VerfassungsgeschichteVerfassungsvergleichVerfassungsrechtRechtsphilosophie
UebersichtWho-is-WhoBundesgerichtBundesverfassungsgerichtVolltextsuche...

Informationen zum Dokument  BGer 2C_518/2007  Materielle Begründung
Druckversion | Cache | Rtf-Version

Bearbeitung, zuletzt am 16.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch)  
 
BGer 2C_518/2007 vom 11.03.2008
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
2C_518/2007
 
2C_519/2007
 
Urteil vom 11. März 2008
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Merkli, Präsident,
 
Bundesrichterin Yersin,
 
nebenamtlicher Bundesrichter Camenzind,
 
Gerichtsschreiber Moser.
 
Parteien
 
X.________ & Y.________, Freizeit-Clubs,
 
c/o Z.________ Treuhandgesellschaft,
 
Beschwerdeführer, vertreten durch Enrique Ginesta,
 
Dipl. Steuerexperte, Künzli Kaufmann & Partner,
 
gegen
 
Eidgenössische Steuerverwaltung, Hauptabteilung Mehrwertsteuer, Schwarztorstrasse 50, 3003 Bern.
 
Gegenstand
 
2C_518/2007
 
Mehrwertsteuer (1. Quartal 1998 bis 4. Quartal 2000),
 
2C_519/2007
 
Mehrwertsteuer (1. Quartal 2001 bis 1. Quartal 2003),
 
Beschwerden gegen die Urteile des Bundesverwaltungsgerichts, Abteilung I,
 
vom 19. Juli 2007.
 
Sachverhalt:
 
A.
 
X.________ und Y.________ betreiben in der Rechtsform einer einfachen Gesellschaft verschiedene Freizeit-Clubs (Erotikstudios). Die Eidgenössische Steuerverwaltung (im Folgenden: ESTV) trug sie antragsgemäss per 1. Juni 1997 in das Register für Mehrwertsteuerpflichtige ein. Mit Schreiben vom 30. Oktober 1998 teilte die ESTV X.________ und Y.________ mit, dass sich ihre Steuerpflicht auf die Gesamtheit ihrer Betriebe erstrecke, d.h. die Freizeit-Clubs "A.________" und "B.________" umfasse. Weitere Studios wurden nachträglich eröffnet.
 
Am 9. und 10. Juli 2003 führte die ESTV bei den Steuerpflichtigen eine Kontrolle durch. Gestützt auf deren Ergebnis erhob sie für die Perioden 1. Quartal 1998 bis 4. Quartal 2000 mit Ergänzungsabrechnung vom 11. Juli 2003 (EA Nr. 280'805) eine Steuernachforderung in der Höhe von Fr. 444'625.-- und für die Perioden 1. Quartal 2001 bis 1. Quartal 2003 mit Ergänzungsabrechnungen vom 11. Juli 2003 sowie vom 17. September 2003 (EA Nr. 280'806 bzw. 280'841) eine solche von Fr. 515'062.-- bzw. von Fr. 11'416.--, jeweils zuzüglich Verzugszins. Die Nachbelastung ergab sich im Wesentlichen daraus, dass der einfachen Gesellschaft auch die Umsätze der Damen, die in den verschiedenen Etablissements tätig waren, zugerechnet wurden, weil aufgrund von verschiedenen Indizien auf eine abhängige Tätigkeit derselben und nicht auf eine selbständige Erwerbstätigkeit geschlossen wurde. Mit Entscheiden vom 18. März 2004 bestätigte die ESTV die Ergänzungsabrechnungen vollumfänglich.
 
B.
 
Mit Entscheiden vom 2. September 2004 wies die ESTV die seitens der Steuerpflichtigen erhobenen Einsprachen ab.
 
Hinsichtlich der Steuerperioden 1. Quartal 1998 bis 4. Quartal 2000 hielt die ESTV fest, dass der betreffende Entscheid vom 18. März 2004 im Umfang von Fr. 8'115.-- zuzüglich Verzugszins anerkannt und damit in Rechtskraft erwachsen sei; die (verbleibende) Steuerschuld bezifferte sie auf Fr. 436'510.20 zuzüglich Verzugszins.
 
