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Informationen zum Dokument  BGer 6B_426/2008  Materielle Begründung
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BGer 6B_426/2008 vom 29.08.2008
 
Bundesgericht
 
Tribunal fédéral
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
6B_426/2008/sst
 
Urteil vom 29. August 2008
 
Strafrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Schneider, Präsident,
 
Bundesrichter Zünd, Mathys,
 
Gerichtsschreiber Boog.
 
Parteien
 
X.________,
 
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Reto Steinmann,
 
gegen
 
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Florhofgasse 2, 8001 Zürich, Beschwerdegegnerin.
 
Gegenstand
 
Strafzumessung; Nichtgewährung des teilbedingten Strafvollzugs,
 
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, I. Strafkammer, vom 7. April 2008.
 
Sachverhalt:
 
A.
 
Das Bezirksgericht Zürich erklärte X.________ mit Urteil vom 28. März 2007 schuldig der mehrfachen Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz im Sinne von Art. 19 Ziff. 1 Abs. 3-5 i. V.m. Ziff. 2 lit. a und b BetmG und Art. 19a Ziff. 1 BetmG sowie der mehrfachen Veruntreuung von Quellensteuern im Sinne von Art. 187 des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer und von § 262 des Steuergesetzes des Kantons Zürich. Es verurteilte X.________ zu 30 Monaten Freiheitsstrafe, unter Anrechnung der ausgestandenen Untersuchungshaft, sowie zu einer Busse von Fr. 1'000.--, im Falle der Nichtbezahlung umwandelbar in 10 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, teilweise als Zusatzstrafe zu einem Urteil des Kriminalgerichts des Kantons Luzern vom 29. Oktober 2004. Den Vollzug der Freiheitsstrafe schob es, unter Auferlegung einer Probezeit von 4 Jahren, im Umfang von 24 Monaten auf. Zugleich widerrief das Bezirksgericht den mit dem genannten Urteil des Kriminalgerichts des Kantons Luzern gewährten bedingten Strafvollzug einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten.
 
B.
 
Auf Berufung sowohl der Beurteilten wie auch der Staatsanwaltschaft hin setzte das Obergericht des Kantons Zürich mit Urteil vom 7. April 2008 die teilweise als Zusatzstrafe zum Urteil des Kriminalgerichts des Kantons Luzern vom 29. Oktober 2004 ausgesprochene Freiheitsstrafe auf 3 ½ Jahre fest. Auf den Widerruf des bedingten Vollzugs der mit diesem Urteil ausgefällten Freiheitsstrafe von 18 Monaten verzichtete es.
 
C.
 
X.________ führt Beschwerde an das Bundesgericht, mit der er beantragt, das angefochtene Urteil sei aufzuheben und die Freiheitsstrafe auf 27 Monate festzusetzen. Ferner sei der Vollzug der Strafe im Umfang von zwei Dritteln, d.h. 18 Monaten, bei einer Probezeit von 5 Jahren bedingt auszuschieben und im Umfang von einem Drittel, 9 Monaten, unter Anrechnung der ausgestandenen Untersuchungshaft von 135 Tagen der Vollzug anzuordnen.
 
D.
 
Vernehmlassungen wurden nicht eingeholt.
 
Erwägungen:
 
1.
 
Die Beschwerde richtet sich gegen einen von einer letzten kantonalen Instanz (Art. 80 Abs. 1 BGG) gefällten Endentscheid (Art. 90 BGG) in Strafsachen (Art. 78 Abs. 1 BGG). Sie ist von der beschuldigten Person (Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 1 BGG) unter Einhaltung der gesetzlichen Frist (Art. 100 Abs. 1 BGG) erhoben und hinreichend begründet worden (Art. 42 Abs. 1 und Abs. 2 BGG).
 
Die Beschwerde an das Bundesgericht kann wegen Rechtsverletzungen im Sinne der Art. 95 und 96 BGG geführt werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Die Feststellung des Sachverhalts durch die Vorinstanz kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig, d.h. willkürlich im Sinne von Art. 9 BV (BGE 133 II 249 E. 1.2.2), ist oder wenn sie auf einer Verletzung von schweizerischem Recht im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 97 Abs. 1 BGG).
 
2.
 
Die Beschwerde richtet sich gegen die Strafzumessung und damit verbunden gegen die Verweigerung des teilweise bedingten Strafvollzugs.
 
