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Informationen zum Dokument  BGer 6B_195/2008  Materielle Begründung
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BGer 6B_195/2008 vom 14.04.2008
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
6B_195/2008 /hum
 
Urteil vom 14. April 2008
 
Strafrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Schneider, Präsident,
 
Bundesrichter Favre, Mathys,
 
Gerichtsschreiber Monn.
 
Parteien
 
X.________,
 
Beschwerdeführer,
 
gegen
 
Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau,
 
Frey-Herosé-Strasse 12, Wielandhaus, 5001 Aarau,
 
Beschwerdegegnerin.
 
Gegenstand
 
Hausfriedensbruch,
 
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau, Strafgericht, 2. Kammer, vom 12. Februar 2008.
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
 
1.
 
X.________ betrat am 22. Februar 2007 das Haus der Eltern seiner geschiedenen Ehefrau, um seine sich dort aufhaltende Tochter zu sehen, und er verweilte in der Folge eine Zeit lang im Haus, obwohl aus dem Verhalten der Schwiegereltern klar hervorging, dass das Betreten des Hauses und das Verweilen darin gegen ihren Willen erfolgte.
 
Das Bezirksgericht Kulm sprach X.________ am 6. September 2007 des Hausfriedensbruchs schuldig und verurteilte ihn zu 15 Tagessätzen Geldstrafe zu je Fr. 70.--, bedingt aufgeschoben bei einer Probezeit von zwei Jahren. Eine dagegen gerichtete Berufung wurde durch das Obergericht des Kantons Aargau mit Urteil vom 12. Februar 2008 abgewiesen. Auf ein Ausstandsbegehren gegen den Bezirksgerichtspräsidenten trat das Obergericht nicht ein.
 
X.________ führt beim Bundesgericht Beschwerde in Strafsachen und beantragt, er sei von Schuld und Strafe freizusprechen. Es sei ihm die unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung zu gewähren.
 
2.
 
Das Ausstandsbegehren hatte der Beschwerdeführer vor der Vorinstanz damit begründet, dass der Bezirksgerichtspräsident direkt neben der Vertreterin der Staatsanwaltschaft gesessen habe. Die Vorinstanz stellte dazu fest, der Beschwerdeführer habe offensichtlich die Gerichtsschreiberin, die neben dem Präsidenten sitze, mit der Staatsanwältin, die an der Verhandlung nicht anwesend gewesen sei, verwechselt (angefochtener Entscheid S. 5 E. 2.3.). Dies wird vom Beschwerdeführer vor Bundesgericht anerkannt. Er macht geltend, die Befangenheit des Bezirksgerichtspräsidenten ergebe sich aus anderen Gründen. Damit ist er nicht zu hören. Neue Tatsachen können vor Bundesgericht nur so weit vorgebracht werden, als erst der angefochtene Entscheid dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG). Der Umstand, dass sich verschiedene Beteiligte am vorliegenden Fall angeblich kennen, war dem Beschwerdeführer schon vor dem Entscheid der Vorinstanz bekannt. Auf sein unzulässiges Novum ist daher nicht einzutreten.
 
3.
 
Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass er den Tatbestand des Hausfriedensbruchs erfüllt hat. Er macht geltend, es sei seine Vaterpflicht gewesen, seine Töchter zu unterstützen. Dazu ist zunächst anzumerken, dass sich im Haus der Schwiegereltern nur eine Tochter aufhielt. Inwieweit der Beschwerdeführer diese Tochter ausgerechnet am 22. Februar 2007 im Haus der Schwiegereltern hätte "unterstützen" müssen, ist auch nicht ersichtlich, wenn die Tochter "bleich und dünn" war. Zur Angabe des Beschwerdeführers, dass sich die Tochter über sein Erscheinen gefreut habe, trifft der angefochtene Entscheid keine Feststellungen. Aber auch wenn dem so gewesen ist, kann keine Rede davon sein, dass die Freude der Tochter das unbefugte Eindringen des Beschwerdeführers in das Haus seiner Schwiegereltern gerechtfertigt hätte. Die Vorinstanz hat das Motiv des Beschwerdeführers, seine Tochter sehen zu wollen, zu Recht nicht als Rechtfertigungsgrund, sondern im Rahmen der Strafzumessung mindernd berücksichtigt (angefochtener Entscheid S. 8 E. 4.1.). In diesem Punkt ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist.
 
4.
 
Die Vorinstanz hat bei der Strafzumessung festgestellt, straferhöhend falle die Rücksichtslosigkeit des Beschwerdeführers in Betracht, der sich gegen den klaren und unmissverständlich geäusserten Willen der Schwiegereltern hinweggesetzt habe (angefochtener Entscheid S. 7/8 E. 4.1.). Der Beschwerdeführer macht geltend, diese Qualifikation passe nicht zu ihm, da er ein feinfühliger und liebevoller Mensch sei. Die Rüge ist unbegründet, da sich der Beschwerdeführer jedenfalls den Schwiegereltern gegenüber nicht feinfühlig und liebevoll verhalten hat. Folglich ist die Strafzumessung unter diesem Gesichtswinkel bundesrechtlich nicht zu beanstanden und die Beschwerde insoweit abzuweisen.
 
5.
 
Die Beschwerde ist im Verfahren nach Art. 109 BGG abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist.
 
Die Gerichtskosten sind dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung ist in Anwendung von Art. 64 BGG abzuweisen, weil die Rechtsbegehren aussichtslos erschienen.
 
Eine Reduktion der Gerichtskosten wegen Bedürftigkeit des Beschwerdeführers kommt nicht in Betracht. Er behauptet, seit der Scheidung am Existenzminimum zu leben. Bei der Beschwerdebeilage 6 handelt es sich indessen nicht um einen Beleg für diese Behauptung, sondern um ein Schreiben des Beschwerdeführers an das Bezirksgericht Kulm, in dem dieselbe Behauptung vorgebracht wird. Die Vorinstanz stellte bei der Bemessung des Tagessatzes nicht fest, dass der Beschwerdeführer bedürftig wäre (angefochtener Entscheid S. 8 E. 4.2.). Unter diesen Umständen ist die übliche Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- festzusetzen.
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
 
2.
 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird abgewiesen.
 
3.
 
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
 
4.
 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau, Strafgericht, 2. Kammer, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 14. April 2008
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
 
Schneider Monn
 
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