Für die Perioden 1. Quartal 2001 bis 1. Quartal 2003 wurde der betreffende Entscheid der ESTV vom 18. März 2004 im Umfang von Fr. 7'509.-- zuzüglich Verzugszins als durch Anerkennung in Rechtskraft erwachsen angesehen und die (verbleibende) Steuerschuld auf Fr. 510'319.35 zuzüglich Verzugszins veranschlagt. Sodann seien (gemäss Ergänzungsabrechnung Nr. 280'841) aufgrund von zu Unrecht geltend gemachten Vorsteuerabzügen Fr. 6'807.-- und aufgrund von Umsatzabstimmungen ausserdem noch Fr. 1'843.80, jeweils zuzüglich Verzugszins, geschuldet.
 
C.
 
Mit Urteilen von 19. Juli 2007 wies das Bundesverwaltungsgericht die von X.________ und Y.________ gegen die Einspracheentscheide der ESTV vom 2. September 2004 gerichteten Beschwerden ab.
 
D.
 
Mit Eingaben vom 17. September 2007 erheben X.________ und Y.________ gegen die beiden Urteile des Bundesverwaltungsgerichts beim Bundesgericht je Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten, mit welchen sie die Aufhebung der betreffenden Urteile beantragen. Im Verfahren betreffend die Perioden 1. Quartal 1998 bis 4. Quartal 2000 (2C_518/2007) wird im Weiteren darum ersucht, die Ergänzungsabrechnung Nr. 280'805 im Umfang von Fr. 436'510.20 aufzuheben, eventualiter den bestrittenen Teil derselben auf Fr. 308'404.35 zu reduzieren. Hinsichtlich der Perioden 1. Quartal 2001 bis 1. Quartal 2003 (Verfahren 2C_519/2007) wird beantragt, die Ergänzungsabrechnung Nr. 280'806 im Umfange von Fr. 507'553.70 und Nr. 280'841 im Umfange von Fr. 2'765.65 aufzuheben; eventualiter seien die bestrittenen Teile derselben auf Fr. 366'069.15 bzw. Fr. 1'983.90 zu reduzieren. Inhaltlich wird mit dem Hauptantrag im Wesentlichen bestritten, dass eine Einheit zwischen dem Betrieb der verschiedenen Erotikstudios und der Tätigkeit der Damen besteht, weil diese als in eigenem Namen auftretende Unternehmerinnen zu gelten hätten.
 
E.
 
Die Eidgenössische Steuerverwaltung schliesst auf Abweisung der Beschwerden. Das Bundesverwaltungsgericht gibt in beiden Verfahren den Verzicht auf eine Vernehmlassung bekannt.
 
Die betreffenden Eingaben der ESTV und des Bundesverwaltungsgerichts ans Bundesgericht wurden den Beschwerdeführern antragsgemäss zur Kenntnisnahme zugestellt.
 
Erwägungen:
 
1.
 
1.1 Die Beschwerden in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten richten sich gegen zwei parallel ergangene Urteile des Bundesverwaltungsgerichts, welche die gleichen Parteien und - abgesehen von den unterschiedlichen Steuerperioden und den zwischenzeitlich geänderten Rechtsgrundlagen (vgl. E. 1.4) - den gleichen Sachverhalt und dieselben Rechtsfragen betreffen. Es rechtfertigt sich deshalb, die sachlich eng zusammenhängenden Verfahren zu vereinigen und in einem gemeinsamen Urteil zu erledigen (Art. 71 BGG i.V.m. Art. 24 BZP).
 
1.2 Angefochten sind zwei Endentscheide des Bundesverwaltungsgerichts in einer Angelegenheit des öffentlichen Rechts, die unter keinen Ausschlussgrund gemäss Art. 83 BGG fällt und daher mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht weitergezogen werden kann (Art. 82 lit. a, Art. 86 Abs. 1 lit. a und Art. 90 BGG). Die Beschwerdeführer sind zur Beschwerde legitimiert (Art. 89 Abs. 1 BGG).
 
1.3 Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann u.a. die Verletzung von Bundesrecht geltend gemacht werden (Art. 95 lit. a BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalt zugrunde (Art. 105 Abs. 1 BGG), es sei denn, dieser sei offensichtlich unrichtig oder beruhe auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG (Art. 105 Abs. 2 bzw. Art. 97 Abs. 1 BGG). Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen nur soweit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG).
 
