor. Zu Recht hat daher die Vorinstanz die Befristung der Rente aufgehoben.
 
5.
 
Weder IV-Stelle noch Vorinstanz haben die Eingliederungsfrage (Art. 8, Art. 15 ff. IVG) geprüft, wozu im Falle der noch jungen Versicherten aller Anlass bestanden hätte. Streitig im vor- und letztinstanzlichen Verfahren war und ist nur der Rentenanspruch (Art. 28 IVG). Im Hinblick auf den Rechtsgrundsatz Eingliederung vor Rente und darauf, dass die Rentenberechtigung nur bei fehlender Eingliederungsfähigkeit besteht (BGE 121 V 193), kann die vorinstanzliche Zusprechung einer halben Invalidenrente unter diesem Gesichtswinkel, trotz Bindung an den Beschwerdeantrag (Art. 107 Abs. 1 BGG), von Amtes wegen überprüft werden. Indes ergibt sich daraus, soweit es um den für die Beurteilung in diesem Verfahren zeitlich massgebenden Sachverhalt geht, wie er sich bis zum Erlass der angefochtenen Verfügung am 11. Januar 2007 entwickelt hat (BGE 130 V 138 E. 2.1 S. 140), kein anderes Ergebnis; denn es ist nicht ersichtlich, inwiefern Massnahmen beruflicher Art die erwerbliche Verwertung der vorinstanzlich verbindlich festgestellten Arbeitsfähigkeit von 50 % für eine zumutbare Verweisungstätigkeit in für den Rentenanspruch erheblicher Weise hätten verändern können. Für die Zukunft ist es Sache der Verwaltung, die Eingliederungsfrage zu prüfen.
 
6.
 
Die offensichtlich unbegründete Beschwerde wird im vereinfachten Verfahren nach Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG erledigt.
 
7.
 
Mit dem Entscheid in der Hauptsache wird das Gesuch um Erteilung der aufschiebenden Wirkung gegenstandslos.
 
8.
 
Die Gerichtskosten werden der Beschwerdeführerin als unterliegender Partei auferlegt (Art. 66 Abs. 1 BGG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Die Beschwerde wird abgewiesen.
 
2.
 
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
 
3.
 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht Basel-Stadt, der Pensionskasse Y.________ und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
 
Luzern, 15. Februar 2008
 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
 
Meyer Maillard
 
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