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Informationen zum Dokument  BGer 2C_325/2008  Materielle Begründung
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BGer 2C_325/2008 vom 14.05.2008
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
2C_325/2008/ble
 
Urteil vom 14. Mai 2008
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Merkli, Präsident,
 
Bundesrichter Müller, Karlen,
 
Gerichtsschreiber Feller.
 
Parteien
 
X.________,
 
Beschwerdeführer,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Marino Di Rocco,
 
gegen
 
Regierungsrat des Kantons Zürich.
 
Gegenstand
 
Ausweisung,
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, 4. Abteilung, 4. Kammer, vom 19. März 2008.
 
Erwägungen:
 
1.
 
X.________, geboren 1971, ist Staatsangehöriger von Burkina Faso. 1995 ersuchte er in der Schweiz um Asyl; der negative, mit einer Wegweisung verbundene Asylentscheid erwuchs im Oktober 1996 in Rechtskraft. Am 14. Dezember 1996 heiratete X.________ eine Schweizer Bürgerin. Er erhielt gestützt auf Art. 7 ANAG die Aufenthaltsbewilligung, Ende 2001 die Niederlassungsbewilligung. Das Ehepaar hat zwei Kinder, geboren 1998 und 2001. Seit März 2002 lebt es getrennt, die Kinder sind bei einer Pflegefamilie. Seit Oktober 2003 geht X.________ keiner regelmässigen Erwerbstätigkeit mehr nach.
 
Nachdem X.________ mit Strafbefehl vom 26. August 2003 wegen Verstosses gegen das Betäubungsmittelgesetz zu einer bedingten Gefängnisstrafe von 21 Tagen verurteilt worden war, verwarnte ihn das Migrationsamt des Kantons Zürich. Am 17. April 2004 wurde er verhaftet. In zweiter Instanz verurteilte ihn das Obergericht des Kantons Zürich am 15. Dezember 2006 wegen schwerer, im Zeitraum März-April 2004 (während der Probezeit gemäss Strafbefehl vom 26. August 2003) begangener Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz zu einer Zuchthausstrafe von fünfeinhalb Jahren; dieses Straferkenntnis wurde nicht angefochten.
 
Mit Beschluss vom 3. Oktober 2007 wies der Regierungsrat des Kantons Zürich X.________ für die Dauer von zehn Jahren aus der Schweiz aus. Die gegen diesen Beschluss erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich am 19. März 2008 ab.
 
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 29. April 2008 beantragt X.________ dem Bundesgericht, der Beschluss des Regierungsrats vom 3. Oktober 2007 sei aufzuheben. Da in der Beschwerdeschrift auch der Entscheid des Verwaltungsgerichts ausdrücklich als "angefochtener" Entscheid bezeichnet wird, gilt erkennbar auch dieser, welcher allein unmittelbarer Gegenstand der Beschwerde bilden kann (Art. 86 Abs.1 lit. d BGG), als angefochten.
 
Die kantonalen Akten sind eingeholt, ein Schriftenwechsel ist nicht angeordnet worden. Das Gesuch um aufschiebende Wirkung wird mit dem vorliegenden Urteil gegenstandslos.
 
2.
 
2.1 Am 1. Januar 2008 ist das Bundesgesetz vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer (AuG; SR 142.20 bzw. AS 2007 5437) in Kraft getreten. Massgebend für die Überprüfung der vorliegend streitigen Ausweisung ist aber in analoger Anwendung von Art. 126 Abs. 1 AuG das bisherige Recht, nämlich das Bundesgesetz vom 26. Mai 1931 über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer (ANAG), wie schon das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt hat (E. 2.1 des angefochtenen Entscheids).
 
2.2 Gemäss Art. 10 Abs. 1 lit. a ANAG kann der Ausländer aus der Schweiz ausgewiesen werden, wenn er wegen eines Verbrechens oder Vergehens gerichtlich bestraft wurde. Gegen den Beschwerdeführer sind zwei Straferkenntnisse ergangen; insbesondere ist er wegen qualifizierter Betäubungsmitteldelikte zu einer Zuchthausstrafe von fünfeinhalb Jahren verurteilt worden, womit gegen ihn ein Ausweisungsgrund vorliegt.
 
Die Ausweisung soll nach Art. 11 Abs. 3 ANAG nur verfügt werden, wenn sie nach den gesamten Umständen angemessen erscheint. Für die Beurteilung der Angemessenheit, d.h. der Verhältnismässigkeit (vgl. BGE 125 II 521 E. 2a S. 523) der Ausweisung erklärt Art. 16 Abs. 3 ANAV namentlich als wichtig die Schwere des Verschuldens des Ausländers, die Dauer seiner Anwesenheit in der Schweiz sowie die ihm und seiner Familie drohenden Nachteile. Da bei der vorzunehmenden Interessenabwägung die persönlichen und familiären Verhältnisse zu berücksichtigen sind, hält eine im Sinne von Art. 11 Abs. 3 ANAG verhältnismässige Ausweisung grundsätzlich auch vor Art. 8 EMRK (Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens) stand.
 