1.4 Während für die Perioden 1. Quartal 1998 bis 4. Quartal 2000 (Verfahren 2C_518/2007) noch die Bestimmungen der Verordnung vom 22. Juni 1994 über die Mehrwertsteuer (MWSTV; AS 1994 S. 1464) massgeblich sind, kommen für die Perioden 1. Quartal 2001 bis 1. Quartal 2003 (Verfahren 2C_519/2007) jene des Bundesgesetzes vom 2. September 1999 über die Mehrwertsteuer (Mehrwertsteuergesetz, MWSTG; SR 641.20) zur Anwendung (Art. 93 und 94 MWSTG).
 
2.
 
2.1 Die in Art. 5 MWSTG genannten Umsätze, d.h. die im Inland entgeltlich erbrachten Lieferungen von Gegenständen und die entgeltlich erbrachten Dienstleistungen, der entgeltliche Bezug von Dienstleistungen aus dem Ausland, sowie der Eigenverbrauch, unterliegen der Mehrwertsteuer (objektive Steuerpflicht), sofern sie von einem Steuerpflichtigen getätigt werden (subjektive Steuerpflicht) und nicht ausdrücklich von der Steuer ausgenommen (oder befreit) sind. Als Dienstleistung gilt dabei jede Leistung, die keine Lieferung eines Gegenstandes ist (Art. 7 MWSTG). Das Gesagte gilt in gleicher Weise nach den Bestimmungen der früheren Mehrwertsteuerverordnung (Art. 4 und 6 MWSTV).
 
2.2 Die Details der subjektiven Steuerpflicht ergeben sich aus Art. 21 MWSTG. Diese Bestimmung geht - wie zuvor bereits Art. 17 MWSTV - davon aus, dass steuerpflichtig ist, "wer eine mit der Erzielung von Einnahmen verbundene gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt, auch wenn die Gewinnabsicht fehlt, sofern seine Lieferungen, seine Dienstleistungen und sein Eigenverbrauch im Inland jährlich gesamthaft 75'000 Franken übersteigen". Die subjektive Steuerpflicht ist dann gegeben, wenn eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit vorliegt, welche selbständig ausgeübt wird, mit der Einnahmen erzielt werden und die auf eine gewisse Dauer ausgerichtet ist (vgl. dazu den Bericht der Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrates vom 28. August 1996 zur parlamentarischen Initiative Dettling betreffend das Bundesgesetz über die Mehrwertsteuer, in: BBl 1996 V 713, S. 757 f., zu Art. 20 des Entwurfs; Urteile des Bundesgerichts 2A.520/2003 vom 29. Juni 2004, E. 2.1 und 5 mit Hinweisen; 2A.47/2006 vom 6. Juli 2006, E. 3.2 und 2A.468/1999 vom 27. Oktober 2000, E. 4 sowie Jean-Marc Rivier/Annie Rochat Pauchard, Droit fiscal Suisse, La Taxe sur la Valeur Ajoutée, Freiburg 2000, S. 99 f.). Beim Begriff der Selbständigkeit handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der weiterer Konkretisierung bedarf. Als Indizien, welche für eine selbständige Tätigkeit sprechen, werden in der Praxis insbesondere genannt: Das Tragen des unternehmerischen Risikos (Gewinn und Verlust), das Handeln und Auftreten in eigenem Namen gegenüber Dritten, die Wahlfreiheit, eine Aufgabe anzunehmen oder nicht und diese selbständig organisieren zu können (vgl. Urteile 2P.47/2006 vom 6. Juli 2006, E. 3.2 und 2P.304/2003 vom 14. November 2003, E. 3.3, je mit Hinweisen). Daneben werden in der Lehre weitere Kriterien angeführt, wie die Beschäftigung von Personal, die Vornahme erheblicher Investitionen, eigene Geschäftsräumlichkeiten, verschiedene und wechselnde Auftraggeber sowie die betriebswirtschaftliche und arbeitsorganisatorische Unabhängigkeit (vgl. dazu Alois Camenzind/Niklaus Honauer/Klaus A. Vallender, Handbuch zum Mehrwertsteuergesetz, 2. Aufl., Bern 2003, S. 346 f. Rz. 1009-1013). Ob eine Tätigkeit als selbständig oder unselbständig anzusehen ist, bestimmt sich aufgrund einer umfassenden Würdigung sämtlicher einschlägiger Faktoren (vgl. Urteil 2A.47/2006 vom 6. Juli 2006, E. 3.2 in fine mit Hinweisen).
 
