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Informationen zum Dokument  BGer 1C_373/2007  Materielle Begründung
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BGer 1C_373/2007 vom 06.08.2008
 
Tribunale federale
 
{T 1/2}
 
1C_373/2007 /fun
 
Urteil vom 6. August 2008
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Féraud, Präsident,
 
Bundesrichter Reeb, Fonjallaz,
 
Gerichtsschreiber Steinmann.
 
Parteien
 
1. Werner Wyss,
 
2. Enrico Battaglia,
 
3. Corina Brunner,
 
4. David Hosang,
 
5. Domenica Wyss,
 
6. Hans Wyss,
 
7. Meinrad Wyss,
 
8. Silvia Wyss,
 
9. Adriana Zala,
 
Beschwerdeführer, alle vertreten durch Rechtsanwälte Dr. Gieri Caviezel und Dr. Eva Druey Just,
 
gegen
 
Rolf Gosswiler, Beschwerdegegner,
 
Gemeinde Mutten, 7431 Mutten, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Otmar Bänziger.
 
Gegenstand
 
Wahl in den Gemeindevorstand,
 
Beschwerde gegen das Urteil vom 4. September 2007 des Verwaltungsgerichts des Kantons Graubünden,
 
1. Kammer.
 
Sachverhalt:
 
A.
 
Anlässlich der Gemeindeversammlung der Gemeinde Mutten vom 7. Oktober 2005 war der Gemeindevorstand neu zu wählen. Zur Wiederwahl stellte sich u.a. Rolf Gosswiler, der seit 18 Jahren dem Gemeindevorstand angehört. Im Laufe der Diskussion gab Werner Wyss zu bedenken, dass Rolf Gosswiler seinen Lebensmittelpunkt nicht mehr in der Gemeinde Mutten habe, er daher nicht als in Mutten wohnhaft betrachtet und demnach nicht in den Gemeindevorstand gewählt werden könne. Beim Wahlgang erhielt Rolf Gosswiler 30 Stimmen, der Gegenkandidat Enrico Battaglia 15 Stimmen. Damit war Rolf Gosswiler in den Gemeindevorstand gewählt.
 
B.
 
Werner Wyss und weitere Stimmberechtigte fochten die Wahl von Rolf Gosswiler beim Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden mit der Rüge an, Rolf Gosswiler hätte mangels Wohnsitz in Mutten nicht in den Gemeindevorstand gewählt werden dürfen. Das Verwaltungsgericht wies die Beschwerde am 9. Mai 2006 ab (Verfahren V 05 07).
 
Die dagegen von Werner Wyss und weitern Stimmberechtigten beim Bundesgericht erhobene staatsrechtliche Beschwerde wurde am 12. Dezember 2006 unter Aufhebung des verwaltungsgerichtlichen Urteils gutgeheissen (Verfahren 1P.511/2006). Das Bundesgericht bejahte eine Verletzung von Art. 29 Abs. 2 BV, weil das Verwaltungsgericht erheblichen Beweisanträgen keine Folge gegeben und den Sachverhalt unvollständig abgeklärt hatte und auf die Vorbringen der damaligen Beschwerdeführer unzureichend eingegangen war.
 
Mit Entscheid vom 4. September 2007 wies das Verwaltungsgericht die Beschwerde erneut ab (Verfahren V 05 7A) . Nach Erhebung von Beweisen und Durchführung eines Augenscheins in Mutten kam das Verwaltungsgericht zum Schluss, dass Rolf Gosswiler zu Sils i.D. keine näheren Beziehungen unterhalte, seine Beziehungen zu Mutten stets aufrechterhalten habe und daher den für die Wahl in den Gemeindevorstand erforderlichen Wohnsitz in Mutten habe.
 
C.
 