2.1 Am 1. Januar 2007 sind auch der revidierte Allgemeine Teil des Strafgesetzbuches (erstes Buch) und die revidierten Bestimmungen über die Einführung und Anwendung des Gesetzes (drittes Buch) vom 13. Dezember 2002 in Kraft getreten. Der Beschwerdeführer hat die beurteilten Straftaten vor diesem Datum, zwischen dem 9. und 13 August 2003, begangen. Gemäss Art. 2 Abs. 2 StGB gelangt bei dieser Konstellation das neue Recht zur Anwendung, wenn es für ihn das mildere ist.
 
2.2 Der Beschwerdeführer beging die ihm vorgeworfenen Delikte in der Zeit zwischen Mitte 2003 bis Ende Juni 2005, mithin vor Inkrafttreten des neuen Allgemeinen Teils des Strafgesetzbuchs. Die Vorinstanz bringt im zu beurteilenden Fall das alte Recht zur Anwendung. Sie nimmt an, das neue Recht erweise sich nicht als milder, da eine Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren auszusprechen sei und damit die Grenze für eine teilbedingte Freiheitsstrafe von drei Jahren nach neuem Recht (Art. 43 StGB) überschritten werde. Diese Beurteilung ist nicht zu beanstanden.
 
Der Beschwerdeführer wendet hiegegen ein, nach dem neuen Recht habe das Gericht bei der Strafzumessung unter anderem die Wirkung der Strafe auf das Leben des Täters zu berücksichtigen (Art. 47 Abs. 1 StGB), was das alte Recht (Art. 63 aStGB) nicht vorgeschrieben habe. Auf diesen Punkt komme es vorliegend gerade an. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers unterscheiden sich altes und neues Recht in diesem Punkt indes nicht. Zum Kriterium der Auswirkung der Strafe auf das Leben des Täters führte der Bundesrat in der Botschaft aus, das vom Verschulden begrenzte Strafmass brauche nicht ausgeschöpft zu werden, wenn eine gelindere Strafe den Täter voraussichtlich von weiteren Straftaten abzuhalten vermöge (Botschaft, BBl 1999, 2060). Damit übernimmt das neue Gesetz die Rechtsprechung zum früheren Recht, wonach der Richter nach Möglichkeit Sanktionen vermeiden soll, die den Täter aus einer günstigen Entwicklung herausreissen (BGE 128 IV 73 E. 4 S. 79; 127 IV 97 E. 3 S. 101; 121 IV 97 E. 2c S. 101; 119 IV 125 E. 3b S. 126; 118 IV 337 E. 2c S. 340; 118 IV 342 E. 2f S. 349 f.). Einem solchen Umstand ist sowohl nach altem wie nach neuem Recht strafmindernd Rechnung zu tragen (BGE 134 IV 17 E. 3.4 S. 24), wobei eine Strafminderung nur in untergeordnetem Masse in Betracht fällt (Urteile 6B_14/2007 vom 17. April 2007 E. 5.2 und 6B_237/2007 vom 5. Oktober 2007 E. 2.2; Günter Stratenwerth, Schweizerisches Strafrecht, Allgemeiner Teil II, 2. Aufl., Bern 2006, § 6 N 72). Es ist daher auch insoweit nicht zu beanstanden, wenn die Vorinstanz das alte Recht angewendet hat, soweit jedenfalls die auszusprechende Freiheitsstrafe die Grenze von 36 Monaten für die teilbedingte Strafe übersteigt.
 
3.
 
3.1 Gemäss Art. 47 Abs. 1 StGB misst das Gericht die Strafe nach dem Verschulden des Täters zu. Es berücksichtigt dabei das Vorleben und die persönlichen Verhältnisse sowie die Wirkung der Strafe auf das Leben des Täters. Das Verschulden bestimmt sich nach Abs. 2 derselben Bestimmung nach der Schwere der Verletzung oder Gefährdung des betroffenen Rechtsguts, nach der Verwerflichkeit des Handelns, den Beweggründen und Zielen des Täters sowie danach, wie weit der Täter nach den inneren und äusseren Umständen in der Lage war, die Gefährdung oder Verletzung zu vermeiden. Nach Art. 50 StGB hat das Gericht in seiner Urteilsbegründung die für die Zumessung der Strafe erheblichen Umstände und deren Gewichtung festzuhalten. Es muss die wesentlichen schuldrelevanten Tat- und Täterkomponenten so erörtern, dass festgestellt werden kann, ob alle rechtlich massgeblichen Gesichtspunkte Berücksichtigung fanden und wie sie gewichtet wurden.
 