2.3 Steuerpflichtig sind gemäss Art. 21 Abs. 2 MWSTG bzw. Art. 17 Abs. 2 MWSTV auch Personengesamtheiten ohne Rechtsfähigkeit, die unter gemeinsamer Firma Umsätze tätigen. Ob dabei die einzelnen Personen dieser Gemeinschaft selbständig steuerpflichtig sind oder als unternehmerische Einheit gelten, bestimmt sich u.a. nach dem gemeinsamen Auftritt nach Aussen (vgl. Urteil 2A.520/2003 vom 29. Juni 2004, E. 4.1 mit Hinweisen; Jean-Marc Rivier/Annie Rochat Pauchard, a.a.O., S. 108). Der Grundsatz der Unternehmenseinheit ergibt sich aus dem in Art. 21 Abs. 1 MWSTG bzw. Art. 17 Abs. 1 MWSTV verankerten Begriff der Selbständigkeit. Er ist im Mehrwertsteuerrecht nicht anders zu verstehen als nach dem früheren Recht der Warenumsatzsteuer (vgl. zu letzterem Dieter Metzger, Handbuch der Warenumsatzsteuer, unveränderter Nachdruck 1992, Muri b. Bern, S. 107 f., Rz. 213 ff.).
 
3.
 
3.1 Im vorliegenden Falle ist davon auszugehen, dass die Beschwerdeführer im zu beurteilenden Zeitraum verschiedene Erotikstudios im Rahmen einer einfachen Gesellschaft betrieben. In diesen Studios werden den Damen, welche ihre Dienstleistungen gegenüber Dritten erbringen, neben Gemeinschaftsräumlichkeiten, Zimmer mit der erforderlichen Infrastruktur und die für die Ausübung dieser Tätigkeit erforderlichen Utensilien, Hilfsmittel und Getränke zur Verfügung gestellt. Die in diesen Studios tätigen Damen haben 40 % ihres Umsatzes den Beschwerdeführern abzuliefern. Umstritten ist dabei einzig, ob die von den Damen erzielten Umsätze mehrwertsteuerrechtlich diesen direkt zuzurechnen sind, weil sie - wie behauptet - als selbständige Steuersubjekte zu gelten haben.
 
3.2 Ein für die Beurteilung der Selbständigkeit wesentliches Indiz ist - wie oben (E. 2.2) dargelegt - das Handeln in eigenem Namen und unter Umständen auch der Auftritt nach Aussen unter einer gemeinsamen Firma, auch wenn dieser Punkt für sich allein nicht entscheidend ist. Vorliegend steht diesbezüglich fest, dass die einschlägige Werbung im Internet und in Zeitschriften durch die Beschwerdeführer unter dem Namen des konkreten Studios und nicht für oder im Namen der einzelnen Damen und deren Serviceleistungen erfolgte. Daneben weist die Vorinstanz zu Recht darauf hin, dass keine Hinweise bestehen, wonach die Damen in eigenem Namen oder sonst direkt nach Aussen in Erscheinung treten würden. Vielmehr muss sich der Kunde, wenn er die Dienstleistung beanspruchen will, an das entsprechende Studio halten und kann sich mit den Damen nicht direkt in Verbindung setzen.
 
Im Weiteren ist von Bedeutung, dass die Damen ihre Arbeit nicht in betrieblicher Selbständigkeit ausüben, sondern dass sie vielmehr in die Gesamtorganisation der einzelnen Etablissements eingegliedert sind. Sie können und dürfen ihre Tätigkeit nur innerhalb der von den Beschwerdeführern vorgegebenen betriebs- und arbeitsorganisatorischen Rahmenbedingungen ausüben. Indizien hierfür sind die einheitlichen Preise, wie sie z.B. im Internet angegeben werden, die Betriebs- und Öffnungszeiten der Studios und die Verfügbarkeit der einzelnen Räumlichkeiten.
 