Gegen diesen Entscheid des Verwaltungsgerichts gelangten Werner Wyss und die weitern im Rubrum genannten Personen erneut ans Bundesgericht und beantragen mit ihrer Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten, den angefochtenen Entscheid aufzuheben und die Wahl von Rolf Gosswiler für ungültig zu erklären; eventualiter sei die Sache an das Verwaltungsgericht zurückzuweisen. Sie machen im Wesentlichen geltend, das Verwaltungsgericht habe die erhobenen Sachverhaltselemente im Hinblick auf die nach Art. 23 ZGB zu beurteilende Frage des Wohnsitzes fehlerhaft gewürdigt und damit den Wohnsitz von Rolf Gosswiler in der Gemeinde Mutten zu Unrecht bejaht. Weiter rügen sie eine willkürliche Feststellung des Sachverhalts und beanstanden schliesslich, dass sie für das erste verwaltungsgerichtliche Verfahren nicht entschädigt worden sind.
 
Die Gemeinde Mutten beantragt mit ihrer Vernehmlassung die Abweisung der Beschwerde, soweit darauf eingetreten werden könne. Das Verwaltungsgericht beantragt unter Verzicht auf eine Vernehmlassung die Abweisung der Beschwerde. Rolf Gosswiler hat sich nicht vernehmen lassen.
 
D.
 
Mit Schreiben vom 6. Mai 2008 wies die Gemeinde Mutten unter Beilage des entsprechenden Protokolls darauf hin, dass Rolf Gosswiler anlässlich der Gemeindeversammlung vom 2. November 2007 wiederum als Mitglied des Gemeindevorstandes gewählt worden sei, ohne dass dagegen Widerstand oder gar eine neue Beschwerde erhoben worden wäre. Die Beschwerdeführer nahmen dazu am 26. Juni 2008 Stellung.
 
Erwägungen:
 
1.
 
1.1 Die Beschwerde richtet sich in der Sache gegen die Wahl von Rolf Gosswiler in den Gemeindevorstand vom 7. Oktober 2005. Es handelt sich damit um eine Stimmrechtsbeschwerde im Sinne von Art. 82 lit. c BGG. Als in Mutten stimmberechtigte Bürger sind die Beschwerdeführer nach Art. 89 Abs. 3 BGG grundsätzlich zur Beschwerde legitimiert. Der kantonale Instanzenzug gemäss Art. 88 Abs. 1 lit. a und Abs. 2 BGG ist ausgeschöpft.
 
Unter dem Gesichtswinkel der Sachurteilsvoraussetzungen stellt sich indes die Frage, ob die Beschwerdesache in Anbetracht der Wiederwahl von Rolf Gosswiler in den Gemeindevorstand vom 2. November 2007 gegenstandslos geworden ist und die Beschwerdeführer noch ein aktuelles praktisches Interesse an der Anfechtung des Verwaltungsgerichtsurteils und an der Aufhebung der Wahl vom 7. Oktober 2005 haben.
 
1.2 Die Beschwerde wegen Verletzung politischer Rechte gemäss Art. 82 lit. c BGG unterliegt in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung zur Stimmrechtsbeschwerde nach Art. 85 lit. a OG (vgl. BGE 116 Ia 359 E. 2a S. 363) auch im Rahmen von Art. 89 Abs. 3 BGG dem Erfordernis des aktuellen praktischen Interesses. Fällt ein solches während der Hängigkeit des bundesgerichtlichen Verfahrens dahin, so wird die Beschwerde als gegenstandslos geworden abgeschrieben. Das Bundesgericht sieht indes vom Erfordernis des aktuellen Interesses ab, wenn sich die mit der Beschwerde aufgeworfene Frage jederzeit und unter gleichen oder ähnlichen Umständen wieder stellen könnte, an ihrer Beantwortung wegen ihrer grundsätzlichen Bedeutung ein hinreichendes öffentliches Interesse besteht und eine rechtzeitige bundesgerichtliche Prüfung im Einzelfall kaum je möglich wäre (BGE 131 II 670 E. 1.2 S. 674, 127 I 164 E. 1a S. 166, Beschluss 1P.435/2006 vom 14. Dezember 2006).
 