Auch nach neuem Recht steht dem urteilenden Gericht bei der Gewichtung der einzelnen Komponenten ein erheblicher Spielraum des Ermessens zu, in welchen die Strafrechtliche Abteilung des Bundesgerichts auf Beschwerde in Strafsachen nur eingreift, wenn das vorinstanzliche Gericht den gesetzlichen Strafrahmen über- oder unterschritten hat, wenn es von rechtlich nicht massgebenden Gesichtspunkten ausgegangen ist oder wenn es wesentliche Komponenten ausser Acht gelassen bzw. falsch gewichtet hat oder wenn die Strafe in einem Masse unverhältnismässig streng bzw. mild erscheint, dass von einer Überschreitung oder einem Missbrauch des Ermessens gesprochen werden muss (BGE 134 IV 17 E. 2.1; zum alten Recht: BGE 129 IV 6 E. 6.1; 127 IV 101 E. 2, je mit Hinweisen).
 
3.2 Der Beschwerdeführer macht einzig geltend, die Vorinstanz habe es versäumt, bei der Festlegung der Strafe deren Auswirkungen auf sein Leben zu berücksichtigen. Dabei verweist er namentlich darauf, dass er sich persönlich stark verändert habe, weiterhin Schuldensanierung betreibe und daran sei, sich eine neue Existenz aufzubauen. Neben seinem Beruf als Bodenleger betreibe er zusammen mit seiner ausländischen Frau eine Bar, deren Erfolg sehr stark von ihm selbst abhänge, und welche seine Frau, auf sich allein gestellt, nicht weiterführen könnte.
 
Die Vorinstanz setzt sich in ihren Erwägungen zur Strafzumessung mit den wesentlichen schuldrelevanten Komponenten auseinander und würdigt sämtliche Zumessungsgründe zutreffend. Dass sie sich dabei von rechtlich nicht massgeblichen Gesichtspunkten hätte leiten lassen oder wesentliche Gesichtspunkte nicht berücksichtigt hätte, ist nicht ersichtlich. Jedenfalls hat die Vorinstanz mit ihrer Strafzumessung ihr Ermessen nicht verletzt. Es kann hiefür auf die zutreffenden Erwägungen im angefochtenen Urteil verwiesen werden.
 
Die vom Beschwerdeführer angerufenen Umstände waren für die Vorinstanz insofern bedeutsam, als sie auf den Widerruf des bedingten Strafvollzugs für die frühere Strafe von 18 Monaten verzichtete. Die günstige Entwicklung, in welcher sich der Beschwerdeführer befindet, hätte über eine geringfügige Strafminderung hinaus (vgl. E. 2.2) nur berücksichtigt werden können, wenn als verschuldensmässig angemessene Sanktion für die neuen Straftaten eine Strafe in Frage gekommen wäre, die nach neuem Recht den teilbedingten Strafvollzug erlaubt hätte. Bei Sanktionen im Bereich zwischen zwei und drei Jahren Freiheitsstrafe erlaubt das neue Recht in Art. 43 StGB eine Individualisierung in der Bemessung der Sanktion, namentlich hinsichtlich der Bestimmung des unbedingt vollziehbaren bzw. des bedingt aufzuschiebenden Teils der Strafe (vgl. BGE 134 IV 1 E. 5.4.3). Das ist jedoch bei einer auf 3 ½ Jahre festgelegten Freiheitsstrafe nicht der Fall. Folgenorientierte Überlegungen bei der Anordnung der Sanktion können nicht dazu führen, dass eine Strafe ohne Rücksicht auf die Schwere des Tatunrechts und der Tatschuld bemessen wird. Die Vorinstanz hat daher kein Bundesrecht verletzt hat, wenn sie im konkreten Fall keine derartigen Überlegungen anstellte.
 
Die Beschwerde erweist sich als unbegründet.
 
4.
 
Aus diesen Gründen ist die Beschwerde abzuweisen. Bei diesem Ausgang trägt der Beschwerdeführer die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens (Art. 66 Abs. 1 BGG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Die Beschwerde wird abgewiesen.
 
2.
 
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
 
3.
 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, I. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 29. August 2008
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
 
Schneider Boog
 
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