Auch wenn daneben gewisse Anhaltspunkte bestehen, die für die Selbständigkeit sprechen, so sind diese nicht so bedeutend, dass damit die obgenannten, hier relevanten Indizien in den Hintergrund treten würden. Insgesamt steht fest, dass die in den Studios von den Damen angebotenen sexuellen Dienstleistungen aufgrund des äusseren Erscheinungsbildes und der internen Organisation als abhängige, unselbständige Tätigkeiten zu qualifizieren sind. Nach Massgabe des Grundsatzes der Unternehmenseinheit sind die Umsätze der Damen und der verschiedenen Studios der einfachen Gesellschaft zusammen als eine Einheit zu betrachten und demnach den Beschwerdeführern zuzurechnen. Die Beschwerden sind mithin in diesem Punkt abzuweisen.
 
3.3 Was die Beschwerdeführer dagegen vorbringen, ist nicht stichhaltig und führt zu keiner anderen Beurteilung.
 
3.3.1 Vorab werfen sie der Vorinstanz und der ESTV vor, dass über den Grundsatz der Unternehmenseinheit versucht werde, die Besteuerung in einem Gewerbe durchzusetzen, bei dem viele Leistungserbringer den Mindestumsatz von Fr. 75'000.-- pro Jahr nicht erreichten und überdies die Steuerehrlichkeit nicht sehr gut einzustufen sei. Wie dargelegt (oben E. 2.3), gilt der Grundsatz der Unternehmenseinheit auch bei der Mehrwertsteuer. Es sind keine rechtlichen Argumente ersichtlich, weshalb daran nicht festgehalten werden sollte. Der von den Beschwerdeführern angeführte BGE 110 Ib 229 ist nicht einschlägig und hier schon deshalb nicht anwendbar, weil es sich im vorliegenden Falle gerade nicht um räumlich und organisatorisch getrennte Teile eines Unternehmens handelt, sondern die Damen mit ihrer Tätigkeit direkt in die einzelnen Studios integriert sind. Weshalb der Grundsatz der Einheit des Unternehmens dem Willen des Gesetzgebers widersprechen sollte, wird im Einzelnen weder begründet, noch lässt sich dies anhand der Materialien erhärten. Vielmehr ist davon auszugehen, dass in Art. 21 Abs. 2 MWSTG (bzw. analog in Art. 17 Abs. 2 MWSTV) nur die Rechts- und Wirtschaftssubjekte aufgezählt werden, die für die Steuerpflicht vor allem in Frage kommen. Steuerpflichtig sind aufgrund dieser nicht abschliessenden Aufzählung selbst Personengesamtheiten ohne Rechtsfähigkeit (Bericht der Kommission für Wirtschaft und Abgaben, a.a.O., S. 758, zu Art. 20 Abs. 2 des Entwurfes). Unternehmerische Einheiten unterliegen in jedem Falle der Steuerbarkeit, wenn die allgemeinen Voraussetzungen für die Steuerpflicht gegeben sind. Was die Mindestumsatzgrenze, bzw. der geltend gemachte "Erhebungsnotstand" der Damen betrifft, so handelt es sich um eine nicht bewiesene Behauptung der Beschwerdeführer, insbesondere wenn ausgeführt wird, dass viele Leistungserbringerinnen den Mindestumsatz nicht erreichen würden. Solches ergibt sich weder aus den Akten noch aus anderen Unterlagen. Hinzu kommt, dass minimale Aufzeichnungen und auch das Führen eines Kassabuches selbst in diesem bargeldintensiven Gewerbe möglich wären, weshalb auch in der Praxis ein entsprechender Nachweis über die erzielten Einkünfte erbracht werden kann.
 