1.3 Rolf Gosswiler wurde anlässlich der Gesamterneuerungswahl des Gemeindevorstandes an der Gemeindeversammlung vom 7. Oktober 2005 in den Gemeindevorstand gewählt. Diese Wahl ist mit der vorliegenden Beschwerde bzw. der vorangehenden staatsrechtlichen Beschwerde angefochten worden. In der Zwischenzeit ist Rolf Gosswiler an der Gemeindeversammlung vom 2. November 2007 im Hinblick auf die folgende Amtsperiode in seinem Amt als Gemeindevorstand bestätigt worden. Es stand ihm kein Gegenkandidat gegenüber und die erneute Wahl ist auch nicht angefochten worden.
 
Die vorliegende Beschwerde bezieht sich ausschliesslich auf die Wahl vom 7. Oktober 2005 und die nunmehr abgeschlossene Amtsperiode. Bei dieser Sachlage besteht an der Anfechtung jener Wahl kein aktuelles praktisches Interesse mehr.
 
1.4 Damit stellt sich die Frage, ob im vorliegenden Fall im obgenannten Sinne vom Erfordernis des aktuellen Interesses abzusehen und die Beschwerde gleichwohl materiell zu behandeln ist.
 
Es wäre an sich durchaus möglich, die Wahl in den Gemeindevorstand letztinstanzlich beim Bundesgericht anzufechten und rechtzeitig einen Entscheid zu erlangen. Ein materieller Entscheid hätte grundsätzlich schon auf die eingelegte staatsrechtliche Beschwerde hin ergehen können. Die Verzögerung im vorliegenden Fall ist einzig auf den Umstand zurückzuführen, dass das Bundesgericht die staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung von Art. 29 Abs. 2 BV guthiess und die Sache zu neuem Entscheid an das Verwaltungsgericht zurückwies.
 
Indessen kann im Hinblick auf die Fortführung der Tätigkeit von Rolf Gosswiler im Gemeindevorstand ein öffentliches Interesse an der Klärung der aufgeworfenen Fragen nicht grundsätzlich verneint werden. Daher ist im vorliegenden Fall vom Erfordernis des aktuellen Interesses abzusehen und auf die Beschwerde insoweit einzutreten. Die Beurteilung bezieht sich indes ausschliesslich auf die Verhältnisse anlässlich der Wahl vom 7. Oktober 2005. Die Wiederwahl vom 2. November 2007 ist nicht angefochten worden und bildet nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.
 
2.
 
Die Wählbarkeit in die Gemeindebehörden setzt gemäss Art. 7 der Gemeindeverfassung der Gemeinde Mutten (GV) die Stimmberechtigung voraus. Stimmberechtigt in Gemeindeangelegenheiten sind gemäss Art. 5 GV die in der Gemeinde wohnhaften stimmfähigen Ortsbürger. Nach dem kommunalen und kantonalen Recht ist demnach für die Wählbarkeit von Rolf Gosswiler in den Gemeindevorstand der Wohnsitz massgebend. Das ergibt sich auch aus Art. 39 Abs. 2 BV, wonach die politischen Rechte am Wohnsitz ausgeübt werden. Der Begriff des Wohnsitzes richtet sich mangels abweichender Vorschriften im kantonalen oder kommunalen Recht unbestrittenermassen nach den Bestimmungen von Art. 23 ff. ZGB (vgl. BGE 109 Ia 41 E. 4 und 5 S. 48 ff., 111 Ia 251 E. 3b S. 254; Hangartner/Kley, Die demokratischen Rechte in Bund und Kantonen der Schweizerischen Eidgenossenschaft, Zürich 2000, 64 und 66 f.). Diese stellen in Bezug auf kantonale Stimmrechtsangelegenheiten kantonales Recht dar, dessen Anwendung das Bundesgericht nach Art. 95 lit. d BGG frei prüft.
 