2.3 Ausgangspunkt der Interessenabwägung gemäss Art. 11 Abs. 3 ANAG ist das Verschulden des Ausländers. Dieses findet vorab im vom Strafrichter verhängten Strafmass seinen Ausdruck (BGE 129 II 215 E. 3.1 S. 216). Grundsätzlich besteht vorliegend kein Anlass, von der von diesem vorgenommenen Beurteilung abzuweichen, insbesondere nicht gestützt auf die schwer nachvollziehbaren Äusserungen in der Beschwerdeschrift über die Gründe, die zum Verzicht auf eine Anfechtung des Strafurteils geführt haben sollen (s. auch nachfolgend E. 2.4). Da der heute 37jährige Beschwerdeführer erst im Alter von 24 Jahren in die Schweiz gekommen ist, nachdem er zuvor in seinem Heimatland die Grundschule und später in Nigeria eine höhere Ausbildung absolviert hatte und anschliessend wieder in sein Heimatland zurückgekehrt war, um dort zu arbeiten, gelten für die Rechtfertigung der Ausweisung nicht die erhöhten Anforderungen an die Art und Schwere der Straftaten wie bei Ausländern, die als Kleinkinder in die Schweiz übersiedelt oder gar hier geboren sind (vgl. BGE 122 II 433 E. 2c S. 436 f.). Ohnehin ist aber vorliegend ein schweres Betäubungsmitteldelikt im Spiel; bei solchen Verbrechen darf eine Ausweisung selbst bei sehr langer Landesanwesenheit ernsthaft in Betracht gezogen werden (ebenda).
 
2.4 Im Lichte dieser Grundsätze haben die kantonalen Behörden das Verschulden des Beschwerdeführers zu Recht als hoch eingestuft; dafür kann auf die Beschreibung der zur Zuchthausstrafe führenden Tathergänge in E. 4a des regierungsrätlichen Ausweisungsbeschlusses bzw. in E. 3.1 des verwaltungsgerichtlichen Entscheids verwiesen werden. Wenn der Beschwerdeführer nach wie vor, trotz Rechtskraft des Strafurteils, von "angeblichem" Handel mit Betäubungsmitteln spricht, muss in Berücksichtigung aller Umstände auf Uneinsichtigkeit geschlossen werden, wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausführt (E. 3.1 zweiter Absatz seines Entscheids), was bei der Beurteilung des beschwerdeführerischen Verhaltens im ausländerrechtlichen Verfahren zusätzlich zu seinen Ungunsten spricht.
 
Das öffentliche Interesse an einer Fernhaltung des Beschwerdeführers von der Schweiz ist nach dem Gesagten gross; die Ausweisung erwiese sich damit nur dann als unverhältnismässig, wenn ganz besondere Gründe für seinen weiteren Verbleib im Land sprechen würden. Solche liegen nicht vor:
 
Der Beschwerdeführer reiste vor rund 13 Jahren als Erwachsener in die Schweiz ein und konnte vorerst nur aufgrund eines - unbegründeten - Asylgesuchs hier verweilen. Mit einer ordentlichen Bewilligung hält er sich gut elf Jahre in der Schweiz auf, wovon er aber mehrere Jahre im Gefängnis verbrachte. Das Verwaltungsgericht hat ihm weder beruflich noch gesellschaftlich eine ausgeprägte Integration attestiert, wogegen der Beschwerdeführer nichts Massgebliches einzuwenden vermag. Sodann bestätigt er in der Beschwerde ausdrücklich, dass er gute Beziehungen zu seinen Familienangehörigen in Burkina Faso hat. Die mit seiner Rückreise verbundenen allfälligen (wirtschaftlichen) Nachteile muss er ohne weiteres in Kauf nehmen. Angesichts der Schwere seines Verschuldens vermöchten sodann selbst ausgesprochen intensiv gelebte Beziehungen zu nahen Familienangehörigen, denen die Ausreise nicht zumutbar ist, das öffentliche Interesse an der Ausweisung kaum aufzuwiegen. Solche bestehen im Falle des Beschwerdeführers aber ohnehin nicht. Er lebte wegen gespannter Beziehungen zur Ehefrau schon seit mehreren Jahren vor seiner Inhaftierung von dieser getrennt, und die gemeinsamen Kinder sind fremdplatziert.
 
2.5 Das Verwaltungsgericht hat weder Art. 10 Abs. 1 lit. a in Verbindung mit Art. 11 Abs. 3 ANAG noch Art. 8 EMRK oder sonstwie schweizerisches Recht (vgl. Art. 95 BGG) verletzt, wenn es die vom Regierungsrat beschlossene Ausweisung als verhältnismässig erachtete und bestätigte. Die Beschwerde erweist sich als offensichtlich unbegründet (Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG) und ist im vereinfachten Verfahren abzuweisen.
 
2.6 Dem Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung kann wegen Aussichtslosigkeit der Beschwerde nicht entsprochen werden.
 
Damit sind die Gerichtskosten (Art. 65 BGG) dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Die Beschwerde wird abgewiesen.
 
2.
 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird abgewiesen.
 
3.
 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
 
4.
 
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Regierungsrat und dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich sowie dem Bundesamt für Migration schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 14. Mai 2008
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
 
Merkli Feller
 
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