3.3.2 An der Gesamtbeurteilung ändert auch nichts, dass zwischen den Beschwerdeführern und den Damen keine schriftlichen oder mündlichen Einzelarbeitsverträge im Sinne von Art. 319 ff. OR bestehen, die Bezahlung der Kunden darüber hinaus direkt bei den Mitarbeiterinnen der Studios erfolgt und der Kunde jeweils die konkreten Leistungen bei einer von ihm ausgewählten Person beansprucht. Die Existenz eines Einzelarbeitsvertrages stellt zwar ein Indiz für die unselbständige Tätigkeit dar; wesentlich und hier ausschlaggebend ist daneben aber auch die betriebliche und arbeitsorganisatorische Abhängigkeit. Nicht von Bedeutung ist demgegenüber die direkte Bezahlung der Dienstleistung bei den Damen; ein solches System ist auch in anderen Branchen, namentlich solchen Berufssparten verbreitet, in denen die Leistungen ohne schriftliche Fakturierung erbracht werden und die Entschädigung in bar eingenommen wird. Auch aus der freien Wahl der Person, welche die Dienstleistung im Einzelfall erbringt, lässt sich noch nicht ohne weiteres auf eine selbständige Tätigkeit schliessen, ist dies doch z.B. auch bei einem Coiffeur mit mehreren unselbständig erwerbenden Mitarbeitern möglich und üblich.
 
3.3.3 Ähnliches gilt mit Blick auf das unternehmerische Risiko: Aufgrund der Aktenlage trifft es gerade nicht zu, dass die Mitarbeiterinnen die Kunden selber anwerben müssen. Vielmehr erfolgen Werbung und Auftritt nach Aussen durch die einzelnen Studios. Nicht erstellt ist auch, dass überhaupt ein eigenes Delkredererisiko besteht, bzw. dass dieses durch die Damen getragen werden muss, wird doch gerade mit der Gesamtorganisation sichergestellt, dass die Dienstleistungen nur gegen Bezahlung oder durch Vorauszahlung erbracht werden. Nicht nachgewiesen ist im Übrigen, dass die Damen eigene Direktwerbung in Tageszeitungen machen und Kunden ausserhalb der Studios direkt bedienen. Gleiches gilt mit Bezug auf das von den Beschwerdeführern in Zusammenhang mit dem Subordinationsverhältnis Ausgeführte und die geltend gemachten sozialversicherungsrechtlichen Aspekte bzw. das Handeln in eigenem oder fremdem Namen. Ob überhaupt und gegebenenfalls welche Damen - wie in der Beschwerdeschrift behauptet - neben ihrer Tätigkeit in den Studios noch in unabhängiger Stellung tätig sind, ist nicht erstellt.
 
3.3.4 Unhaltbar sind auch die im Hinblick auf eine behauptete Vermittlungstätigkeit gemachten Ausführungen. Als Vermittler gilt, wer Lieferungen oder Dienstleistungen im Namen und für Rechnung des Vertretenen tätigt, so dass das Umsatzgeschäft direkt zwischen dem Vertretenen und dem Dritten zustande kommt (Art. 11 Abs. 1 MWSTG bzw. Art. 10 Abs. 1 MWSTV). Für eine derartige direkte Stellvertretung wird ein ausdrückliches Handeln des Vertreters im Namen und auf Rechnung des Vertretenen vorausgesetzt. Die für eine Vermittlung erforderlichen Bedingungen (vgl. Urteil 2A.272/2002 vom 13. Januar 2003, E. 2.2/2.3; Wegleitung der ESTV zur Mehrwertsteuer 2001 bzw. 2008, jeweils Z 190 ff.; Camenzind/Honauer/Vallender, a.a.O., Rz. 281 ff.) sind im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Weder liegen die hierfür erforderlichen schriftlichen Aufträge vor, noch sind schriftliche Abrechnungen über die Provisionen vorhanden. Auch ist nicht aufgrund von Verträgen, Rechnungen oder Quittungen nachgewiesen, dass die Beschwerdeführer ausdrücklich im Namen und für Rechnung der vertretenen Damen handeln. Die Beschwerden erweisen sich auch insofern als unbegründet.
 