3.
 
Nach Art. 105 BGG legt das Bundesgericht seinem Entscheid den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat. Die Feststellung des Sachverhalts kann gemäss Art. 97 Abs. 1 BGG gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens von Bedeutung sein kann; unter den gleichen Voraussetzungen kann das Bundesgericht nach Art. 105 Abs. 2 BGG die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen.
 
Die Beschwerdeführer rügen eine willkürliche Feststellung des Sachverhalts. Sie legen indes nicht dar, dass einzelne Sachverhaltselemente tatsächlich willkürlich festgestellt worden wären. Vielmehr machen sie geltend, der Sachverhalt sei im Hinblick auf die Frage des Wohnsitzes fehlerhaft gewürdigt und stark verzerrt dargestellt worden. Damit wird nicht die Feststellung des Sachverhalts als solche beanstandet, sondern die rechtliche Würdigung der einzelnen Sachverhaltselemente. Das trifft auch auf unbestrittene Tatsachen zu, wie beispielsweise die Lage des Ferienhauses in Obermutten oder den Wohnsitz der Partnerin von Rolf Gosswiler und deren Sohn.
 
Vor diesem Hintergrund kann auch nicht gesagt werden, dass das Fehlen eines Augenscheinsprotokolls von Bedeutung ist und die Sachverhaltsfeststellung deswegen auf einer Rechtsverletzung beruht. Die Beschwerdeführer nahmen unbestrittenermassen am Augenschein teil und sind daher in der Lage, die daraus gewonnenen Erkenntnisse bei der Würdigung der tatsächlichen Verhältnisse einzubringen.
 
Das Verwaltungsgericht erwähnt, dass die Gemeinde Sils i.D. wohl ein fiskalisches Interesse für die Annahme des Wohnsitzes von Rolf Gosswiler in Sils i.D. hätte, indes aus der Überzeugung, dass der Wohnsitz in Mutten liegt, in all den Jahren auf entsprechende Vorkehren verzichtete. Demgegenüber ergibt sich aus der Vernehmlassung der Gemeinde Mutten vom 24. November 2005 zuhanden des Verwaltungsgerichts wie auch aus der dem Bundesgericht eingereichten Stellungnahme vom 26. November 2007, dass die Einkommenssteuer von Rolf Gosswiler gemäss Abrede zwischen den Gemeinden Mutten und Sils i.D. auf die beiden Gemeinden aufgeteilt wird. Darauf ist auch im vorliegenden Verfahren abzustellen.
 
4.
 
Nach Art. 23 f. ZGB befindet sich der Wohnsitz einer Person an dem Orte, wo sie sich mit der Absicht dauernden Verbleibens aufhält. Niemand kann an mehreren Orten zugleich seinen Wohnsitz haben. Der einmal begründete Wohnsitz bleibt bestehen bis zum Erwerb eines neuen Wohnsitzes.
 
Hält sich eine Person regelmässig an zwei oder mehren Orten auf, ist massgebend, zu welchem Ort sie die stärkeren Beziehungen unterhält und wo sie den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen hat. Der Lebensmittelpunkt bestimmt sich dabei nach der Gesamtheit der objektiven äusseren Umständen, aus denen sich die Lebensinteressen erkennen lassen, und nicht nach subjektiven Wünschen und Vorstellungen (vgl. BGE 125 I 54 E. 2a S. 56; 125 I 458 E. 2 S. 467; 132 I 29 E. 4 S. 36; 131 I 145 E. 4 S. 149 f.). Hierfür fallen namentlich familiäre und gesellschaftliche Beziehungen zu einem der Orte, die Wohnverhältnisse sowie der tatsächliche Aufenthalt in Betracht.
 
5.
 
Es ist unbestritten, dass Rolf Gosswiler seit 1995 in Sils i.D. als Wochenaufenthalter gemeldet ist und nunmehr in einem von ihm selbst erstellten Einfamilienhaus wohnt, das als komfortabel zu bezeichnen ist. Hier lebt er mit seiner Partnerin (welche zur Hälfte Miteigentümerin am Wohnhaus ist) und deren Sohn zusammen; diese haben unbestrittenermassen in Sils i.D. Wohnsitz. Sils i.D. ist und war nie der Arbeitsort von Rolf Gosswiler; heute arbeitet er in Klosters, zur Zeit der umstrittenen Wahl arbeitete er nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts hauptsächlich in Cazis; angesichts der kurzen Distanz zwischen Sils i.D. und Mutten sind diese Arbeitsorte von beiden Gemeinden aus in vergleichbarer Weise erreichbar. Wie dargetan, entrichtet er seine Einkommenssteuern aufgrund einer Vereinbarung der beiden Gemeinden teils in Sils i.D., teils in Mutten. Diese Gegebenheiten deuten darauf hin, dass der Mittelpunkt der Lebensinteressen tatsächlich in Sils i.D. liegt. Hierfür spricht auch der Umstand, dass Rolf Gosswiler im privaten und amtlichen Verkehr seine Silser Adresse verwendet und er unter dieser Adresse im Telefonbuch aufgeführt ist.
 
Bei dieser Sachlage ist an sich nicht von ausschlaggebender Bedeutung, dass Rolf Gosswiler nach dem Amtsbericht der Gemeinde Sils i.D. nicht aktiv am Silser Vereinsleben teilnimmt, ebenso wenig, dass er die Wochenenden meist auswärts verbringt. Zu prüfen ist indes, ob hinreichende Anknüpfungspunkte zu Mutten bestehen, welche den Wohnort Sils i.D. als Wohnsitz auszuschliessen vermögen.
 
Die Partnerin von Rolf Gosswiler verfügt in Mutten bzw. Obermutten über ein als Ferienhaus bezeichnetes Wohnhaus, das auch von diesem benützt wird. Dieses Haus ist, wie der Augenschein ergeben hat, voll ausgebaut und ganzjährig bewohnbar. Immerhin bietet es nicht den gleichen Komfort wie das Haus in Sils i.D. und ist trotz der Winterräumung weniger gut erreichbar. Unerheblich ist, dass das Ferienhaus über keinen eigenen Briefkasten und keinen Telefonanschluss verfügt, besteht doch in Obermutten nach den Ausführungen der Gemeinde eine zentrale Briefkastenanlage und ist die telefonische Kommunikation auch mit mobilen Telefonen möglich.
 
Gemäss den Auskünften der Gemeinde Mutten verbringt Rolf Gosswiler mit seiner Partnerin rund jedes zweite Wochenende und rund sechs Wochen Ferien im Haus in Obermutten. Diese relativ geringe Anwesenheit in Mutten vermag einen Mittelpunkt der Lebensinteressen kaum zu begründen. Der Umstand, dass die Mutter von Rolf Gosswiler in Mutten wohnt, ist für sich nicht von Gewicht. Es konnte nicht dargetan werden, dass Rolf Gosswiler - im Gegensatz zu früheren Perioden - im Schützenverein noch sehr aktiv wäre. Unbestrittenermassen nimmt er indes Teil am "Mutten Tourismus" und ist Verwaltungsrat der Skilifte Mutten AG. Dieses Engagement ist beschränkt und kann nicht als Ausdruck der Verwurzelung mit der Gemeinde Mutten betrachtet werden. Die Bestätigung vom 7. Oktober 2005 im Amt als Feuerwehrvizekommandant zeugt zwar von einer gewissen Verbundenheit mit der Gemeinde, vermag indes - auch vor dem Hintergrund der häufigen Absenzen anlässlich der Übungen - den Mittelpunkt der Lebensinteressen nicht auszumachen.
 
Das Engagement von Rolf Gosswiler im Gemeindevorstand wird von den Beschwerdeführern nicht bestritten. Im vorliegenden Fall kann indes nicht in entscheidwesentlicher Weise darauf abgestellt werden. Denn für die Wahl in den Gemeindevorstand ist der Wohnsitz Voraussetzung, und diese Voraussetzung kann nicht durch die politische Tätigkeit geschaffen werden, wenn es im Übrigen an den Erfordernissen des Wohnsitzes fehlt.
 
Insbesondere in Anbetracht der Wohn- sowie der Eigentumsverhältnisse kann gesamthaft nicht gesagt werden, dass Rolf Gosswiler Wohnsitz in der Gemeinde Mutten hatte. Demnach erfüllte er am Tage der Gemeindeversammlung vom 7. Oktober 2005 die Voraussetzungen für die Wahl in den Gemeindevorstand nicht und hätte daher nicht in den Gemeindevorstand gewählt werden können. Die Beschwerde erweist sich daher als begründet.
 
6.
 
Über die Wahl von Rolf Gosswiler in den Gemeindevorstand hinaus beanstanden die Beschwerdeführer, dass ihnen hinsichtlich des Urteils des Verwaltungsgerichts vom 9. Mai 2006 (V 05 07) trotz des bundesgerichtlichen Urteils vom 12. Dezember 2006 keine Parteientschädigung zugesprochen worden ist. In dieser Hinsicht ist ihr Interesse an der Behandlung ihrer Beschwerde nicht dahingefallen.
 
Mit dem Urteil des Bundesgerichts vom 12. Dezember 2006 ist die Kostenauflage hinsichtlich des Verwaltungsgerichtsurteils vom 9. Mai 2006 aufgehoben worden. In Bezug auf eine allfällige Parteientschädigung legen die Beschwerdeführer nicht in einer den Anforderungen von Art. 42 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 2 BGG genügenden Weise dar, dass das Gesetz über die Verwaltungsrechtspflege (VRG) willkürlich angewendet worden sein soll. Sie nehmen Bezug auf Art. 73 Abs. 1 VRG. Diese Bestimmung betrifft indes die Kosten und nicht die Parteientschädigung. In diesem Punkte kann daher auf die Beschwerde nicht eingetreten werden.
 
7.
 
Demnach ist die Beschwerde gutzuheissen, soweit darauf eingetreten werden kann, und der angefochtene Entscheid des Verwaltungsgerichts aufzuheben. In Anbetracht des Ablaufs der im vorliegenden Fall umstrittenen Amtsperiode ist von der Aufhebung der Wahl von Rolf Gosswiler in den Gemeindevorstand vom 7. Oktober 2005 abzusehen und lediglich festzustellen, dass dieser damals die Voraussetzungen für die Wahl nicht erfüllte. Die Sache ist an das Verwaltungsgericht zurückzuweisen zu neuem Entscheid über die Kosten und die Parteientschädigung hinsichtlich des Urteils vom 4. September 2007 (Art. 68 Abs. 5 BGG).
 
Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind von der Gemeinde Mutten keine Kosten zu erheben (Art. 66 Abs. 4 BGG). Der Beschwerdegegner Rolf Gosswiler hat sich am bundesgerichtlichen Verfahren nicht beteiligt und demnach ebenfalls keine Kosten zu tragen. Hingegen hat er die Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren zu entschädigen (Art. 68 Abs. 2 BGG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Die Beschwerde wird gutgeheissen, soweit darauf einzutreten ist, und das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Graubünden vom 4. September 2007 aufgehoben.
 
2.
 
Die Sache wird dem Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden zu neuem Entscheid über die Kosten und die Parteientschädigung hinsichtlich des Urteils vom 4. September 2007 zurückgewiesen.
 
3.
 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
 
4.
 
Der Beschwerdegegner hat die Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'000.-- zu entschädigen.
 
5.
 
Dieses Urteil wird den Parteien, der Gemeinde Mutten und dem Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden, 1. Kammer, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 6. August 2008
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
 
Féraud Steinmann
 
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