3.4 Die Beschwerdeführer rügen im Weiteren eine Verletzung des verfassungsrechtlichen Grundsatzes der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Gemäss Art. 127 Abs. 2 BV sind bei der Ausgestaltung der Steuern insbesondere die Grundsätze der Allgemeinheit und der Gleichmässigkeit der Besteuerung sowie der Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zu beachten, soweit es die Art der Steuern zulässt. Der letztgenannte Passus verdeutlicht, dass die erwähnten Grundsätze in erster Linie auf die direkten Steuern zugeschnitten sind (vgl. BGE 128 I 155 E. 2.1 S. 160; ferner: Klaus A. Vallender/René Wiederkehr, in: St. Galler Kommentar zur BV, Rz. 38-40 zu Art. 127, unter Hinweis auf die Materialien und Stimmen aus der Lehre). Ob und inwieweit das Leistungsfähigkeitsprinzip im Bereich der Mehrwertsteuer zum Tragen kommt, braucht nicht näher ausgeleuchtet zu werden, weil eine Verletzung dieses Verfassungsgrundsatzes ohnehin nicht vorliegt. Auch der als Bemessungsgrösse im Bereich der Mehrwertsteuer für die streitigen Steuernachforderungen herangezogene Umsatz stellt ein Kriterium dar, welches im Ergebnis die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit eines Steuerpflichtigen zum Ausdruck bringt (vgl. Danielle Yersin, L'égalité de traitement en droit fiscal, in: ZSR 111/1992 II S. 169 ff., N. 28 ff., N. 32 f.). Ob und inwieweit diese Steuern auf Dritte überwälzt werden kann, wobei vorliegend nur eine Überwälzung auf die Kunden, nicht jedoch auf die Damen selber in Frage kommt, ist gegebenenfalls vom Zivilrichter zu entscheiden (vgl. Art. 37 Abs. 6 MWSTG bzw. Art. 28 Abs. 6 MWSTV). Die Bezahlung rechtmässig erhobener Steuernachforderungen kann nicht unter Hinweis auf die Unmöglichkeit der Überwälzung verweigert werden (vgl. Daniel Riedo, Vom Wesen der Mehrwertsteuer als allgemeine Verbrauchsteuer und von den entsprechenden Wirkungen auf das schweizerische Recht, Diss. Zürich 1998, S. 21).
 
4.
 
Mit dem Eventualantrag ersuchen die Beschwerdeführer darum, die streitigen Ergänzungsabrechnungen betragsmässig zu reduzieren, da sie auf einer unrichtigen Schätzung der durchschnittlich pro Stunde erzielten Umsätze (Fr. 500.-- statt Fr. 400.--) beruhten.
 
Ob die Umsätze richtig geschätzt wurden bzw. die Ausgangswerte für die Umsatzschätzung der Kritik stand halten, gehört zur Sachverhaltsfeststellung (vgl. BGE 125 III 1 E. 5a S. 6; 121 III 152 E. 3c S. 155), welche von der Vorinstanz in für das Bundesgericht grundsätzlich verbindlicher Weise vorgenommen wird (oben E. 1.3).
 
Das Bundesverwaltungsgericht durfte aus den von ihm genannten Gründen (jeweils E. 3.5 der angefochtenen Urteile) willkürfrei von einem durchschnittlichen Umsatz der Damen von Fr. 500.-- pro Stunde und Zimmer ausgehen, zumal dieser Ansatz auf Angaben beruht, welche die Beschwerdeführer bzw. deren Treuhänder ursprünglich selber gemacht hatten. Wird den Damen seitens der Beschwerdeführer ein Betrag von Fr. 200.-- pro Stunde und Zimmer in Rechnung gestellt, so erscheint der geschätzte Umsatz, an welchem die Betreiber der Salons mithin zu 40 % beteiligt gewesen wären, als plausibel bzw. als nicht unhaltbar hoch. Die Beschwerden vermögen mithin auch im Eventualantrag nicht durchzudringen.
 
5.
 
Nach dem Gesagten sind die Beschwerden in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten als unbegründet abzuweisen.
 
Bei diesem Ausgang sind die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens den Beschwerdeführern unter solidarischer Haftung aufzuerlegen (Art. 66 BGG). Eine Parteientschädigung ist nicht geschuldet (Art. 68 BGG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Die Verfahren 2C_518/2007 und 2C_519/2007 werden vereinigt.
 
2.
 
Die Beschwerden in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten werden abgewiesen.
 
3.
 
Die Gerichtskosten von insgesamt Fr. 15'000.-- werden den Beschwerdeführern unter solidarischer Haftung auferlegt.
 
4.
 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Bundesverwaltungsgericht, Abteilung I, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 11. März 2008
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
 
Merkli Moser
 
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR).